Angedacht!
„Und als Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser. Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taufe herabfahren und über sich kommen. Und siehe, eine Stimme aus dem Himmel sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“
Matthäus 3,16f
Liebe Leserinnen und Leser,
der 1. Sonntag nach Epiphanias wird auch als „Fest der Taufe Christi“ bezeichnet. Besonders in den orthodoxen Kirchen des Ostens ist dies ein hoher Feiertag, zumal nach alter Tradition in diesen Kirchen Epiphanias das eigentliche Weihnachtsfest ist. Den Brauch, sich zum Fest der Taufe Christi in eiskalte Gewässer zu stürzen und ein Bad darin zu nehmen, was sowohl der Gesundheit als auch der Frömmigkeit sehr förderlich sein soll, kennen wir in den westlichen Kirchen nicht, obwohl wir ja nicht mal besonders viel dickes Eis aufhacken müssten dafür …
Es geht ja am 1. Sonntag nach Epiphanias auch nicht um Wasser, abgesehen davon, dass es zur Taufe gehört. Es geht auch nicht um den Jordan als solchen. Sondern in der Epiphaniaszeit geht es um die „Erscheinung des Herrn“. Das bedeutet das Wort Epiphanias. Dazu muss man wissen, dass seit alters liturgisch drei Lesungen aus den Evangelien zum Epiphaniasfest gehören. Nämlich die Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland (Matthäus 2), die Taufe Jesu im Jordan (Matthäus 3) und das Weinwunder auf der Hochzeit zu Kana (Johannes 2). Die beiden letzteren sind sozusagen auf den 2. und 3. Sonntag nach Epiphanias „gerutscht“. Der verbindende Gedanke dahinter ist dieser: Gott offenbart sich. Er offenbart die Erscheinung des Messias für alle Völker. Er offenbart Jesus als seinen lieben Sohn. Er offenbart seine Herrlichkeit im Wunder. Es geht eigentlich und ausschließlich um Jesus, dass er der Messias ist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist.
Dass es weder um Wasser noch um den Jordan geht, hatten wir ja schon gesagt. Es geht auch nicht um den Täufer und auch nicht darum, dass wir ja auch alle irgendwie Söhne (und Töchter) Gottes sind. In der Epiphaniaszeit muss man hinter das Vordergründige sehen. Es braucht göttliche Offenbarung, damit man hinter den Sterndeutern, die dem Jesuskind huldigen, dem Taufakt im Jordan und der Verwandlung von Wasser zu Wein, was vordergründig alles eher schwer einzuordnende Vorgänge sind, begreifen kann, was da geschieht. Gerade weil es nicht sichtbar ist. Nicht offensichtlich, sondern offenbart.
Ist es im Glauben nicht immer so, dass man auf das „Dahinterliegende“ schauen muss? Was sieht man denn zum Beispiel bei einer Taufe? Oder was ist mit unseren menschlichen Sinnen von Kirche wahrnehmbar? Das Vordergründige ist nie die ganze Wirklichkeit, ja nicht mal das Entscheidende. Man kann das sogar auch persönlich fassen: Was haben die Zeitgenossen Jesu abgesehen von den Wundern und Zeichen an ihm erkennen können? Braucht es nicht die „Stimme vom Himmel“, die ihn bestätigt? Es könnte doch auch bei uns und unserem Glauben und unserem Alltag so sein, dass wir nicht zu vorschnell urteilen sollten. Nicht alles, was gut aussieht, ist gut, nicht alles, was eher arm und bescheiden oder sogar böse erscheint, ist das auch. Die Augen des Glaubens sehen mehr.
Die Epiphaniaszeit ist ein guter Anstoß, mehr auf die Stimme des Vaters im Himmel zu hören und darauf zu achten, was er uns offenbaren will. Und das ist vor allem sein Sohn Jesus Christus.
Ihre Andrea Grünhagen