Liturgie | Agenden

 
Zu Unrecht wird den Unseren vorgeworfen, sie hätten die Messe abgeschafft. Denn es ist offenkundig, dass die Messe, ohne uns rühmen zu wollen, bei uns mit größerer Andacht und mit mehr Ernst gehalten wird als bei den Gegnern.

Augsburger Bekenntnis, Artikel 24


1. Liturgie ist gebeteter Glaube
Liturgie ist gebeteter Glaube und gebetete Lehre. Die Freude am Evangelium schafft sich vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten.

Gottesdienst ist seinem Wesen nach Gemeinschaft. An erster Stelle meint dies die Gemeinschaft mit Jesus Christus, der selbst in seinem Wort spricht und seinen Leib und sein Blut in Brot und Wein gibt. Darauf antwortet die Gemeinde mit Gebet und Lobgesang. Auf diese Weise schenkt Jesus Christus auch Gemeinschaft der Kirchglieder untereinander.

Alter, gemeinsame Interessen oder Bildungsstand sind nicht mehr wichtig, denn Jesus Christus ist die verbindende Mitte dieser Gemeinschaft. Um diese Gemeinschaft zum Ausdruck zu bringen, bindet sich die Kirche an agendarische Gottesdienstformen. Diese sind geschichtlich gewachsen und verbinden uns mit vielen Kirchen weltweit. So können Kirchglieder an unterschiedlichen Orten die gleiche Form der Gottesdienstfeier erleben.


2. Die ökumenische Dimension des lutherischen Gottesdienstes
Die Struktur der Liturgie des Hauptgottesdienstes (auch „Die heilige Messe der evangelisch-lutherischen Kirche“ genannt), aber auch viele Einzelstücke und Gebete ihrem Wortlaut nach, hat ihre Wurzeln im Gottesdienst der frühen und alten Kirche.

Der heutige sogenannte Hauptgottesdienst der lutherischen Kirche schöpft in seinen Formen und Inhalten aus dem Reichtum der Heiligen Schrift. So stellt er uns hinein in den Gottesdienst, den die Kirche zu allen Zeiten gefeiert hat, ja er verbindet uns sogar mit dem Gottesdienst des alttestamentlichen Gottesvolkes.

Die lutherische Liturgie hat insofern eine ökumenische Dimension und so erstaunt es nicht, dass neben anderen evangelischen Christen z.B. auch römische Katholiken, Altkatholiken oder Anglikaner in der lutherischen Liturgie sehr vieles wiederfinden, was ihnen aus ihren Mess-Liturgien vertraut ist.


3. Verbindlichkeit und Gestaltungsspielraum der Agenden in der SELK
Die Liturgischen Formulare sind in sog. Agenden gesammelt. Die Agende für den Hauptgottesdienst enthält das sog. Ordinarium, die feststehenden Stücke und das Proprium, die je nach Kirchenjahreszeit bzw. Anlass wechselnden Stücke (Gebete, Lesungen usw.).

AgendeDie Pfarrer der SELK sind im Sinne aufgrund ihrer Ordinationsverpflichtung  gebunden, sich an die in der SELK geltenden Agenden (= gottesdienstliche Bücher) für die Feier der Gottesdienste zu halten.

Die Gottesdienstordnung ist somit verbindlich festgelegt, bietet aber auch eine Reihe von Gestaltungsvarianten. Für den Gebrauch der Agende sind bestimmte Texte festgelegt, während andere bloß als Vorbild für eigene Formulierungen angeboten werden.


4. Die Liturgische Kommission der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche
Die Liturgische Kommission der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche hat die Aufgabe, im Auftrag der Kirchenleitung bestehende Agenden und gottesdienstliche Formulare zu revidieren oder neue Agenden zu erarbeiten.

Um gesamtkirchlich verbindlichen in Kraft treten zu können, muss zunächst der Allgemeine Pfarrkonvent seine Zustimmung erteilen und die Kirchensynode die Freigabe der Agende zum gottesdienstlichen Gebrauch in der SELK beschließen.

Zur Liturgischen Kommission gehören (2016):
Pfarrer Frank-Christian Schmitt, München (Vorsitzender)
Prof. Dr. Christoph Barnbrock, Oberursel
Pfarrer Andreas Eisen, Nettelkamp
Pfarrer Gottfried Heyn, Hannover


5. Agenden der SELK
Die Vorgängerkirchen der SELK nutzten im 19. Jahrhundert zunächst die überkommenen Agenden und Kirchenordnungen, bevor es ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch zur Erarbeitung eigener Agenden kam. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen die Vorgängerkirchen der SELK und dann ab 1972 die vereinigte SELK selbst (überwiegend) das Agendenwerk der VELKD, allerdings mit einzelnen Modifikationen.Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts hat die SELK damit begonnen, wieder eigene Agenden zu erarbeiten, die sich gegenüber konfessionsübergreifenden Agenden im landeskirchlichen Raum als dezidiert lutherische Agenden verstehen.


Folgende Agenden befinden sich heute in der SELK im Gebrauch:
• Evangelisch-Lutherische Kirchenagende, hg. v. d. Kirchenleitung der SELK, Bd. I: Der Hauptgottesdienst mit Predigt und Heiligem Abendmahl und sonstige Predigt- und Abendmahlsgottesdienste, Freiburg/Basel/Wien 1997 (Handausgabe 2009) [Unter Zugrundelegung der Agende für evangelisch-lutherische Kirchen und Gemeinden, Bd. 1, Berlin 1957]
• Evangelisch -Lutherische Kirchenagende, hg. v. d. Kirchenleitung der SELK, Bd. III/1: Die Heilige Taufe (Taufe), Göttingen 2010.
• Evangelisch -Lutherische Kirchenagende, hg. v. d. Kirchenleitung der SELK, Bd. III/2: Die Konfirmation (Taufe), Göttingen 2016.
• Evangelisch -Lutherische Kirchenagende, hg. v. d. Kirchenleitung der SELK, Bd. IV/1: Amt – Ämter – Dienste. Entwurf zur Erprobung (1. Auflage), Göttingen 2011.
• Evangelisch -Lutherische Kirchenagende, hg. v. d. Kirchenleitung der SELK, Bd. IV/1: Amt – Ämter – Dienste. Entwurf zur Erprobung (2. Auflage), Göttingen 2017.
• Agende  für evangelisch-lutherische Kirchen und Gemeinden: Bd. III: Die Amtshandlungen, Berlin/Hamburg 1964 (mit Zusatzbestimmungen).
• Agende für Evangelisch-Lutherische Kirchen und Gemeinden, Bd. III: Amtshandlungen, Teil 4: Dienst am Kranken, hg. v. d. Kirchenleitung der VELKD. Neu bearb. Ausg., Hannover 1994. [1996].
• Agende für Evangelisch-Lutherische Kirchen und Gemeinden, Bd. III. Die Amtshandlungen, Teil 5: Die Bestattung. Hg. v. d. Kirchenleitung der VELKD. Neu bearb. Ausg., Hannover 1996 (mit Zusatzbestimmungen)
• Agende für Evangelisch-Lutherische Kirchen und Gemeinden, Bd. IV: Ordinations-/Einsegnungs-/Einführungs- und Einweihungshandlungen, Berlin/Hamburg 1966 (mit Zusatzbestimmungen).



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