Lexikon - S
Sakrament
Von lat. sacramentum = Weihe, Verpflichtung, auch: Fahneneid, Treueid. lat. sacrare = weihen, widmen; heilig machen.
Griech. Bezeichnung = μυστήριον [mysterion] = Geheimnis
Die verbindliche Definition dessen, was ein Sakrament nach lutherischem Verständnis ist, findet sich in der Apologie des Augsburgischen Bekenntnisses (Bekenntnisschrift d. ev.-luth. Kirche), Artikel 13.
Danach sind Sakramente Riten, die ein Gebot Gottes (mandatum Dei) und eine Verheißung der Gnade (promission gratiae) haben. Danach, so die Apologie, seien im strikten Sinne als Sakramente zu bezeichnen: Die Taufe, das Abendmahl und die Absolution (Beichte). (Vere igitur sunt sacramenta baptismus, coena Domini, absolutio quae est sacramentum poenitentiae. BSLK S. 292, 4)
Die Sakramentalität der Beichte bzw. Absolution wird in den Bekenntnisschriften durchweg bezeugt, so z.B. auch im großen Katechismus (BSLK 705/706.74f)
Von der Ordination führt die Apologie weiter aus, dass man auch sie zu den Sakramenten zählen und "Sakrament" nennen möge, wenn man die Priesterweihe vom Dienst des Wortes her verstehe. Denn der Dienst am Wort habe ein Gebot Gottes (mandatum) und eine großartige Verheißung (promissio). (vgl. BSLK S. 293, 18ff-294, 1)
Die Konfirmation und die Krankensalbung („Letzte Ölung“) seien hingegen nicht zu den Sakramenten zu zählen, da sie weder nötig zur Seligkeit seien, noch Gottes Gebot und Befehl hätten.
Auch die Ehe, da sie nicht erst im Neuen Testament eingesetzt worden sei und nur Christen gelte, sondern eine Schöpferordnung, die allen Menschen gelte, sei nicht zu den Sakramenten zu zählen.
Abschließend vertritt die Apologie die Auffassung, es sei unverständig, sich über Zahl der Sakramente zu streiten. Es komme vielmehr darauf an, sich an die Dinge (zu denen dann auch z.B. das Gebet oder das Almosengeben gehören) zu halten, die Gottes Gebot und Verheißungen haben.
Im Großen Katechismus (Kapitel über die Taufe) argumentiert Luther gegen den Einwand der Sakramentsverächter, wie denn ein bisschen Taufwasser der Seele helfen könne: Nicht das Element des Wassers, sondern das Wort und Gebot Gottes mache aus natürlichem Wasser ein „göttlich, himmlisch, heilig und selig Wasser“. In diesem Zusammenhang, jedoch nicht im Sinne einer Sakramentsdefinition, zitiert Luther den Kirchenvater Augustinus, der gesagt hatte: Wenn das Wort zum Element kommt, wird daraus ein Sakrament. (Accedat verbum ad elementum et fit sacramentum. BSLK 694.15-30)
Dieses Zitat wird gelegentlich missverstanden als konkurrierende Sakramentsdefinition zu der der Apologie. Daraus wird dann fehlgefolgert, da z.B. die Absolution ja eines „Elementes“ entbehre, könne sie auch nicht sakramental sein.
Recht verstanden lehrt auch die lutherische Kirche ebenso wie die römisch-katholische Kirche, im Unterschied etwa zu reformierten Kirche, diese Gabe und Wirkung des Sakraments ex opere operato. Also „durch die vollzogene Handlung“ unabhängig von der Einstellung dessen, der es tut, und unabhängig von der Einstellung dessen, an dem und für den es getan wird.
Wenn das Sakrament vollzogen wird, wie Christus es gestiftet hat, dann dürfen wir gewiss sein, dass es gültiges und wirksames Sakrament ist und dabei von uns und unserem Glauben ganz wegschauen.
Von dem Wesen des Sakraments zu unterscheiden ist sein Gebrauch: Die Gabe des Sakraments wirkt nicht Heil und Vergebung der Sünden, wenn ich sie nicht im Glauben empfange. Dennoch wirken die Sakramente auch bei und an denen, die sich nicht im Glauben empfangen. Allerdings dann nicht Heil und Vergebung der Sünden sondern „Unheil“, Verstockung, Verfestigung des Unglaubens, Gericht (wie Paulus z.B. 1 Kor 11, 27ff)
Sakristei
Von lat. sacristia, sacrarium, von sacer "geheiligt"; auch secretarium, von secretus "abgetrennt".
Eine S. ist ein kleinerer oder größerer Raum innerhalb des Kirchgebäudes mit direktem Zugang zum Kirchenraum. Er dient zunächst zur Aufbewahrung der liturgischen Gewänder, der Altargeräte (für die Feier des Hl. Abendmahles, der Taufe usw.), der Altar- und Kanzelbehänge (Paramente), Kerzen Hostien, liturgischen Bücher etc. und der praktischen Vorbereitung und Nachbereitung der Gottesdienste.
Im frühen Mittelalter erhalten die Sakristeien häufig einen kapellenartigen Charakter und werden als Orte des Tabernakels (Schrank zur Aufbewahrung der konsekrierten Hostien) sowie der Heiligen-Reliquien.
Die S. ist auch der Raum, indem der Pastor (und die weiteren Liturgen) sich geistlich durch Gebet auf den Gottesdienst vorbereiten. (Sakristeigebet)
In der SELK ist die S., die auch in kleinem Zuschnitt oft Kapellencharakter hat (mit Sakristeialtar, Knie- oder Betbank, Kruzifix, Kerzen), der Ort für die Einzelbeichte und die Anmeldung zum Hl. Abendmahl vor Beginn der Gottesdienste.
Sanctus
Das Sanctus (lat. heilig), der Gesang des „Dreimalheilig“ folgt in der luth. Abendmahlsfeier auf das Große Dankgebet, die Präfation. Diese mündet ein in den Aufruf, unseren irdischen Anbetungsgesang mit dem der Engel und Heiligen, der Evangelisten, Apostel und aller, die uns im Glauben vorangegangen sind, zu vereinen.
Das Sanctus besteht aus zwei Teilen, die beide der Hl. Schrift entnommen sind:
Einmal aus dem Lobgesang der Engel, den der Prophet Jesaja in seiner Berufungsvision hörte, als er Einblick in den himmlischen Gottesdienst vor Gottes Thron erhielt.( Jesaja 6, 1f )
Dann aus dem Huldigungsruf des Volkes von Jerusalem beim Einzug Jesu am Palmsonntag, der lat. „Benedictus = Gesegnet“ genannt wird.
Jeder Bestandteil wird mit dem „Hosianna in der Höhe“ beschlossen. (Matthäus 21, 9 und parr)
„Hosianna“, hebräisch ‚hosha-na’, ist eigentlich die Übersetzung bzw. Urform des griechischen kurie eleison und heißt ebenfalls „Herr, erbarme dich“ bzw. „Hilf doch, Herr“.
Das Sanctus mit dem Benedictus ist also huldigender Willkommensgruß an den nahenden Herrn. Wilhelm Löhe hat diesen Gedanken besonders eindrücklich in Worte gefasst: „Lobsingend tönen Lieder der Engel ihm voran, es spürt die Erde wieder den Herrn des Lebens nahn.“ (ELKG 476,1)
Ein seelsorglicher Aspekt: Wenn wir einen lieben Angehörigen verloren haben, der sein Leben lang auf dieser Erde in zahllosen Gottesdiensten das „Dreimalheilig“ mit uns gesungen hat, dürfen wir gewiss sein, dass der nun auch -mit uns vereint- im himmlischen Gottesdienst in unseren Sanctus-Gesang mit einstimmt.
Scheibel, Johann Gottfried
Johann Gottfried Scheibel (*16.9.1783 Breslau, †21.3.1843 Nürnberg)
Zusammen mit den Professoren Eduard Huschke und Heinrich Steffens ist J.G. Scheibel ein Kirchenvater der Evangelisch-lutherischen (altlutherischen) Kirche in Preußen und deren Nachfolgerin, der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche.
Scheibel war ein Mann des Wissens, der Wissenschaft. Geboren wurde er am 16.9.1783 als Sohn von Johann Ephraim Scheibel, der Rektor am Elisabethgymnasium in Breslau war. So war das Thema Bildung vorgegeben und Johann Gottfried Scheibel erfüllte die in ihn gesetzten Ansprüche und Hoffnungen. 1801 begann er mit dem Theologiestudium in Halle, wobei er im Nachhinein nicht zu sagen wusste, was er widerwärtiger fand: den krassen Rationalismus einiger Professoren oder das wüste Leben seiner Kommilitonen. Er war auf einem anderen Weg. Er suchte nicht nur Wissen, sondern Gewissheit, er suchte Jesus Christus. Und er fand ihn in der Heiligen Schrift und dem lutherischen Bekenntnis. So war es ein außergewöhnlich frommer junger Professor, der 1811 in seine Heimatstadt zurückkehrte.
Doch dann kam das Reformationsjubiläum 1817 und damit der Unionsaufruf des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. Scheibel widersetzte sich und nahm an der unierten Abendmahlsfeier der Universität nicht teil. Ab 1822 begann der Streit um die neue, vom König entworfene und propagierte Agende. Scheibels Beharren auf dem lutherischen Sakramentsglauben kostete ihn seine Karriere. 1830 wurde er suspendiert, 1832 wurde er amtsenthoben und des Landes verwiesen. Breslau verlor damit auch einen geschätzten Prediger, denn er hatte sich als Diakonus an St. Elisabeth eine beachtliche Personalgemeinde gesammelt.
