Diskussion um Open-Doors-Studie | 24.05.2016

Diskussion um Open-Doors-Studie
SELK-Pfarrer Martens nimmt Stellung

Frankfurt/Main, 24.5.2016 - selk- idea/selk - Die Open-Doors-Studie über religiös motivierte Übergriffe auf christliche Flüchtlinge ist in die Diskussion geraten. Das christliche Hilfswerk mit Sitz in Kelkheim bei Frankfurt am Main hatte die Erhebung am 9. Mai in Berlin vorgestellt. Dafür waren 231 Personen in zehn Bundesländern befragt worden. Daraus ging hervor, dass christliche Flüchtlinge in Heimen häufig von muslimischen Asylbewerbern und Sicherheitsdienstmitarbeitern angegriffen werden. Nachdem die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) dem Werk vorgeworfen hatte, bei den Zahlen übertrieben und Einzelfälle verallgemeinert zu haben, wies Open Doors Zweifel an der Seriosität seiner Studie zurück. Der Leiter des Werkes, Markus Rode, habe nie - wie in der Sonntagszeitung behauptet - erklärt, er könne 500 Fälle von religiös motivierter Gewalt in kirchlich betriebenen Heimen nennen. Sonst hätten in der Erhebung nicht 231, sondern weit über 500 dokumentierte Übergriffe enthalten sein müssen. In einer Reaktion darauf teilten die Autoren Reinhard Bingener und Friederike Böge am 23. Mai in einem Beitrag mit, dass die Sonntagszeitung an ihrer Darstellung festhalte. In einem Gesprächsmitschnitt liege ihr sogar eine noch weitergehende Aussage Rodes dazu vor. Auf die Frage des Journalisten, ob er denn einen Fall in einem kirchlichen Heim nennen könne, wo man das konkret nachvollziehen könne, habe Rode geantwortet: "Wenn Sie möchten, gebe ich Ihnen eine Verbindung, da können Sie, wenn Sie wollen, können Sie hundert haben, Sie können auch tausend haben." Laut Rode, so die Zeitung, wiegelten die großen Kirchen aber ab. Um die Muslime nicht unter Generalverdacht zu stellen, werde die Situation der Christen verharmlost.

Bingener und Böge berichten weiter, dass diese Aussagen von Open Doors den Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union (EU), Prälat Dr. Martin Dutzmann (Berlin), ratlos stimmten. Jeder Einzelfall sei einer zu viel, sage Dutzmann. Allerdings hätten ihm sämtliche Experten von evangelischer und römisch-katholischer Kirche versichert, dass es die von Open Doors beklagte Christenverfolgung in deutschen Flüchtlingsheimen nicht gebe. In einzelnen Fällen gebe es dort durchaus Konflikte zwischen Christen und Muslimen. Diese Auseinandersetzungen verliefen aber in ähnlichen Ausmaßen wie die zwischen Sunniten und Schiiten oder zwischen verschiedenen Volksgruppen.

Die Diskussion stehe, so die Sonntagszeitung, nun auch im Berliner Regierungsviertel auf der Agenda. Allein in den vergangenen Wochen habe es fünf Veranstaltungen zu der Problematik gegeben - vorwiegend im Umkreis der CDU/CSU. Das Thema biete der Partei die Möglichkeit, ein auf mehrere Hunderttausend Personen geschätztes Wählerspektrum weiter an sich zu binden, dem man in der jüngeren Vergangenheit in Fragen der Homosexualität, des Familienbilds und der Biomedizin viel zugemutet habe. Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière (CDU) sagte am 23. Mai in Berlin, dass keine konkreten Daten zu dem Thema vorlägen, da nur Fälle dokumentiert würden, bei denen eine Anzeige vorliege. Er könne das Ausmaß der Übergriffe auf Christen somit nicht beurteilen, so de Maizière.

Pfarrer Dr. Gottfried Martens von der zur Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) gehörenden Dreieinigkeits-Gemeinde in Berlin-Steglitz kritisiert auf Facebook (Steglitz Lutherisch), dass die Sonntagszeitung betroffene Christen auf "sehr subtile Weise" unter den Generalverdacht gestellt habe, Lügner zu sein. Martens, der sich intensiv um Christen kümmert, die in den Heimen angegriffen werden, schreibt: "Ich stelle mich aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen aus voller Überzeugung vor die von Übergriffen betroffenen christlichen wie auch jesidischen Asylsuchenden, deren Glaubwürdigkeit nun in so unverantwortlicher Weise infrage gestellt worden ist." In einem Fall, in der ein Heimleiter der Zeitung berichtet habe, dass ein Angriff auf ein christliches Ehepaar "zu hundert Prozent aus der Luft gegriffen" sei, ermittle mittlerweile der Staatsschutz. Das habe der Heimleiter den Journalisten offenkundig nicht mitgeteilt, so Martens. Viele Übergriffe würden aus Angst auch erst gar nicht den Heimleitungen gemeldet: "Wenn nun sowohl Vertreter der großen Kirchen als auch die Journalisten der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung meinen, die Aussagen betroffener bedrängter Christen durch eine bloße Nachfrage bei den Heimleitungen ,widerlegen' zu können, ist dies methodisch mehr als fragwürdig." Man werde in Deutschland kaum jemanden finden, der erkläre, in seiner Unterkunft würden Christen bedrängt. Martens: "Wie naiv muss man sein, um aufgrund der Aussagen von Heimleitungen das Problem für nichtexistent zu erklären!"

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