Angedacht!
„Ebenso wie es geschah in den Tagen Lots: Sie aßen, sie tranken, sie kauften, sie verkauften, sie pflanzten, sie bauten; an dem Tage aber, als Lot aus Sodom ging, da regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel und brachte sie alle um. Auf diese Weise wird’s auch gehen an dem Tage, wenn der Menschensohn wird offenbar werden.“
Lukas 17,28-30
Liebe Leserinnen und Leser,
edie Pharisäer hatten Jesus gefragt, wann denn das Reich Gottes käme. Da lautete seine Antwort: Es kommt nicht mit äußeren Zeichen, die man plötzlich sehen kann, sondern es ist schon da. (Lukas 17,20f). Gemeint ist hier, dass es in der Person Jesu schon da ist. Das ist sozusagen das eine. Für die Jünger stellte sich aber noch eine andere Frage, nämlich nicht nur nach dem Anfang des Reiches Gottes, sondern wann Jesus sich als Menschensohn offenbaren würde. Der „Menschensohn“ ist im Judentum mit den Ereignissen am Ende dieser Zeit und Welt verbunden. Darum bedeutet die Frage nach dem „Tag des Menschensohns“ die Frage nach dem Jüngsten Tag und dem Gericht Gottes. Während das Reich Gottes mit dem Kommen Jesu in die Welt angebrochen ist und es verborgen wächst, stellt Jesus klar, dass das Ende der Welt dann doch plötzlich kommen wird und seine Wiederkunft unübersehbar sein wird. (Lukas 17,24)
Was dann folgt sind unbequeme Worte. Sie gehören zutiefst zum Drittletzten Sonntag des Kirchenjahres, an dem wir mit der ernsten Erinnerung an die Vergänglichkeit der Welt und unseres Lebens, an den Tod und seine Ursache konfrontiert werden. Wir hören es im Introitus: „Das macht dein Zorn, dass wir so vergehen und dein Grimm, dass wir so plötzlich dahinmüssen.“ (Psalm 90) Darauf folgte früher die Alttestamentliche Lesung aus dem Buch Hiob, die nun durch die Lesung von der Völkerwallfahrt zum Berg Zion mit dem wunderbaren Bild der Schwerter, die zu Pflugscharen geschmiedet werden (Micha 4) ersetzt wurde. Ebenfalls ersetzt wurde der Text der alten Epistel 2.Petrus 3, 3-14) durch den sehr viel freundlicheren Worten aus Römer 8. So ist die Gemeinde also beruhigt durch die Botschaft vom messianischen Friedensreich und getröstet, dass die ganze Schöpfung frei werden soll von der Vergänglichkeit und dann knallt die Evangelienlesung mit ihren harten Worten (die man allerdings vorsichtshalber in Klammer gesetzt hat, damit, wer sie nicht vorlesen will, auch darauf verzichten kann) dazwischen. Im Sinne des Zusammenklangs der Lesungen hatte die alte Epistel aus dem 2. Petrusbrief der hörenden Gemeinde diese Zusammenhänge besser erläutert. „So werden auch der Himmel, der jetzt ist und die Erde durch das Wort aufgespart für das Feuer, bewahrt für den Tag des Gerichtes und der Verdammnis der gottlosen Menschen.“
Ach du Schreck, na vielleicht soll die Gemeinde das ja auch gar nicht hören? Auf jeden Fall will sie es bestimmt nicht hören. Das wollen wir Menschen, ja, auch die frommen Christen, nie, dass Ihnen das gepredigt wird. Schließlich sind wir ja im Alltag wie auch in kirchlichen Zusammenhangen so munter dabei, zu essen und zu trinken, zu kaufen, zu pflanzen und zu bauen ¬ da lassen wir uns ungern stören. Wir lassen uns nicht gerne sagen, dass das Apfelbäumchen, das Luther am Tag vor dem Weltuntergang angeblich noch pflanzen wollte, leider mit allem anderen verbrennen würde. Ach du Schreck! Aber ein heilsamer Schrecken soll es ein, eine aufrüttelnde Botschaft, ein Weckruf!
Der Herr wollte seine Jünger ja nicht nur so ein wenig gruseln, sondern ihnen etwas mitteilen, das angesichts der Vergänglichkeit unbedingt wichtig ist. Die Botschaft vom Ende aller Dinge setzt ein Vorzeichen vor die Klammer dies Welt und unseres Lebens, der das Ergebnis der Betrachtung komplett verändert. Was ist wirklich wichtig, wenn diese Botschaft wahr ist? Wer ist dieser „Menschensohn“ – Jesus– wirklich? Will ich wirklich so weiterleben wie bisher?
Wenn wir in der Bibel nur lesen würden, was kommen wird, ohne zu wissen, wer kommen wird, dann wäre das nur schrecklich. Christen warten aber nicht einfach auf das Weltende, sie warten auf ihren Herrn Jesus, der „wiederkommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten.“ Auch das Glaubensbekenntnis erinnert uns an jedem Sonntag daran. Es ist ja für die, die an ihn glauben kein Fremder, der da kommt und ihnen Angst macht, sondern es kommt doch ihr bester Freund, ihr Bräutigam, ihr Bruder, der seit dem Tag ihrer Taufe an ihrer Seite war Das ist das Wunderbare. Wenn der Menschensohn offenbar werden wird, dann werden auch die offenbar, die zu ihm gehören durch Taufe und Glaube. Das wollen wir doch nicht verpassen, weil wir noch was essen oder kaufen oder bauen müssen. Nein, das werden wir ganz sicher nicht verpassen!
Ihre Andrea Grünhagen