Lexikon - K
Kanzelgemeinschaft
→ Kirchengemeinschaft
K.G. ist ein Aspekt der Kirchengemeinschaft und besagt, dass die Amtsträger zweier Kirchen, die festgestellt haben, dass sie in Glauben, Lehre und Bekenntnis übereinstimmen, wechselseitig den Dienst der Evangeliumsverkündigung im öffentlichen Gottesdienst ausüben dürfen.
In der SELK gilt, dass es in Ausnahmefällen auch möglich ist, dass Amtsträger aus Kirchen, mit denen keine Kirchengemeinschaft besteht, den Predigtdienst in Gottesdiensten der SELK auch dann ausüben dürfen, wenn gewährleistet ist, dass „dass das lutherische Bekenntnis gewahrt wird, der Prediger sich daran gebunden weiß und dem kirchlichen Weg der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche nicht widerspricht, ferner keine Einheit vorgetäuscht wird, die nicht gegeben ist. Da solche Zulassungen grundsätzlich Auswirkungen auch über den örtlichen Rahmen hinaus haben, ist es ratsam, dass in allen solchen Fällen der zuständige Superintendent zustimmt.“ (Handreichung Ökum. Verantwortung 1994; 2.6)
Karfreitag
Von althochdeutsch „kara, chara”, „Trauer, Wehklage”. Daher auch der veraltete Begriff „Zähre, zähren“ für ‚weinen, Träne‘.
Am Karfreitag gedenkt die Kirche des Todes Jesus Christi am Kreuz.
Traditionell ist dies der einzige Tag des Kirchenjahres, an dem kein Hl. Abendmahl gefeiert wird.
Der K.s-Gottesdienst wird in der SELK meist nach einer besonderen Karfreitagsliturgie (vgl. ELKG S. 258ff) gefeiert (vormittags oder zur Todesstunde Jesu um 15 Uhr), zu dem oft die Lesung der Passion nach St. Johannes, die → Improperien und die Karfreitagsfürbitten gehören.
Die Glocken schweigen. Der Altar ist bis auf das → Kruzifix abgeräumt. Manchenorts wird eine Dornenkrone auf den Altar gelegt. Entweder werden keine oder schwarze Paramente verwendet.
Die Vorstellung, der K. sei der „höchste evangelische Feiertag“ steht in widersprüchlicher Spannung zum Osterereignis und der biblischen Botschaft: „Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich.“ (1 Kor 15, 14)
Kasel
Von lat. casula = Häuschen. Ein zelt- oder ponchoartiges liturgisches Gewand in den lit. Farben, das der Pastor über der → Albe trägt.
Die Kasel gehört zur altkirchlichen liturgischen Gewand des Priesters während des Sakramentsgottesdienstes (Hauptgottesdienst, Abendmahlsgottesdienst, Eucharistiefeier).
In der SELK ist das Tragen einer Kasel zulässig und in einer Reihe von Gemeinden auch üblich. Alba, Kasel und Stola gelten (nach KO 1154.1; 1d) als Alternative zu schwarzem Talar mit Beffchen oder (nicht und!) Stola, weißem Talar mit Stola, schwarzem Talar, Chorhemd und Stola.
Über die in einer Kirchgemeinde übliche lit. Gewandung des Pfarrers befindet in der SELK die Gemeindeversammlung (also nicht der Pfarrer allein).
Katholisch
"Sind sie evangelisch oder katholisch?" - So lautet die übliche Frage nach Konfession und Kirchenzugehörigkeit, wie man sie zumindest in Deutschland häufig bei Behörden, bei der Einlieferung in ein Krankenhaus oder aus anderen Anlässen gestellt bekommt. Lutherische Christen, die zur SELK gehören, haben die Alternative, entweder mit "weder -noch" zu antworten, umständlich zu erklären, dass sie zur Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche gehören oder sich für eine der beiden angebotenen Alternativen zu entscheiden. Diejenigen, die sich für "evangelisch" entschieden haben, erleben dann gelegentlich -je nachdem, gegenüber welcher Behörde sie diese Angabe gemacht haben- ein böses Erwachen, wenn sie bemerken, dass ihnen Kirchensteuer abgezogen wurde, die der EKD und nicht der SELK zugute kommt.
Dann lieber "evangelisch"
Evangelisch und katholisch - das ist im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch zunächst ein regelrechtes Gegensatzpaar. Man kann -so die übliche Überzeugung- nur das eine oder das andere sein. Die beiden Begriffe scheinen sich geradezu auszuschließen. Daneben aber versteht man meist unter "evangelisch" bzw. "katholisch" Konfessionsbezeichnungen und damit im Rahmen der deutschen kirchlichen Landschaft und ihrer geordneten rechtlichen Strukturen auch die rechtliche Zugehörigkeit zu einer der beiden sog. "Großkirchen", also entweder der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) oder der römisch-katholischen Kirche bzw. einer ihrer körperschaftsrechtlich verfaßten Bistümer, die institutionell in der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in Erscheinung treten.
Vor die Alternative "evangelisch oder katholisch?" gestellt, würden sich wohl die meisten Kirchglieder der SELK spontan eher auf die evangelische Seite schlagen. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass die römisch-katholische Kirche mit ihrem Papst in Rom als Einheit wahrgenommen wird, konfessionell wie strukturell, während die evangelische Seite in viele Kirchentümer zerfällt, die konfessionell zwar sehr unterschiedlich, ja teilweise gegensätzlich sind, aber häufig den Namensbestandteil "evangelisch" aufweisen und damit insgesamt als eine Größe wahrgenommen wird, die jedenfalls nicht katholisch ist. Und darauf kommt es vielen "Evangelischen" wohl maßgeblich an: (Nur ja) Nicht katholisch zu sein. Dass dies vermutlich so ist, läßt sich aus einer Gemengelage aus unreflektierten überlieferten Einstellungen aber auch Vorurteilen, mangelnder theologisch-kirchengeschichtlicher Kenntnis und vielleicht sogar antiökumenischen Ressentiments erklären.
Spurensuche
Umso wichtiger ist es also, der Geschichte des Begriffes "katholisch" einmal auf die Spur zu kommen, um den ökumenischen Dialog nicht durch fruchtlose Zänkereien über Begriffe unnötig zusätzlich zu belasten.
Der Begriff "katholisch" wurde aus dem griechischen "katholikós" gebildet. Das Wort ist zusammengesetzt aus "katá" (was in unserem Zusammenhang am besten mit "um....willen" oder "gemäß" übersetzt werden kann) und "holon", was "das Ganze" bedeutet. "Um des Ganzen willen", "dem Ganzen gemäß" - so etwas ließe sich "katholon" bzw. "katholikós" übertragen.
Im Neuen Testament kommt dieser Begriff, jedenfalls auf die Kirche bezogen, nicht vor. Dieses Schicksal teilt freilich der begriff katholikós mit anderen theologischen Sach- und Fachbegriffen wie "Trinität" oder "Sakrament".
Auf die Kirche bezogen und als Kennzeichen der Kirche verstanden, begegnet der Begriff "katholisch" erstmals nachweisbar beim Bischof und Kirchenvater Ignatius von Antiochien im 2. Jahrhundert an die Gemeinde im kleinasiatischen Smyrna (dem heutigen Izmir): „Denn da, wo Jesus Christus ist, ist auch die katholische Kirche“ (IgnSmyr 8,2)
Er schreibt das in einer Zeit, als es noch keine Konfessionskirchen im späteren Sinne gab, wenngleich sich bereits sektiererische Abspaltungen gebildet hatten. Ihm geht es darum, gegenüber diesen Abspaltungen deutlich zu machen: Wo sich eine Gemeinde um einen rechtgläubigen (orthodoxen) Bischof versammelt, dessen Rechtgläubigkeit sich darin erweist, dass er nichts anderes als Christus, den Gekreuzigten predigt, da ist auch Jesus Christus selbst gegenwärtig. Und wo Christus ist, da ist auch seine, die allgemeine, die christliche, die katholische Kirche.
Ein Christ, der es von sich weist, "katholisch" in diesem ältesten Sinne zu sein, würde sich automatisch damit als Sektierer oder Irrgläubiger erweisen. Übrigens ebenso, wie sich jemand als Sektierer oder Irrgläubiger erweisen würde, der es von sich wiese, "evangelisch", also evangeliumsgemäß sein, glauben und bekennen zu wollen. Und übrigens auch und ebenso wie sich jemand als Sektierer oder Irrgläubiger erweisen würde, der es von sich wiese, "orthodox", also rechtgläubig sein, glauben und bekennen zu wollen.
Die Kirche ist also katholisch, wo Christus ist. Wo Christus (in seinem schriftgemäß verkündigten Wort und einsetzungsgemäß verwalteten Sakrament) gegenwärtig ist, ist die Kirche auch "evangelisch", evangeliumsgemäß. Und wo sie evangeliumsgemäß ist, ist sie auch rechtgläubig. Und dann wiederum ist sie "dem Ganzen", nämlich Christus und seinem Evangelium, gemäß und damit also "katholisch".
Diese drei Prädikate, evangelisch, katholisch und orthodox, lassen sich also weder reduzieren noch gegeneinander ausspielen. Sie drücken keine Gegensätze aus, sondern verhalten sich komplementär.
"Garantien" der Katholizität
Im Laufe der Kirchengeschichte ging es immer wieder darum, Kennzeichen oder "Garantien" für die ursprünglich so verstandene Katholizität der Kirche zu finden und zu definieren.
Aus der Mitte des 5. Jahrhunderts stammt ein solcher Definitionsversuch, der häufig und gerne zitiert wird und dessen Autor Vinzenz von Lerinum ist. In seiner Schrift "Notizbüchlein" schreibt er: "In eben jener katholischen Kirche selbst ist mit größter Sorgfalt dafür zu sorgen, dass wir halten, was überall, was immer, was von allen geglaubt wurde. Denn das ist wirklich und wahrhaft katholisch, was, wie der Name und Grund der Sache erklären, alle insgesamt umfasst. Aber diese Regel werden wir befolgen, wenn wir der Universalität, dem Alter, der Übereinstimmung folgen."
Vinzenz, das ist wichtig, verstand unter "Übereinstimmung" die Übereinstimmung einer Glaubenslehre oder -praxis mit den "heiligen Vorgängern und Vätern", also der kirchlichen Tradition.
Die lutherische Kirche verstand sich immer als "katholisch"
In der Reformationszeit wußte man dies alles noch. Doch keiner der Reformatoren oder ihrer theologisch einigermaßen gebildeten Anhänger hätte sich dagegen verwahrt, dass sie, ihr Glaube, ihre Lehre, ihr Bekenntnis und ihre "Kirchen" (ihre Gemeinden) nicht "katholisch" seien. Im Gegenteil: Man legte - grade auch gegenüber dem Papst, seinen Bischöfen und Beamten- allergrößten Wert darauf, im wahren Sinne des Wortes "katholisch" zu sein und begründete dies damit, dass man doch nachweislich evangeliumsgemäß, also "evangelisch" sei und damit rechten Glaubens ("orthodox").
Dieser selbstverständliche Anspruch und dieses Selbstverständnis des Luthertum findet seinen Ausdruck z.B. im Abschluß des ersten Teils des Augsburgischen Bekenntnisses, in dem es heißt: "Dies ist fast die Summe der Lehre, welche in unseren Kirchen (...) gepredigt und gelehrt ist; wie wir denn unsere eigene Seele und Gewissen je nicht gern vor Gott mit Mißbrauch des göttlichen Namens oder Wortes in die höchste größte Gefahr bringen oder auf unsere Kinder und Nachkommen eine andere Lehre, als die dem reinen göttlichen Wort und christlicher Wahrheit gemäß ist, fallen lassen oder vererben wollten. So denn dieselbe in heiliger Schrift klar gegründet und dazu der allgemeinen christlichen, ja auch der römischen Kirche, so viel aus der Väter Schriften zu vermerken ist, nicht zuwider noch entgegen ist, so achten wir auch, unsere Widersacher können in den oben angezeigten Artikeln nicht uneinig mit uns sein."
Im lateinischen Text heißt es: "... vel ab ecclesia catholica, vel ab ecclesia Romana...". Man sieht sich also in der in Augsburg dargelegten und bekannten Glaubenslehre völlig einig mit der Heiligen Schrift, den Kirchenvätern, sofern sie schriftgemäß lehrten und damit mir der ganzen katholischen, ja römischen Kirche.
Das ist unser lutherisches Bekenntnis und unser Anspruch als evangelisch-lutherische Kirche. Nämlich in vollem Umfang Teil der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche zu sein. Also: Überhaupt im Vollsinn des Wortes Kirche Jesu Christi zu sein.
Im Vergleich zur Definition Vinzenz von Lerins bemerken wir aber auch eine Akzentverschiebung: Von entscheidender Bedeutung ist die Übereinstimmung der Glaubenslehre mit der Hl. Schrift, mit dem Wort Gottes, mit dem Evangelium Jesu Christi. Und mit den Vätern und Kirchenlehrern nur insofern, als diese dem Evangelium gemäß lehren.
Ganz interessant: Der orthodoxe lutherische Theologe Martin Chemnitz, der einen bedeutenden Kommentar zu den Beschlüssen des Trienter Konzils verfaßt hat, nimmt die Katholizitäts-Definition des Vinzenz v. Lerin auf, bezieht sie auf die lutherische Kirche, formuliert aber: "Katholisch ist quod semper, quod ubique, quod ab omnibus fidelibus ex scriptura receptum fuit „was immer, was überall und vor allen Gläubigen aus der Schrift übernommen worden ist“ (nach: W. Elert, Morphologie des Luthertums, Bd. 1, München². 1958, 252)
Und danach, so Chemnitz, ist die evangelisch-lutherische Kirche katholisch im vollen Sinne des Wortes. Und die römische ist es -so der Umkehrschluß- gerade nicht, sodass er ihr diesen Ehrentitel aus besagtem Grunde absprechen muß.
