Reformationsfest


„Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!“ (Galater 5,1)


Reformationsfest

Welch ein starker Satz zum Reformationsfest! Man kann tatsächlich alles an ihm festmachen, was Martin Luther in der Heiligen Schrift (wieder-) entdeckt hat. Was Paulus hier im Galaterbrief schreibt, ist das Herzstück lutherischer Lehre geworden.

Es ist leider auch das beste Beispiel für protestantische Selbstbeweihräucherung und politische Missverständnisse geworden, als sei es erst einmal grundsätzlich egal, für welche Art Freiheit man eigentlich fest steht, Hauptsache man steht da fest wie Luther in Worms 1521.

Paulus hat jedenfalls eine klare Vorstellung davon, um was für eine Freiheit es geht. In seiner Auseinandersetzung mit Gemeindegliedern, die wahrscheinlich die jüdische religiöse Pflicht der Beschneidung als verbindlich auch für die noch junge Christengemeinde einführen wollten, kommt er zu Spitzenaussagen. Es geht hier bei der Freiheit um ein klares Entweder – Oder. Entweder die Bindung an Christus und der grundsätzliche Verzicht, durch eigenes Tun etwas zu seinem ewigen Heil beizutragen, und zwar so grundsätzlich, dass der Glaubende nicht nur nichts zu seiner Gerechtigkeit beiträgt, sondern sie auch nicht erlebt, sondern als das Urteil Gottes im jüngsten Gericht erwartet. „Denn wir warten im Geist durch den Glauben auf die Gerechtigkeit, auf die wir hoffen.“ (Galater5,4) Das ist meilenweit weg von jeder eigenen Gerechtigkeit. Wir sind vor Gott nicht aus uns selbst heraus recht und wir tun auch nie vollkommen das Richtige, auch als glaubende Christen nicht. Sondern es ist immer die fremde Gerechtigkeit Jesu, die uns einhüllt wie ein Mantel, es ist immer diese Gerechtigkeit Christi, die uns angerechnet wird im letzten Gericht. Da spricht Gott den sündigen Menschen gerecht, spricht ihn frei und lässt ihn selig werden.

Wenn das so ist, dann ist der Christ frei von jedem Zwang, sich durch eigenes Tun und das Befolgen des göttlichen Gesetzes die Seligkeit zu verdienen. Das ist die Freiheit, zu der wir befreit sind. Wir müssen es nicht, weil wir es nicht können.

CranachAber was ist, wenn wir es gerne würden und meinen, es zu können? Das ist der Streitpunkt zwischen Paulus und seinen Gegnern an dieser Stelle. Paulus macht deutlich: wenn du dich selbst voller Selbstüberschätzung freiwillig wieder unter den Zwang des Gesetzes begibst und das Gesetz Gottes benutzen willst, um dir selbst deine Seligkeit zu verdienen, dann wird es dabei keine Ausnahmen geben. Es ist ein Entweder – Oder. Wer um das Geschenk der Gnade weiß und es trotzdem durch sein Tun selbst versuchen will, der lehnt diese Gnade ab. Vor Gott bedeutet das dann, dass der Betreffende es wirklich allein schaffen muss. Dann gilt es, das ganze Gesetz Gottes, von dem, wie Jesus sagt, nicht der kleinste Buchstabe bis zum jüngsten Tage hinfällig werden wird, vollkommen zu erfüllen und ohne die Fürsprache Christi im jüngsten Gericht zu bestehen. Das wird nicht gut gehen, das kann nicht gut gehen.

Martin Luther ging es um alles oder nichts, es ging um die ewige Seligkeit oder die ewige Verdammnis. Was er anhand der Bibel, besonders durch die Briefe des Apostels Paulus erkannt hat, ist weit mehr als eine Theorie oder eine theologische Meinung neben anderen Meinungen. An der Rechtfertigungslehre entscheidet sich alles, sie ist das Herz der lutherischen Kirche.

Reformationsfest feiern bedeutet, zu bezeugen, dass es ein bisschen Gnade nicht gibt. Entweder total Gnade und ganz Christus oder eben gar nicht. Da sind wir herausgefordert, zu sagen, auf welcher Seite wir stehen, ob wir uns ganz Christus in die Arme werfen und allein auf ihn vertrauen, oder ob da doch noch Selbstgerechtigkeit in uns steckt, die die Gnade Gottes eigentlich verachtet. Das Reformationsfest ist ein guter Anlass, uns hier genau zu prüfen, wie es um uns steht. Prüfen müssen wir uns nicht, indem wir unsere guten Taten, unsere Verdienste und frommen Leistungen betrachten und aufrechnen. Um die müssen wir uns gar nicht sorgen, die wachsen von ganz allein aus dem Glauben heraus. Paulus schreibt in diesem Zusammenhang von „dem Glauben, der durch die Liebe tätig ist.“ (Galater 5, 6) Martin Luther hat dazu gesagt: „O, es ist ein lebendiges, geschäftiges, tätiges, mächtiges Ding um den Glauben!“ Aber gerettet sind wir aus Glauben, aus Glauben allein.

Andrea Grünhagen

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