Die Beichte


Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit. Wenn wir sagen, wir haben nicht gesündigt, so machen wir ihn zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns.
(1. Brief des Johannes 1, 8-10)

Jesus spricht zu seinen Jüngern: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.
(Johannes 20, 21-23)


Oft wird behauptet, die Beichte gebe es nur in der römisch-katholischen Kirche, Luther habe sie abgeschafft. Luther hat sich zwar gegen die damalige Praxis der Beichte gewandt, zum Beispiel, dass man alle Sünden vollständig aufzählen sollte (was unmöglich ist), und auch jeden Zwang zur Beichte lehnte er ab, wodurch sie zur „reinen Angst- und Marterhölle“ gemacht worden sei. Aber niemals wollte er den einzigartigen Trost, der mit der Sündenvergebung verbunden ist, aufgeben. Ja, er zählte Buße und Beichte als „drittes Sakrament“ – neben der Taufe und dem Abendmahl. Denn für Luther geht die Wirkung von Beichte und Buße in dieselbe Richtung wie die von Taufe und Abendmahl. Wir glauben, so schreibt es Luther im Großen KatechismusBeichte (II Der Glaube; Der dritte Artikel), „dass wir in der Christenheit Vergebung der Sünde haben – durch die heiligen Sakramente und die Absolution …“ Darin liegt der ganze Trost der Beichte für die „erschrockenen Gewissen“, dass Gott selbst der Handelnde ist durch seinen Vergebungszuspruch.

In der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) wird die Beichte häufig in Form einer Beichtandacht vor dem Gottesdienst angeboten, in der den Beichtenden am Altar einzeln durch Handauflegen die Vergebung Gottes zugesprochen wird. Natürlich steht jeder Pfarrer auch gern bereit, Ihnen die Einzelbeichte abzunehmen oder Ihre Fragen dazu zu beantworten.


Unser Verständnis der Beichte (siehe auch unter → A-Z: Beichte)
Christus hat seiner Kirche die Vollmacht übertragen, die Sünden zu vergeben oder zu behalten. Deshalb kann in der Beichte dem Einzelnen die Vergebung der Sünden zugesprochen werden. Diese Schlüsselgewalt wird von den ordinierten Pfarrern ausgeübt. Davon zu unterscheiden sind das Gebet um Vergebung und die wechselseitige Vergewisserung der Sündenvergebung unter Christen.
Die Lossprechung (Absolution) ist die Hauptsache in der Beichte; sie folgt dem Bekenntnis der Sünde (in der Einzelbeichte oder in der gemeinsamen Beichte). Auch der Getaufte fällt immer wieder in Sünde zurück. Sünde ist Ablösung und Abwendung des Menschen von Gott in Unglauben und Hinneigung zum Bösen. Die Beichte dient dazu, ihm Vergebung und Erneuerung zu bringen, das heißt zu seiner Taufe zurückzukehren. Die erteilte Vergebung ist wirksam und gültig, weil sie in Gottes Namen und im Auftrag Christi zugesprochen wird. Sie ist nicht gebunden an die Aufzählung aller Sünden in Gedanken, Worten und Werken. Wohl aber soll der Beichtende seine Sünden bekennen und bereuen. Will er begangene Sünden namentlich nennen und sich davon befreien lassen, kann er das in der Einzelbeichte tun. Was dem Pfarrer (Beichtvater) bekannt wird, steht unter dem Beichtsiegel, das heißt, der Pfarrer ist zu unbedingter Verschwiegenheit gegen jedermann verpflichtet.
Wo jedoch Erkenntnis der Sünde, Reue und Glauben fehlen, darf der Pfarrer von seiner Vollmacht zur Vergebung keinen Gebrauch machen, sondern er hat dem Unbußfertigen seine Sünde zu behalten, bis dieser zur Einsicht und Umkehr kommt.
Die Einzelbeichte wird in der lutherischen Kirche nicht mehr so häufig gesucht wie früher. Dennoch liegt der große Trost der Einzelbeichte gerade darin, dass ein Einzelner und in seiner Schuld einsamer Mensch das Nahesein eines anderen Menschen erlebt, der die Gegenwart Gottes erfahrbar werden lässt. Hier besteht die Möglichkeit, Schuld ausdrücklich zu benennen.



Aus: Martin Luther, Kleiner Katechismus

Was ist das Amt der Schlüssel?
Es ist die besondere Gewalt, die Christus seiner Kirche auf Erden gegeben hat, den bußfertigen Sündern die Sünden zu vergeben, den unbußfertigen aber die Sünden zu behalten, solange sie nicht Buße tun.

Was ist die Beichte?
Die Beichte begreift zwei Stücke in sich: eins, dass man die Sünden bekenne, das andre, das man die Absolution oder Vergebung vom Beichtiger empfange als von Gott selbst und ja nicht daran zweifle, sondern fest glaube, die Sünden seien dadurch vergeben vor Gott im Himmel.

Welche Sünden soll man beichten?
Vor Gott soll man sich aller Sünden schuldig geben, auch die wir nicht erkennen, wie wir im Vaterunser tun. Aber vor dem Beichtiger sollen wir allein die Sünden bekennen, die wir wissen und fühlen im Herzen.



Aus: Martin Luther, Großer Katechismus

Eine kurze Ermahnung zur Beichte
Von der Beichte haben wir immer gelehrt, dass sie frei sein soll. Wir haben die Tyrannei des Papstes beseitigt, so das wir alle von der unerträglichen Bürde und Last befreit und von dem Zwang los sind, der der Christenheit auferlegt worden war. Denn nichts war, wie wir es alle erfahren haben, so schwer und erdrückend als der Zwang, dass jeder beichten musste. Nicht zu beichten war die größte Todsünde. Außerdem hatte man die Beichte so schwergemacht und die Gewissen dadurch gemartert, dass man die Sünden alle aufzählen sollte. Man hat darum nie genug beichten können! Und das Schlimmste dabei war, dass niemand gelehrt und gewusst hat, was die Beichte eigentlich ist oder wie nützlich und tröstlich sie ist. Sondern man hat uns aus ihr eine reine Angst- und Marterhölle gemacht, weil jeder hat beichten müssen. Keiner anderen Sache ist man so Feind gewesen wie gerade der Beichte.
(…) Zur Beichte sollte dich nun niemand mit Geboten drängen müssen, sondern wir sagen so: Wer ein Christ ist oder es gern sein möchte, der lasse sich diesen guten Rat geben, dass er hingehe und den kostbaren Schatz hole (…). (…) Wir ermahnen aber, dass du beichten und deine Not klagen sollst, aber nicht deswegen, als würdest du damit ein gutes Werk tun, sondern damit du hörst, was dir Gott sagen lässt. Auf das Wort, sage ich, bzw. auf die Absolution musst du schauen und sie für etwas Großes und Teures halten, für einen vortrefflichen, großen Schatz, der mit aller Ehrerbietung und mit Dank anzunehmen ist.
(…) Bist du nun ein Christ, so ist es überhaupt nicht nötig, dass ich dich zur Beichte zwinge oder dass der Papst sie dir gebietet, sondern du wirst dich wohl selber zwingen und mich um die Beichte bitten, damit du Anteil an ihrem Segen haben mögest. Verachtest du aber die Beichte und willst du stolz, ohne zu beichten, dein Leben führen, so fällen wir das Urteil, dass du kein Christ bist und dass du auch das Sakrament nicht empfangen kannst. Und dies ist ein sicheres Zeichen, dass du auch das Evangelium verachtest.

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