Lexikon - C


Calvinismus
„Niemand kann auch nur zum geringsten Verständnis rechter und gesunder Lehre gelangen, wenn er nicht Schüler der Schrift wird.“ So schreibt es Johannes Calvin (Jean Cauvin; *10.7.1509 in Noyon/Frankreich; †27.5.1564 in Genf) in seinem grundlegenden Werk "Unterricht in der christlichen Religion" (Institutio I 6,2)
Da ist ihm wohl Recht zu geben aber auch darauf hinzuweisen, dass es gute und schlechte Schüler gibt und entlang der Beurteilung, ob Calvin oder nicht doch Luther zu den guten Schülern gehörte, bis heute die Trennlinien zwischen Calvinismus und Luthertum verlaufen.
Ab 1523 studierte Calvin am Collège de Montaingu. 1527 wird Calvin "Parochialgeistlicher". Ab 1528 studiert er noch Jura.
Über eine entscheidende Wende im Winter 1533/1534 berichtet Calvin: „Wie durch einen plötzlichen Lichtstrahl erkannte ich, in welchem Abgrund von Irrtümern ich mich befunden hatte. So tat ich, o Herr, was meine Pflicht war, und begab mich, erschreckt und mit Tränen mein früheres Leben verdammend, auf deinen Weg.”
Nach dem Ausbruch der Protestantenverfolgung 1534 in Frankreich bricht Calvin mit der römischen Kirche und flieht über Basel, Straßburg, Ferarra nach Genf, wo er genötigt wird, die 1536 eingeführte Reformation zu organisieren. 1538 kippen in Genf die Mehrheiten und Calvin wird vertrieben. 1540 heiratete er die Witwe Idelette de Bure, die drei Kinder starben jung, die Frau schon 1549.
1541, wieder hatte sich in Genf der Wind gedreht, kehrt Calvin endgültig nach Genf zurück, entwirft die Genfer Kirchenordnung mit ihrem berüchtigten "Sittengericht", das das Leben der Bürger überwachte.
Obwohl Calvin stets die unerleuchtete menschliche Vernunft kritisch beurteilte und Gottes Wort allein als Maßstab und Quelle des Glaubens bezeichnete, sind die Resultate seines theologischen Denkens zutiefst rationalistisch und denen Luthers (dem er nie persönlich begegnete) in vielerlei Hinsicht völlig entgegen gesetzt. Auch aufgrund seines übermäßigen Arbeitseinsatzes (u.a. 2000 Predigten, ein 30-bändiges exegetisches Werk) erkrankt Calvin 1555 und stirbt nach langer Krankheit an 1564 Lungentuberkulose. Calvin selbst bezeichnete sich als „schüchtern, sanft und zaghaft”. Dennoch hat er maßgeblich Anteil an der Verfolgung und Hinrichtung theologischer Gegner (Michael Servet) und von mindestens 34 "Hexen".


Charta Oecumenica
Stellungnahme von Bischof Dr. Diethardt Roth aus Anlass der Unterzeichnung der Charta Oecumenica durch die SELK:
„Liebe Schwestern und Brüder,
am 30. Mai 2003 wurde auf dem 1. Ökumenischen Kirchentag von den leitenden Geistlichen der Mitgliedskirchen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) die „Charta Oecumenica“ unterzeichnet, nachdem der Text bereits 2001 von der Konferenz Europäischer Kirchen und dem Rat der Europäischen Bischofskonferenzen ratifiziert worden war. In der Presse und in den Fernsehnachrichten wurde dieser feierliche Akt Ende Mai als der „kirchenpolitische Höhepunkt“ des Kirchentages aufmerksam wahrgenommen.
Auch ich habe an diesem Tag dieses Dokument für die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) unterzeichnet.
Was aber ist diese „Charta Oecumenica“? Welche inhaltlichen Aussagen enthält sie? Warum hat auch unsere Kirche sie unterzeichnet? Und was bedeutet dies für uns und unsere Kirche? – Lassen Sie mich Ihnen auf diese Fragen einige Antworten geben.
Was ist die „Charta Oecumenica“?