Ist die römisch-katholische Kirche wirklich "katholisch"?
In diesem Sinne "nicht katholisch" ist daher leider bis heute manches, was die römisch-katholische Kirche lehrt. Allem voran die römische Rechtfertigungslehre, die auch die sog. "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" maßgeblich prägt, die übrigens auch vom Lutherischen Weltbund (LWB), jedoch nicht von der SELK, unterzeichnet wurde und in der sich der bezeichnende Satz findet, wonach der Mensch an seiner Rechtfertigung "personal beteiligt" sei. Aber auch die Dogmen von der Unfehlbarkeit des Papstes, von der Leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmels ("Mariae Himmelfahrt"), die Lehre vom Ablaß. vom sog. Fegfeuer, von der Stellung und Funktion der Heiligen als um Fürbitte anzurufende Fürsprecher bei Christus und manches andere. Wer weiß schon, dass römische Lehre besagt, der Mensch sei nicht von der Erbsünde durch und durch verdorben und zu allem Guten unfähig? Wer weiß schon, dass römische Lehre behauptet, die Heilige Taufe vergebe nicht nur die Schuld der Erbsünde, sondern tilge die Erbsünde vollkommen, sodass der getaufte Mensch völlig frei von der Erbsünde sei und also aus eigener Kraft, wenngleich mit Unterstützung der Gnade Gottes, zu guten, heilsverdienstlichen und aus freier Entscheidung fließenden Werken fähig sei? Das alles ist nicht katholisch. Und umso bedauerlicher ist es, wenn lutherische Christen es weit von sich weisen, "eigentlich katholisch" zu sein. Noch bedauerlicher, wenn solche sich lutherische nennenden Christen zugleich behaupten, der Mensch könne sich aus eigner Kraft für oder gegen Christus, für oder gegen den Glauben entscheiden und dabei gar nicht merken, dass sie nicht nur nicht mehr katholisch, sondern ganz und gar römisch und in diesem Sinne schriftwidrig argumentieren.
"Eigentlich katholisch" ist, um Martin Chemnitz noch einmal zu Worte kommen zu lassen, ein Christ und eine Kirche, wenn er bzw. sie glaubt, lehrt und bekennt, „was immer, was überall und vor allen Gläubigen aus der Schrift übernommen worden ist“.
"Die SELK steht in der Einheit der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche."
Bischof Dr. Roth hat 2001 in einer bischöflichen und kirchlichen Stellungnahme zum EKD-Dokument "Kirchengemeinschaft nach evangelischem Verständnis" zu Recht kritisch bemerkt und zugleich unser Selbstverständnis deutlich benannt: "Es entspricht dem Selbstverständnis der SELK, dass sie bei der Beurteilung dieses Dokuments einen betont konfessionell-lutherischen Standpunkt einnimmt. Dieser ist als solcher in Ansatz und Anspruch von Grund auf ökumenisch, also im besten Sinn des Wortes katholisch, orthodox und evangelisch."
In derselben Stellungnahme schreibt Bischof Dr. Roth: "Die SELK ist überzeugt, dass das wahrhaft katholische, orthodoxe und evangelische Erbe der lutherischen Reformation in dem genannten Dokument - auch ökumenisch - nicht mehr so zur Geltung gebracht werden kann, dass noch deutlich wird: Dieses Erbe ist für die Kirche verbindlich."
So ist also zu fragen, ob man der römisch-katholischen Kirche aus konkordienlutherischer Perspektive so ohne Weiteres deren Selbstanspruch zugestehen sollte, "katholisch" zu sein und sich theologisch und kirchlich unbestritten exklusiv so zu nennen.
Die Grundordnung der SELK bezeugt in Artikel 1: "Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche steht in der Einheit der heiligen, christlichen und apostolischen Kirche."
"Christliche" ist die im Mittelalter gängige Übersetzung von "catholica". "Christlich" und "katholisch" - das waren Synonyme. Ist die Kirche christlich, ist sie auch katholisch. Nur wenn sie katholisch ist, ist sie auch christlich.
Zu einer wirklich ökumenischen Gesinnung gehört es auch, zwischen überlieferten und festsitzenden Vorurteilen und nüchtern-objektiven konfessionskundlichen Kenntnissen zu unterscheiden. Wer sich um diese Kenntnisse bemüht, wird ein entspannteres Verhältnis zum Begriff "katholisch" bekommen und mit fröhlichem Selbstbewußtsein als lutherischer Christ größten Wert darauf legen, katholisch zu sein, weil evangelisch, weil orthodox. So etwa, wie es ganz offenbar der oder die Verantwortliche für die Selbstdarstellung der SELK auf der Internetseite der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Niedersachsen (ACK-N) war, der oder die in Übereinstimmung mit unserer Grundordnung formulierte: "Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) steht in der Einheit der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche."
Kindertaufe
Immer wieder wird die Kindertaufe in Zweifel gezogen. Einmal wird gesagt, dass das Kind später selbst einmal entscheiden soll, was es möchte, oder aber die Säuglingstaufe wird aus vermeintlich biblischen Gründen abgelehnt. In der Geschichte der Kirche haben sich Gemeinschaften - Wiedertäufer - herausgebildet, die die Kindertaufe gänzlich ablehnen. Nicht nur wir als lutherische Kirche, sondern auch die evangelischen Kirchen, die römisch-katholische Kirche und die Orthodoxen halten an der Kindertaufe fest, weil sie biblisch begründet ist. Es ist sozusagen ökumenische Übereinstimmung Kinder zu taufen.
Die Gewaltherrschaft von Sünde, Tod und Teufel
Der Mensch steht ausnahmslos unter der Diktatur der Unheilsmächte Sünde, Tod und Teufel, egal welchen Geschlechtes, Herkunft oder Alters (!).
Der Apostel Johannes schreibt in 1. Johannes 1,8:
Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst und die Wahrheit ist nicht in uns.
Und der Apostel Paulus bezeugt in seinem Brief an die Römer:
Römer 2,11+12:
Denn es ist kein Ansehen der Person vor Gott. Alle, die ohne Gesetz gesündigt haben, werden auch ohne Gesetz verloren gehen; und alle die unter dem Gesetz gesündigt haben, werden durchs Gesetz verloren gehen.
Römer 3,11+19-20
Da ist keiner, der verständig ist, da ist keiner, der nach Gott fragt. (…) Wir wissen aber: was das Gesetz sagt, das sagt es denen, die unter dem Gesetz sind, damit allen der Mund gestopft werde und alle Welt vor Gott schuldig sei, weil kein Mensch durch die Werke des Gesetzes vor ihm gerecht sein kann. Denn durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde.
Römer 5,12:
Deshalb, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und der Tod durch die Sünde, so ist der Tod zu allen Menschen hindurch gedrungen, weil sie alle gesündigt haben.
Schon diese wenige Bibelstellen zeigen, dass ausnahmslos alle Menschen Sünder sind. Gerade weil es kein Ansehen der Person vor Gott gibt, stehen auch Säuglinge unter dem Fluch der Auflehnung Gott gegenüber und der Neigung zum Bösen. Keiner (!) ist verständig und keiner (!) fragt nach Gott. Alle haben gesündigt. Alle Menschen wollen sein wie Gott, Herr der eigenen Entscheidungen und des Lebens sein. Dies ist die Hauptsünde, der alle Menschen unterworfen sind.
Die Freiheit von den Unheilsmächten Sünde, Tod und Teufel
Die Heilige Schrift bezeugt also, dass wir uns nicht aus eigener Kraft von Sünde, Tod und Teufel befreien können. Darum hat Gott seinen Sohn, Jesus Christus, in die Welt geschickt, hat ihn für uns am Kreuz sterben lassen und hat ihn auferweckt von den Toten. Christi Tod ist nicht Selbstzweck, sondern geschah für mich:
Der Apostel Paulus schreibt in Römer 5,6-8:
Denn Christus ist schon zu der Zeit, als wir noch schwach waren, für uns Gottlose gestorben. Nun stirbt kaum jemand um eines Gerechten willen; um des Guten willen wagt er vielleicht sein Leben. Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.
Gottes Liebe zu den Menschen zeigt sich also darin, dass er die liebt, die nichts von ihm wissen wollen. Ja, Jesus Christus lässt sogar sein Leben für die Sünder, dem Gottlosen. Zu den Sündern und Gottlosen gehören sowohl Säuglinge als auch Erwachsene, wie wir unter dem Kapitel „Die Gewaltherrschaft von Sünde, Tod und Teufel“ gezeigt haben.
Die Frage ist nun, wie dieses Heil, dass Christus mit seinem Leiden, Sterben und Auferstehen erworben hat, heute ZU MIR kommt. Wie kommt diese Liebe Christi zum gottlosen, verlorenen Sünder? Der Apostel Paulus verbindet Christi Tod und Auferstehung mit der Taufe und somit mit meinem eigenen Leben:
Römer 6,3-11:
Oder wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters auch in einem neuen Leben wandeln. Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleich geworden sind in seinem Tod so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein. Wir wissen ja, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, so dass wir hinfort der Sünde nicht dienen. Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde. Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden, und wissen, dass Christus, von den Toten erweckt, hinfort nicht stirbt, der Tod kann hinfort über ihn nicht herrschen. Denn was er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben, ein für alle mal, was er aber lebt, das lebt er Gott. So auch ihr haltet dafür, dass ihr der Sünde gestorben seid und lebt Gott in Christus Jesus.
Der Apostel Paulus macht hier deutlich, dass Jesus Christus sich fest mit dem Täufling (Mensch, der getauft wird) zusammenbindet. Christi Tod und Auferstehung, also seine Rettung für mich, wird durch die Taufe dem Täufling zugeeignet. Oder anders gesagt: Das, was vor gut 2000 Jahren auf dem Hügel von Golgatha geschah, die Erlösung für mich ein für allemal durch Christi Tod am Kreuz, wird mir in der Taufe persönlich übertragen und geschenkt. So sind die Gaben der Taufe Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit.
Auch Jesus Christus macht im Gespräch mit Nikodemus deutlich, dass die Taufe notwendig für die Gemeinschaft mit Gott, für das Heil eines jeden Einzelnen unabhängig seines Alters, ist:
Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich ich sage dir: Es sei denn, dass jemand (!) geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen (Johannes 3,5).
Um ins Reich Gottes zu kommen bedarf es also der neuen Geburt aus dem Taufwasser und der damit verbundenen Gabe des Heiligen Geistes. Voraussetzungen für die Taufe jedweder Art nennt Jesus nicht.
Sehr deutlich macht es der Apostel Paulus in seinem Brief an Titus (Titus 3,4-8):
Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilandes, machte er uns selig – nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit – durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im heiligen Geist, den er über uns reichlich ausgegossen hat, durch Jesus Christus, unsern Heiland, damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben des ewigen Lebens würden nach unserer Hoffnung. Das ist gewisslich wahr.
Hier haben wir eine deutliche Verbindung zwischen Jesu Wort in Johannes 3 und dem Schreiben des Apostels Paulus an Titus. Wichtig in der Frage nach der Kindertaufe ist:
1. Jesus Christus macht uns selig nach seiner Barmherzigkeit.
2. Dies geschieht durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im hl. Geist (Taufe).
3. Durch Christi Gnade werden wir gerecht und bekommen als Erben das ewige Leben geschenkt.
4. Wir werden NICHT selig durch die Werke, die wir getan haben bzw. tun.
Ausgangspunkt in der Taufe ist Christus. Er ist derjenige, der am Menschen handelt. Von ihm geht die Aktion aus. Ausgeschlossen sind die Werke der Gerechtigkeit, die wir getan haben. Das heißt: Die Taufe beruht NICHT auf meine Entscheidung für Jesus, sie gründet sich NICHT auf meinen Glauben, sie ist NICHT davon abhängig, ob ich den Glauben kundtun kann oder nicht. NICHT der Mensch handelt hier in erster Linie, sondern Jesus Christus. Er ist das Fundament. Er ist der, der gibt. Er ist der, der schenkt:
Einen anderen Grund kann niemand legen, als den, der gelegt ist Jesus Christus (1. Korinther 3,11).
Wir sehen also, dass die Taufe zum einen notwendig für das Heil ist und zum anderen, dass Christus der ist, der handelt und von dem die Aktion ausgeht. Wir Menschen sind Empfangende, Beschenkte und Begnadete. Und dieses Geschenk Christi gilt allen Menschen, den Großen, wie den Kleinen.
Darum können wir zunächst festhalten: Alle Menschen sind unter dem Fluch der Sünde, des Todes und des Teufels. Nicht einer vermag sich aus sich heraus für Gott zu entscheiden – Weißt du nicht, dass Gottes Güte dich zur Buße leitet? (Römer 2,4). Gottes liebevoller Rettungsplan ist es, den Menschen aus dieser unheilsvollen Gemeinschaft von Sünde, Tod und Teufel herauszureißen. Es ist Christi Tod und Auferstehung, die dem, der getauft wird, übertragen wird.
Die Taufe ist darum im persönlichen Leben DAS heilsentscheidende Ereignis. Derjenige, der getauft wird, wird von der gottfeindlichen Welt versetzt ins Reich Christi. Hierbei ist die Taufe ganz allein Gottes Gabe und Geschenk. Es ist nicht (!) mein Ja zu Gott, sondern Gottes JA (!) zu mir. Menschen, auch Säuglinge, die nicht getauft werden, bleiben solange in der unheilvollen Gemeinschaft mit den Verderbensmächten, bis sie getauft werden: Ohne die Taufe sind sie nicht von neuem geboren, bekommen nicht das, was Christus am Kreuz ein für allemal getan hat, geschenkt, werden nicht in den Leib Christi, der Kirche, eingegliedert, sind nicht Erben des ewigen Lebens, leben weiter als Feind Gottes und haben nicht den heiligen Geist.
