Tagung: Gerechter und Sünder zugleich? | 02.06.2018

"Zugleich Sünder und gerecht" oder "Zugleich Christus und ich"?
SELK: Wissenschaftliche Tagung in Saarbrücken

Saarbrücken/Oberursel, 2.6.2018 - selk - Heute ging in Saarbrücken eine wissenschaftliche Tagung der Fachrichtung Evangelisch Theologie der Universität des Saarlands und der Lutherischen Theologischen Hochschule (LThH | Oberursel) der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) zu Martin Luthers Beschreibung des Menschen als "Gerechter und Sünder zugleich" zu Ende. Drei Tage lang diskutierten Theologinnen und Theologen aus verschiedenen Generationen, Konfessionen und theologischen Schulen die Gegenwartsbedeutung dieses Konzepts.

Dabei zeigte sich, dass es sich bei der Formel um eine Zuspitzung handele, die nicht alle Aspekte des christlichen Lebens vor Gott abdecken könne. Es wurde erwogen, der genannten "Zugleich-Beschreibung" andere an die Seite zu stellen, zum Beispiel dass ein Christ nach Galater 2,20 (Die Bibel: Der Brief an die Galater, Kapitel 2, Vers 20) zugleich selbst lebe und eben doch auch und vor allem Christus in ihm.

Dass sich das Sünder- und Gerechtsein niemals ausschließlich von allein zeige, sondern sich immer nur aus der Beziehung zu Gott und aus der Anrede durch Gottes Wort ergebe, wurde als eine weitere Erkenntnis festgehalten. Allerdings dürfe darüber die Rückbindung an die menschliche Erfahrung nicht aus dem Blick geraten.

Die besondere Leistung der Charakterisierung des Christen als "Gerechter und Sünder zugleich" zeigte sich angesichts gegenwärtiger Tendenzen, Menschen zunehmend Perfektion abzuverlangen oder bestimmte Gesellschaftsgruppen einseitig als "die Guten" oder "die Bösen" wahrzunehmen.

Erkennbar wurde, dass die genannte Existenzbeschreibung des Christen an eine Grenze kommt, wenn es darum geht, moralisch gutes von moralisch schlechtem Handeln zu unterscheiden, und dass es sich um einen Missbrauch dieses Konzepts handeln würde, würde man es nutzen, um vor allem die Sündhaftigkeit des Menschen, womöglich gar als grundsätzliche Wertlosigkeit des Lebens, übermäßig zu betonen. Gerade hier wären dann Überlegungen zur Würde des Menschen als solchem begleitend mit zu bedenken.

Angesichts des theologischen Streites um die Frage, ob man die Denkfigur des Christen als Gerechter und Sünder zugleich schon in Römer 7 (Die Bibel: Der Brief an die Römer, Kapitel 7) finden könne, überraschte einer der Referenten, Dr. Christian Neddens, Mitarbeiter am Lehrstuhl für Systematische und Historische Theologie der gastgebenden Fachrichtung und Mitveranstalter des Symposiums, mit einer Deutung, nach der sich Römer 7 und 8 als zwei gleichermaßen wahre Erzählungen zur Existenz des Christen lesen lassen, die an der Scharnierstelle durch ein Gebet zusammengehalten werden.

Prof. Dr. Christoph Barnbrock von der LThH, der diese Tagung gemeinsam mit Neddens geplant und durchgeführt hat, zeigte sich gegenüber selk_news dankbar für das Gelingen der Veranstaltung: "Ich habe mich über die angeregte Diskussion und die wertschätzenden Gespräche zwischen Theologinnen und Theologen unterschiedlicher Herkunft gefreut. Besonders schön war, dass eine ganze Reihe von Pfarrern der SELK die Gelegenheit genutzt haben, diese Tagung als kirchlich anerkannte Fortbildungsveranstaltung zu besuchen. Ich bin dankbar für die Gastfreundschaft, die wir in Saarbrücken erfahren haben!"

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Ein Bericht von selk_news /
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