Scheibel ging zunächst nach Dresden und kämpfte mit den Mitteln der Publizistik gegen die Zwangseinführung der Union, während die treuen Lutheraner in Schlesien und Pommern zehn Jahre lang verfolgt wurden. 1838 übte Preußen so viel Druck auf Sachsen aus, dass er nach Bayern ziehen musste. Scheibel starb am 21.3.1843 in Nürnberg.
(nach Dr. Andrea Grünhagen)
Schmalkaldische Artikel
1537, sieben Jahre nach Verfassung des → Augsburger Bekenntnisses (CA) war die kirchlich-politische Lage in Deutschland von folgenden Auseinandersetzungen geprägt: Die Bedrohung der evangelischen Stände von Seiten des Kaisers und der nichtevangelischen war größer geworden, sodass ein evangelisches Verteidigungsbündnis immer notwendiger erschien. Dafür galt es aber zuvor, Einigkeit unter den Evangelischen herzustellen, was jedoch nicht der Fall war. Außerdem stand die Frage im Raum, ob die Evangelischen auf einem möglichen neuen Ökumenischen Konzil einheitlich ihren Glauben würden bekennen können. Zu diesem Zweck beauftragte man Luther mit der Verfassung seiner „Artikel der christlichen Lehre“, die wegen des Versammlungsortes der evangelischen Reichsstände den Namen „Schmalkaldische Artikel“ bekamen und 1537 fertig wurden. Da Luther zu der Zeit auch sehr krank war, schrieb er die Artikel als sein theologisches Testament. Die Fürsten fanden die Artikel jedoch zu polemisch und nahmen ihn als gemeinsames Bekenntnis nicht an. Lediglich die in Schmalkalden anwesenden Theologen bekannten sich zu dem Text. Die Fürsten wiederum beauftragten Melanchthon mit der Verfassung eines neuen Textes, aus dem dann 1537 der „Traktat über die Macht und den Primat des Papstes“ entstand. Beide Texte wurden später mit der Aufnahme in das Konkordienbuch von 1580 zu Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche. Als unsere Bekenntnisse heute zeigen sie uns die Grenzen dessen, was der evangelisch-lutherische und also biblische Glaube noch akzeptieren kann. Besonders die Dreiteilung der Schmalkaldischen Artikel ist sehr hilfreich: es gibt Lehren, die wir mit anderen Christen gemeinsam bekennen; es gibt Lehren, über die keine Verhandlung möglich ist, denn das wäre mit der biblischen Wahrheit nicht vereinbar; und es gibt Themen, über die man miteinander sprechen und über die man Konsense erzielen kann.
Schöpfung
Es ist biblisch-lutherischer Glaube, dass Gott Himmel und Erde, das ganze Universum (griech. den Kosmos), die sichtbare und die unsichtbare Welt (→ Engel) durch sein Wort aus dem Nichts (creatio ex nihilo) erschaffen hat, also der Schöpfer der Welt ist.
Die biblische Schöpfungsgeschichte beschreibt die Erschaffung der Welt (einschließlich des Menschen, der Tiere, der Pflanzen, der Himmelskörper) in 1 Mose 1 und 2 (3).
Gottes Urteil über seine Schöpfung (vor dem Sündenfall, 1 Mose 3) lautet: „Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ (1 Mose 1, 31)
Die im Schöpfungsbericht so bezeichneten sechs Schöpfung- „Tage“ werden definiert durch das sich wiederholende Wort: „Da ward aus Abend und Morgen der (1., 2.,3.,4.,5.,6.) Tag.“
Was ‚Tag‘ und was ‚Nacht‘ im Sinne des bibl. Schöpfungsberichtes sind, wird aus 1 Mose 1, 4-5 deutlich: „Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag“.
Dass es sich bei den Schöpfungstagen nach innerbiblischem Verständnis nicht um heutige 24-Stunden-Tage handeln kann, wird bereits daraus ersichtlich, dass sich unsere 24-Stunden-Tags-Zählung aus dem Vorhandensein der Sonne bzw. der Drehung der Erde um die Sonne innerhalb von 24 Stunden ergibt. Die Sonne (und die anderen Himmelskörper) aber wird dem bibl. Schöpfungsbericht zufolge erst am vierten Tag erschaffen.
Dem bibl. Schöpfungsbericht zufolge erschafft Gott in den sechs Schöpfungsphasen Säugetiere, Vögel, Insekten, Fische und andere Wassertiere usw. als „prototypische Klassen“. Das heißt: Die hypothetische Annahme einer Mikroevolution, wonach sich innerhalb einer biologischen Klasse (Reptilien, Vögel, Säugetiere usw.) durch Anpassung etc. weiter entwickeln, unangepasstere Vertreter aussterben usw., widerspricht nicht per se der Schöpfungstheologie.
Für eine Makroevolution, wonach sich z.B. aus Reptilien Vögel, aus Affen Menschen entwickelt hätten usw., gibt es bislang keine wissenschaftlichen Belege, die Anlass gäben, dem biblischen Schöpfungsbericht zu misstrauen oder ihn völlig neu zu interpretieren.
Eine generelle Übertragung der (Darwin’schen) Evolutionstheorie auf den christlich-biblischen Schöpfer- und Schöpfungsglauben, wonach sich durch Mutation und Selektion der jeweils Stärkere durchsetzt und die Schwächeren verdrängt (eliminiert) wird, muss sich die kritische Frage gefallen lassen, wie man zugleich Befürworter dieser Hypothesen sein kann, die von menschen- und schöpfungsverachtenden Ideologien wie dem Nationalsozialismus, dem Antisemitismus und ihren modernen Nachfolgern, die Selektion kranker Föten durch Abtreibung, (Selbst-)Tötung alten, kranken und behinderten Lebens befürworten, bewusst oder unbewusst ge- und missbraucht werden und zugleich behaupten kann, an den Gott der Liebe zu glauben, der sich von allem Anfang dem Schwachen, Verachteten, Erniedrigten zugewandt hat.
Den Menschen ist von Gott der Auftrag gegeben, die Schöpfung zu bewahren. Bewahrung heißt jedoch nicht, die ursprüngliche Schöpfung völlig unverändert zu lassen. (vgl. 1 Mose 1, 28-30). „Untertan-machen und herrschen“ beinhaltet durchaus Nutzung, Veränderung, Kultivierung und in gewissem Sinne auch „Ausbeutung“.
Vegetarismus und Veganismus sind Einstellungen, die man als Christ vertreten kann und die andere Christen auch respektieren können und sollten, die sich aber in gar keiner Weise auf die Hl. Schrift in dem Sinne berufen können, dass alle Christen Vegetarier oder Veganer zu sein hätten. Im Gegenteil: „Alles, was sich regt und lebt, das sei eure Speise; wie das grüne Kraut habe ich's euch alles gegeben“, sagt Gott 1 Mose 9, 3 und spricht im weiteren Zusammenhang ausdrücklich von tierischem Fleisch.
Zur Schöpfung Gottes, zu Gottes Schöpferordnungen gehören aber auch normative Setzungen, die die Mensch nicht ignorieren und überschreiten darf, ohne damit rechnen zu müssen, dass er sich dafür vor Gott verantworten muss bzw. sich Gottes richtendes Urteil zuzieht. Dazu gehört beispielsweise:
- der unbedingte Schutz des von Gott geschaffenen Lebens, des in- und ausländischen, des gesunden und kranken, behinderten, ungeborenen und sterbenden;
- die von Gott gestiftete Ehe als lebenslange Gemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau;
- der Schutz des Schwächeren gegenüber dem Stärkeren und die wehrhafte Verteidigung des Schwachen gegenüber dem Starken;
- der Schutz der Schöpfung (Natur) gegen quälerische, zerstörende Ausbeutung der wehrlosen Kreatur.
Gott als Schöpfer der sichtbaren und unsichtbaren Welt gedenkt die luth. Kirche gottesdienstlich insbesondere am Erntedanktag (1. Sonntag nach Michaelis = 29.9.) und am Tag des Erzengels Michael und aller Engel (29.9.).
Schriftprinzip
→ Exklusivpartikel
Schwesterkirche
→ Kirchengemeinschaft
Als Schwesterkirchen bezeichnet man in der SELK diejenigen lutherischen Kirchen, mit denen die SELK in Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft (Kirchengemeinschaft) steht.
Kirchglieder aus Schwesterkirchen sind an den Altären der SELK zum Sakrament zugelassen (und umgekehrt). Pastoren aus Schwesterkirchen sind in der SELK berufbar (und umgekehrt).
Seele
Hebr. (meist) נפש [näfäsch] auch: רוּחַ [ruach]= eigtl. ‚Atem‘, Geist, Lebensatem; griech. ψυχή [psychä]) auch: πνεῦμα [pneuma] = Geist, Lebensatem
Der einzige Satz des letzten (7.) Abschnittes des Hauptwerkes des Philosophen Ludwig Wittgenstein „Tractatus logico-philosophicus“ lautet: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“
Im Blick auf den Begriff „Seele“ und alle damit zusammen hängenden Fragen müsste man eigentlich in Anlehnung daran formulieren: Wovon die Heilige Schrift nichts Eindeutiges sagt, darüber muss die (lutherische) Theologie schweigen.
