Bischof Voigt beim EAK der CDU | 03.03.2017

Die lutherischen Bekenntnisse im Mittelpunkt des Gedenkens
SELK-Bischof Voigt referierte beim Evangelischen Arbeitskreis der CDU

Selsingen, 3.3.2017 - selk - Der Evangelische Arbeitskreis der CDU (EAK), Kreisverband Rotenburg (Wümme), veranstaltete kürzlich einen Vortrags- und Gesprächsabend zum Thema "Was feiern wir mit dem Reformationsgedenken 2017?". EAK-Kreisvorsitzender Albert Rathjen (Bremervörde) hatte dafür den Bischof der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), Hans-Jörg Voigt D.D. (Hannover), als Referenten gewinnen können.

Zu Beginn der Abendveranstaltung in Selsingen ging der Vorsitzende des CDU-Gemeindeverbandes Selsingen, Dr. Marco Mohrmann, auf Martin Luthers Reformwerk ein. Luther habe die Bibel in die sächsische Kanzleisprache übersetzt, die dadurch zum Vorbild für die allgemeine deutsche Bildungssprache geworden sei. Die Bibel sei in Deutschland bald zum Volksbuch geworden. Sie sei nach evangelischer Überzeugung die Basis für Glauben und Leben. Die Autorität der Schrift stehe über der der Kirche. In der Bibel seien bestimmte Werte gesetzt, "die sich im christlichen Raum durchgesetzt haben." Auch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland basiere auf diesem Fundament. "Dass wir nur in solchen Ländern funktionierende Demokratien haben, die von einem jüdisch-christlichen Hintergrund geprägt sind, ist ohne biblische Botschaft undenkbar", so Mohrmann.

Der stellvertretende CDU-Kreisvorsitzende und Vorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion, Marco Prietz, betonte in seinem vorausgehenden Grußwort, dass Martin Luther das Bild von Gott für immer verändert habe. Aus einem strafenden Gott sei ein gnädiger Gott geworden. Die Furcht sei damit der Zuversicht gewichen. Angst sei eine destruktive Kraft, aus der niemals etwas Gutes hervorgehen könne. Es gehe im tiefsten Sinne darum, zurückzufinden zum "Allein die Schrift", "Allein der Glaube", "Allein die Gnade" und "Allein Christus". Das sei das Vermächtnis Martin Luthers. "Gerade in den aktuellen unruhigen Zeiten sollten die Menschen mit Vertrauen auf Gott, auf ihre Mitmenschen und auf sich selbst hoffnungsvoll nach vorn schauen", so der CDU-Politiker.

Bischof Voigt eröffnete seinen Vortrag mit dem Gedanken, "dass das Reformationsgedenken es durchaus vermag, das Anliegen der Reformation, ja eigentlich den christlichen Glauben neu zum Thema in den Kirchengemeinden und im gesellschaftlichen Umfeld zu machen."

Luthers Schriften würden in der lutherischen Kirche ohne Zweifel hohes Ansehen genießen, aber keine Verbindlichkeit haben. Verbindlich seien allein die Heilige Schrift und die Bekenntnisse der evangelisch-lutherischen Kirche. Luther habe selbst einmal in einer Auslegung zu einem Abschnitt aus dem 1. Mosebuch am Rande geschrieben: "Denn nach meinem Tode werden viele meine Bücher hervorbringen und dieselben anführen und werden daraus allerlei Irrtümer und ihre eigene Phantasie beweisen und bestätigen wollen." Aus diesem Grund sei der Bekenntnisbildungsprozess der lutherischen Kirche von entscheidender Bedeutung.

In den theologischen Streitigkeiten der verschiedenen Entstehungssituationen seien verbindliche theologische Vereinbarungstexte entstanden. Die lutherische Kirche berufe sich deshalb nach der Heiligen Schrift zuerst auf ihre Bekenntnistexte und erst danach auf Luther. "Und deshalb ist es auch angemessen, dass wir nicht Luther feiern, sondern die lutherischen Bekenntnisse in den Mittelpunkt unseres Gedenkens stellen", so Bischof Voigt. Wolle man einer Luther-Jubelfeier entgehen, so müsse man sich auf die Bekenntnisse der lutherischen Kirche besinnen und diese ins Gespräch bringen, "zumal sie mit den Katechismen und den Schmalkaldischen Artikeln die bedeutendsten Luthertexte enthalten."

Luther habe sich im Jahr 1515 mit der Auslegung des Römerbriefes beschäftigt. Dabei sei er schon im 1. Kapitel, Vers 17, hängen geblieben: "Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit Gottes, welche kommt aus Glauben in Glauben." Mit einem Schlag sei Luther die Erkenntnis gekommen, dass hier nicht eine Gerechtigkeit gemeint sei, die der Mensch zu Gott bringen müsse, sondern die er dem Menschen anrechne. Und plötzlich habe Luther dies im ganzen Römerbrief gelesen, zum Beispiel im 3. Kapitel, Vers 28: "So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben." Aus dieser ungeheuren Befreiung heraus, deren Dynamik man sich nur im Ansatz vorstellen könne, folgte bei Luther dann die Auseinandersetzung mit dem Ablasswesen seiner Zeit. Von Anfang bis Ende sei es um die Frage gegangen, "auf welche Weise wir die Vergebung der Sünden erlangen". sagte Bischof Voigt.

Voigt ging in seinem Vortrag auf die schwierige Frage ein, auf welche Weise das Verhältnis Luthers zu den Juden zu beschreiben sei. Von einer anfänglichen großen Euphorie des noch jungen Luthers aus den 1520iger Jahren, die große Sympathien und die Erwartung einer Hinwendung der Juden zu Jesus Christus erkennen lasse, habe er in seinen späten Jahren zu einem übermäßigen Judenhass hinreißen lassen. Diese Schriften seien grundsätzlich abzulehnen und aus heutiger Sicht durch nichts zu rechtfertigen. Um historischer Genauigkeit willen müsse man jedoch auch sagen, dass rassistisches Gedankengut, das dann zu den Schrecken der Nazidiktatur und dem Holocaust geführt habe, Luther völlig fremd gewesen sei. Deshalb hätten die judenfeindlichen Schriften Luthers in der Nazizeit kaum eine Rolle gespielt und seien beinahe vollkommen in Vergessenheit geraten.

Ebenso müsse man aus heutiger Sicht klar aussprechen, dass Luther die sozialen Fragen seiner Zeit unterschätzt habe. Er habe einer politischen Stabilisierung der Territorialmächte den Vorrang vor einem sozialen Ausgleich gegeben. Gleichwohl habe Luther versucht mit seiner "Leisniger Kastenordnung" ein kommunales Sozialsystem aufzubauen. Er habe sich zudem in zahlreichen Briefen für die sozialen Belange einzelner Menschen eingesetzt.

Der EAK-Kreisvorsitzende Albert Rathjen dankte Bischof Voigt für seine Ausführungen und lud die Anwesenden zur Diskussion ein, wovon rege Gebrauch gemacht wurde.

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