Den Begriff „Charta“ kennen Sie vermutlich aus dem politischen Bereich. Es gibt eine „Charta der Vereinten Nationen“ und eine „Charta der Grundrechte der Europäischen Union“. Darin werden jeweils ganz grundlegend Fixpunkte und Grundsätze für ein geordnetes Miteinander beschrieben, zu deren Beachtung sich die jeweiligen Staaten, die diese Dokumente unterzeichnet haben, freiwillig selbst verpflichten. Ähnlich ist es bei dieser „Charta Oecumenica“. Sie will „Leitlinien“ festhalten für das Miteinander der unterschiedlichen Kirchen in Europa. Es handelt sich dabei nicht um einen Bekenntnistext, der die Unterschiede zwischen den Kirchen überwindet und aufhebt, sondern um Regeln, wie die christlichen Kirchen trotz der Unterschiede auf der Basis dessen, was sie verbindet, miteinander umgehen können. Oder, um es mit einem Bild auszudrücken: Die „Charta Oecumenica“ ist die Hausordnung im Haus der christlichen Kirchen in Europa. Jede Kirche hat ihren Raum, eine kleine Wohnung, in diesem Haus. Die Unterzeichnung der „Charta Oecumenica“ führt nun nicht dazu, dass alle Türen aus dem Haus herausgerissen werden und jeder seine Wohnung verliert und alle Bewohner des Hauses schrankenlos in allen Räumen herumlaufen und die Stärksten den Schwächsten ihren Lebensstil aufdrängen. Sondern indem sich alle Bewohner zur Anerkennung der Hausordnung verpflichten, wird das Wohnen jedes Einzelnen geschützt. Wie in einem normalen Haus gehört dazu auch im Haus der Kirchen der Respekt vor den Überzeugungen der Bewohner. Auch im Haus der Kirchen wird manche Tür geschlossen bleiben (müssen), und wer die Hausordnung unterzeichnet hat, wird diese Entscheidungen der anderen respektieren. Doch auch wenn jeder seine eigene Wohnung, seinen geschützten Raum hat, der abgetrennt ist und bleibt von dem der anderen, gibt es doch auch im Haus der Kirchen wie in jedem Haus bestimmte Aufgaben, die gemeinsam bewältigt werden können und wollen: Selbst wenn ich mir mit meinem Nachbarn in mancher Frage uneins bin, kann ich doch abwechselnd mit ihm das gemeinsam genutzte Treppenhaus putzen und im Winter den Schnee von den Zugangswegen räumen. Hier gibt es vieles, was wir als Bewohner eines Hauses, unbeschadet aller Unterschiede, leichter und besser gemeinsam bewältigen können als jeweils allein.
Welche inhaltlichen Aussagen enthält die „Charta Oecumenica“?
Die „Charta Oecumenica“ besteht aus einer Einleitung und zwölf Einzelabschnitten, die drei Hauptteilen zugeordnet sind. Jeder Einzelabschnitt ist mit einem biblischen Votum überschrieben und endet mit Selbstverpflichtungen der Kirchen, die die „Charta Oecumenica“ unterzeichnet haben. Auf folgende Themenbereiche wird in den zwölf Abschnitten Bezug genommen:
I. Wir glauben „Die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“ 1. Gemeinsam zur Einheit im Glauben berufen II. Auf dem Weg zur sichtbaren Gemeinschaft der Kirchen in Europa 2. Gemeinsam das Evangelium verkündigen 3. Aufeinander zugehen 4. Gemeinsam handeln 5. Miteinander beten 6. Dialoge fortsetzen III. Unsere gemeinsame Verantwortung in Europa 7. Europa mitgestalten 8. Völker und Kulturen versöhnen 9. Die Schöpfung bewahren 10. Gemeinschaft mit dem Judentum vertiefen 11. Beziehungen zum Islam pflegen 12. Begegnung mit anderen Religionen und Weltanschauungen (Der volle Wortlaut der „Charta Oecumenica“ findet sich im Internet bspw. unter https://www.oekumene-ack.de/fileadmin/user_upload/Charta_Oecumenica/Charta_Oecumenica.pdf oder kann auf Anfrage bei der Konferenz Europäischer Kirchen, 150 route de Ferney, P.O. Box 21 00, 1211 Genf 2, Schweiz, bezogen werden).
Warum hat auch die SELK die „Charta Oecumenica“ unterzeichnet?