Grundlage der Heiligen Taufe
Die Grundlage der Taufe ist die Einsetzung durch Jesus Christus in Matthäus 28,19-20. Christus spricht: Darum geht hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.
Jesus Christus selber gibt den Auftrag zu allen zu Völkern zu gehen. Zu einem Volk gehören auch Säuglinge und Kinder. Weiter ordnet er an auf den Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes zu taufen, und drittes sagt er, dass die Völker gelehrt werden sollen.
Ein Ausschluss von Säuglingen ist in Jesu Taufbefehl nicht enthalten. Eher das Gegenteil. Da zum Volk gleichermaßen Säuglinge, Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Greise gehören. Alle sollen zu Jüngern Christi werden, indem sie getauft und dann unterwiesen werden.
Im Taufbefehl, also der Einsetzung der Taufe, ist also keine Einschränkung, wer die Taufe empfangen darf und wer nicht. Vielmehr sind alle Völker, alle Menschen, eingeladen auf den Namen des Dreieinigen Gottes getauft zu werden.
Dass Jesus die Kinder gerade mit in Gottes Reich einschließt wird auch am so genannten Kinderevangelium deutlich, wo es in Markus 10 heißt:
Und sie brachten Kinder zu ihm, dass er sie anrührte. Die Jünger aber fuhren die an, die sie trugen. Da es aber Jesus sah, ward er unwillig und sprach zu ihnen: Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht; denn solchen ist das Reich Gottes. Wahrlich ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Und er herzte sie und legte die Hände auf sie und segnete sie.
Zunächst: Hier wird nicht ausdrücklich die Taufe erwähnt. Aber was können wir hier für unser Thema lernen:
1. Es gab Menschen, die brachten ihre Kinder zu Jesus. Vom Alter der Kinder ist hier keine Rede. Es ist auch keine Rede davon, dass die Kinder vorher ein Bekenntnis zu Christus abgelegt hätten, oder dass sie sich bekehrt haben.
2. Die Jünger wollten die Menschen daran hindern, die Kinder zu Jesus zu bringen.
3. Jesus rügt die Jünger und sagt für unser Thema entscheidendes.
4. Die Kinder sollen zu Jesus kommen. Ihnen soll die Gemeinschaft mit Jesus nicht verwehrt werden. Vielmehr sollen sogar die Kinder Vorbilder sein für die Erwachsenen. Die Erwachsenen werden von Jesus aufgefordert Gottes Reich zu empfangen wie die Kinder. Kinder lieben und vertrauen (glauben) dem Herrn Christus. Christus gewährt den Kindern Gemeinschaft mit ihm, indem er sie herzt (liebt), die Hände auf sie legt und sie segnet.
Das heißt: Jesus schließt die Kinder nicht aus dem Reich Gottes aus, sondern ausdrücklich mit ein. Ins Reich Gottes kommen wir, indem wir Gottes Kinder werden. Gottes Kinder werden wir durch die Taufe. Auch werden wir durch die Taufe in den Leib Christi (Kirche) eingegliedert.
Denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leibe getauft, wir seien Juden oder Griechen, Unfreie oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt, wie der Apostel Paulus in 1. Korinther 12,13 schreibt.
Immer wieder wird behauptet, dass in den Taufberichten gerade in der Apostelgeschichte nicht von Kinder-, sondern von der Erwachsenentaufe die Rede ist. Dies stimmt, da die Apostel in der Missionssituation waren. Dennoch wird uns des Öfteren in der Apostelgeschichte berichtet, dass nicht nur Einzelpersonen, sondern das „ganze Haus“ getauft wurde.
Als sie aber mit ihrem Hause getauft war, bat sie uns und sprach. (Apostelgeschichte 16,15)
Und er ließ sich und alle die Seinen sogleich taufen (Apostelgeschichte 16,33)
Hierbei handelte es sich nicht um heutige Singlehaushalte, sondern um Großfamilien. Mit fug und recht kann man annehmen, dass auch Kinder zum „Haus“ und den Seinen gehörten.
Die Taufgeschichten in der Apostelgeschichte, wie beispielsweise der Kämmerer aus Äthiopien oder Paulus, werden gerne als Beleg für die Erwachsentaufe und als Ablehnung der Kindertaufe genommen.
Hierzu ist zu sagen: Die Geschichten, sind die Geschichten Gottes mit einem konkreten Menschen. Weder sind wir heute Paulus noch der Kämmerer aus Äthiopien. Es ist Gottes Geschichte, die er mit einem dieser konkreten Männer hatte. Auch fordern die Taufberichte aus der Apostelgeschichte von uns nicht, in gleicherweise wie damals zu verfahren. Es gibt keinen Wiederholungsauftrag.
Das Grundmuster Glaube – Bekehrung – Taufe dieser Taufgeschichten darf nicht einfach auf alle Menschen übertragen werden. Zudem steht weder an dieser Stelle noch an einer anderen Stelle des Neuen Testaments, dass die Kindertaufe verboten sei.
Kinder glauben
Immer wieder wird behauptet, dass Kinder nicht glauben könnten. Mit welchem Recht wird dies behauptet? Außer Gott kann niemand ins Herz eines Menschen sehen, unabhängig von seinem Alter. Wird Kindern der Glaube abgesprochen, wird ein Urteil über sie gefällt, dass uns Menschen nicht ansteht zu treffen.
Du aber, was richtest du deinen Bruder? Oder du, was verachtest du deinen Bruder? Wir werden alle vor den Richterstuhl Gottes gestellt werden. Römer 14,10
Und Jesus Christus spricht in Matthäus 7,1-2: Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet. Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden.
Über den Glauben oder Unglauben eines Menschen letztgültig zu urteilen steht uns Menschen nicht zu.
So haben wir auch kein Recht Säuglingen die Gemeinschaft mit Jesus Christus zu verweigern und sie vom ewigen Heil auszusperren. Der Herr selber bescheinigt den Kindern, dass sie fähig sind für das Reich Gottes (Markus 10 Bibelwort siehe oben).
Zudem hat der Glaube an Gott nicht in nur mit Verstand zu tun. Vielmehr bedeutet Glauben auch Vertrauen (pistis: griechisch: Glaube, Vertrauen). Schon bevor Kinder Mama und Papa sagen können, wissen sie wer ihre Eltern sind, wo sie sich geborgen fühlen und wem sie vertrauen können. Säuglinge und Kinder haben eine Beziehung zu Gott, wie König David in Psalm 8,3 sagt: Aus dem Munde der Kinder und Säuglinge (!) hast du eine Macht zugerichtet…
Taufe nur einmal - Umkehr jeden Tag
Im Gegensatz zu einer einmaligen Bekehrung, spricht das Neue Testament davon, dass Gottes Güte uns immer wieder, jeden Tag neu zur Umkehr leiten will (Römer 2 Bibelwort, siehe oben).
Ein einmaliges Bekehrungsdatum spielt hierbei keine Rolle. So wie sich die leibliche Geburt nur einmal vollzieht, wird auch die Taufe nur einmal gespendet. Dass Christen ihr Leben nach den 10 Geboten ausrichten und sich zu Christus bekennen, soll jeden Tag stattfinden.
Es verhält sich ähnlich, wie bei unserer leiblichen Geburt. Wir sprechen von unserer Geburt im Passiv (ich wurde geboren). Als Christ werde ich auch geboren. Auch hier sind wir nicht die Handelnden. Es ist allein der Dreieinige Gott, der an dem Menschen handelt. Darum taufen wir auch Säuglinge. An uns geschieht die Taufe, ohne dass wir uns durch eigene Leistungen oder eigene Bekenntnisakte ins rechte Licht rücken müssen. In der Heiligen Taufe werden wir angestrahlt mit Gottes Licht. Gott entzündet unseren Glauben. Er setzt den Anfang. Das Christsein beginnt nicht mit mir und meinen Entscheidungen, sondern mit der Taufe. Mit der Taufe stellt Gott mich auf ein sicheres Fundament, einen sicheren Grund: Einen anderen Grund kann niemand legen, als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus (1. Korinther 3,11). Denn sowohl die Bekehrung kann durch Anfechtungen zunichte gemacht werden als auch meine Bekenntnisse durch Glaubenszweifel. Christus als das Fundament im Leben und im Tod ist sicher, fest und unverrückbar. Auf Christus kann ich bauen und bin fest gegründet.
Wer als Kind getauft wurde und meint sich als Erwachsener noch einmal taufen lassen zu müssen, straft Gott einen Lügner, der ihn in seinen Bund aufgenommen hat, verlästert Gott, weil er seine Gnade, die er in der Taufe geschenkt bekommen hat, wegwirft, hält Gott für einen Gauner, weil er sein Erbe, das ewige Leben, für nichts erachtet. Darum ist Wiedertaufe Sünde vor Gott. Wer sich wieder taufen lässt, schließt sich selbst damit aus der Kirche aus.
Beschneidung und Taufe
Die Zugehörigkeit zum Volk Israel findet sein sichtbares Zeichen in der Beschneidung. Auch Jesus wurde acht Tage nach seiner Geburt beschnitten: Als acht Tage um waren und man das Kind beschneiden musste, gab man ihm den Namen Jesus, wie er genannt war von dem Engel, ehe er im Mutterleib empfangen war (Lukas 2,21).
War die Beschneidung das Zeichen für die Aufnahme und Zugehörigkeit zum Volk Israel, so ist es heute Taufe, das das wirksame Sakrament ist und uns ins Reich Gottes aufnimmt.
Der Apostel Paulus zieht die Parallele in Kolosser 2,11-12:
In ihm seid ihr auch beschnitten worden mit einer Beschneidung, die nicht mit Händen geschieht, als ihr nämlich euer fleischliches Wesen abgelegt in der Beschneidung durch Christus; mit ihm seid ihr begraben worden durch die Taufe; mit ihm seid ihr auch auferstanden durch den Glauben aus der Kraft Gottes, der ihn auferweckt hat von den Toten.
So wie schon die Säuglinge durch die Beschneidung zum Volk Israel gehörten, so ist es nach Paulus mit der Taufe. Auch hieraus lässt sich ableiten, dass die Kindertaufe mit den Aussagen der Bibel vereinbar ist.
Es bleibt also abschließend festzuhalten: Alle Menschen sind eingeladen sich auf den Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes mit Wasser taufen zu lassen. In der Bibel findet sich kein Verbot der Kindertaufe. Im Gegenteil! Vielmehr bedürfen auch schon die Säuglinge der Erlösung durch Jesus Christus. Und dieses bietet der Herr den kleinen Kindern auch an. Darum: Gottes JA zur Kindertaufe.
Kindesmißbrauch
Zur Präventionen vor sexualethischen Grenzüberschreitungen gegenüber Kinder, Jugendlichen (und Erwachsenen) hat die SELK „Richtlinien für den Umgang mit sexualethischen Grenzüberschreitungen durch Pfarrer und andere – haupt- und nebenamtliche sowie ehrenamtliche – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) und ihrer Einrichtungen –RiSeGü“ und die Orientierungshilfe „SELK – Sichere Orte für Kinder, Jugendliche und Erwachsene -Präventive Orientierungshilfe zur Vorbeugung gegenübersexualethischen Grenzüberschreitungen“ erlassen.
Kernpunkte der präventiven Orientierungshilfe sind
„Um die Gefahr sexualethischer Grenzüberschreitungen möglichst klein zu halten, ist ein Verzicht bereits auf solche Verhaltensweisen geboten,
- die für das Gegenüber verunsichernd, unangenehm oder missverständlich sein können,
- die geeignet sind, sexualethische Grenzüberschreitungen vorzubereiten oder zu fördern,
- die Gruppenzwang auslösen können,
- bei denen Handelnde die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse nicht ausschließen können.“
→ Vgl. Startseite. Seelsorge/Beratung
Kirche
→ Lutherische Kirche → Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche
Entlehnt aus griech. κυριακόν [kyriakon] = ‚dem Herrn gehörig‘
Römisch-katholisches und protestantisches Missverständnis
Wenn wir von Kirche sprechen, dann haben wir auf der einen Seite ein Selbstverständnis von Kirche vor Augen, wie es in der römisch-katholischen Kirche vertreten wird, wonach Kirche im Vollsinn eigentlich nur in der Gemeinschaft mit dem Papst als dem Oberhaupt der Kirche vorhanden ist.
Auf der anderen Seite sind wir konfrontiert mit dem protestantischen Missverständnis von Kirche, wonach Kirche sich bildet „durch das Zusammentreten der einzelnen Wiedergeborenen zu einem geordneten Aufeinanderwirken und Miteinanderwirken“, wie es Friedrich Schleiermacher formuliert hat.
Kirche geht ihm zufolge auf die Initiative der einzelnen Gläubigen zurück; sie muss sich immer wieder erst hier und da „bilden“ und gründet sich letztlich auf die Gläubigkeit ihrer einzelnen Mitglieder.
Kirche bildet sich nicht, sondern dem Glauben der Gläubigen voraus
Dagegen formuliert der 7. Artikel des Augsburger Bekenntnisses gleich zu Beginn ganz klar und eindeutig: Kirche „bildet“ sich nicht erst hier und da; sondern die Kirche geht immer schon dem Glauben und dem einzelnen Glaubenden voraus. Sie ist ihrem Wesen nach „katholisch“, das heißt: alle Zeiten und den gesamten Erdkreis umfassend.
Eine Kirche, die in diesem Sinne nicht „katholisch“ ist, sondern sich erst Jahrhunderte oder gar erst 1500 Jahre nach dem ersten Pfingstfest gebildet hat, ist ganz gewiss nicht Kirche Jesu Christi, sondern eine Sekte.
Melanchthon macht dagegen im 7. Artikel des Augsburger Bekenntnisses ganz deutlich: Wir sind keine neue Kirche, und wir gründen keine neue Kirche. Sondern was wir lehren, ist Lehre der einen, heiligen, christlichen Kirche aller Zeiten. Wir klinken uns nicht aus der Tradition der Kirche aus, sondern stehen ganz bewusst in ihrer Einheit, auch und gerade da, wo wir Missstände in ihr kritisieren.
