Angedacht!


„Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel
und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.“
Apostelgeschichte 2,42


Dr. Andrea GrünhagenLiebe Leserinnen und Leser,

diese Beschreibung des Gemeindelebens der ersten Christen lesen wir in der Apostelgeschichte. Wenn ich mich erinnere, was ich über diesen Bibelvers gelernt habe, fällt mir manches ein. Da wäre zum Beispiel die Beobachtung, dass die vier genannten Elemente (Lehre der Apostel, Gemeinschaft, Brotbrechen, Gebet) von Anfang an und bis heute Bestandteil des christlichen Gottesdienstes sind. Immer wieder habe ich auch gehört, dass dies eine idealtypische Beschreibung der Jerusalemer Urgemeinde sei, nicht aber eine Schilderung der wirklichen Verhältnisse. In dem Sinne, dass der Evangelist Lukas bei der Abfassung der Apostelgeschichte in diesem Kapitel nicht aufgeschrieben habe, was wirklich war, sondern was er meinte, was hätte sein sollen. Auf den ersten Blick macht das für die Auslegung keinen großen Unterschied, denn über die vier erwähnten Dinge kann man ja so oder so nachdenken und klar ist auch, sie sind damit zur Nachahmung empfohlen.

Trotzdem, wenn ich das alles für die Schilderung eines nur gedachten Idealzustandes halte, dämpft das natürlich meine Erwartung an die Realität, die ich in einer konkreten Gemeinde erlebe. Denn wenn es sowieso nie so war, dann muss es auch heute nicht unbedingt so sein und damit habe ich mir dann klammheimlich die Notwenigkeit erspart, meine Erfahrungen mit dem in Gottes Wort Beschriebenen zu vergleichen – was womöglich zu Ungunsten der konkreten Gemeinde ausgehen könnte.

Am 7.Sonntag nach Trinitatis ist das Abendmahl Thema, darum betrachten wir an dieser Stelle einmal das im genannten Bibelvers erwähnte „Brotbrechen“. Das war sozusagen der Fachbegriff für die gottesdienstliche Eucharistiefeier. Natürlich wird das Brot bei der Abendmahlsfeier nicht dadurch zum Leib Christi, dass es gebrochen wird. Es wird auch nicht durch die Tatsache dazu, dass wir das Brot brechen, um es zu teilen, sonst hinge das Abendmahl an menschlichem Tun. Das Brechen des Brotes beim Abendmahl ist ein Hinweis auf das Sterben Jesu am Kreuz. Dass aus Brot der Leib Christi wird, geschieht allein dadurch, dass der Pfarrer es mit den sogenannten „Einsetzungsworten“, also mit den Worten, die Jesus gebraucht hat, als er das Abendmahl mit seinen Jüngern gefeiert und seine Wiederholung befohlen hat, segnet, man sagt auch, konsekriert. Im lutherischen Bekenntnis steht dazu: „Solches tut, (nämlich was ich jetzt tue, einsetze, euch geben und nehmen heiße), das ist so viel gesagt: Du seist würdig oder unwürdig, so hast du hier sein Leib und Blut aus Kraft dieser Worte, so zum Brot und Wein kommen, solches merke und behalte nur wohl, denn auf den Worten stehet all unser Grund, Schutz und Wehr gegen allen Irrtum und Verführung, so jemals gekommen sind und noch kommen werden. … Denn die wahrhaftigen und allmächtigen Worte Jesu Christi, welche er in der ersten Einsetzung gesprochen, sind nicht alleine im ersten Abendmahl kräftig gewesen, sondern währen, gelten, wirken und sind noch kräftig, dass an allen Orten, da das Abendmahl nach Christi Einsetzung gehalten und seine Worte gebraucht werden, aus Kraft und Vermögen selbiger Worte, die Christus im ersten Abendmahl gesprochen, der Leib und das Blut Christi wahrhaftig gegenwärtig, ausgeteilt und empfangen wird.“ (Konkordienformel Artikel 7)

Wenn „Brotbrechen“ also ein anderes Wort für Abendmahlsfeier ist, was bedeutet es dann, dass die Urgemeinde in Jerusalem beständig darin blieb? Beständig darin bleiben, wie in einem Raum, in dem dauerhaft man wohnt. Wenn wir also, wie oben gesagt, davon ausgehen, dass dies wirklich am Anfang der Kirche so war und auch so sein sollte, was bedeutet das dann für uns heute? Einerseits, dass das Abendmahl beständig, das heißt so oft wie möglich bzw. immer gefeiert wird. Denn die Gemeinde kann ja nicht beständig in etwas bleiben, das nur eine besondere Ausnahme darstellt oder je und dann nach eigenen Gutdünken auch mal einfach nicht stattfindet. Die Urgemeinde wollte offensichtlich nicht gelegentlich mal etwas Neues und anderes, weil der Gottesdienst sonst ja langweilig wäre, sondern sie wollte beständig bleiben. Andererseits werden wir auch darauf hingewiesen, dass wir persönlich beständig dabei bleiben sollen, an der Feier des Abendmahls teilzunehmen. Das geistliche Leben eines Christen lebt tatsächlich auch von Beständigkeit. Das gilt nicht nur für den Empfang des Abendmahls, sondern auch für die anderen genannten Dinge.

Wir werden also daran erinnert, dass das Abendmahl nicht etwas ist, dass vielleicht ab und zu eine Rolle spielt, sondern etwas, dass fest zu unserem Christenleben gehört, einfach, weil es so wichtig für unseren Glauben ist. Was uns wichtig ist, das hat einen selbstverständlichen Platz in unserem Leben. Das gilt auch für den Gottesdienst mit der Abendmahlsfeier.

Ihre Andrea Grünhagen

© 2025 | SELBSTÄNDIGE EVANGELISCH-LUTHERISCHE KIRCHE (SELK)