Die SELK hat die „Charta Oecumenica“ nicht im Vorübergehen unterzeichnet, sondern hat im Vorfeld in unterschiedlichen Gremien, etwa der Kirchenleitung, dem Kollegium der Superintendenten und den Bezirkspfarrkonventen, eingehend dieses Dokument beraten. Von anderen Kirchen ist uns großer Respekt entgegengebracht worden für die große Mühe, die mit diesem Rezeptionsprozess verbunden war. Natürlich ist dabei auch Kritik laut geworden. Manches, was in der „Charta Oecumenica“ zum Ausdruck gebracht ist, gehört unseres Erachtens nicht unbedingt zum Kern kirchlicher Verantwortung. An anderen Stellen hätte aus unserer Sicht auch gerne noch etwas mehr gesagt werden können. Schließlich ist aber die Kirchenleitung zu der Auffassung gelangt, dass die „Charta Oecumenica“ an keiner Stelle evangeliumswidrig ist und wir sie deshalb unterzeichnen können.
So bringt unsere Kirche mit der Unterzeichnung wieder einmal neu die bleibende Bereitschaft zum Ausdruck, in der Ökumene Verantwortung zu übernehmen. Die Trennung unter den christlichen Kirchen ist und bleibt, solange sie besteht, ein Ärgernis. Und genauso wie es gilt, keine engere Gemeinschaft miteinander zu pflegen als theologisch verantwortbar ist, genauso gilt es auch, nicht weniger Gemeinschaft einzugehen als möglich. Die Unterzeichnung der „Charta Oecumenica“ schenkt uns noch einmal ganz neu die Möglichkeit, unsere Stimme in das ökumenische Gespräch einzubringen. Um das Bild von dem Haus der Kirchen wieder aufzunehmen, bedeutet das: Nur wer sich selbst an die Hausordnung bindet, kann seinerseits auch das Leben im Haus mitgestalten. Wer dagegen diese Verpflichtung selbst nicht eingeht, wird bei anderen mit der Bitte, die Musik im Nebenraum doch etwas leiser zu stellen, auf wenig Verständnis stoßen. So ist es auch im ökumenischen Miteinander. Sosehr wir mit der Selbstbindung an die „Charta Oecumenica“ bestimmte Selbstverpflichtungen übernehmen, sosehr haben wir auf der anderen Seite auch die Möglichkeit, andere an ihre Selbstverpflichtungen, die ihnen aus dem Dokument erwachsen, zu erinnern. Gerade für eine zahlenmäßig kleine Kirche wie die unsrige, die mit anderen kleinen Kirchen in Europa verbunden ist, dürfte es im Miteinander mit anderen, größeren Kirchen eine Hilfe sein, wenn es in der „Charta Oecumenica“ etwa heißt: „Wir verpflichten uns, die Rechte von Minderheiten zu verteidigen und zu helfen, Missverständnisse und Vorurteile zwischen Mehrheits- und Minderheitskirchen in unseren Ländern abzubauen“ (II, 4).
Was bedeutet die „Charta Oecumenica“ für uns und unsere Kirche?
Grundlegend wichtig war allen, die in unserer Kirche mit dem Entscheidungsprozess befasst waren, dass es sich bei der „Charta Oecumenica“ nicht um ein Dokument mit lehramtlich-dogmatischem oder kirchenrechtlich- gesetzlichem Charakter handelt, sondern um eine Selbstverpflichtung im Rahmen der geltenden Ordnungen der jeweiligen Kirchen. Das bedeutet: Die „Charta Oecumenica“ kann das, was in der SELK Lehrgrundlage oder Ordnung ist, nicht außer Kraft setzen oder Glieder unserer Kirche zum Handeln gegen ihr Gewissen zwingen. Sondern die „Charta Oecumenica“ wird dazu beitragen, da bin ich ganz gewiss, die gesamtkirchliche Verantwortung, zu der wir von Christus gerufen sind, wie es in der „Wegweisung für evangelisch-lutherische Christen“ heißt, auf einer gemeinsamen Basis zu gestalten und die Zusammenarbeit in äußeren Dingen zu ordnen. Dass dies vielerorts geschehe und sich die „Charta Oecumenica“ so als ein Segen auch für unsere Kirche erweist, wünscht Ihnen und uns, Ihr Dr. Diethardt Roth, Bischof.“


Christenlehre
1. Allgemein: Chr. ist ein durch die Kirchen, in kirchlichen Räumen erteilter Religionsunterricht.
2. In der DDR ersetzte die Chr. den schulischen Religionsunterricht und wurde in den evangelischen Landeskirchen, sowie der Ev.-luth.(altluth.) Kirche durch die Pfarrer oder sog. Gemeindekatecheten für Kinder der Klassen 1-6 erteilt. Meist in kirchlichen Räumen am Nachmittag, in einigen Bezirken auch in öffentlichen Schulräumen.