Und zugleich wissen wir: Die Zukunft der Kirche hängt nicht an uns und unseren Bemühungen; sie lebt von der Verheißung des Herrn, dass die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen werden. Mit den Worten Martin Luthers: „Wir sind es doch nicht, die da könnten die Kirche erhalten, unsere Vorfahren sind es auch nicht gewesen, unsere Nachkommen werden es auch nicht sein, sondern der ist’s gewesen, ist’s noch und wird es sein, der da spricht: Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“
Woran wird die Kirche erkennbar?
Doch wo und wie kann man nun diese Kirche erkennen, die unserem Glauben immer schon vorausgeht und die „die Mutter“ ist, „die einen jeglichen Christen zeugt und trägt“, wie es Martin Luther im Großen Katechismus formuliert?
Das Augsburger Bekenntnis verweist ganz konsequent auf den Gottesdienst als den Ort, wo die eine heilige katholische Kirche erkennbar und sichtbar wird: Kirche ist ihrem Wesen nach „Versammlung“; sie ist geschart um Wort und Sakrament. Nicht die Gläubigen versammeln „sich“, sondern Christus versammelt seine Herde (dies Wort steckt im lateinischen Wort für „Versammlung“), um sie mit seinen Gaben zu beschenken. Das Augsburger Bekenntnis entfaltet also, mit einem Fachausdruck formuliert, eine sogenannte „eucharistische Ekklesiologie“, eine Lehre von der Kirche, die ganz von der gemeinsamen Feier des Heiligen Mahles in der Gemeinde vor Ort ausgeht – ganz ähnlich übrigens, wie dies heutzutage auch in der orthodoxen Theologie beschrieben wird.
Statt „Versammlung der Gläubigen“ formuliert der lateinische Text des Augsburger Bekenntnisses „Versammlung der Heiligen“ und macht damit deutlich, dass nicht die Kirche durch den Glauben ihrer Mitglieder erschaffen wird, sondern die Gottesdienstteilnehmer durch Wort und Sakrament „geheiligt“ werden, in die Gemeinschaft mit Christus eingebunden werden und eben dadurch glauben.
Rechtgläubige und falschgläubige Kirche
Weil Christus die Gaben seines Heils durch Menschen austeilen lässt, geht er damit zugleich das Risiko ein, dass eben diese Menschen seine Gaben verfälschen und verdunkeln.
Wo dies geschieht, da wird die eine, heilige, christliche Kirche nicht mehr erkennbar, da ist sie eben dort nicht mehr oder zumindest nicht mehr eindeutig zu finden.
Die Kirche Jesu Christi ist dort, wo das Evangelium „rein gepredigt“ und die Sakramente „dem Evangelium gemäß“, also der Stiftung Christi gemäß gereicht werden, betont der 7. Artikel des Augsburger Bekenntnisses; sie ist nicht unbedingt dort, wo einfach „irgendetwas“ gepredigt wird und wo die Sakramente „irgendwie“ gefeiert werden.
Von daher kann es geschehen, dass sich eine Institution Kirche nennt, ohne es in Wirklichkeit noch zu sein. Dort, wo nicht Christus, sein Sterben und Auferstehen uns zugut, verkündigt wird, dort, wo Menschen nicht mit dem Zuspruch der Vergebung der Sünden getröstet werden, sondern stattdessen nur darüber belehrt werden, was sie als Christen zu tun haben – vielleicht gar, welche politischen Auffassungen sie zu vertreten haben, dort ist nicht die Versammlung derer, bei denen das Evangelium rein gepredigt wird, sprich: dort ist nicht die Kirche, von der das Augsburger Bekenntnis hier spricht.
Dort, wo aus dem Gnadengeschenk der Taufe ein Bekenntnisakt des Menschen gemacht wird, wo aus der Speise des heiligen Leibes und Blutes Christi ein Mahl der mitmenschlichen Gemeinschaft gemacht wird, wo die Vergebung der Sünden nicht mehr vollmächtig zugesprochen wird, sondern durch Formen menschlicher Seelenmassage ersetzt wird, dort ist nicht die Versammlung derer, bei denen die Sakramente dem Evangelium gemäß gereicht werden. Damit soll nicht denen, die in ihrer konkreten Gemeinde von solchen Missständen betroffen sind, grundsätzlich der Glaube an Christus abgesprochen werden.
Martin Luther hat gerade mit Verweis darauf, dass es die eine, heilige, christliche Kirche zu allen Zeiten gegeben hat und gibt, betont, dass auch in den dunkelsten Zeiten der Verfälschung des Evangeliums in der Kirche Christus dennoch immer wieder Wege gefunden hat, Menschen mit seinem Wort und Sakrament zu erreichen und sie dadurch selig zu machen.
Christen halten sich zur evangeliumsgemäßen Kirche
Doch als Christen, die in Gottes Wort unterrichtet sind, haben wir in der Tat die Aufgabe, darauf zu achten, dass wir uns zu einer Kirche und Gemeinde halten, in der tatsächlich das Evangelium rein gepredigt wird und die Sakramente nach der Einsetzung Christi gereicht werden. Maßstab meiner Zugehörigkeit zu einer Kirche darf nicht die äußere Größe einer Kirche sein, auch nicht die Gewohnheit, dass ich doch immer schon zu einer bestimmten Kirche gehört habe. Sondern es darf immer wieder nur um diese eine Frage gehen: Wird hier das Evangelium unverfälscht gepredigt, werden hier die Sakramente so gereicht, wie dies der Stiftung Christi entspricht?
Und da kann es sehr wohl sein, dass sich Christen genötigt sehen, „ihre“ Kirche zu verlassen, eben um in der Einheit der einen, heiligen, katholischen Kirche zu bleiben und diese Einheit nicht preiszugeben.
Die Kirche und die Kirchen
Die Existenz verschiedener „Kirchen“ ist keine Frage der Folklore, sondern ein Skandal, der dem Wesen der Kirche Jesu Christi, eine zu sein, ganz und gar widerspricht. Und doch lässt sich dieser Skandal nicht dadurch beseitigen, dass man Kirchen, die Unterschiedliches lehren und praktizieren, organisatorisch einfach zusammenschließt zu einer Union.
Sondern wahre Einheit der Kirche ist nur da vorhanden, wo Einmütigkeit in der Verkündigung des Evangeliums und in der Lehre und Verwaltung der Sakramente besteht. Diese Einheit kann nicht von Menschen geschaffen, sondern immer wieder nur erbeten und geschenkt werden – und soll dann auch dankbar wahrgenommen und anerkannt werden, wo sie besteht.
Die Einheit der Kirche kann auch nicht durch kirchliche Ordnungen gesichert werden, wenn ihre innere Einheit nicht besteht oder längst zerbrochen ist, so macht es das Augsburger Bekenntnis hier abschließend deutlich.
Umgekehrt ist die wahre Einheit der Kirche so stark, dass sie auch unterschiedliche kirchliche Ordnungen ertragen kann und nicht auf Einheitlichkeit in allen Ordnungsfragen drängen muss.
Melanchthon musste im 16. Jahrhundert verteidigen, weshalb die Nichtbefolgung bestimmter kirchlicher Ordnungen und Traditionen nicht bedeutet, dass man sich damit aus der Einheit der Kirche Christi ausschließt.
Dies darf für uns heute aber kein Argument sein, der „Häresie der Formlosigkeit“ zu verfallen, die der Schriftsteller Martin Mosebach mit Recht in der Kirche beobachtet und beklagt hat.
Gerade wenn wir um die Fortdauer der einen, heiligen, katholischen Kirche durch alle Zeiten hindurch wissen, tun wir gut daran, diese Fortdauer auch in der Art und Weise deutlich werden zu lassen, wie wir unsere Gottesdienste feiern: Nicht wir schaffen die Kirche durch unser „Zusammentreten“, durch unsere Gestaltung von Gottesdiensten. Sondern wir leben als Christen von dem, was uns schon vorgegeben ist, wir leben von der Kirche, die schon vor uns da war und in der allein wir bekommen, was wir brauchen, um selig zu werden: Gottes Geist, Gottes Vergebung durch Gottes Wort und Sakrament. Doch jede Form wäre hohl, wenn sie nicht mit dem Inhalt dessen gefüllt wäre, was allein Kirche als Kirche erkennbar werden lässt: mit der unverfälschten Verkündigung des Evangeliums und der rechten Verwaltung der Sakramente.
Artikel 7 des Augsburgischen Bekenntnisses: Über die Kirche
Es wird auch gelehrt, dass allezeit die eine, heilige, christliche Kirche sein und bleiben muss. Sie ist die Versammlung aller Gläubigen, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente dem Evangelium gemäß gereicht werden. Denn das genügt zur wahren Einheit der christlichen Kirche, dass das Evangelium einmütig im rechten Verständnis verkündigt und die Sakramente dem Wort Gottes gemäß gereicht werden. Für die wahre Einheit der christlichen Kirche ist es daher nicht nötig, überall die gleichen, von den Menschen eingesetzten kirchlichen Ordnungen einzuhalten – wie Paulus an die Epheser schreibt: „Ein Leib und ein Geist, wir ihr auch durch eure Berufung zu einer Hoffnung berufen seid, ein Herr, ein Glaube, eine Taufe“ (Eph 4,4f).
Kirchenasyl
Stellungnahme der Kirchenleitung der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) zur Frage des „Kirchenasyls“.
Steigende Flüchtlingszahlen in unserem Land führen das Ausmaß gewalttätiger und kriegerischer Auseinandersetzungen, aber auch wirtschaftlicher Not und Verfolgung in vielen Regionen dieser Welt verstärkt vor Augen.
Dass wir als Christen geheißen sind, Flüchtlinge aufzunehmen, hat der Bischof der SELK, Hans-Jörg Voigt, in seinem Hirtenbrief „Flüchtlinge willkommen heißen“ ausführlich darge-legt (abzurufen auf selk.de/download/Hirtenwort_01-2015.pdf). Die Kirchenleitung der SELK dankt daher allen haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden in den Gemeinden, die sich für Flüchtlinge oft über das übliche Maß der Gemeindearbeit hinaus einsetzen.
Überdies hat sich die Kirchenleitung der SELK mit der Frage beschäftigt, wie die Gewährung eines „Kirchenasyls“ durch einzelne Kirchengemeinden zu bewerten sei.
Die Kirchenleitung hält fest, dass Kirchengemeinden, die „Kirchenasyl“ gewähren, keinen „rechtsfreien“ Raum in Anspruch nehmen können. Sie müssen sich im Gegenteil bewusst sein, dass sie in einem Einzelfall – als „ultima ratio“ (letzte Möglichkeit) – gegebenenfalls im Widerspruch gegen staatliche Regelungen und Maßnahmen Hilfesuchenden Beistand und Schutz gewähren. Die Gemeindeglieder, die sich dafür entscheiden, tun dies, wenn und weil ihr Gewissen ihnen keine andere Lösung lässt.
In seinem Hirtenbrief „Flüchtlinge willkommen heißen“ hatte Bischof Voigt die Trennung zwischen Staat und Kirche, zwischen Politik und Religion als „prägenden Ertrag der abend-ländischen Geschichte“ hervorgehoben und darauf hingewiesen, dass Luther in seiner Lehre von den zwei Regimenten die Unterscheidung zwischen Weltlichem und Geistlichem theologisch begründet hat.
Darauf Bezug nehmend erläutert die Kirchenleitung der SELK das Spannungsfeld, im dem Christen und Kirchengemeinden stehen, wenn sie entscheiden sollen, ob sie einer Bitte um „Kirchenasyl“ nachgeben können:
Die Heilige Schrift und die Bekenntnisse der evangelisch-lutherischen Kirche fassen das Verhältnis von Christen, der Kirche, zu Staat und Obrigkeit in doppelter Weise: Einerseits gilt: „Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. (…) Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt der Anordnung Gottes (…)“ (vgl. Röm 13, 1-7). Ande-rerseits gilt: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (vgl. Apg 5, 29).
Die Frage, wann der Fall eintritt, in dem man als Christ Gott mehr zu gehorchen habe als den Menschen und dem unter Menschen geltenden Recht, lässt sich nicht pauschal be-antworten. Es ist dies eine Gewissensfrage, die sich der einzelne Christ auf der Grundlage des Wortes Gottes und im Blick auf jeden Einzelfall stellen und beantworten muss.
Dazu gehört auch die Einsicht, gegenüber Gottes Wort und Gebot schuldig zu werden, auch wenn die Alternative darin bestünde, durch die subjektive Überzeugung ansonsten begangener unterlassener Hilfeleistung ebenso schuldig zu werden. Dazu gehört im Falle eines „Kirchenasyls“ dann auch die Bereitschaft der für die Kirchengemeinde handelnden Personen, die volle Verantwortung zu tragen.
Die Kirchenleitung der SELK betont, dass es Ziel aller vorbeugenden Flüchtlingsarbeit sein müsse, ein „Kirchenasyl“ nach Möglichkeit gar nicht erst erforderlich werden zu lassen. Darauf sei das notwendige entsprechende gesellschaftspolitische Engagement auszurichten.
Hannover, im April 2015
Vorstehende Stellungnahme wurde von der Kirchenleitung der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) auf ihrer Sitzung am 17./18. April 2015 in Hannover verabschiedet.
Kircheneintritt
Vielleicht denken Sie darüber nach, in die Evangelisch-Lutherische Kirche (wieder) einzutreten. Wir haben für Sie einige Informationen zusammengestellt, die Ihnen hierbei eine Hilfe sein können.
Wo kann ich eintreten?
Sie können in die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) bei allen Pfarrämtern der → SELK eintreten. Bitte wenden Sie sich an das nächstgelegene Pfarramt.
Warum eintreten?