Was ist die Seele überhaupt? Ist sie ein getrennt vom Leib oder vom Geist identifizierbarer „Teil“ (vielleicht gar eine Teil-Substanz) des Menschen? Ist sie sterblich oder unsterblich? Wird sie im irdischen Tod vom Leib getrennt und später mit dem Auferstehungsleib wieder vereinigt? Wo befindet sich die Seele nach dem irdischen Sterben bis zur Auferstehung? „Schläft“ sie bis dahin oder befindet sie sich im Totenreich oder als „getaufte Seele“ sofort und unmittelbar in Gottes Hand?
(A) 1. Mose 2, 7 lesen wir: „Da machte Gott der HERR den Menschen aus Erde vom Acker und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen (hebr. näfäsch).“
Der Mensch (ha-adam) hat also keine Seele, sondern ist Seele (lebendiges Wesen).
Von der aus einer Rippe von ha-adam von Gott gemachten Frau wird nicht mehr gesagt, dass auch ihr eigens der „Odem des Lebens eingehaucht“ wurde.
Dies gilt nun aber alles für die beiden ersten Menschen vor dem Sündenfall. Dem Menschen (ha-adam) galt auch, abgeleitet aus 1. Mose 2, 17, dass er nicht des Todes sterben müsse, sofern er nicht vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen esse. „Näfäsch“ ist also ursprünglich nicht sterblich.
Der Begriff „Unsterblichkeit“ hingegen ist als Eigen-Schaft („Besitz“) ein nur Gott zustehendes Prädikat. (z.B. 1 Tim 6, 10)
Das ursprüngliche Nicht-Sterbenmüssen des Menschen (näfäsch) ist nur verliehene. Ebenso gilt dies für die Engel, die –wie der Mensch- von Gott geschaffene Wesen sind. (vgl. Luk 20, 36)
Für die Menschen nach dem Sündenfall gilt aber, dass sie und ihre Nachkommen als Folge des Sündenfalls sterben, wieder zu Erde werden müssen, davon sie genommen sind. (1 Mose 3, 19)
Im Alten Testament liest man die Redewendung, jemand sei „alt und lebenssatt“ gestorben und dann „zu seinen Vätern versammelt“ worden (z.B. 1. Mose 25, 8 von Abraham).
Das kann man sich durchaus ganz plastisch vorstellen: Die Gebeine der Verstorbenen wurden den Gebeinen der „Väter“ in der Familiengruft hinzugefügt.
Andererseits gibt es im AT eine Reihe von Stellen, die von einem „Totenreich“ (sheol) sprechen, in dem sich die „Seelen“ der Toten befinden. „Meine Seele“ (nafsch’i) ist hier allerdings gleichbedeutend mit „ich, mein, mich“ und kann nicht ohne Weiteres als Beleg für die gedachte Existenz eines „Zusatzteils“ im Menschen namens ‚Seele‘ gedeutet werden. (z.B. Ps 30,4; Ps 86, 12-13; Hos 13, 14)
1 Sam 2, 6 („Der HERR tötet und macht lebendig; er führt in den Scheol hinab und wieder herauf.“[EF]) markiert, dass der HERR auch Herr über das Totenreich ist, der Scheol also kein „Ort“ ist, der Gott entzogen wäre.
(B) Auch im Neuen Testament ist an einigen Stellen von einem Toten- oder Schattenreich, einer „Unterwelt“ (griech. Ἅδης [hades]) die Rede: So zitiert der Apostel Petrus in seiner Pfingstpredigt (Apg 2, 27) Ps 16. 10 („Denn meine Seele wirst du dem Scheol nicht lassen, wirst nicht zugeben, dass dein Frommer die Grube sehe.“ [EF])
1Ptr 3,18-20 wird von Jesus Christus gesagt, er habe „den Geistern im Gefängnis gepredigt“, was in der Tradition als Hinweis auf die im Hades gefangenen, Gericht und Auferstehung harrenden Toten (Seelen) verstanden wird.
Ebenso wie auch die darauf Bezug nehmende Stellen 1Ptr 4,6 und Eph 4,8.
Dass die Verstorbenen bis zur Wiederkunft Christi zum Gericht in irgendeiner Weise „existieren“, legt auch das Gleichnis Jesu vom „Reichen Mann und armen Lazarus“ (Lk 16, 19-31) nahe.
(C) Über die Seele, den Verbleib der Seele nach dem irdischen Sterben usw. lässt sich biblisch nur so viel festhalten bzw. ausschließen:
- „Seele“ meint den ganzen lebendigen Menschen aus „Leib, Geist und Seele“, wobei „Seele“ hier den besonderen Aspekt des Menschen als von Gott geschaffenem, einzigartigen unverwechselbaren Menschen, sein Personsein, seine Individualität betont.
- Die Auffassung von einer „unsterblichen Seele“ oder der „Unsterblichkeit der Seele“ ist mit dem Zeugnis der Hl. Schrift über den sterblichen Menschen nach dem Sündenfall nicht in Übereinstimmung zu bringen.
Schon gar nicht, wenn darunter ein „unsterbliches Etwas im Menschen“ verstanden wird, eine Art „göttlicher Funke“, dem Unsterblichkeit anhafte.
Aber auch nicht unter Berufung auf Mt 10, 28 „Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen.“
Denn dieser zum Beweis für eine „Unsterblichkeit der Seele“ gerne zitierte Vers findet seine Fortsetzung: „…fürchtet vielmehr den, der Seele und Leib verderben kann in der Hölle!“ Mit anderen Worten: Dem nicht an Christus glaubenden Menschen bleibt das (selbstgewählte) endgültige Zu-Nichts-Werden, die endgültige Gottesferne, als das Verderben und Sterben der Seele.
- Die Christusgläubigen sind nach dem irdischen Sterben in Gottes Hand geborgen. Wo, wie, auf welche Weise – lässt sich nicht beantworten. Das NT vergleicht diesen Zustand manchmal bildhaft mit einem Schlaf, aus dem er am Jüngsten Tag aufwachen wird (z.B. Joh 11,11; Dan 12,13). Die luth. Frömmigkeit nimmt dieses Bild seelsorglich gerne auf, z.B. ELKG 247, 3 „Der Leib in seim Schlafkämmerlein / gar sanft ohne ein’ge Qual und Pein / ruh bis zum Jüngsten Tage.“
Auch die nicht an Christus Glaubenden sind bis zum Jüngsten Tag „aufbewahrt“ und werden bei der Allgemeinen Auferstehung/Auferweckung am Jüngsten Tag nicht identisch neu geschaffen.
- Die zum Menschsein gehörende Körperlichkeit wird den Christusgläubigen als Auferstehungsleib neu geschenkt (vgl. 1 Kor 15, 44: „Es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib.“)
Über eine Leiblichkeit/Körperlichkeit der Toten bis zum Jüngsten Tag lässt biblisch nichts Gewisses sagen.
- Mit dem Zeugnis der Hl. Schrift nicht vereinbar ist auch die (z.B. von Karl Barth, Eberhard Jüngel, aber auch einigen klassischen Sekten vertretene) sog. „Ganztod-Theologie“, die davon ausgeht, dass der Mensch im irdischen Tod ganz und gar (mit Leib, Geist und Seele) stirbt und bei der Auferstehung ganz und gar neu geschaffen wird, es also nichts gibt, was an Personsein bzw. „Seele“ zwischen irdischem Tod und Auferstehung bleibt.
- Unbiblisch und daher aus luth. Sicht abzulehnen sind auch alle Vorstellungen, die irdische Kirche könne auf irgendeine Weise auf das Ergehen der Verstorbenen einwirken. Dazu gehört auch die Fürbitte für Verstorbene, wenn damit die Meinung verbunden ist, bei Gott dadurch eine „Bekehrung nach dem Gott“ erwirken zu können. Dazu gehört die römische Vorstellung von den Seelen im Fegfeuer (Purgatorium), denen die Kirche durch ihnen zugewandte Gebete, gute Werke, Messopfer, Ablässe usw. die peinigende „Zeit“ an diesem „Reinigungsort“ verkürzen könne und auch alle sog. stellvertretenden Handlungen für Verstorbene, wie die mormonische Totentaufe oder der Empfang der Sakramente durch Lebende für Verstorbene, wie dies die Neuapostolische Kirche praktiziert.
Segen
In der lutherischen Kirche findet im Hauptgottesdienst der ‚Priestersegen’ oder ‚Aaronitische Segen’ Verwendung, wie er 4. Mose 6, 24-26 überliefert wird.
Danach gebot Gott Mose, dem Priester Aaron diesen Segen zu übertragen und dadurch den „Namen Gottes auf die Israeliten zu legen, dass Er sie segne“. ( 4 Mose 6, 27)
Der Aaronitische Segen verbindet auch die Kirche mit dem Volk Israel.
Er ist nicht „trinitarisch“ in dem Sinne, dass er Vater, Sohn und Heiligen Geist ausdrücklich benennt, aber in eigentümlicher Weise „triadisch“, indem er drei unterschiedliche Segnungen Gottes in Worte fasst, die man durchaus den drei Personen der Dreifaltigkeit zuordnen könnte:
Der HERR segne dich und behüte dich: Als der Schöpfer und Erhalter segne dich Gott, der Vater.
Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig: In Jesus Christus hat sich uns der allmächtige Gott gezeigt, wie er von uns gesehen werden will. In Christus blickt uns Gott freundlich, mit „leuchtendem Angesicht“ an. In Christus, dem Sohn, ist Gott uns gnädig.