Die Teilnahme an der Chr. war Voraussetzung für den Besuch des Konfirmandenunterrichtes (ab Kl. 7).
Vor allem in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt haben die östlichen Gemeinden und Kirchenbezirke der SELK die Chr. als kirchlichen Unterricht (zusätzlich zum schulischen Religionsunterricht) oft beibehalten, weil sich die frühe Unterweisung der Kinder in biblischer Geschichte, Katechismus, Einführung in Gottesdienstpraxis und Liedgut der Kirche bewährt hat.
3. In den westlichen Gemeinden und Kirchenbezirken der SELK, insbesondere in Norddeutschland, verbindet man mit dem Begriff Chr., dass die konfirmierte Jugend auch nach der Konfirmation noch einige Zeit kirchlich unterwiesen wurden. Die Chr. fand meist im Anschluss an den sonntägl. Hauptgottesdienst in der Kirche statt und bestand in einem vom Pfarrer geleiteten Dialog aus katechetischen Fragen und Antworten. Zugrunde lag Luthers Kleiner Katechismus. Auch Erwachsene nahmen teilweise an der Chr. teil.
4. Aus dieser Tradition (die es in einigen Gemeinden der SELK auch nach wie vor noch gibt) erwuchs die heutige Form der Chr. wie sie in einer Reihe (vor allem norddeutscher) Gemeinden der SELK noch üblich ist: Gelegentlich auch anstelle der gottesdienstlichen Predigt finden in größeren Abständen „Christenlehren“ für die ganze Gemeinde statt, die nach Form und Inhalt sehr unterschiedlich ausfallen können. Entweder besteht die Chr. z.B. nur aus einer thematischen Predigt bzw. einem kurzen Gemeindevortrag. Oder biblische, kirchliche, ethische Themen usw. werden nach einem Impuls durch den Pfarrer in Form eines Gemeindegesprächs behandelt. Auch Katechismuspredigten, Liedauslegungen oder die klassische Katechismuserklärung und –repetition können unter der Überschrift „Gottesdienst mit Christenlehre“ stattfinden.
5. Die Frage, ob die Chr., vor allem in der klassischen Weise der Katechismusunterweisung für die ganze Gemeinde (einschließlich Auswendiglernen von Katechismusstücken, Bibel- und Gesangbuchliedversen), zeitgemäß, sinnvoll und notwendig ist, wird in der SELK unterschiedlich beantwortet.
Ob, in welcher Form und Häufigkeit Christenlehren stattfinden, entscheiden die Gemeinden der SELK (Kirchenvorstände und Gemeindeversammlungen im Einvernehmen mit dem Pfarrer) selbst.


Christus
→ Jesus
Von griechisch Ἰησοῦς Χριστός [Iēsous Christos], Jesus, der Gesalbte.
„Der Gesalbte“ heißt hebräisch משיח Maschiach oder Moschiach, aramäisch Meschiah, in griechischer Transkription Μεσσίας [Messias].
Die Christenheit erkennt in dem Menschen Jesus von Nazareth den Christus, den Messias, der bereits dem Gottesvolk Israel (des Alten Bundes) verheißen und dessen Kommen in die Welt von Gott durch seine Propheten angekündigt wurde.
In der Menschwerdung Gottes, der Geburt Jesu, haben sich alle diese alttestamentlichen Verheißungen erfüllt.
Die Formel „Herr Jesus Christus“ ist gewissermaßen das kürzeste Glaubensbekenntnis der Kirche: Jesus ist der von Gott verheißene Messias und als solcher der Herr, der Kyrios, Gott selbst.
Christus ist eine der drei Personen der göttlichen Dreifaltigkeit (Dreieinigkeit). Wir bekennen (z.B. im nicänischen Glaubensbekenntnis von 451), dass Christus wahrer Mensch und wahrer Gott ist und hierbei göttliche und menschliche Natur in Christus unwandelbar, ungetrennt, ungeteilt und unvermischt bestehen. (Sog. Zwei-Naturen-Lehre)
Die luth. Kirche hält (zusammen mit der römisch-katholischen Kirche aber im Unterschied und Gegensatz zum Calvinismus [Reformierte Kirche]) daran fest, dass in Christus in dieser Weise auch nach Auferstehung und Himmelfahrt göttliche und menschliche Natur, ungetrennt, ungeteilt und unvermischt bestehen bleiben und nicht etwa nur die göttliche Natur.