Im Leben gibt es immer wieder Situationen, die zum Nachdenken über Gott und die Welt führen. Dabei kommt auch die Frage nach Kirche und einer verbindlichen Kirchenmitgliedschaft. Solche Anlässe können fröhliche oder traurige sein:
- Ein Kind soll getauft werden und Sie sind gebeten, dass → Patenamt zu übernehmen.
- Sie wollen heiraten und möchten Ihre Ehe unter den Segen des Dreieinigen Gottes stellen. Eine kirchliche → Trauung ist gewünscht.
- Krankheit belastet Ihre Gesundheit und Sie wünschen Trost und Beistand.
- Ein Trauerfall beschäftigt Sie und Sie fragen nach dem eigenen Sterben und dem Tod.
- Sie denken über Ihre Lebenssituation nach und möchten ein Leben mit Gott führen.
- Oder es sind andere Gründe, die Sie ins Nachdenken über einen Kircheneintritt bewegen.
Als Christen wissen wir uns durch die Taufe mit dem Dreieinigen Gott verbunden. Er stiftet auch Gemeinschaft unter uns. Als Kirchenglied sind Sie Teil dieser Gemeinschaft. Diese Gemeinschaft zeigt sich auf vielfältige Weise: Im Gottesdienst, in den Gemeindeveranstaltungen, aber auch kirchenweit in den diakonischen Einrichtungen. Lutherische Kirche möchte Menschen weltweit mit dem Evangelium von Jesus Christus erreichen. Hiermit ist die Lutherische Kirchenmission, Bleckmar, beauftragt.
In die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche eintreten – Offene Türen
Die Türen der Kirche stehen offen. Sie sind uns herzlich willkommen. Was uns als Christen in der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche eint, sind die Bibel und das Evangelisch-Lutherische Bekenntnis. Entdecken Sie die unterschiedlichen Formen unserer Gottesdienste, die festlichen Andachten und das Gemeindeleben in unseren Kirchengemeinden. Jeder ist uns willkommen. Wenn Sie sich noch nicht sicher sind, ob Sie in die allein der Heiligen Schrift und den evangelisch-lutherischen Bekenntnisschriften verpflichtete Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche eintreten wollen, sind uns Ihre Fragen sehr willkommen. Gerne nimmt sich der Pfarrer Zeit für Ihre Anliegen. Vereinbaren Sie bitte einen Gesprächstermin. In diesem Gespräch ist Raum für Ihre Fragen.
Wie trete ich in die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche ein?
Durch die →Taufe werden Sie Glied in einer Kirchengemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche. Die Taufe wird in der Regel nicht wiederholt. Wenn Sie als Erwachsener noch nicht getauft sind, erfolgt zunächst ein Taufunterricht und dann die Heilige Taufe. Mit dem Empfang der Heiligen Taufe sind Sie dann auch Glied der Gemeinde und der evangelisch-lutherischen Kirche. Wenn Sie getauft sind (gegebenenfalls auch konfirmiert oder gefirmt), bringen Sie bitte Ihre kirchlichen Unterlagen, wie Taufschein, Konfirmationsurkunde, Trauschein zum Aufnahmegespräch mit. Dort ist auch Zeit über den Glauben zu sprechen und über persönliche Fragen ins Gespräch zu kommen.
Übertritt in die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche - wie mache ich das?
Bislang gehören Sie einer christlichen Konfession an, möchten aber in die Evangelisch-Lutherische Kirche wechseln. Vor einem Eintritt in die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche, müssen Sie Ihren Austritt erklären. Wenn Sie in einer Konfession getauft wurden, deren Taufe anerkannt ist (vgl. ökumenische Erklärung über die Heilige Taufe – Magdeburger Erklärung), wie z.B. die der Römisch-Katholischen Kirche, der Evangelischen Kirche Deutschlands, der Anglikaner, etc., werden sie nicht erneut getauft. Nehmen Sie bitte gerne mit uns Kontakt auf.
Wie teuer ist die Mitgliedschaft in der Kirche?
Der Eintritt in die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche ist kostenlos. Da wir aber als Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche keine Kirchensteuern einziehen, obwohl dies rechtlich möglich ist, darf auf der Lohnsteuerkarte kein Eintrag vorgenommen werden. Wir sind jedoch auf den zu entrichtenden Kirchenbeitrag, der in angemessener Höhe zu entrichten ist, angewiesen. Da wir keine Zuschüsse vom Staat erhalten, ist die Haupteinnahmequelle der Kirchenbeitrag. Wir sind dankbar, dass Sie mit dem → Kirchenbeitrag die kirchliche Arbeit vor Ort in der Gemeinde und gesamtkirchlich unterstützen. Auf diese Weise tragen Sie dazu bei, dass die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche unabhängig ihren Auftrag nachkommen kann. Wenn Sie zum Thema Kirche und Geld fragen haben, wenden Sie sich gerne an uns.
In die Kirche eintreten – Ich gehöre dazu
Wenn Sie zu einer Kirchengemeinde und dadurch auch zur Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche gehören,
- sind Sie zum Heiligen → Abendmahl zugelassen,
- haben das aktive und passive Wahlrecht in der Kirche,
- können den Weg der Gemeinde entscheidend mitbestimmen,
- können christlich getraut werden,
- dürfen das → Patenamt übernehmen,
- können christlich beerdigt werden,
- erfahren seelsorgerliche Begleitung durch den Pfarrer.
Kirchengemeinschaft
Kirchengemeinschaft ist Ausdruck vorhandener Lehrübereinstimmung in Verkündigung und Sakramentsspendung. Sie hat die gemeinsame Verkündigung und Mission, die wechselseitige Zulassung zu den Sakramenten und den Austausch von Pfarrern zur Folge.
Darum heißt es in der Grundordnung der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche: „Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche pflegt Kirchengemeinschaft mit allen Kirchen, die Lehre und Handeln in gleicher Weise an die Heilige Schrift und das lutherische Bekenntnis binden. Sie verwirft die der Heiligen Schrift und den lutherischen Bekenntnissen widersprechenden Lehren und ihre Duldung sowie jede Union, die gegen Schrift und Bekenntnis verstößt. Sie weiß sich darin einig mit der rechtgläubigen Kirche aller Zeiten (Grundordnung d. SELK, Artikel 21).“
Kirchengemeinschaft findet demnach ihre Grenzen dort, wo uns eine Lehre und ein Verhalten begegnen, die dem Wort Gottes entgegenstehen. Dann ist die Kirche nämlich verpflichtet, dagegen Zeugnis abzulegen, notfalls unter Aufrechterhaltung einer schmerzlichen Trennung. Auch das ist Teil einer ökumenischen Verpflichtung.
Die Einheit der Kirche kommt am lebendigsten, deutlichsten und umfassendsten als Gemeinschaft am Altar zum Ausdruck. Dort reicht uns Christus seinen Leib und Blut zur Vergebung der Sünden und schließt uns zusammen zu einer Gemeinde. So stiftet die Abendmahlsgemeinschaft auch Kirchengemeinschaft. Aber nirgendwo ist die Einheit der Kirche auch mehr gefährdet als bei diesem Geschehen. Wir zerstören sie nämlich, wenn wir uns nicht gemeinsam zu dem bekennen, was Christus uns in seinem Wort und Sakrament schenkt, sondern unsere Unterschiede im Bekenntnis vorschnell übergeben.
Die Gemeinschaft am Altar soll denen offen stehen, die das Bekenntnis zur wahren Gegenwart von Leib und Blut des Herrn im Sakrament ablegen, „für uns gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden“. Dieses Bekenntnis darf dabei durch Duldung entgegenstehender Lehre nicht in Frage gestellt werden. Das bedeutet praktisch: Jeder Pfarrer ist zu seelsorgerlicher Achtsamkeit verpflichtet. Christen aus solchen Kirchen, mit denen keine Kirchengemeinschaft besteht, können zum Heiligen Abendmahl nur zugelassen werden, wenn ernste seelsorgerliche Gründe dies gebieten.
Die Liebe zu allen Christen legt dem Pfarrer eine große Verantwortung auf: Er soll helfen, dass jeder das Sakrament zu seinem Heil empfängt und nicht zum Gericht, indem er den Leib Christi nicht unterscheidet von anderer Speise (1. Kor. 11,29). Er steht dafür ein, dass die biblischen Aussagen über die wahre Gegenwart des Leibes und Blutes Christi nicht relativiert werden. Wenn ein Pfarrer Gläubigen aus anderen Kirchen das Sakrament reichen will, hat er zu prüfen, ob sie dem zustimmen, was Luther im Kleinen Katechismus erläutert, und ob sie ihren Glauben an die wahre Gegenwart von Leib und Blut Christi bekennen wollen.
Wer das Heilige Mahl mit diesem Verständnis empfängt, gilt als aufgenommen in die Gemeinschaft der evangelisch-lutherischen Kirche in der Zuversicht, „sich durch Gottes Wort und Geist in der Kirchengemeinschaft des reinen Evangeliums und der einsetzungsgemäßen Sakramentsverwaltung festmachen zu lassen“. Insbesondere ist jeder Pfarrer gehalten, einen Sterbenden, der nach dem Sakrament verlangt, nicht ohne diesen Trost zu lassen.
Werden evangelisch-lutherische Christen in Gemeinden solcher Kirchen zum heiligen Abendmahl eingeladen, mit denen keine Kirchengemeinschaft besteht, sollen sie wissen und bedenken, dass mit dem Abendmahlsempfang die Gemeinschaft mit der Kirche aufgenommen wird, die eingeladen hat. Sie bekennen dadurch, dass die dort vertretene Lehre und Praxis schriftgemäß sei.
Ist das nicht der Fall, darf das persönliche Verlangen nach dem Sakrament sie nicht allein bestimmen. So schmerzlich es im Einzelfalle sein mag: Wir sollen eher verzichten als einem unrechten Umgang mit der Gabe Christi stillschweigend zustimmen.
Kirchenjahr
Ausführlich unter:
www.selk.de/download/Das-Kirchenjahr_web.pdf
Kirchenleitung
Die Kirchenleitung der SELK besteht aus dem Bischof, den Pröpsten und den von der Kirchensynode gewählten → Kirchenräten und Kirchenrätinnen. Sie tagt regelmäßig unter dem Vorsitz des Bischofs. Abgesehen vom Bischof entspricht die Anzahl der Nichtordinierten der der Ordinierten.
Die Kirchenleitung übt unter dem Vorsitz des Bischofs die Leitung und Verwaltung der Kirche aus.
Der Geschäftsführende Kirchenrat wird gemeinsam von der Kirchenleitung und dem Kollegium der Superintendenten berufen und von der Kirchensynode bestätigt.
Die Pröpste üben das regionalbischöfliche geistliche Leitungsamt in einer bestimmten geographischen Region aus, die zwei bis drei Kirchenbezirke umfasst. Zusammen mit den Superintendenten wachen die Pröpste über die rechte Verkündigung des Evangeliums und die stiftungsgemäße Verwaltung der Sakramente. Sie halten Visitation, besonders bei den Superintendenten und ihren Gemeinden und beraten regelmäßig mit den Superintendenten seiner Region. Nominiert werden die Pröpste durch die Bezirkspfarrkonvente ihrer Regionen, gewählt durch die Bezirkspfarrkonvente und –synoden. Die Pröpste vertreten die Kirchenleitung in ihren Regionen und die besonderen Belange ihrer Regionen in der Kirchenleitung.
Das leitende geistliche Amt übt der Bischof aus. Er wird vom Allgemeinen Pfarrkonvent nominiert und von der Kirchensynode gewählt. Der Bischof ist ein Pastor der Kirche, der zu ihrer hauptamtlichen Leitung berufen ist. Er dient der ganzen Kirche und achtet darauf, dass das Wort Gottes schrift- und bekenntnisgemäß verkündigt und gelehrt wird und die Sakramente recht verwaltet werden. Zusammen mit der Kirchenleitung führt er die Aufsicht über die Ämter und Einrichtungen der Kirche. Er hat den Vorsitz im Kollegium der Superintendenten und in der Kirchenleitung.
Kirchenmusik
Die Musik spielt eine ganz wesentliche Rolle im Leben der Gemeinden der SELK. Unsere Gottesdienste sind meist sehr liturgisch geprägt. Viele Gemeindeglieder nehmen an der Ausgestaltung des Gotteslobs teil, als Organistinnen und Organisten, Sängerinnen und Sänger in den Kirchenchören, Bläserinnen und Bläser in den Posaunenchören.
Überregional sind kirchenmusikalische Arbeitskreise, Sing- und Posaunenwarte eingesetzt, die den Chören in den Gemeinden Unterstützung bieten, Kirchenmusikfeste und Posaunenfeste planen und organisieren. Weiter gibt es überregionale Bläsergruppen und Kantoreien, die immer wieder für besondere Ereignisse und "highlights" sorgen.
Kirchenrat / Kirchenrätin
Kirchenräte und Kirchenrätinnen der SELK sind Mitglieder der → Kirchenleitung der SELK. Zusammen mit dem → Bischof und den → Pröpsten üben sie unter dem Vorsitz des Bischofs die Leitung und Verwaltung der Kirche aus.
K. werden auf Vorschlag der Bezirkspfarrkonvente und Bezirkssynoden von der Kirchensynode für acht Jahre gewählt. Der Dienst des K. wird neben- bzw. ehrenamtlich ausgeübt.
Die Kirchenräte nehmen an den Sitzungen des → Kollegiums der Superintendenten teil, haben dort aber im Blick auf Ordinationsgenehmigungen kein Stimmrecht.
Einer der Kirchenräte führt die Geschäfte der Kirchenleitung im Hauptamt (Geschäftsführender Kirchenrat -GKR-). Der GKR war bislang immer ein ordinierter Theologe, könnte jedoch auch ein nichtordiniertes, für die die Aufgaben eines GKR akademisch bzw. beruflich qualifiziertes Kirchglied der SELK sein. (z.B. Jurist/in)
Die K.e der SELK übernehmen (unentgeltlich) einen großen Anteil kirchenleitender Arbeit in Arbeitsgemeinschaften, Kommissionen, im Personalausschuss, als Vertreter der Kirchenleitung in Gremien und Werken der SELK usw., sodass die Kirchenleitung ohne die K.e nicht arbeitsfähig wäre.