Der HERR erhebe sein Angesicht über dir und gebe dir Frieden: Der Friede, den der auferstandene Christus uns schenkt, kommt durch den Heiligen Geist in unser Herz und erfüllt uns. Durch die Geistesgabe des Glaubens an Jesus Christus empfangen wir den Frieden, der höher ist, als alle Vernunft und den die Welt nicht geben kann.
Wenn es heißt: „Der HERR segne dich“ und nicht etwa „euch“ (und schon gar nicht „uns“), dann scheint damit der Einzelne gemeint zu sein. Obwohl es richtig ist, dass Gott jeden Einzelnen kennt und meint und auch segnet, geht aus dem Zusammenhang von 4. Mose 6 deutlich hervor, dass hier das Volk (Israel) angesprochen wird und gemeint ist.
Wenn im Gottesdienst der Segen erteilt wird, dann wird der Name Gottes auf Sein Ihm geheiligtes und erlöstes Volk gelegt. Es ist der EINE Leib Christi, dem der Segen Gottes hier gilt, die Gemeinde, die Kirche Christi an ihrem Ort ist.
Dazu wird ein Pastor unter anderem ordiniert, dass er als Hirte in Vollmacht seine „Herde“ im öffentlichen Gottesdienst segnet. Das „Du“ des Segens richtet sich an die Gemeinde.
Eine Mutter oder ein Vater kann ihr Kind segnen. Gültig und wirksam ist dieser Segen. Zweifellos. Ein Christ kann einen anderen Christen segnen. Und wenn er es tut, tut er gut daran.
Aber es hat seine Bedeutung und seine besondere Würde, dass der Pastor die Gemeinde segnet. Das tut er nicht als Privatperson, sondern in Kraft der Vollmacht, die ihm in der Ordination verliehen wird.
Diesen Segen (wie auch den Segen im Zusammenhang des sog. Kanzelsegens oder des abschließenden Segenswortes bei der Kommunion) kann sich der Christ symbolisch zueigen machen, indem er sich während des oder nach dem letzten Satz des Aaronitischen Segens „bekreuzigt“. Das heißt nichts anderes, als: Ich unterstelle mich diesem Segen Gottes mit allen Gaben und Gütern, die damit verbunden sind. Und ich bekenne mich dazu, dass Gottes Segen, nämlich als Erlösung und Befreiung von Sünde, Tod und Teufel im Kreuz Jesu Christi für mich und alle, die an Christus glauben, in Kraft gesetzt wurde.
Mit dem Zeichen des Kreuzes wurden wir alle bei unserer Taufe gesegnet: „Nimm hin das Zeichen des Kreuzes. Du gehörst Christus, dem Gekreuzigten.“
Wer diese uralte christliche Sitte für „typisch römisch“ hält, sollte gelegentlich einmal einen Blick in den Kleinen Katechismus Martin Luthers werfen, in dessen Anhang es bekanntlich im Zusammenhang mit dem Morgen- bzw. Abendsegen heißt: „Des Morgens, wenn du aufstehst, magst du dich segnen mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes und sagen (...)“ bzw. „Des Abends, wenn du zu Bett gehst, magst du dich segnen mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes und sagen (...)“.
Eine „Bekenntnisfrage“ ist das Bekreuzigen, wie auch manche andere gottesdienstliche Gebräuche dennoch freilich nicht. Wer gesegnet wird und den Segen im Glauben annimmt, ist gesegnet, ganz gleich, ob er sich dazu bekreuzigt oder nicht.
Sekte
Sprachlich leitet sich das deutsche Wort Sekte von lat. sequi = jemandem folgen ab. Sekte bedeutet ursprünglich also so viel wie „Gefolgschaft, Schulmeinung, Partei“ in Bezug auf eine Philosophie, weltanschauliche Ideologie oder Religion.
Oft findet man fälschlicherweise als sprachlichen Ursprung auch eine Ableitung von lat. secare = abschneiden bzw. abspalten. Diese nichtzutreffende Ableitung hat u.a. dazu geführt, Sekte umgangssprachlich und unreflektiert vornehmlich quantitativ, also im Sinne von „zahlenmäßig kleine Gruppe“ zu verwenden.
Die Verwendung von Sekte in einem rein quantitativen Sinn und in Bezug auf Religionen oder Kirche(n) ist jedoch sachlich unangemessen und irreführend.
Sachgemäß ist hingegen eine Differenzierung zwischen Sekte im theologischen, soziologischen und umgangssprachlichen Sinne.
1. Sekte im theologischen Sinn
Im NT wird der griech. Begriff hairesis (daraus später „Häresie“ = Irrlehre) als Beschreibung einer religiösen Schulrichtung innerhalb des Judentums wertungsfrei z.B. auf die Pharisäer und Sadduzäer angewandt (Apg. 15.5; Apg 5, 17).
Im negativen Sinne werden aber auch die (alle) Christen aus jüdischer und - darauf basierend - römischer Sicht als hairesis bewertet (z.B. Apg 24,5.14; 28, 22).
Aber auch innerhalb der frühesten Kirche erkennt man, negativ-wertend, Abweichungen von der durch die Apostel überlieferten (= apostolischen) Lehre nicht als Bereicherung, sondern als Problem, das die Einheit der Kirche in der apostolischen Wahrheit gefährdet.
Im theol. Sinn wird aus kirchlicher Sicht der Begriff Sekte nicht auf Heidentum, andere (bzw. die) Religionen oder auf Apostasie (genereller Glaubensabfall) angewandt, sondern auf Gruppen, Gemeinschaften, Organisationen, die den Anspruch erheben, die wahre Lehre der Kirche zu vertreten, aus der Sicht der Kirche jedoch gerade eine oder mehrere falsche Lehren vertreten und als Kennzeichen für Rechtgläubigkeit absolut setzen.
Sekte ist im christl.- theol. Sinne also ein qualitativer Beziehungsbegriff, der eine christliche Gemeinschaft beschreibt, die eine oder mehrere Lehren, die sich aus der Hl. Schrift mehr oder weniger ableiten lassen entweder mit Heilsrelevant so absolut setzt, dass sie ihrerseits keine Gemeinschaft mehr mit der Kirche akzeptieren kann oder Sonderlehren (z.B. aufgrund von Sonder- und Privatoffenbarungen) außerhalb der Hl. Schrift zum Kriterium wahren und reinen christlichen Glaubens erhebt, sodass Gemeinschaft zwischen Kirche und Sekten aufgrund der Lehrdiskrepanz nicht möglich ist.
Da der theol. Sektebegriff als lehrinhaltlich-qualitativ bestimmter Begriff immer ein Beziehungsbegriff ist, ist er als allgemeingültige Definition nur bedingt geeignet: Er wird wechselseitig ausweislich der Übereinstimmung mit oder Abweichung von der eigenen, als rechtgläubig angesehenen Lehre auf das jew. Gegenüber angewandt.
2. Sekte im soziologischen Sinn
Deshalb wird der Begriff Sekte heute eher zurückhaltend und insbesondere im soziologischen Sinne verwendet.
In diesem soziologischen Sinne ist eine Sekte (ungeachtet der konfessionellen, religiösen) Herkunft oder Zugehörigkeit zunächst eine weltanschauliche Gruppe, die dadurch geprägt ist, dass sie z.B.
- ihre Mitglieder in deren gesamten Leben prägt, beeinflusst und auch zeitlich in Anspruch nimmt;
- totalitäre Strukturen aufweist, denen sich die Mitglieder zu unterwerfen haben (Gurus, Leiter, Oberhäupter);
- die gute Innenwelt der Sekte gegenüber der bösen Außenwelt strikt trennt und Kontakte zur Welt außerhalb der Sekte kritisch sieht, diffamiert, verbietet;
- ihren Mitgliedern ein Verlassen der Sekte dadurch mehr oder weniger unmöglich macht, weil diese entweder daraufhin mit Repressalien, Ächtung usw. zu rechnen haben oder aber das gesamte (auch Privat-) Leben eines Mitgliedes so sehr durch die Sekte geprägt wird, dass keine sozialen Kontakte außerhalb der Sekte mehr bestehen und ein Ausstieg nur zum Preis sozialer Isolation zu haben wäre;
- vor der Aufnahme in die Sekte Methoden angewandt werden, die man als „Gehirnwäsche“ bezeichnet und nach einem Ausstieg psychologische oder psychiatrische therapeutische Behandlung erforderlich machen.
3. Sekte im umgangssprachlichen Sinne
Unreflektiert, fast immer auch unsachgemäß und oft diffamierend ist die umgangssprachliche Verwendung des Begriffes Sekte.
Danach ist eine Sekte eine kleinere gegenüber einer größeren oder großen Glaubensgemeinschaft, eine jüngere gegenüber einer älteren.
Diese Definition differenziert weder nach theologisch-inhaltlichen noch nach soziologischen Gesichtspunkten, sondern orientiert sich bei der Bewertung entweder an dem, was in der eigenen („großen“, chronologisch älteren) Glaubensgemeinschaft gilt oder an dem, was die Mehrheitsgesellschaft als „normal“ vorgibt.
Danach wäre z.B. die lutherische Kirche aus der Sicht der röm.-kath. Kirche eine Sekte, weil sie numerisch kleiner als die röm. Kirche und - oberflächlich gesehen - chronologisch erst nach der röm. Kirche entstanden ist.
Danach zählten aber auch alle Christen z.B. in Deutschland zu einer Sekte, die aufgrund ihrer Glaubensüberzeugungen (und zwar quer zu allen Konfessionszugehörigkeiten) bestimmte ethisch-moralische Auffassungen vertreten, die sich (inzwischen) im Vergleich zur gesellschaftlichen Mehrheit in der Minderheit befinden.
