Angedacht!


„Denn ihr wart früher Finsternis, nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Wandelt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herren wohlgefällig ist, und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, deckt sie viel mehr auf. Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich. Das alles aber wird offenbar, wenn’s vom Licht aufgedeckt wird; denn alles, was offenbar wird, das ist Licht.“
Epheser 5,8-13a


Dr. Andrea GrünhagenLiebe Leserinnen und Leser,

also das hätten wir ja schon alles gerne ein wenig genauer gewusst, oder? Da es am 8. Sonntag nach Trinitatis um das Thema „Sals der Erde – Licht der Welt“ geht, erschließt es sich, dass in diesem Bibelwort das Stichwort Licht vorkommt und als Gegensatz dazu Finsternis. Es gibt ein Leben in Finsternis, dass die Gläubigen verlassen haben, denn nun sind sie „Kinder des Lichts“ und darum bringt ihr Leben die Früchte ihres Glaubens, nämlich Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor.

Aber dann kommt der Punkt, an dem wir neugierig werden. Was ist mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis gemeint? Was tun die Menschen, von denen hier die Rede ist, denn heimlich? Soll ein Christ keine Gemeinschaft haben mit solchen „Werken“ oder mit Menschen, die solche Werke vollbringen? Und in welchen Zusammenhang darf man diese unfruchtbaren Werke der Finsternis aufdecken? Wir sollen unseren Nächsten doch nicht „verraten, afterreden oder bösen Leumund machen“, wie Luther im Kleinen Katechismus schreibt. Irgendwelche schändlichen Heimlichkeiten ans Licht zu zerren, über die man ja nicht einmal reden soll, kann es doch nicht sein, oder?

Man versteht das Gemeinte besser, wenn man sich beispielsweise eine Tomatenpflanze vorstellt. Ohne Licht geht diese ein, mit zu wenig Licht bleibt sie kümmerlich, jedenfalls bildet sie keine Früchte. Oder die Früchte reifen nicht. Jeder kann sich denken: die Pflanze muss aus dem Schatten in die Sonne, sonst wird das im Leben nichts mit den Tomaten. Würde sich diese Pflanze wohl darüber beschweren, wenn jemand ihren Topf nimmt und sie in die Sonne stellt? Würde sie sagen: „Hey, lass das, ich mag Dunkelheit, ich möchte gerne noch viel mehr mit dem Chlorwasser aus dem Schwimmbecken gegossen werden, Früchte sind völlig überbewertet, ich will nicht wachsen und ich will nicht, dass an mir rote Früchte wachsen.“

Eine Tomatenpflanze kann nicht reden, aber wir Christen sagen oft etwas ganz Ähnliches über uns und unser Leben: „Es gefällt mir, so ein bisschen mit dunklen Gedanken und Worten zu kuscheln, im Dunkeln ist gut Munkeln. Kriegt ja keiner mit, was ich so treibe. Ist doch nicht umsonst ganz schön voll in den dunklen Ecken und Halbschatten dieser Welt, das fühlt sich gut an. Es darf bloß nicht ans Licht kommen. Wehe einer sagt mir ehrlich die Meinung, dass das gar nicht gut ist für mich. Ich will nicht wachsen im Glauben und in der Liebe. Was habe ich davon, gute Früchte zu bringen, da haben doch nur andere was davon.

Die Pflanze, die im Schatten vor sich hin kümmert, weiß gar nicht, wie gut es ihr im Sonnenlicht gehen würde. Aber wir können durch Gottes Wort wissen, dass es uns guttut, ins Licht gestellt zu werden. Deshalb sollen wir nicht die Sünden anderer aufdecken, sondern unsere eigenen. Das fängt damit an, dass wir sie uns selbst eingestehen. Dann können wir sie auch ins Licht Gottes halten, indem wir sie bekennen und um Vergebung bitten. Und so wird das ganze Leben hell.

Gott sei Dank, dass er uns immer wieder aus dem Schatten holt und uns seine Gnadensonne scheinen lässt. Immer wieder, sooft wir ein einzelnen oder ganz vielen Punkten in die Dunkelheit zurückgerutscht sind. Aus unserem Leben im Glauben kann noch richtig etwas werden, weil an uns gute Früchte zu wachsen beginnen, wir wissen selbst nicht wie. Das muss wohl mit dem Taufwasser zu tun haben, mit dem wir gegossen wurden und den regelmäßigen Nährstoffgaben, geistlicher Dünger sozusagen, im heiligen Abendmahl und der guten Pflege in Gemeinschaft mit anderen lichthungrigen Pflanzen, bei denen Gott in der Beichte alle verdorrten Stellen und von geistlichen Krankheiten befallenen Teile abschneidet und ein für alle mal wegräumt. Es lebt sich gut als Kinder des Lichts.

Ihre Andrea Grünhagen

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