K.e (als von der Kirchensynode gewählte „Laien“) sind auf der obersten Leitungsebene die Repräsentanten des synodalen Prinzips, das die SELK - in einem ausgewogenen Zusammenwirken mit dem episkopalen Prinzip - kennzeichnet.
Kirchensteuer
→ Finanzierung, kirchliche
Die SELK nimmt, obwohl sie dies als Kirchenkörperschaft des öffentlichen Rechtes könnte, nicht am Kirchensteuerabzugsverfahren durch die Finanzbehörden teil, sondern erbittet und erwartet von ihren Kirchgliedern angemessene Kirchenbeiträge, die direkt an die Kirchgemeinden abgeführt und anteilig über ein Umlageverfahren der Allgemeinen Kirchenkasse der SELK (vor allem zur Finanzierung der Pfarrgehälter) zugeführt werden.
Gleichwohl regelt die Mustergemeindeordnung der SELK (§ 5.3), dass die “Glieder der Gemeinde (…) nach Gottes Wort verpflichtet (sind), zur Erfüllung der kirchlichen und gemeindlichen Aufgaben mit Beiträgen, Spenden und Kollekten freiwillig und in angemessener Höhe beizutragen“.
Kirchenbeitragspflichtig sind nicht nur steuerpflichtige Kirchglieder, sondern alle, die über ein eigenes Einkommen verfügen, wobei auch Hartz IV, Ausbildungsgelder (z.B. BAFöG) oder Taschengeld als eigenes Einkommen zählt.
Als „angemessen“ gelten nicht die prozentualen Ziffern, die für die Bemessung der Kirchensteuern (in Bezug nicht auf das Einkommen sondern auf die Lohn- bzw. Einkommens-Steuer) anfallen würden.
Gelegentlich werden 3% des Nettoeinkommens als „angemessen“ genannt. Die SELK kann ihren finanziellen Verpflichtungen jedoch nur nachkommen, weil zahlreiche Kirchglieder deutlich mehr an Kirchenbeiträgen entrichten, als solche als Mindestangaben zu verstehenden Bezifferungen.
Klingelbeutel
→ Kollekte
Die Bezeichnung „Klingelbeutel“ verdankt sich dem bis heute noch gelegentlich zu findenden Brauch, den Beutel, der zum Einsammeln des Dankopfers (der Kollekte) verwendet und durch die Bankreihen von Hand zu Hand gereicht wird mit einer kleinen Glocke zu versehen: Auf diese Weise sollte sicher gestellt sein, dass der nach dem Glöckchen „Klingelbeutel“ genannte Sammelbehälter nicht „unterwegs verschwindet“.
Kollekte
Unter Kollekte versteht man (a) das Eingangsgebet des Gottesdienstes (Kollektengebet) und (b) die Geldsammlung während des Gottesdienstes und/oder nach dem Gottesdienst am Ausgang der Kirche.
(a) Das Kollektengebet, in klassischer Weise nur aus einem Satz mit Anrede, preisender Entfaltung, Gebetsanliegen und trinitarischem Schluss bestehend, hat seinen Namen, weil es ursprünglich die verschiedenen persönlichen Gebetsanliegen der versammelten Gemeinde bündeln, sammeln, also „kollektieren“ und zusammenfassen wollte.
Es ist daher auch bis heute eine gute Sitte, wenn der Pfarrer nach dem Aufruf zum Gebet („Lasst uns beten“) der Gemeinde einige Sekunden stiller Zeit lässt, um persönliche Anliegen vor Gott zu bringen, bevor er das Kollektengebet / die Kollekte singt oder spricht.
(b) Nicht der „schnöde Mammon“, sondern die Diakonie hat in der Dankopfersammlung (die ebenfalls häufig kurz nur „Kollekte“ genannt wird) ihre gottesdienstliche Verankerung. Wenn man davon absieht, dass die Fürbitte selbstverständlich eine Form der Diakonie ist, weil auch hier einer des anderen Last mitträgt, ist die Dankopfersammlung der einzige Ort im Gottesdienst, an dem die Diakonie vorkommt.
Man sagt: Liturgie (Anbetung, Lobpreis), Martyrie (Zeugnis, Bekenntnis, Verkündigung, Mission) und Diakonie (Dienst der Nächstenliebe) seien die drei hauptsächlichen Lebensäußerungen der Kirche. Es ist also nicht beliebig, ob und wie die Diakonie im Gottesdienst vorkommt oder nicht.
In der Alten Kirche brachte die ganze Gemeinde unter Lobgesang Gaben in Form von Naturalien zum Altar. Gaben, die im Anschluß an den Gottesdienst an die Bedürftigen und Armen der Gemeinde verteilt wurden.
Aus der Fülle dieser Gaben sonderte der Bischof der Gemeinde, also der Leiter des Gottesdienstes, Brot und Wein für die Sakramentsfeier aus. Über den Gaben wurde ein Segensgebet gesprochen, also ein Gebet mit der Bitte um gesegneten Gebrauch durch die Empfänger und um Segen für die Geber.
Übrigens geht die Dankopfersammlung auf neutestamentlich bezeugte Vorbilder zurück (Römer 15, 26: Hier werden Gemeinden in Mazedonien und Achaja genannt, die für die Armen der Gemeinde in Jerusalem „zusammengelegt“, kollektiert haben), die sogar den Schluss nahelegen, dass schon in den ersten Christengemeinden neben den Naturalien für die Armen der eigenen Gemeinde auch Geldsammlungen für entfernt wohnende Mitchristen durchgeführt wurden.
Es ist also ein echter Verlust, wenn in manchen Gemeinden anstelle der gottesdienstlichen Dankopfersammlung nur noch ein Opferstock am Ausgang aufgestellt wird, an dem man sich entweder geübt vorbeidrückt oder in den man eher verschämt unter den kritischen Augen eines Küsters oder Kirchenvorstehers sein Schärflein einlegt.
In den Gemeinden der Selbständigen Ev.-Luth. Kirche wird sehr häufig das Dankopfer für die eigene Gemeinde erbeten. Jeder weiß, dass diese Gaben nicht vorrangig den „Armen der Gemeinde“ zugutekommen, sondern schlichtweg dazu benötigt werden, die laufenden Verpflichtungen einer Kirchengemeinde zu erfüllen, die ohne Kirchensteuermittel und öffentliche Zuwendungen zurechtkommen muss.
Wo die gottesdienstliche Dankopfersammlung aus der Übung gekommen ist und man nun nicht mit der Hauruck-Methode diesen Brauch (wieder!) einführen kann oder möchte, wäre es eine sinnvolle Möglichkeit, zumindest die Sammlungen, die für diakonische Zwecke außerhalb der eigenen Gemeinde gedacht sind, während des Gottesdienstes einsammeln zu lassen. Dadurch wird nämlich deutlich: Wir übernehmen jetzt gemeinsam als Gemeinde aus christlicher Liebe Mitverantwortung für andere Christen oder andere, in Not geratene Menschen. Das gesammelte Geld wird zum Altar gebracht, wo der Pastor ein Dankopfergebet spricht. Warum das? Man stelle sich nur vor, welche „Geschichte“ die Münzen und Scheine haben können, die nun auf dem Altar liegen und in den Dienst der christlichen Nächstenliebe oder des Gemeindeaufbaus gestellt werden sollen!
Ist es wirklich übertrieben, wenn man sich vorstellt: Es kann sich um Erpresser- und Verbrechergeld, um Huren- und Bestechungsgeld, um schon einmal gestohlenes oder unterschlagenes, für die übelsten Dinge bereits einmal ausgegebenes Geld handeln. Und da sagen wir nicht einfach „pecunia non olet“ , Geld stinkt nicht, sondern bitten Gott, dieses Geld in Seinen Dienst zu nehmen, es auszusondern aus den schlimmen und schuldverstrickten Zusammenhängen dieser Welt und es einzusetzen zum Bau seiner Kirche und zu Wohl und Heil der Menschen und zum Segen derer, die es für diesen Zweck aus Dank geopfert haben.
Man kann das Dankopfer unmittelbar im Anschluss an die Abkündigungen einsammeln und währenddessen ein zusätzliches Dankopferlied singen lassen.
Dem ursprünglichen Brauch näher wäre es allerdings, das Dankopfer zum „Lied zur Bereitung“ einzusammeln.
Klassisch heißt dieses Lied oder ein entsprechendes Musikstück „Offertorium“. Dahinter steckt das lateinische offerre, was darbringen oder auch opfern bedeutet und dazu geführt hat, dass man in der lutherischen Kirche die Gefahr witterte, die Dankopfersammlung in unmittelbarer Nähe zur Sakramentsfeier könne falsche (römische) Opfergedanken in die lutherische Abendmahlsfeier eintragen.
Das ist wohl etwas überängstlich; unsere gottesdienstlichen Ordnungen schlagen als Alternative zu einem besonderen Dankopferlied daher wohl vor, die Sammlung während des Predigtliedes durchzuführen. Die Abkündigungen folgten dann auf das Dankopfergebet.
Eines sollte aber deutlich geworden sein: Die Dankopfersammlung ist keine weltliche Notwendigkeit, sondern eine geistliche und im Gottesdienst beheimatete Selbstverständlichkeit, die darum auch hinsichtlich Ergebnis und Verwendungszweck ihren legitimen Platz in den Abkündigungen haben sollte. Das Geben des Geldes ist die eine Seite, der dieses Geben motivierende Dank und die die Gaben begleitende Fürbitte ist die andere, nicht minder wichtige Seite!
Kommunion
Von lat. communio = Gemeinschaft. Zugrunde liegt der griech. Begriff κοινωνία [koinonia] – vgl. 1 Kor 10,16 -, der sowohl Gemeinschaft, als auch Teilgabe oder (An-) Teilhabe bedeuten kann.
Der neutestamentliche Hintergrund der Bezeichnung „Kommunion“ meint die Anteilhabe an Leib und Blut Christi durch das leibliche Essen und Trinken des gesegneten Brotes und Weines.
Kommunion, Gemeinschaft haben wir im Gottesdienst mit Christus aber auch durch Christus untereinander als Glieder am Leib Christi.
Diese „Anteilhabe am Heiligen“ ist auch ein Bestandteil des Apostolischen Glaubensbekenntnisses, in der deutschen Fassung als „Gemeinde bzw. Gemeinschaft der Heiligen“ übersetzt. Natürlich ist auch der Glaube an die Kirche als Gemeinde der durch Christus Geheiligten und insofern „Heiligen“ Bestandteil des christlichen Glaubens. Theologische Untersuchungen legen es jedoch nahe, dass die ursprüngliche Formulierung das Sakrament des Altars als „Anteilhabe an den heiligen Dingen“ im Glaubensbekenntnis der Kirche festschreiben wollte.
Bei der Verwendung des Begriffes „Kommunion“ sollten wir darauf achten, dass nicht im Zuge der Zeit und ihres Geistes die Gemeinschaft der Christen untereinander im Vordergrund steht, so als sei das Hl. Abendmahl nichts anderes als ein Gemeinschaftsmahl, sondern die Gemeinschaft, die uns Christus gewährt und erst „durch ihn und in ihm und mit ihm“ auch die Christen untereinander verbindet, im Zentrum bleibt.
Im engeren Sinne ist die Kommunion der Akt der Austeilung des Hl. Abendmahls. Dieser Akt bedarf eigentlich keiner besonderen Einleitung durch den Pastor. Häufig ist aber zu hören:“Seht und schmeckt, wie freundlich der Herr ist. Kommt, denn es ist alles bereit.“
Dies hat wohl den praktischen Grund, der Gemeinde zu signalisieren, sie könne jetzt zum Altar treten.
Die Kommunion selbst geschieht in der SELK üblicherweise so, dass die Kommunikanten gruppenweise zum Altar treten, dort niederknien und Leib und Blut Christi in der Form der Mundkommunion empfangen.
Dabei weist der Pastor Hostie bzw. Kelch vor, indem er sie bzw. ihn kurz erhebt und dazu die sog. Spendeworte spricht.
Es ist ein Kennzeichen der bekenntnisgebundenen lutherischen Kirche, dass diese Spendeworte das Bekenntnis zur wahren Gegenwart des Leibes und Blutes Christi unter dem Brot und dem Wein enthalten.
Von den Kommunikanten wird darum auch ihre Glaubenszustimmung in Form eines vernehmlichen „Amen“ erwartet.
Die in der SELK zugelassenen Spendeworte sind in der Agende genau angegeben.
An der Einführung einer neuen, das Bekenntnis zur Realpräsenz verdunkelnden und verwischenden („→ unierten“) Spendeformel ist die äußere Einheit der lutherischen Kirche in Deutschland um die Mitte des 19. Jahrhunderts einmal zerbrochen.
Im Anschluss an die Austeilung des Brotes bzw. des Weines spricht der Pastor den Kommunikanten jeweils das Segenswort zu: „Das bewahre euch im rechten Glauben zum ewigen Leben.“ Dieses Segenswort erinnert daran, dass das Hl. Abendmahl in der Tradition der Kirche immer als „Pilgerspeise“ auf dem Weg zur Ewigkeit und als „Arznei der Unsterblichkeit“ verstanden wurde.
Wenn zwei Liturgen an der Austeilung beteiligt sind, geht der zuständige Ortspastor mit den Hostien voran und signalisiert damit dem (möglicherweise ortsfremden Kelch-Diakon bzw. Gast-Pastor): Derjenige, dem ich den Leib Christi reiche, ist auch zum Sakrament zugelassen.
Es ist für den austeilenden Pastor hilfreich, wenn die Kommunikanten bei der Darreichung den Kelch am Fuß anfassen und ihn selbst zum Mund führen. Das würde niemand als Zeichen von Eigenmächtigkeit missdeuten.