4. Konkrete Anwendung: Ist die röm.-kath. Kirche eine Sekte?
Im theol. Sinne ist eine Sekte eine Gemeinschaft, die von der geltenden Glaubenswahrheit erkennbar und deutlich abweicht, sodass kirchl. Gemeinschaft mit der Sekte nicht möglich ist.
Was jew. geltende Glaubenswahrheit ist, entscheidet sich jedoch an den jew. akzeptierten Glaubensquellen und -grundlagen.
Während für die luth. Kirche allein die Hl. Schrift Quelle, Regel und Richtschnur für alle Lehren des Glaubens ist, sind dies für die röm.-kath. Kirche zusätzlich auch die kirchl. Tradition und die pia opinio, die fromme Glaubensüberzeugung der Mehrheit des Kirchenvolkes, die wiederum durch den Papst als letzte Instanz als solche identifiziert wird.
Aus luth. Sicht ist daher die röm.-kath. Kirche im theol. Sinne eine Sekte, mit der keine kirchl. Gemeinschaft möglich ist, weil sie sowohl im Blick auf die grundlegenden Glaubensquellen als auch auf einige daraus abgeleiteten, für die röm. Kirche zentral wichtigen Glaubenslehren von der einzig verbindlichen Lehr- und Glaubensquelle abweicht. Aus luth. Sicht ist die luth. Kirche die legitime Fortsetzung der (römisch-)katholischen (siehe CA!) Kirche des Abendlandes, die (päpstliche) römische Kirche eine Abspaltung (hairesis) davon.
Qualitative oder chronologische Gesichtspunkte spielen bei dieser Bewertung eine untergeordnete Rolle. „Abspaltung“ wird dabei nicht organisatorisch-historisch, sondern lehrinhaltlich verstanden.
Im soziologischen Sinne ist die röm.-kath. Kirche jedoch aus luth. Sicht keine Sekte, da die hierfür genannten Kriterien entweder theoretisch oder faktisch-praktisch nicht zutreffen. Obwohl z.B. die röm.-kath. Kirche in gewissem Sinne totalitäre Strukturen (unfehlbarer Papst, kirchl. Hierarchie usw.) aufweist, ist ihr faktischer sozialer Einfluss auf ihre Mitglieder nur so groß wie dies zulassen.
Ein Verlassen der röm. Kirche ist für ihre Mitglieder jederzeit möglich, ohne dass diese in aller Regel und insbesondere nicht durch die Kirche selbst Repressalien usw. zu befürchten hätten.
Der „Intensivgrad“ der praktizierten Mitgliedschaft in der röm. Kirche steht, wenn auch nicht theoretisch und rechtlich, so doch faktisch, im persönlichen Ermessen des Kirchenmitgliedes.
Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK)
Die SELK ist selbständige Kirche:
„Selbständig“ bedeutet vor allem: Die SELK ist kirchlich eigenständig, hat eine eigene lutherische Kirchenleitung, eigene theologische Ausbildungsstätten, bestimmt –nur an die Hl. Schrift und das Bekenntnis der ev.-luth. Kirche gebunden, selbst, mit welchen Kirchen sie in Kirchengemeinschaft steht.
Sie ist selbständig im Blick auf Theologie und Lehre und braucht keine falschen Rücksichten darauf zu nehmen, was gerade „in“ ist und was die Mehrheit hören möchte.
Sie ist keine Staats- oder Landeskirche (gehört also nicht zur EKD) und finanziert sich, obwohl sie als Körperschaft des öffentlichen Rechtes Kirchensteuern erheben dürfte, nur durch die freiwilligen Kirchenbeiträge ihrer Mitglieder, durch Spenden und Kollekten.
So ist die SELK eine bekenntnisgebundene kirchliche lutherische Alternative zu anonymen protestantischen Großkirchen und bietet die Möglichkeit, mitzuentscheiden und sich aktiv einzubringen.
Die SELK ist evangelische Kirche:
Im Mittelpunkt ihrer Verkündigung steht die Botschaft von der Gnade Gottes, die in Jesus Christus Mensch geworden ist.
Durch den Glauben an Jesus Christus erhält unser Leben Sinn und Orientierung. Vor ihm müssen wir nichts leisten oder darstellen. Seine Liebe, seine Vergebung, sein Frieden sind gratis, umsonst, Geschenk.
Einzige Quelle des Glaubens ist die Bibel, die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testamentes. Von ihr bezeugen wir: Sie ist Gottes unfehlbares Wort an die Menschen.
So ist die SELK eine Alternative zu Beliebigkeit in Glaubensdingen, durch die die Menschen mit ihrem Suchen und Fragen am Ende doch alleingelassen werden.
Die SELK ist lutherische Kirche:
Sie wurzelt in der Reformation des 16. Jahrhunderts und erkennt die lutherischen Bekenntnisschriften, wie sie im Konkordienbuch von 1580 gesammelt vorliegen, als verbindliche und in der Kirche ausschließlich geltende Auslegung der Heiligen Schrift an.
Die Reformatoren wollten keine neue Kirche gründen, sondern verstanden sich als innerkatholische Reformbewegung.
In diesem ökumenischen Geist versteht sich auch die SELK als „katholische (das heißt wörtlich: zur allgemeinen, weltumspannenden Kirche Christi gehörende) Kirche evangelischen Bekenntnisses.“
So ist die SELK eine Alternative zu Traditionsabbruch und Geschichtsvergessenheit, zur Unverbindlichkeit in Glaubensfragen und ist in Deutschland heute die einzige lutherische Kirche mit dieser klaren Bekenntnisbindung.
Die SELK ist Kirche:
Sie will für sich nichts Besonderes oder Eigenes, sondern sie möchte das Evangelium Jesu Christi allen Menschen so bezeugen, wie es die Hl. Schrift offenbart.
Sie tut dies in Achtung und Respekt vor der 2000-jährigen Tradition der Kirche. Das merkt man auch an der Art Gottesdienst zu feiern.
Die SELK steht für Klarheit in der Lehre, für Einheit in der Wahrheit, für eindeutige biblische Verkündigung, für den Mut, auch gegen den Strom der Zeit zu schwimmen, für „heilige Weltlichkeit und weltliche Heiligkeit“.
So ist die SELK auch eine Alternative zu einem Ökumeneverständnis, das meint, ohne ernsthaftes Ringen um die Wahrheit des Evangeliums auskommen zu können und den Glauben der Vorfahren als überholte Dogmen von gestern bezeichnet.
Wie kann man zur Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche gehören?
• Man muß getauft sein. Wer sich taufen lassen möchte, erhält zuvor in einem Glaubenskurs alle Informationen und wird auch geistlich auf die Taufe vorbereitet.
• Wer getauft ist, aber zu keiner Kirche gehört, nimmt ebenfalls an einem Glaubenskurs teil und wird dann vor dem ersten Gang zum Heiligen Abendmahl konfirmiert und so Glied von Kirche und Gemeinde.
• Wer zu einer anderen Kirche gehört, kann in die SELK übertreten, muß aber zuvor aus seiner bisherigen Kirche austreten. Doppelmitgliedschaften sind nicht möglich. Der Übertritt erfolgt rechtlich nach einer Unterweisung durch den Pfarrer mit einer Übertrittserklärung im Pfarramt und wird geistlich durch den ersten Gang zum Heiligen Abendmahl in Kraft gesetzt.
sola fide
→ Exklusivpartikel
sola scriptura
→ Exklusivpartikel
solus Christus
→ Exklusivpartikel
stellvertretende Genugtuung Christi
→ Sühnetod
Es gehört zum absoluten Grundwissen eines lutherischen Christen, dass er um die Bedeutung des stellvertretenden Kreuzestodes, der stellvertretenden Genugtuung Christi weiß, dass er darum weiß, was für eine Bedeutung dieser Kreuzestod Christi für ihn persönlich, für sein Leben hat.
Das Bildnis des gekreuzigten Christus ist ein Ärgernis, ein „Skandal“, wie es der Apostel Paulus formuliert. Von daher ist es kein Wunder, dass vor einiger Zeit eine evangelische Bischöfin vorgeschlagen hat, das Symbol des Kreuzes als christliches Erkennungszeichen durch das scheinbar „freundlichere“ Bild des Kindes in der Krippe zu ersetzen. Man weiß: Mit dem gekreuzigten Christus trifft man das Herzstück des christlichen Glaubens überhaupt. Was bedeutet es also für uns, dass Christus am Kreuz gestorben ist?
1. Der Kreuzestod Christi war kein Betriebsunfall
Menschlich gesprochen ist die Hinrichtung Jesu am Kreuz aus heutiger Sicht ein Justizskandal: Weil Jesus von sich behauptet, Er sei der Sohn Gottes und spreche in der Vollmacht Gottes, wird Er vom obersten jüdischen Gericht in einer nächtlichen Sitzung zum Tode verurteilt.
Da jüdische Behörden selber jedoch in dem von den Römern besetzten Land keine Todesurteile vollstrecken durften, wurde Jesus dem römischen Statthalter Pontius Pilatus unter dem Vorwurf überstellt, es handele sich bei Jesus um einen politischen Aufrührer. Unter dem Druck einer aufgewiegelten Volksmenge verurteilte Pilatus Jesus daraufhin zum Tode und verhängte mit der Kreuzigung die grausamste Todesstrafe seiner Zeit, die von den Römern vor allem auch zur Abschreckung eingesetzt wurde: Wer ans Kreuz genagelt wurde, starb schließlich einen qualvollen Erstickungstod.
