Angedacht!


Jesus spricht zu ihr [Martha]: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das? Sie spricht zu ihm: Ja Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommt.“
Johannes 11,25f


Dr. Andrea GrünhagenLiebe Leserinnen und Leser,

alle Jahre wieder fühlen sich die unterschiedlichsten Menschen zu Ostern eingeladen oder auch herausgefordert, etwas zum Thema „Auferstehung“ zu sagen. Mal werden in irgendwelchen Fernsehdokumentationen echte oder vermeintliche Experten befragt, mal hat der Eifer der Lokalpresse Früchte getragen, einen Pfarrer zu einem kleinen Artikel zu bewegen, kirchenkritische Magazine wiederholen zum x-ten Male Argumente aus dem 19. Jahrhundert gegen die Auferstehung Jesu, ebenso vehement bieten fromme christliche Medien eine Widerlegung derselben und dann versuchen auch noch einige Theologen mit eher philosophischen Erklärungen dazwischen zu vermitteln.

Es wäre doch alles so viel einfachen, wenn Jesus einfach nur gesagt hätte: „Ich bin das Leben!“ Leben ist unstrittig und gut vermittelbar. Es passt zu Sonne und Blumen und Ostereiern. Solange man nicht genauer definiert, um welches Leben es denn geht, sind alle dafür. Das ist mit Frieden ja auch so, oder mit Liebe. Wer kann da schon was dagegen haben?

Nun ist es aber so, dass Jesus gegenüber Martha keine allgemeine und darum eher banale Aussage tätigte. Das verbot sich auch von selbst, schließlich hatte Martha gerade ihren Bruder Lazarus verloren. Vier Tage liegt Lazarus schon im Grab. Angesichts eines Toten im Grab tragen keine unverbindlichen Allgemeinplätze. Leider werden sie aus Verlegenheit oder Unsicherheit manchmal trotzdem geäußert. Eine Beerdigung, ein Grab, ein Leichnam verstören sehr viele Menschen, weil sie sich das alles zwar irgendwie zurechtgelegt haben, wie das wohl mit Sterben und Tod ist, aber wenn es so dicht kommt, möchten sie das gerne verdrängen. Aber gerade dann wären wirklich Antworten nötig.

Man kann nicht abstrakt über Tod und Auferstehung reden. Das tut Jesus hier an dieser Stelle auch gerade nicht. Es geht nicht darum, ob es prinzipiell irgendwann eine Auferstehung der Toten geben wird, sondern ob Marthas Bruder Lazarus auferstehen wird. Es geht nicht darum, ob so etwas wie Auferstehung denkbar ist, sondern wer Jesus ist. Wenn Jesus Martha fragt „Glaubst du das?“ ist das eine Beziehungsfrage. Glaubst Du? Und Martha versteht, dass es hier nicht um eine naturwissenschaftliche oder philosophische theoretische Frage geht, sondern um das, was sie persönlich glaubt. Und darum antwortet sie zunächst einmal ganz persönlich: „Ja, Herr, ich glaube.“ Und dann bekennt Martha, was sie glaubt: Jesus ist der Christus, der Messias. Jesus ist der Sohn Gottes und er ist in diese Welt gekommen.

Das Gespräch zwischen Jesus und Martha fand noch vor der Auferstehung Jesu statt. Zunächst ging es erst mal um die Auferweckung des Lazarus. Mich verwundert an dieser Geschichte immer wieder, dass die Jünger, die doch Zeugen der Auferweckung des Lazarus waren, nur etwas mehr als eine Woche später das leere Grab Jesu nicht deuten konnten. Wenn Jesus die Auferstehung und das Leben selbst ist, liegt es dann angesichts seines leeren Grabes nicht ziemlich nahe, auch daran zu glauben, dass er selbst auferstanden ist?

Kennen wir das nicht auch von uns? Wir können alles Mögliche von Jesus erzählen, wir bekennen es in jedem Gottesdienst beim Glaubensbekenntnis, das Jesus auferstanden ist und dass es die Auferstehung der Toten und das ewige Leben gibt. Und zwar das alles nicht nur als symbolische Erzählung, sondern leibhaft, leiblich, ganz wirklich. Aber wenn es dann ernst wird, wenn uns der Tod ganz nahekommt, wie ist es dann?

Ich glaube, dann kommt es auf genau die Beziehungsebene an, auf der das Gespräch zwischen Jesus und Martha stattfindet. Es kommt nicht auf Streitereien an nach dem Motto „Das Grab war leer!“ „War es nicht!“ „War es doch!“ „Nein!“, sondern ob man an Jesus glaubt. Einmal nahm ich in meinem Schulpraktikum an einer Religionsstunde teil, in der der Leistungskurs Religion eine Bild von der Geschichte der Emmausjünger interpretieren sollte. Auf dem Bild war Jesus nur als Schatten dargestellt, ob er nun den beiden Jüngern wirklich begegnet ist oder nicht oder wie man das vielleicht doch behaupten könnte, obwohl es natürlich nicht wirklich so war, das ließ die Lehrerin offen. Bis es einer Schülerin reichte. Sie sagte: „Warum soll ich hier herumspekulieren? Ich weiß, dass Jesus lebt, ich habe gerade heute Morgen noch mit ihm geredet.“ So ist es. Wer wie Martha antworten kann, „Ja Herr, ich glaube.“, dem muss man nicht beweisen, dass das Grab leer war, weil Jesus wahrhaftig auferstanden ist. Der weiß es! Und wird es auch unter Tränen an Gräbern bekennen. Und wer an Jesus nicht glaubt, dem hilft der beste Beweis für das leere Grab nichts, weil wir nicht an etwas, sondern an jemanden glauben.

Aber der Glaube kommt nicht aus uns selbst, so dass es einigen eben gegeben ist und anderen nicht, sondern der Glaube kommt aus der Verkündigung. Die Osterbotschaft weckt Auferstehungsglauben. Es wird nämlich nicht nur etwas, sondern jemand verkündigt. Deshalb begrüßen sich Christen an Ostern nicht mit „Es gibt eine Auferstehung!“, sondern mit „Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden“. Ja Herr, ich glaube.

Ihre Andrea Grünhagen

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