Corporale
auch: Korporale
Das Korporale (v. lat. corpus „Körper, Leib“) ist ein gestärktes, meist quadratisches, weißes Leinentuch mit etwa 45 bis 50 cm Seitenlänge, das bei Eucharistiefeiern der Tradition der Westkirche (römisch-katholisch, anglikanisch, lutherisch altkatholisch) auf den Altar gelegt wird, um die → Patene bzw. Hostienschale (→ Pyxis) und den Kelch daraufzustellen
Das Korporale ist das älteste Parament. In der römischen Liturgie war es ursprünglich als palla corporalis die einzige, später die oberste Altardecke, auf welche die eucharistischen Gaben nicht nur gestellt, sondern mit der sie auch bedeckt wurden. Ab dem 11. Jahrhundert entwickelten sich daraus das deutlich kleinere Korporale. Das Koporale wurde als das Grabtuch Jesu verstanden und war deshalb in der Regel immer wie dieses aus Leinen. Später kam ein zweites, gefaltetes Korporale in Gebrauch, das auf den Kelch gelegt wurde und aus dem sich die → Palla als Bedeckung des Kelches entwickelte. Das zweite Korporale deutete man als das Tuch, das im Grab das Haupt Jesu verhüllte.
Das Korporale soll verhindern, dass bei der Brechung der Hostien und der Purifikation des Kelches Partikel verlorengehen. Aus diesem Grund darf es nur in eine Richtung aufgelegt und gefaltet werden, damit keine Partikel zu Boden fallen können. Weil es direkt mit der → konsekrierten → Hostie in Berührung kam, wird dem Korporale besondere Sorgfalt entgegengebracht.


Credo
In der Alten Kirche, bis in die Reformationszeit hinein und auch noch lange danach, wurde an Sonn- und Festtagen immer das Tagesevangelium in der Predigt ausgelegt, die sich – sofern sie überhaupt folgte- unmittelbar an die Lesung des Evangeliums anschloss.
In einem Sakramentsgottesdienst ohne Predigt antwortete die Gemeinde auf die Lesungen mit dem Glaubensbekenntnis und nahm so das gehörte Wort Gottes, es sich zueigen machend, bezeugend und bekennend auf. Diese Beschreibung des Credo und seiner Funktion gilt bis heute.
In der lutherischen Kirche hat sich die Abfolge „Evangelium- Credo“ bis heute erhalten, obwohl nun gerade die regelmäßige Predigt durch die Reformation in besonderer Weise wiederentdeckt und wiederbelebt wurde.
Wenn man historisierend eine liturgische Ur-Reinheit wiederherstellen möchte, könnte man auf den Gedanken kommen, der römischen Kirche zu folgen und das Credo wieder als Antwort auf die Predigt festzulegen.
Man könnte argumentieren: Auf die Lesungen des Wortes Gottes folgt als erste Ant-Wort die Auslegung durch den dazu berufenen Verkündiger des Wortes Gottes und darauf die Ant-Wort der Gemeinde in der Form des Glaubensbekenntnisses.
Die in der lutherischen Kirche übliche Reihenfolge hat aber durchaus etwas für sich.
Das Credo, insbesondere das Nicänische Glaubensbekenntnis, ist Bekenntnis der Kirche, nicht nur eines Einzelnen. Die gottesdienstlichen Bekenntnisse sind gewachsen und bezeugen den Glauben derer, die vor uns geglaubt haben. Es ist ihr Anspruch, auch gültig und verbindlich auszusagen, was die Christen, die nach uns kommen, noch glauben und bekennen werden. Wenn also Gottes Wort der ganzen Kirche gilt und verkündigt wird und die ganze Kirche, die ganze Gemeinde darauf mit einem Mund durch ein Bekenntnis antwortet, besteht hierin ein nachvollziehbarer, stimmiger Zusammenhang. Der einzelne Ausleger, der das der ganzen Kirche geltende Wort Gottes einer konkreten Gemeinde einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort auslegt, steht nach dieser Sichtweise zurecht an zweiter Stelle mit seiner Ant-Wort.
Für den gottesdienstlichen Gebrauch sind vor allem zwei Glaubensbekenntnisse vorgesehen: Das sog. Apostolische und das sog. Nicänische Glaubensbekenntnis.
Das Apostolicum ist seinem Ursprung nach ein Taufbekenntnis. Es fasst die Kerninhalte des christlichen Glaubens wie in einem Kurzkatechismus zusammen. Ganz genau genommen hat es seinen Platz darum auch nur im Taufgottesdienst oder Gottesdiensten mit Tauferinnerung usw.