Die Berichte der Evangelien machen jedoch sehr deutlich, dass der Kreuzestod Jesu in Wirklichkeit kein unvorhersehbares Scheitern Jesu war, gegen das dieser sich vergeblich zur Wehr gesetzt hätte. Sie zeigen vielmehr, dass Jesus diesen Weg ans Kreuz ganz bewusst gegangen ist, ja den Tod am Kreuz als den eigentlichen Sinn und das eigentliche Ziel Seines Weges angesehen und gedeutet hat.
Dass Er nach Gottes Willen leiden und sterben muss, betont Jesus ebenso immer wieder wie dies, dass Sein Tod am Kreuz für euch, für die Vielen, das heißt: für alle Menschen, geschieht. Von daher beansprucht Jesus selber, dass Sein Tod noch einmal eine ganz andere Bedeutung, noch einmal eine ganz andere Qualität hat als bloß der Tod eines Märtyrers oder eines unschuldig Verfolgten.
2. Der Kreuzestod Christi war notwendig
Als Jesus am Abend vor Seiner Verhaftung das Heilige Mahl einsetzt und den Jüngern Seinen Leib und Sein Blut austeilen lässt, deutet Er Seinen eigenen bevorstehenden Tod als stellvertretende Lebenshingabe zur Vergebung der Sünden: Er, Jesus Christus, erleidet, was sie, die Jünger, und mit ihnen alle Menschen insgesamt verdient hätten.
So können wir angesichts des gekreuzigten Christus zunächst und vor allem erkennen, in was für einer Situation wir uns als Menschen eigentlich befinden: Wir haben uns alle miteinander von Gott abgewendet, wollen Seinen Anspruch auf unser Leben nicht akzeptieren, leben immer wieder gerade nicht so, wie Gott dies von uns erwartet, hätten es verdient, dass wir am Ende unseres Lebens von Gott getrennt bleiben und uns nur der Ausruf bleibt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Ja, die Schuld unseres Lebens wiegt schwer, und entsprechend nimmt Gott sie auch ernst, verharmlost sie nicht, wischt sie nicht mit einer Handbewegung beiseite. Damit würde Er ja die Verbindlichkeit Seines Anspruchs auf unser Leben in Frage stellen, wenn die Ablehnung dieses Anspruchs keinerlei Konsequenzen hätte.
Nein, Gott straft unsere Abwendung von Ihm, unsere Schuld mit aller Härte – doch dies Strafe trifft nicht uns, sondern Seinen eigenen Sohn Jesus Christus. Der geht im Auftrag Seines Vaters stellvertretend für uns ans Kreuz – Er, der einzige, der wirklich unschuldig war, der im Unterschied zu uns überhaupt nicht hätte sterben müssen.
Er nimmt die Strafe auf sich und erleidet, was wir Menschen alle miteinander verdient haben.
Einfacher ging es nicht; billiger war die Vergebung unserer Schuld nicht zu haben, als eben so, dass in Jesus Christus Gott selbst sich freiwillig für uns opfert. Angesichts des gekreuzigten Christus sollen und dürfen wir also zum einen über die Folgen unserer Abwendung von Gott erschrecken: Wir selber sind mit unserer Schuld der Grund dafür, dass Jesus Christus am Kreuz sterben musste – und nicht etwa bloß irgendwelche anderen Menschen, „die Juden“ etwa, wie dies fatalerweise im Verlauf der Geschichte von Christen immer wieder behauptet worden ist. Zum anderen aber und vor allem sollen und dürfen wir über die Liebe Gottes staunen, der dazu bereit ist, für uns zum Opfer zu werden und den Tod zu erleiden.
3. Der Kreuzestod Christi ist Tat der Liebe Gottes
Dass Jesus Christus stellvertretend für uns am Kreuz die Strafe für unsere Schuld auf sich genommen hat, bedeutet nicht, dass Gott in diesem Geschehen am Kreuz gleichsam nur das „Objekt der Versöhnung“ wäre, also der, der durch den Kreuzestod Jesu versöhnt und besänftigt wird.
Nein, so betont es der Apostel Paulus, „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber.“ (2. Korinther 5,19)
Gott selber ist in dem, was da am Kreuz geschieht, selber die handelnde und treibende Kraft; Seine Liebe ist es, die Ihn dazu bewog, Seinen Sohn zu uns Menschen zu senden und durch Seinen Tod das Verhältnis der Menschen zu Ihm, Gott, wieder in Ordnung zu bringen. Ja, so sagt es Christus selber im wohl wichtigsten Satz der Heiligen Schrift: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass Er Seinen eingeborenen Sohn (in den Tod) gab, damit alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ (Johannes 3,16)
Der Kreuzestod Jesu ist Ausdruck des unbändigen Versöhnungswillens Gottes, Ausdruck Seiner unendlichen Liebe zu uns. Und dieser Versöhnungswille und diese Liebe gilt in der Tat der ganzen Welt, nicht nur einigen ausgewählten Personen, nicht nur einigen ausgewählten Frommen. „Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt“ (Johannes 1,29) – so stellt Johannes der Täufer gleich zu Beginn des Evangeliums Ihn, Christus, vor.
Mit seinem Tod am Kreuz hat Christus unumkehrbar Fakten geschaffen: „Es ist vollbracht!“ (Johannes 19,30)
4. Der Kreuzestod Christi zeigt, wie Gott mit uns Menschen umgeht
Die Kreuzigung Jesu war zweifellos ein schlimmes Verbrechen – und doch hat Gott aus dieser Untat Heil für die Menschen entstehen lassen. Eben dies ist Gottes Art, selbst aus Bösem und Entsetzlichem schließlich doch noch Gutes entstehen zu lassen. Von daher kann uns der Blick auf den Gekreuzigten immer wieder ein Halt und ein Trost sein, wenn wir selber in unserem Leben auch Böses und Entsetzliches erfahren müssen: Gott kann auch aus diesem Bösen noch Gutes schaffen – und Er steht uns in unserer Erfahrung des Bösen zur Seite, hat dieses Böse selber bis in die letzte Konsequenz erlitten, ist solidarisch mit uns geblieben bis in den Tod hinein.
Wenn wir auf den Gekreuzigten schauen, erkennen wir zudem, dass Gott sich uns immer wieder ganz anders zu erkennen gibt, als wir dies von Ihm erwarten würden, ja dass Er uns geradezu „unter der Gestalt des Gegenteils“ erscheint, wie Martin Luther dies formuliert hat: Nicht als der Starke, sondern als der ganz Schwache, eben als gekreuzigter Mensch, nicht als der Große, sondern als der ganz Kleine, der zu uns kommt in einer Hostie und einem Schluck Wein.
Und der Blick auf den Gekreuzigten zeigt uns zugleich, wie Gott Menschen für sich zu gewinnen sucht: nicht mit Gewalt oder Heiligen Kriegen, nicht mit Druck und Zwang, nicht mit Propaganda oder Werbegags, sondern so, dass Er uns Menschen in der scheinbar so machtlosen Gestalt des Gekreuzigten gegenübertritt.
Dieser gekreuzigte Christus lädt ein und bittet, und mit Ihm bitten Seine Botschafter an Christi Statt: „Lasst euch versöhnen mit Gott!“ (2. Korinther 5,20) Das einzige Machtmittel, das Christus und die Botschafter an Seiner Statt haben, ist das Mittel Seines einladenden Wortes, ist Seine unendliche Liebe, mit der Er für uns am Kreuz hängt und um uns wirbt – mit ausgebreiteten Armen.
Stola
Als St. bezeichnet man ein ca. 2,50 Meter langes Stoffband, das als Amtszeichen von Geistlichen während des Gottesdienstes getragen wird. Es kann einfarbig (in der jew. lit. Farbe), mehrfarbig und mit Symbolen und Applikationen reich ausgestaltet sein.
Getragen wir die St. entweder über Talar bzw. Albe oder Chorhemd oder, wenn die vollständige altkirchliche Meßgewandung getragen wird, auf der Albe, also unter der Kasel.
Bei der Ordination eines Pastors wird die St. im Vollzug der Ordinationsliturgie durch den Ordinator dem Ordinanden mit einem Deutewort umgelegt, das die St. als Symbol für das „Joch Christi“ deutet.
Als Amtsinsignie für Lektoren und andere niedere Weihegrade wird die St. (lat. orarium, griech. orarion) im 4. Jhdt. bezeugt. Später (6. Jhdt. bzw. 8./9. Jhdt.) wird sie zum Amtszeichen der Priester und Bischöfe.
In der SELK gehört die St. heute fast überall zur Amtstracht der Pfarrer. Pfarrdiakone tragen eine schräg über die Schultern gelegte Diakonen-St.
Das gleichzeitige Tragen eines Beffchens und der Stola ist in der SELK nicht vorgesehen.
Sühnetod
→ stellvertretende Genugtuung Christi
Sünde
→ Erbsünde → Beichte → Vergebung
Im Hebräischen gibt es verschiedene Begriffe für ‚Sünde‘: taJ'äx; [chata’t] = Zielverfehlung; [v;P, [pescha‘] = Treuebruch, Aufbegehren;! wO [' [‘awon] = Schuld.
Im Griechischen entspricht der Begriff ἁμαρτία [hamartia] dem hebr. [chata’t] = Zielverfehlung.