Durch das Knien und die Sitte der Mundkommunion wird symbolisiert: Beim Heiligen Abendmahl sind wir Empfangende. Wir lassen uns speisen und tränken wie kleine Kinder, begeben uns ganz und gar in den Schutz des himmlischen Vaters und überlassen uns Seiner Fürsorge. „Hilf dir selbst!“, heißt es sonst; aber hier nehme ich mir nichts, sondern lasse mir geben. Hier, am Altar, in der Gegenwart Gottes, darf ich Kind sein, mich bergen in Gottes Hand und ohne Verdienst und Leistung und eigene Würdigkeit nur empfangen, mich nur beschenken lassen.
Kommunikant
Teilnehmer an der → Kommunion, also am Hl. Abendmahl.
Konfession
→ Denomination (= unterscheidende Benennung einer Glaubens- oder Bekenntnisrichtung innerhalb des Christentums)
Konfession (lateinisch confessio = Bekenntnis) bezeichnet eine spezifische Glaubens- oder Bekenntnisrichtung innerhalb des Christentums / der Kirche, die sich in dogmatischer und / oder ethischer Lehre, Organisation oder liturgisch-gottesdienstlicher Praxis von anderen christlichen Glaubens- oder Bekenntnisrichtungen unterscheidet.
Konfessionen im Sinne unterschiedlicher Glaubensrichtungen gab es bereits im Judentum. Im Neuen Testament spielen vor allem die jüd. Konfessionen der Pharisäer und Sadduzäer eine Rolle.
Bis heute lassen sich im Judentum unterschiedliche Glaubensrichtungen (Konfessionen, Observanzen) unterscheiden: Das sog. ultraorthodoxe, das orthodoxe und das liberale Judentum. (Ähnliches gilt übrigens auch vom Islam: Die islamischen Hauptkonfessionen sind der sunnitische und der schiitische Islam. Innerhalb dieser Hauptrichtungen sind aber auch z.B. der Sufismus, der Salafismus, die Abspaltung der Ahmadiyya und viele andere zu unterscheiden.)
Das Neue Testament bezeugt, dass es bereits in der frühesten Zeit des Christentums unterschiedliche und gegensätzliche Glaubensrichtungen (und Spaltungen) gab (vgl. z.B. 1. Korinther 1,10).
Judenchristen und Heidenchristen, gnostisch geprägte Glaubensrichtungen, Anhänger des Petrus oder des Paulus oder Apollos bildeten Gemeinden oder Gemeindegruppen, die sich zunächst auch in wesentlichen Glaubensaussagen (z.B. der Notwendigkeit der Beschneidung) unterschieden.
In der Alten Kirche entstanden sehr bald unterschiedliche Glaubensrichtungen, die sich gegenseitig als Häretiker (Ketzer, Irrlehrer) verwarfen (exkommunizierten). Insbesondere im Blick auf die Christologie. (Monophysiten, Arianer, Nestorianer, Modalisten usw.).
In der frühkirchlichen Verfolgungszeit spaltete sich die Kirche zeitweise in jene, die die Gültigkeit und Wirksamkeit der Sakramente von der moralisch-ethischen Standhaftigkeit der Sakramentsspender (Priester, Bischöfe) angesichts der Verfolgung abhängig machen wollten (Donatisten) und jenen, die die ethisch-moralische Integrität der Sakramentsspender nicht für ausschlaggebend für Gültigkeit und Wirkung der Sakramente ansahen, sondern deren einsetzungsgemäße Verwaltung. (Die Donatisten wurden als Häretiker ausgeschlossen.)
1054 entstanden mit dem sog. Morgenländischen Schisma (vordergründig gaben hierbei Fragen der Liturgie, der Verwendung gesäuerten oder ungesäuerten Brotes bei der Eucharistie, das sog. → Filioque, und nachwirkend der sog. Bilderstreit den Ausschlag) die West- und die Ostkirche.
Nach heutigem Sprachgebrauch die römisch-katholische Kirche (Rom, Papst) und die sich selbst als „orthodox“ (= rechtgläubige) bezeichnenden Ostkirchen (Konstantinopel/Byzanz, Ökumenischer Patriarch).
Im 16. Jahrhundert, dem Reformationszeitalter, entstehen die bis heute im Wesentlichen existierenden westlich-abendländischen Konfessionskirchen.
Mit den Beschlüssen des Konzils von Trient (von 545 bis 1563), die die zentralen Glaubensüberzeugungen der Reformkatholiken („Lutheraner“, „Evangelische“) verwarfen und diese formal exkommunizierten, entsteht die bis heute existierende römisch-katholische Konfessionskirche. Die Reformkatholiken hielten und halten daran fest, legitime Vertreterin und Fortsetzung der ungeteilten, rechtgläubigen (weil mit der Heiligen Schrift und den damit übereinstimmenden Zeugnissen der Kirchenväter in Übereinstimmung stehenden Lehre stehenden) abendländisch-katholischen Kirche zu sein. (vgl. CA, Abschluss des 1. Teils; Abschluss des 2. Teils)
Bereits und spätestens 1529 (sog. Marburger Religionsgespräch zwischen Martin Luther und Ulrich Zwingli zur Abendmahlsfrage bzw. Realpräsenz) lässt sich die Entstehung der evangelisch-lutherischen und der reformierten Konfession datieren.
Schon zuvor entstand als gewissermaßen eigenständige Konfession das sog. Täufertum (lutherischerseits als „Schwärmertum“ bezeichnet) über die Streitfrage, ob die Taufe auch unmündigen Säuglingen mit sakramentaler, „wortbedingter“ Wirkung gespendet werden dürfe oder nur „mündigen Christen“, die sich für Christus und die Taufe frei entscheiden, wobei die Taufe dann kein Sakrament im klassischen Sinne, sondern lediglich ein Bekenntniszeichen sei.
Heute gliedert sich die christliche Kirche in zahlreiche und unterschiedliche Konfessionen.
Als Hauptrichtungen oder Konfessionsfamilien könnte man die
• römisch-katholische Kirche,
• die Ostkirchen,
• die evangelisch-lutherischen Kirchen,
• die (calvinistisch-) reformierten Kirchen,
• die anglikanischen (episkopalen) Kirchen,
• die pfingstlich-charismatischen Gemeinschaften,
• die altkatholischen Kirchen,
• die Unionskirchen (z.B. die EKD) und protestantischen Gemeinschaften und
• sabbatistische Freikirchen (die den Sabbat/Samstag als Gottesdiensttag halten, nicht den Sonntag) nennen.
Daneben existieren zahlreiche Sondergemeinschaften und Sekten, die dem eigentlichen Konfessionsbegriff nicht oder nur schwer zuzuordnen sind.
Innerhalb dieser Konfessionen gibt es allerdings weitere Untergliederungen, die unbeschadet lehrmäßiger Unterschiede in bestimmten Gruppen zusammengefasst werden.
Dazu gehören z.B. auch die sog. → altkonfessionellen Kirchen.
Der Begriff „altkonfessionell“ wird in der vom Johann-Adam-Möhler-Institut Paderborn herausgegebenen „Kleinen Konfessionskunde“ (4. Auflage 2005) für diejenigen Kirchen verwendet, für die „im Unterschied zu den klassischen Freikirchen, die ihre Existenz einem neuen (theologischen und/oder spirituellen) Reformansatz verdanken, gerade das Festhalten am Überkommenen charakteristisch (ist), auch wenn sie sich im Laufe ihrer Geschichte durchaus als zu Wandlungen fähig erweisen.“ Dazu zählen neben den → altlutherischen auch die → altkatholischen Kirchen, die altreformierten Kirchen und die russisch-orthodoxe Kirche der russischen Altgläubigen.
Zur altkonfessionellen Gruppe der altlutherischen Kirchen gehören auch die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) in Deutschland, die Evangelisch-Lutherische Freikirche (in Deutschland) und deren jeweilige Schwesterkirchen.
Es wäre sicherlich zu kurz gegriffen, die Tatsache der Existenz vieler unterschiedlicher, ja gegensätzlicher Konfessionen im Christentum nur menschlicher Rechthaberei, Streitsucht oder politischen Intrigen zuzuschreiben.
Gleichwohl ist zuzugestehen, dass menschlich (-erbsündliche) Eitelkeiten, Rechthaberei und machtpolitische Interessen bei der Konfessionsbildung von Anfang an eine Rolle gespielt haben.
Dennoch ist die Frage nach der Wahrheit (des Evangeliums, des Wortes Gottes) eine absolut berechtigte Frage und die unterschiedlichen, gewissensgebundenen Antworten darauf, die immerhin auch zur Konfessionsbildung beitrugen, sind entsprechend zu würdigen.
Wenn beispielsweise die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) als „bekenntnis-lutherische Kirche“ daran festhält, dass die Bekenntnisse der Kirche, wie sie im Konkordienbuch von 1580 gesammelt vorliegen, die zutreffende Auslegung der Heiligen Schrift darstellen und deshalb Unionen mit Kirchen, die diese nicht anerkennen können oder dezidiert ablehnen, ihrerseits ablehnt, ist dies nicht Ausdruck von Eitelkeit oder rechthaberischem Konfessionalismus, sondern Ausdruck einer gewissensgebundenen Einsicht, hinter die sie nicht ohne Verletzung des Gewissens zurück kann.
Ein starrer, isolationalistischer „Konfessionalismus“, der Gemeinsamkeiten zu anderen Konfessionen ignoriert oder sich der Kenntnis- und ggf. auch Übernahme guter alt- und gesamtkirchlicher Traditionen, sofern sie mit Schrift und Bekenntnis übereinstimmen, verweigert, ist daher aus konkordienlutherischer Sicht ebenso abzulehnen, wie ein unkritisch-schwärmerischer Ökumenismus, der verkennt, dass ein antikonfessioneller Unionismus (gegensätzliche und widersprüchliche Bekenntnisaussagen könne oder müsse man nebeneinander stehen lassen, der Wahrheitsbegriff sei unzeitgemäß usw.) im Widerspruch zum Anspruch des Neuen Testamentes bzw. Jesu, seiner Evangelisten und Apostel steht. Dies gilt gegenüber der röm.-kath. Konfessionskirche genauso wie gegenüber der sog. Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) oder der mit ihr untrennbar (in Kirchenunion) verbundenen „Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD)“, der „Union Evangelischer Kirchen in Deutschland (UEK), ebenfalls Teil der EKD, oder den ev.-reformierten Gliedkirchen der EKD, die genauso Teil der EKD-Union sind.
In neuerer Zeit zeigt es sich in der Ökumene, dass quer zu den klassischen Konfessionskirchen in theologisch- ethischen Fragen (Frauenordination, Homosexualität, Ehe, Abtreibung, Lebensschutz [Präimplatationsdiagnostik, Euthanasie, aktive Sterbehilfe, Behindertenschutz]) biblisch-christlich-ethische ökumenische Koalitionen entstehen. Im postmodernen und postchristlichen Zeitalter relativieren sich offenbar die bisherigen klassischen Konfessionsgrenzen zugunsten eines allgemein-biblisch-christlich (-konservativen) Schulterschlusses.
Konfirmation
Von lat. confirmare = festmachen, bestätigen
Die Konfirmation ist eine kirchliche Ordnung, die darin begründet ist, dass die lutherische Kirche die Kindertaufe praktiziert. Sie dient der Befestigung der Taufgnade. In ihr bekennen sich die Konfirmanden zu ihrer Taufe. Sie bekennen, dass sie sich von dem Bösen lossagen und ihr Vertrauen auf die Gnade des dreieinigen Gottes setzen. Sie bezeugen, dass sie sich zum Worte Gottes und zum Heiligen Abendmahl in der evangelisch-lutherischen Kirche halten und im Glauben bleiben und wachsen wollen. Zur Festigung ihres Lebens in der Taufgnade werden den Konfirmanden die Gaben des Heiligen Geistes unter Gottes Wort, Gebet der Gemeinde und Handauflegung zugesprochen. Die Konfirmanden zeigen in einem Gottesdienst vor der Konfirmation, dass sie die Hauptstücke des Katechismus gelernt und erfasst haben.
Die Konfirmation gehört ihrem Wesen nach zur Taufe und ist deshalb kein eigenes Sakrament, sondern eine kirchliche Handlung, die sich in der Geschichte der Kirche entwickelt hat.
Vgl. dazu: Apostelgeschichte 8,14-15; 19, 6
Konkordanz
Eine vollständige biblische Konkordanz ist ein in elektronischer oder Buchform vorliegendes Nachschlagewerk, das alle in der Bibel vorkommenden Wörter in alphabetischer Reihenfolge ausweist und die entspr. Fundstellen angibt.
K.n gibt es in den biblischen Ursprachen Hebräisch und Griechisch, sowie zu den jeweiligen Bibelübersetzungen. (z.B. Konkordanz zur Luther-Bibel)
Neben den vollständigen K.n gibt es auch „Kleine K.n“, die nur eine Auswahl der wichtigsten biblischen Begriffe aufführen.
