St. Mary – Mother of Our Lord


Maria

Unter diesem Titel (Hl. Maria – Mutter unseres Herrn) finden sich im Lektionar des „Lutheran Service Book”, dem Gesang- und Liturgiebuch der Lutherischen Kirche – Missourisynode (LCMS) für den 15. August Angaben für die drei gottesdienstlichen Lesungen zu diesem Gedenktag: Jesaja 61,7-11, Galater 4,4-7, Lukas 1,(39-45) 46-55.

Upps! Ist der 15. August nicht der römisch-katholische Festtag „Mariä Himmelfahrt“?  Ja, so ist es.
Und wie kann es dann sein, dass in den USA (aber nicht nur dort) lutherische Kirchen ausgerechnet am 15. August einen Marientag begehen?

Zu Mariä Himmelfahrt oder, wie es offiziell heißt: „Hochfest Mariä Aufnahme in den Himmel“, feiern römische Katholiken, dass der Überzeugung ihrer Kirche gemäß die Jungfrau und Gottesmutter Maria „nach Ablauf ihres irdischen Lebens mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen wurde“. Dies wurde als verbindlich zu glaubendes Dogma am 1. November 1950 durch Papst Pius XII. verkündet.
Dieses Dogma wiederum findet eine Entsprechung in dem römisch-katholischen Glaubenssatz von der sog. „Unbefleckten Empfängnis“, einem durch Papst Pius IX. am 8. Dezember 1854 verkündetes Dogma. Es besagt, dass Maria selbst bereits von ihren Eltern ohne Erbsünde empfangen wurde, also vor der Erbsünde bewahrt wurde.
Lutherische Christen können dies einzig und allein von dem sagen, der in allem Mensch war wie wir, doch ohne Sünde (Hebräer 4,15-16): Von Jesus Christus.

Weder für eine Aufnahme Mariens in den Himmel, also eine bevorzugte Vorwegnahme dessen, was alle Christusgläubigen sonst erst bei der Auferstehung am Jüngsten Tag erwartet, noch für eine Bewahrung Mariens vor der Erbsünde, also ihre völlige Sündlosigkeit, gibt es biblische Belege.

Ist es daher nicht gewissermaßen „riskant“, wenn lutherische Kirchen an einem Tag, an dem die römisch-katholische Kirche weltweit ein Fest begeht, für das es keine biblischen Grundlagen gibt und deren Aussagen evangelisch-lutherischen Glaubensüberzeugungen widersprechen, einen solchen Gedenktag feiern? Führt das nicht zu Irritationen und Missverständnissen, nicht zuletzt auch unter den lutherischen Christen? Und reichen nicht die biblisch begründeten Mariengedenktage aus, die auch der liturgische Kalender der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche nennt?

Vielleicht ist es ja sogar eine Chance, sozusagen zeitgleich mit der römisch-katholischen Kirche am 15. August der Mutter Jesu, von der auch die lutherische Kirche bekennt, dass sie Jungfrau und Mutter Gottes ist, gottesdienstlich zu gedenken!
Eine Chance nämlich, im Sinne des Artikels 21 des Augsburgischen Bekenntnisses („Über die Heiligenverehrung“) am Beispiel der Gottesmutter Maria der Gemeinde zu verkündigen, wie Gott an uns Menschen handelt, wie er auch uns gnädig ist und wie auch uns allein durch den Glauben geholfen wird? (Vgl. CA 21)

Gott liebt zwar nicht die Sünde, aber er liebt uns Sünder und erwählt uns zum Heil. Das gilt von Anfang an. Für Abraham, Mose, David, für das Volk Israel und eben auch für Maria. Dass sie begnadet wurde, die Mutter Jesu, also die Mutter Gottes zu sein, verleiht ihr freilich eine Sonderstellung. Allerdings allein aus Gnade, ohne all ihr Verdienst und Würdigkeit. Ein vergebungsbedürftiger Mensch ist Maria jedoch wie wir alle. Auch ihr gilt: Der Tod ist der Sünde Sold. (Römer 6,23) Auch Maria wartet auf den Jüngsten Tag, das Jüngste Gericht und die Auferstehung.

Was die Hl. Schrift von Maria überliefert, ist nicht viel. Aber das Wenige klingt nicht nach „Himmelskönigin“ oder „Miterlöserin“, sondern ganz demütig: „Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilandes; denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder.“

Maria selig zu preisen und damit Gott für seine wunderbare Gnade zu loben – das ist biblisch. Am 15. August und an jedem Tag.

Hinweis: Im (blauen) Beiheft zum Ev.-Luth. Kirchengesangbuch findet sich unter Nr. 763 das Lied „Wie Maria ganz bereit“, ein an Christus gerichtetes Marienlied, dessen letzte Strophe lautet: „MIT Maria möge uns / durch dein Kreuz auf dieser Erden / dann von dir der Gnadenlohn und die Siegeskrone werden. / Kyrie eleison.“



Gemälde: Maria der Verkündigung von Antonello da Messina

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