1. Sünde ist nicht Unmoral
Zu den verbreitetsten Klischees über den christlichen Glauben gehört dieses, dass die Kirche eine Anstalt zur allgemeinen moralischen Aufrüstung sei, in der die Kirchglieder sonntags regelmäßig als „Sünder“ beschimpft werden von älteren Herren, die sich selber für sündlos halten, in Wirklichkeit aber eine merkwürdige Doppelmoral pflegen. „Sünde“ wird in diesem Zusammenhang dabei stets als moralisches Fehlverhalten verstanden, das sich im wesentlichen auf das Gebiet der Sexualität konzentriert, oder aber auch allgemein als Abweichen von völlig verstaubten und überholten Moralvorschriften. In bewusster Absetzung davon wird „Sünde“ dagegen im heutigen Sprachgebrauch als kleine verzeihliche Schwäche verstanden, als harmlose Abweichung von einer Norm, die man nicht allzu ernst zu nehmen braucht: Die Dame, die sich beim Kaffeekränzchen zwei Stücke Sahnetorte zu viel einverleibt hat, erklärt anschließend, sie habe „gesündigt“. Oder man spricht von „Parksündern“, die ihren Wagen für eine Zeitlang im eingeschränkten Halteverbot abgestellt haben. Weiter tragisch ist das alles natürlich nicht, hat erst recht keine Auswirkungen auf unser künftiges Seelenheil, denn „wir sind alle kleine Sünderlein und kommen alle in den Himmel, weil wir so brav sind“, wie es ein Karnevalsschlager besingt.
All dies hat mit dem christlichen Verständnis von Sünde so gut wie gar nichts zu tun: „Sünde“ ist nach dem Verständnis der Heiligen Schrift etwas völlig anderes als Unmoral; „Sünder“ sind nicht unanständige oder schlechte Menschen oder müssen es zumindest nicht sein, und erst recht ist es Unfug, Sex und Sünde gleichzusetzen. Entsprechend ist es auch nicht das Ziel der Verkündigung der Kirche, Menschen zu moralisch anständigen Mitbürgern zu erziehen. Ebenso wenig lässt sich die Sünde nach christlichem Verständnis jedoch mit einem Augenzwinkern abtun; sie ist viel mehr als bloß die Abweichung von irgendwelchen gesellschaftlichen Normen. Sie betrifft alle Menschen gleichermaßen – Pastoren und Gemeindeglieder, Christen und Nichtchristen.
2. Sünde ist Trennung von Gott
„Sünde“ bedeutet nach christlichem Verständnis so viel wie „Absonderung“, „Absonderung von Gott“. Entsprechend ist das Wort „Sünde“ ein Beziehungsbegriff, der die gestörte, ja zerbrochene Beziehung zwischen dem Menschen und Gott beschreibt, den „Sund“, das Meer, das zwischen Gott und dem Menschen liegt, weil sich der Mensch von Gott entfernt hat. Anders ausgedrückt: Sünde ist in ihrem tiefsten Wesen Unglaube, fehlendes Vertrauen auf Gott und Sein Wort. All das, was wir normalerweise als „Sünde“ zu bezeichnen pflegen, also Taten, Worte und Gedanken, die mit Gottes Geboten nicht übereinstimmen, sind von daher letztlich schon Folgen und Konsequenzen aus der eigentlichen Ursünde, der Abwendung von Gott. Die Geschichte vom Sündenfall in 1. Mose 3 beschreibt sehr schön, wie sich diese Trennung von Gott im Leben der Menschen von Anfang an vollzogen hat und seitdem immer wieder vollzieht: „Sollte Gott gesagt haben?“ – so fragt die Schlange und verführt Eva damit zum Misstrauen gegen Gottes guten Willen und zur Übertretung des göttlichen Gebots. Das ist also die „Ursünde“, dass wir Gott immer wieder nicht zutrauen, dass Er es in seinem Wort, in Seinen Geboten wirklich gut mit uns meint, sondern dass wir glauben, wir wüssten besser als Gott, was richtig und wirklich gut für uns ist. Martin Luther hat denselben Sachverhalt positiv in seiner Erklärung der Zehn Gebote im Kleinen Katechismus dargestellt: „Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir ...“ – so beginnt die Erklärung eines jeden Gebotes. Aus dem Glauben an Gott, daraus, dass wir Ihn an die erste Stelle in unserem Leben setzen, folgt, dass wir Seine Gebote halten. Wo dieser Glaube fehlt, wo wir anderes oder andere als wichtiger ansehen als Gott, folgt dann auch die Übertretung der Gebote.
3. Sünde muss geglaubt werden
Was es wirklich heißt, dass wir von Gott getrennt, dass wir also Sünder sind, das können wir nur sehr begrenzt unserer eigenen Erfahrung entnehmen. Dass ich Sünder bin, bedeutet gerade nicht, dass ich mich schlecht fühle oder Probleme habe. Im Gegenteil kann ich mich blendend fühlen und ein hochanständiger Mensch und trotzdem von Gott getrennt sein. Sünde ist eben etwas ganz anderes als Moral; sie ist auch nicht bloß ein Defizit oder eine Mangelerfahrung. Der Theologe Hans-Joachim Iwand hat dies einmal schön formuliert: „Sünde ist gar keine Störung, sondern eine Befriedigung der menschlichen Natur.“ Wie tief ich von Gott getrennt bin, das kann ich nur dadurch erkennen, dass Gott selbst es mir in Seinem Wort sagt. Er zeigt mir, dass ich bereits getrennt von Gott geboren werde und von mir aus auch keine Möglichkeit habe, diese Trennung zu überbrücken. Er zeigt mir, dass es für uns Menschen auch völlig normal zu sein scheint, von Ihm, Gott, getrennt zu leben, weil wir von uns aus auch gar nichts anderes kennen. Ja, Gott zeigt mir in Seinem Wort, dass der Mensch von sich aus gerade nichts mit Gott zu tun haben will, dass er sich gegen Gott und sein Wort wehrt, bis Gott ihn erreicht und anfängt, ihn in seiner Personmitte, dem Herzen, zu verändern und ihn zu einem neuen Menschen zu machen. Diese abgrundtiefe Trennung von Gott, die zugleich Schicksal und Schuld ist, die der Mensch in seinem eigenen Leben immer wieder selbst vollzieht, nennt die Kirche mit einem Fachausdruck „Erbsünde“ oder „Ursprungssünde“. Sie bringt damit zum Ausdruck: Der Mensch sündigt, weil er ein Sünder ist. Er wird nicht erst dadurch zum Sünder, dass er konkrete Sünden begeht. Und diese Sünde, so zeigt es uns Gott in Seinem Wort, hat schließlich auch Konsequenzen: Wer in seinem Leben von Gott getrennt bleibt, der wird auch nach seinem Tod von Gott getrennt bleiben.
Wenn die Sünde in ihrer Tiefe auch nur im Glauben erkannt werden kann, so lässt sich doch umgekehrt auch festhalten, dass diese christliche Sicht des Menschen sehr viel realitätsnäher ist als all diejenigen Ideologien, die davon ausgehen, dass der Mensch in seinem Kern gut ist oder zumindest zu einem wahrhaft guten Menschen erzogen werden kann. An diesem Grundirrtum ist letztlich auch die kommunistische Ideologie gescheitert. Weil der Mensch von Gott getrennt ist, ist er eben „in sich selbst verkrümmt“, wie Martin Luther dies formuliert, bezieht er alles, was er haben kann, auf sich selber und lässt sich nicht umerziehen zu einem Menschen, dem beispielsweise Egoismus und Habgier fremd sind.
4. Sünde kann vergeben werden
Die Antwort, die der christliche Glaube darauf gibt, dass der Mensch ein Sünder ist, besteht also nicht darin, dass der Mensch versuchen muss, sich zu bessern, oder dass er durch irgendwelche Erziehungsmaßnahmen ein besserer oder gar sündloser Mensch wird. Sondern die Antwort des christlichen Glaubens besteht darin, dass Sünde vergeben werden kann, ja ganz konkret vergeben wird, wo die Kirche tut, was Christus ihr befohlen hat: „Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen.“ Gott selbst bringt die Beziehung zwischen sich und dem Menschen in Ordnung; Er bindet sich selber an das Wort der Vergebung, das uns in der Beichte zugesprochen wird, und verspricht, nie mehr das zur Sprache zu bringen, was dort vergeben worden ist. Weil Gott mir meine Sünden ganz und gar vergibt, stehe ich in Seinen Augen richtig da, bin „gerecht“, wie es die Heilige Schrift nennt, habe mit Gott wieder Gemeinschaft. Das heißt nicht, dass ich deshalb ein sündloser Mensch wäre. In mir bleibt dieser „alte Mensch“, wie ihn der Apostel Paulus nennt, der weiterhin Gott und Seinem Wort widerstrebt und mit Ihm nichts zu tun haben will. Doch dieses Streben des „alten Menschen“ und das, was daraus erwächst, wird von Gott selber immer wieder durch die Vergebung „zugedeckt“, wie es das Alte Testament formuliert: Gott sieht es nicht mehr als meine Schuld an. Darum bin ich als Christ stets „gerecht und Sünder zugleich“, wie es die lutherische Theologie ausdrückt.