Die Konkordienformel ist die letzte Bekenntnisschrift der evangelisch-lutherischen Kirche. Sie erschien kurz vor Erstellung des Konkordienbuches im Jahr 1577. Die Konkordienformel umfasst zwei Teile: eine vorangestellte Zusammenfassung, die sogenannte Epitome, und den vollen Text, die „Solida Declaratio“. In dieser späteren Bekenntnisschrift, die von einer Theologenkommission verfasst worden ist, ging es nicht mehr primär um das Bekennen des Glaubens nach außen, sondern nach innen, denn im Laufe der Zeit waren viele Lehrkontroversen innerhalb der Lutherischen Kirche entstanden. Hauptmerkmal der Konkordienformel ist also die Suche nach einem innerlutherischen Konsensus. Sie legt definitiv fest, was als lutherisch – und das heißt biblisch – im Glauben und Leben der Kirche zu gelten hat. Nach ihrem eigenen Selbstverständnis bringt sie jedoch nichts Neues an den Tag, sondern sie will ausdrücklich Auslegung der Confessio Augustana von 1530 sein. Mit ihr schließt sich also der Kreis der BSELK. Für uns heute ist sie die lutherische Bekenntnisschrift, die die anderen präzisiert und uns ermöglich, von einer „konkordienlutherischen“ Kirche wie der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche zu sprechen.
konkordienlutherische Kirche
Nicht alle sich als „lutherisch“ verstehenden und selbst so bezeichnenden Kirchen binden sich an sämtliche Bekenntnisschriften, die im Konkordienbuch von 1580 gesammelt vorliegen. Insbesondere die letzte Bekenntnisschrift, die Konkordienformel aus dem Jahr 1577 wird nicht von allen lutherischen Kirchen als verbindlich geltende Bekenntnisschrift anerkannt.
Als „konkordienlutherische“ Kirche verstehen und bezeichnen sich daher nur diejenigen luth. Kirchen, die auch die Konkordienformel, also das ganze Konkordienbuch als verbindliche Bekenntnisschrift akzeptieren und z.B. auch ihre Pastoren im Zusammenhang mit der Ordination darauf verpflichten.
Die Mitgliedschaft im → Internationalen Lutherischen Rat (ILC) setzt die Akzeptanz der Konkordienformel voraus.
Konsekration
Von consecrare = lat. Aussondern aus dem profanen Gebrauch, segnen und weihen, Indienststellen zum geistlichen, „heiligen“ Gebrauch.
Die K. erfolgt in der luth. Kirche durch das Singen oder Sprechen der Einsetzungsworte Christi über den Elementen von Brot und Wein während der Abendmahlsfeier.
Mit dem Zeitpunkt des Lautwerdens der Einsetzungsworte Christi ist die Realpräsenz, also die Gegenwart Seines Leibes und Blutes unter Brot und Wein auf dem Altar zuverlässig und gewiss gegeben.
Vor den Einsetzungsworten kniet die Gemeinde darum in Ehrfurcht und Andacht nieder. Schweigen eröffnet diesen Teil des Gottesdienstes.
Die Worte Christi erklingen unvermittelt und unverbunden, nicht eingeleitet oder abgeschlossen durch Menschenwort. Christus selbst kommt jetzt zu Seinem Wort.
Die Einsetzungsworte werden von Matthäus, Markus und Lukas in leicht unterschiedlichen Fassungen überliefert.
Während die römische Kirche eine Reihe unterschiedlicher Fassungen der Einsetzungsworte verwendet, die mit vielen traditionellen Versatzstücken ange“-reichert“ wurden und in Gebetsform gefasst sind, versteht die lutherische Kirche die Einsetzungsworte als Verkündigung des Evangeliums und verwendet die Einsetzungsworte, wie sie durch den Apostel Paulus im 1. Brief an die Korinther (11, 23-25) als „vom Herrn empfangen“ bezeugt und überliefert werden.
Den Verkündigungscharakter der Einsetzungsworte unterstreicht die gesungene Fassung noch deutlicher: Als Rezitationstonmodell wird hier, sofern das auf Luther zurückgehende Modell Anwendung findet, der sog. Evangeliumston (also nicht der Gebetston) verwendet, also das Singmodell, das auch sonst für den gesungenen Vortrag der Evangelien in Gebrauch ist.
Der lutherische Pastor dokumentiert auch durch sein „körperliches Handeln“ am Altar, dass er einerseits (in gewisser Weise aktiv) Christus Hand und Mund als Werkzeug leiht, andererseits selbst aber als Person auf die Seite der Empfangenden und Anbetenden gehört:
Zum „Brot- und Kelchwort“ erhebt er jeweils Patene bzw. Kelch und hält segnend die rechte Hand darüber.
Zu den Worten „Das ist mein Leib“ bzw. „Dieser Kelch ist das Neue Testament in meinem Blut“ bezeichnet er Brot und Wein mit den Segenszeichen des Kreuzes. Soll der Wein in der Kanne ebenfalls konsekriert werden, bezeichnet er auch die (geöffnete und auf dem → Corporale stehende) Kanne mit dem Kreuzeszeichen.
Nach jedem Konsekrationswort erhebt der Pastor eine Hostie bzw. den Kelch und zeigt so Leib und Blut Christi der Gemeinde. Dieses Erheben bezeichnet man als „Elevation“. Es gab die Befürchtung, dieser Gestus, den auch die römische Kirche kennt, sei eigentlich eine Opfer- und Darbringungsgeste und darum dem lutherischen Gottesdienst nicht angemessen.
Liturgiegeschichtliche Forschungen können das aber nicht bestätigen, sondern erkennen in der Elevation durchgängig einen Vorweise- oder Vorzeigegestus, als welchen bereits Luther die Elevation verstanden und deshalb auch beibehalten wissen wollte.
„Seht- Christus, das Lamm Gottes, für euch dahingegeben in den Tod!“
Wenn man so will, ist die Elevation eine Unterstreichung des Verkündigungscharakters der Einsetzungsworte. Insbesondere bei der Form B der Abendmahlsfeier ist hier auch ein Zeitraum der Anbetung des mit seinem Leib und Blut unter Brot und Wein gegenwärtigen Herrn Christus gegeben.
Nach der Elevation macht der Pastor eine Kniebeuge als Zeichen der Ehrfurcht und Anbetung. In dieser Haltung nimmt er bewusst dieselbe Position ein, wie die kniende Gemeinde. Er hat seinem Amt, seinem Dienst und seiner Vollmacht gemäß getan, was er in seiner Ordination aufgetragen bekam und tritt nun zurück, wird Empfangender.
Konsubstantiation
→ Transsubstantiation
Kreuz
→ Kruzifix → stellvertretende Genugtuung → Sühnetod
Kreuzzeichen
Der Brauch, sich zu bekreuzigen, sich also mit dem Symbol des Kreuzes zu bezeichnen, ist unter Christen seit dem 2. Jahrhundert belegt. Wohl zunächst nur als kleines Kreuz auf der Stirn, später mit einem, zwei oder drei Fingern als großes Kreuz an Stirn und Oberkörper.
Wer sich bekreuzigt, z.B. wenn der Name des dreieinigen Gottes ausgesprochen („Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“) oder der Segen erteilt wird, bekennt:
Ich gehöre Christus, dem Gekreuzigten. Christus ist mein Herr.
Das Bekreuzigen während des Segens lässt sich als persönliche Zueignung des Segens Gottes verstehen.
Während es in der Westkirche (römische Katholiken, Anglikaner, Lutheraner) üblich ist, sich „von links nach rechts“ zu bekreuzigen, ist es in den Ostkirchen umgekehrt üblich.
Das Kreuzzeichen als Bekenntnis- und Segenszeichen gehört auch zu den lutherischen Gebräuchen. So schreibt Martin Luther im Kleinen Katechismus, jeweils vor dem Morgen- und Abendsegen: „Des Morgens, so du aus dem Bette fährest (Des Abends, wenn du zu Bette gehst), sollst du dich segnen mit dem Zeichen des Heiligen Kreuzes und sollst sagen: ‚Das walte Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.‘“
Als Segensgeste wird das Kreuzzeichen auch vom Pfarrer während der Rezitation der Einsetzungsworte über Brot und Kelch und beim Segnen der Gemeinde verwendet.
Kruzifix
→ Kreuz
Von lat. cruci fixus = ans Kreuz geheftet.
Im Unterschied zum Kreuz ist ein K. eine Darstellung des gekreuzigten Leibes Jesu am Kreuz.
Das K. ist die Darstellung des Opfers Jesu am Kreuz, der durch sein Leiden und Sterben das Leid und den Tod der Menschheit, die Folgen der Sünde und die Sünde selbst stellvertretend auf sich genommen und durch deren Überwindung „hinweg genommen“, gesühnt, getilgt und so der Welt Erlösung geschenkt hat.
Auf oder über lutherischen Altären findet sich immer ein Kruzifix (und nicht etwa nur ein leeres Kreuz). Hier ist das K. auch das Bekenntnis des Glaubens, dass Jesus als der auferstandene Herr auch der für uns gekreuzigte Herr ist und bleibt, dass die Menschwerdung Gottes mit seiner Auferstehung und Himmelfahrt nicht „irgendwie rückgängig“ gemacht wurde (wie die Calvinisten annehmen), dass Jesus Christus also im Hl. Abendmahl mit seinem wahren, für uns geopferten Leib und Blut unter Brot und Wein gegenwärtig ist.
Die Darstellung Jesu Christi als Gekreuzigten entspricht dem, was der Apostel Paulus als Kernbotschaft des Evangeliums so beschreibt: „Denn ich hielt mich nicht dafür, dass ich etwas wüsste unter euch, als allein Jesum Christum, den Gekreuzigten.“ (1 Kor 2,2)
Küster
Von lateinisch custos = Hüter, Wächter. (Andere, teilweise konfessionell, teilweise regional gebräuchliche Bezeichnungen: Kirchendiener, Sakristan, Kirchner, Kirchwart, Mesner , Sigrist)
Die Aufgaben eines Küsters bzw. einer Küsterin umfassen vor allem die Pflege und Wartung der gottesdienstlichen Geräte und Paramente, des Altars samt Blumenschmuck, die Vorbereitung und Nachbereitung der Gottesdienste.
Die Küsterdienste wurden in der alten Kirche zunächst von den Diakonen, dann von den Ostiariern (Ostiarier = Türhüter; eine der sog. niederen Weihen) versehen.
In der luth. Kirche versahen die Küster oft zugleich das Kantoren- und Schullehreramt.
Die Ausbildung zum Küster ist in den Kirchen unterschiedlich geregelt. In der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche wird der Küsterdienst meist ehren- und nebenamtlich ausgeübt, vielfach auch von mehreren Gemeindegliedern, die sich in diesem Dienst abwechseln.
Wo es eine geregelte Ausbildung gibt (z.B. in den röm.-kath. Bistümern), umfasst der Ausbildungskurs Liturgie, Glaubenslehre, prakt. Qualifikation und Sprecherziehung.
Kyrie
Kyrie eleison = griech. "Herr, erbarme dich".
Im NT signalisiert der Titel kyrios für Jesus Christus die Identität Christi mit Gott. In der griechischen Übersetzung des AT (Septuaginta) steht der Titel kyrios an der Stelle des Gottesnamens JHWH.
Das Kyrie eleison als Bestandteil der Liturgie erklingt im Eingangsteil des luth. Gottesdienstes nachdem Eingangspsalm und vor dem Gloria in Excelsis.
Seinem Ursprung nach ist das K. kein Sündenbekenntnis, keine Vergebungsbitte, sondern ein feierlicher Huldigungsruf.
In den ostkirchlichen Liturgien, sowohl den griechischen wie den slawischen, erklingt ein vielfaches „Herr, erbarme dich!“ während des gesamten Gottesdienstes als eine den Herrn preisende, IHM alles Vertrauen bezeugende Antwort auf die Nennung von Gebets- und Bittanliegen
Dass auch für die Liturgiker der Reformationszeit diese ursprüngliche Bedeutung des Kyrie als Huldigungsruf noch lebendig vor Augen stand, läßt sich übrigens leicht an dem 1537 in Naumburg nach einer altkirchlichen Vorlage entstandenen Kyrie-Lied nachweisen. Zwar liegt auch hier schon ein „nur noch“ dreifaches Kyrie vor, allerdings in einer reichen trinitarischen Entfaltung, in der der Dreieinige Gott als Schöpfer, Erlöser und Tröster gepriesen wird.
Leider wird dieses Lied (ELKG 130), das durchaus auch musikalisch den Charakter einer Litanei aufweist, als Gestaltungsvariante in unseren Gottesdiensten eher selten gebraucht.
Stattdessen erklingt vielfach das dreifache Kyrie in der Straßburger Fassung von 1525 im Anschluss an den Introitus. Die Verwendung von Varianten könnte dazu führen, dass auch das altbekannte Straßburger Kyrie in seiner Bedeutung neu erfasst und mit größerer Liebe dann auch wieder neu gesungen wird.
Es gibt neben dem erwähnten Naumburger Kyrielied inzwischen eine Vielzahl passender Kyrie-Varianten, die das ursprüngliche Anliegen sehr angemessen aufnehmen.
Hierbei kann auch der Wechsel der Kirchenjahreszeiten sehr schön zum Ausdruck kommen.
Mit etwas Sprachgefühl lassen sich die Huldigungsrufe, je nach Anlass, auch selbst formulieren und dann gegebenenfalls auf einem Ton gesungen dem Straßburger Kyrie voranstellen. Also zum Beispiel am Tag Christi Himmelfahrt:
Chor/Liturg: Wir preisen dich, Herrscher und König, Kyrie eleison!
Gemeinde: Herr, erbarme dich!
Chor/Liturg: Du sitzest zu der Rechten des Vaters, Christe eleison!
Gemeinde: Christe, erbarme dich!
Chor/Liturg: Erfülle uns mit dem Geiste der Wahrheit, Kyrie eleison!
Gemeinde: Herr, erbarme dich!
Auf diese sehr einfache und auch unter diasporageprägten Verhältnissen durchführbare Weise lässt sich der völlig falsche Eindruck vermeiden, beim Kyrie handele es sich um eine Art düsteres Sündenbekenntnis, zumal ja im Rüstgebet bereits ein Sündenbekenntnis erfolgt ist.
Diesem falschen Eindruck ist übrigens auch König Friedrich Wilhelm III. von Preußen erlegen, der die berühmt-berüchtigte Unionsagende entworfen hat.
Seither findet sich das Kyrie in vielen landeskirchlichen Liturgien als „Sündenbekenntnis“, worauf ein sogenannter „Gnadenspruch“ folgt und die Gemeinde auf diesen Gnadenspruch dann ein erleichtertes „Gloria in Excelsis“ singt.