Es gab Zeiten in der Kirche, zu denen man sich über z. B. die Frage gestritten hat, wie das Verhältnis von Gottheit und Menschheit in Jesus Christus zu bestimmen sei. Wenn man davon absieht, dass es in der Zeit der Alten Kirche noch keine kirchlichen Institutionen mit Karteien und Mitgliedslisten gab, könnte man schon die damaligen Zerwürfnisse als „Konfessionalisierung“  oder Kirchenspaltung bezeichnen. Das heißt: Es gab Gemeinden, die sich als rechtgläubig und andere infolgedessen als irrgläubig verstanden. Die einen ließen die anderen nicht zum Sakrament zu. Gäste in den Gottesdiensten mussten sich durch Empfehlungsschreiben ihrer Bischöfe als rechtgläubig ausweisen, bevor sie in einer fremden Gemeinde kommunizieren durften. Man nahm es sehr genau mit der Abendmahlsgemeinschaft und der Sakramentszulassung. Bis heute ist in den ostkirchlichen Liturgien vorgesehen, dass vor dem Glaubensbekenntnis der Diakon ruft: „Die Türen, achtet auf die Türen!“, woraufhin ein eigens dafür beauftragter und geweihter „Türhüter“ dafür Sorge zu tragen hat, dass nun die Kirchentüren (für alle Ungläubigen, Ungetauften und Irrgläubigen) verschlossen werden.
Das dann folgende Glaubensbekenntnis ist also ursprünglich zu verstehen als eine Form der Sakramentszulassung: Wer in dieses Bekenntnis nicht mit einstimmen kann, gehört nicht dazu, erweist sich als falschgläubig und hat keinen Zugang zum Sakrament der rechtgläubigen Kirche.
In einer Zeit, in der es auch unter solchen, die sich Christen nennen, nicht mehr selbstverständlich ist, dass man an Jesus Christus als Gottes Sohn, geboren von der Jungfrau Maria glaubt, in der es nicht mehr ausgemacht ist, dass man an die leibliche Auferstehung Christi und aller Menschen glaubt, sollte sehr wohl erwogen werden, ob und durch welche anderen Texte man die alten kirchlichen Bekenntnisse ersetzt.
Übrigens: Im Nicänum, dem eigentlichen Credo des Hauptgottesdienstes, kommt auch das Bekenntnis zur „Einen Taufe zur Vergebung der Sünden“ ausdrücklich vor. Das heißt: Das Sakrament der Taufe ist einmalig, wird ein für allemal gespendet und empfangen, ist daher nicht wiederholbar und wirkt effektiv und tatsächlich die Vergebung der Sünden. Dieser Passus erhält dadurch eine aktuelle Bedeutung, dass immer wieder „fromme Sucher“ in den Gottesdiensten der (Selbständigen) evangelisch-lutherischen Kirche auftauchen, die eigentlich aus dem täuferischen und wiedertäuferischen Bereich stammen oder dorthin tendieren, aber mit großer Selbstverständlichkeit, weil sie sich ja für „gläubig, bekehrt, wiedergeboren und bibeltreu“ halten, am Hl. Abendmahl in der lutherischen Kirche teilnehmen wollen.
Das Nicänische Glaubensbekenntnis stellt gegenüber Wiedergetauften, Wiedertäufern  oder solchen, die die Wiedertaufe befürworten eine klare Schranke dar. In dieses „Ich glaube“ können sie nicht einstimmen und es müsste ihnen sehr deutlich sein und vor allem auch deutlich gemacht werden, dass sie damit eine entscheidende Voraussetzung für die Teilnahme am stiftungsgemäßen  Hl. Abendmahl nicht erfüllen.
In den Gemeinden der SELK sind zumeist die alten Textfassungen des apostolischen und nicänischen Credo im gottesdienstlichen Gebrauch. Aber auch die sog. „ökumenischen“ Fassungen von 1971 sind zum gottesdienstlichen Gebrauch freigegeben und werden in Gemeinden der SELK verwendet.
Ein Gutachten der Theologischen Kommission der SELK hatte festgehalten, dass beide Versionen Übersetzungsunschärfen und Mißverständlichkeiten enthalten, keine Version aber „explizite Irrlehre“.


© 2024 | SELBSTÄNDIGE EVANGELISCH-LUTHERISCHE KIRCHE (SELK)