Das heißt: Ich brauche meine Sünde nicht zu leugnen und mich nicht selbst zu rechtfertigen vor Gott: Ich kann und darf zu meiner Sünde, zu meinem Versagen stehen, weil ich weiß: Gott hat es mir doch schon vergeben und vergibt es mir immer wieder. Und das heißt zum andern: Diese Vergebung schenkt mir die Kraft, immer wieder neu an Gott zu glauben und Ihm zu vertrauen. Und sie schenkt mir damit auch die Kraft, gegen diesen „alten Menschen“ in mir anzukämpfen, ihn nicht zum Zug kommen zu lassen und gerade gegen meine „Lieblingssünden“ immer wieder anzugehen. Nein, sündlos werde ich dadurch nie. Aber ich weiß: Ich kann in diesem Kampf vorankommen, und ich werde ihn am Ende auch gewinnen – weil Christus ihn für mich gewinnt durch Seine Vergebung.
Superintendent
Von lat. superintendens, wörtlich „Aufseher“, Lehnübersetzung von griechisch ἐπίσκοπος episkopos = Bischof.
In der Reformationszeit schlossen sich in Deutschland die bisherigen (röm.-kath.) Bischöfe der Reformation weitestgehend nicht an. (Anders in Skandinavien) Luther und die Reformatoren setzten daher sog. Superintendenten als geistliche Oberhirten ein, denen die geistlichen Vollmachten der Bischöfe, insbesondere Visitation, Ordination und Lehraufsicht übertragen wurde. Für die administrativen und kirchenrechtlichen Funktionen der bisherigen Bischöfe sah Luther die Landesherren als „Notbischöfe“ vor.
In der SELK sind die Superintendenten die leitenden Geistlichen ihrer Kirchenbezirke und nehmen darin die klassischen bischöflichen Aufgaben wahr.
Zusammen mit dem Bischof und den Pröpsten bilden sie das Kollegium der Superintendenten, das zu den kirchenleitenden Gremien der SELK gehört.
Symbolik
Symbola (σύμβολα, Singular: Symbolon) waren bei den Griechen Berechtigungs-, Eintritts- oder Erkennungsmarken.
S. bezeichnet die theologische Disziplin, die sich mit der Geschichte und den theol. Inhalten der Glaubens-Symbole, also der Bekenntnisse befasst.
In der SELK bzw. der Lutherischen Theologischen Hochschule Oberursel hat die Symbolik als theol. Disziplin –im Unterschied zu den staatl. theol. Fakultäten- einen hohen Stellenwert. Die Studienordnung der SELK sieht vor, dass die Theologiestudierenden als angehende Pfarrer oder Pastoralreferentinnen der SELK die Bekenntnisse der luth. Kirche kennen und verstehen und in diesem Fach auch entspr. Leistungsnachweise erbringen.
Synode
Von griechisch σύνοδος synodos ‚Versammlung, Treffen‘; wörtl. ‚gemeinsamer Weg‘
In der alten Kirche waren Synoden Bischofsversammlungen. Synoden, die aus Ordinierten und Nichtordinierten zusammengesetzt sind und als oberstes kirchenleitendes Organ parlamentsartig arbeitet, entstanden bereits im 16. Jahrhundert als typisch calvinistisch-reformiertes Phänomen, während dort, wo es im Luthertum schon früh Synoden gab, diese im altkirchlichen Sinne Bischofssynoden waren.
In lutherischen Kirchen entstehen Synoden aus Ordinierten und nichtordinierten Gemeindevertretern erst im 19. Jahrhundert. Zu dieser Zeit in Deutschland nur in den selbständigen lutherischen Kirchen und in den aus diesen hervorgegangenen überseeischen Auswandererkirchen (z.B. „Missouri-Synode“ in den USA).
In den Landeskirchen entstehen Synoden als oberste Leitungsgremien erst nach 1918 mit dem Zerbrechen der „unheiligen Allianz“ zwischen Thron und Altar.
Während die Synoden in den deutschen Landeskirchen sich strukturell erkennbar am weltlichen demokratischen Parlamentarismus orientieren, mehrheitlich aus Nichtordinierten bestehen, teilweise „Fraktionen“ bilden, in Wahlkämpfen um Zustimmung für bestimmte kirchenpolitisch-theologische Richtungen werben (vor allem in Württemberg), auch geistliche und Lehrfragen nach parlamentarischen Mehrheitserfordernissen entscheiden, unterscheiden sich (Kirchenbezirks- und Kirchen-) Synoden der SELK hiervon bewusst und deutlich:
1. Die Synoden in der SELK setzen sich aus 51% ordinierten und 49% nichtordinierten Mitgliedern zusammen: synodale und episkopale Strukturen werden in den Synoden in Entsprechung zu den sonstigen Strukturprinzipien der Kirche abgebildet. (Das bedeutet freilich keineswegs, dass bei Abstimmungen die ordinierten Synodalen deshalb automatisch immer die Stimmenmehrheit auf sich vereinigten, da die Grenzlinien der Positionen, Meinungen und theologischen Prägungen quer zu der Linie „ordiniert/nichtordiniert“ verläuft.)
2. Während synodale Geschäftsordnungen der SELK in weiten Teilen denen vergleichbarer weltlicher Gremien ähneln oder gleichen, also z.B. für bestimmte Entscheidungen einfache oder Zweidrittelmehrheiten erforderlich sind, gilt grundsätzlich das Prinzip und Desiderat der Einmütigkeit für alle Abstimmungen, Entscheidungen und Beschlüsse. Das heißt: Auch wenn kirchenrechtlich auch knappe Mehrheiten zulässig sind, regeln die entspr. Ordnungen selbst, dass „Einmütigkeit anzustreben“ sei, also ein geistlicher großer Konsens jeder Mehrheitsentscheidung vorzuziehen sei.
3. Obgleich die Kirchensynode der SELK das letztinstanzliche Entscheidungsremium ist, ist es ausgeschlossen, dass die Kirchensynode in Fragen der Lehre, des Gottesdienstes und der kirchlichen Praxis aus sich heraus Beschlüsse fasst. In diesen Fragen hat auch die Kirchensynode nur die Möglichkeit, zu darüber gefassten Beschlüssen des Allgemeinen Pfarrkonventes (APK) „Stellung zu nehmen“ (Grundordnung der SELK Art. 25.5b).
Sie kann solchen Beschlüssen zustimmen, sie auch ablehnen. Sie muss ihnen auch zustimmen, damit sie bindende Wirkung für die Kirche haben. Aber sie kann in diesen Fragen keine eigenen Beschlüsse ohne den APK fassen.
Synoptiker
Von griech σύνοψις [sýnopsis] aus συν syn- ‚zusammen‘ und ὄψις [ópsis] ‚das Sehen‘.
Unter den ‚Synoptikern‘ versteht man in der Theologie die Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas, deren Evangelien in der ‚Synopsis‘ (=Zusammenschau, dargestellt in drei Spalten, die ähnliche und vergleiche oder identische Textteile nebeneinander stellen und unmittelbar vergleichbar machen) Gemeinsamkeiten aufweisen, die sie insgesamt vom Evangelium nach St. Johannes unterscheiden.
Die Frage, weshalb es unter den Synoptikern zu zahlreichen Gleichartigkeiten kommt, wie die Unterschiede zu erklären sind usw. wird unter Theologen seit dem 18. Jhdt. sehr unterschiedlich bis widersprüchlich beurteilt.
Gibt es zwei jüngere Evangelien, die sich als Quelle eines älteren oder ältesten bedient haben? Sind unterschiedliche Augen- oder Ohrenzeugen für die Unterschiede verantwortlich? Gibt es überhaupt ganz unterschiedliche schriftliche Quellen längst vor der Verschriftlichung unserer heutigen drei synoptischen Evangelien, die unterschiedlichen Einfluss darauf genommen haben (z.B. eine schriftliche Sammlung ureigener Worte Jesu) und die die Übereinstimmungen erklären?
Die neutestamentliche Bibelwissenschaft (Exegetik) versucht seit Jahrhunderten, mit mehr oder weniger (hilfs-)wissenschaftlichen Methoden, diese Fragen zu beantworten.
Vieles bleibt dabei im Bereich der Hypothesen, nicht bewiesen und nicht beweisbar.
Die SELK verschließt sich den sog. historisch-kritischen Methoden, die u.a. auch die synoptischen Fragen beantworten möchte, nicht prinzipiell. Der Methodenkanon wird an der Lutherischen Theologischen Hochschule der SELK gelehrt und vermittelt, damit die Theologen der SELK in der Lage sind, der jew. aktuellen wissenschaftlichen Diskussion kompetent zu folgen und sich ein eigenes Urteil zu bilden.
Gleichwohl besteht in der SELK Konsens darüber, dass die sehr vorläufigen, sich auch immer wieder ändernden Positionen historisch-kritischer Methodik die kirchliche Verkündigung des Evangeliums nicht bestimmen darf. Es gilt der textkritisch erhobene sog. griechische oder hebräische Urtext und für die gottesdienstliche Bibellesung die Übersetzung nach Martin Luther.
So ist beispielsweise auch Mk 16, 16 („Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden“) fester Bestandteil der luth. Taufliturgie, obwohl die neutestamentliche Bibelwissenschaft mehrheitlich davon ausgeht, dass der Schluss des Markusevangeliums nicht „echt“, sondern erst später durch einen Überarbeiter des ursprünglichen Markus-Evangeliums „hinzugefügt“ wurde.
Systematik
Häufig auch als Synonym für ‚Dogmatik` verwendet. Die Systematische Theologie ist eine theologische Fachdisziplin, die den christlichen Glauben in seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt (Dogmatik, Symbolik) und seinen Konsequenzen für christliches Handeln (Ethik) systematisch reflektiert und formuliert.