Maria Magdalena – die Maria aus Magdala

Heilige, Hure, Apostelin, Geliebte oder Ehefrau Jesu ...?

Maria Magdalena

Eine alte neue Heilige

Am 1. Advent 2018 trat in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) die neue „Ordnung gottesdienstlicher Texte und Lieder“ (OGTL) in Kraft.

Zuvor hatten auch der Allgemeine Pfarrkonvent und die Kirchensynode der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) diese sogenannte Perikopenordnung für den Bereich der SELK mit einer Reihe von Änderungen angenommen. In ihr ist geregelt, welche Texte aus der Bibel an einem bestimmten Sonn- oder Festtag im Gottesdienst gelesen werden und welche Texte Grundlage der Predigt sind.

Neu ist unter anderem ein Gedenktag der biblischen Heiligen Maria Magdalena am 22. Juli, der bislang in der SELK nicht begangen wurde, mit dem 1. Advent 2019 nun aber auch in der SELK Bestandteil des Heiligenkalenders geworden ist.

Der 22. Juli ist auch in der römisch-katholischen, anglikanischen, (seit 2018) der evangelischen, der altkatholischen Kirche und in den Ostkirchen Gedenk- bzw. Festtag.

Anders als zu manchem der zwölf Apostel, deren Gedenktage auch die lutherische Kirche seit Jahrhunderten kennt und begeht und von denen das Neue Testament manchmal bis auf eine namentliche Erwähnung schweigt, weiß es zu Maria Magdalena einiges zu berichten.


Maria Magdalena im Neuen Testament
Nach den Evangelien trieb Jesus ihr sieben Dämonen aus (Lukas 8,2; Markus 16,9).

Maria Magdalena gehörte zu den Frauen, die Christus nachfolgten und mit für seinen und der Jünger Unterhalt sorgten. (Lukas 8,3) Sie gehörte zu den Frauen, die ihrem Herrn nach Jerusalem folgten und von weitem bei der Kreuzigung zusahen (Matthäus 27,55f) und beim Begräbnis Jesu halfen. (Matthäus 27,61; Markus 15,47) Maria Magdalena gehörte zu der Frauengruppe, die am Ostermorgen das leere Grab entdeckten. (Markus 16,1–5, Johannes 20,1)

Nachdem Maria Magdalena hiervon den Jüngern berichtet hatte, begegnete ihr als erste der Auferstandene und trug ihr die Auferstehungsbotschaft an die Jünger auf (Johannes 20,11–18).


Schon lange besonders geehrt
Die Kirche erkannte ihr daher schon früh (im 3. Jahrhundert / Hippolyt) den Ehrentitel „Apostelin der Apostel“ zu, weil sie den Aposteln die Osterbotschaft brachte, die dann durch den Auferstandenen „in alle Welt“ gesandt wurden, um „allen Völkern“ dieses Evangelium zu verkündigen. In der Alten Kirche gab es die Tradition, sie als „Apostelgleiche“ zu bezeichnen.

Die römisch-katholische Kirche hat vor ein paar Jahren (10.06.2016) die Rolle der heiligen Maria Magdalena erneut aufgewertet und sie liturgisch den Aposteln gleichgestellt.

Der bisherige „gebotene Gedenktag“ am 22. Juli wurde in der römisch-katholischen Kirche in ein „Fest“ umgewandelt. Hier spielten wohl auch zeitgeistige Motive hinein, Frauen in der römisch-katholischen Kirche, wenn schon nicht in der Gegenwart, so doch zumindest als Heiligen ein größeres Gewicht zu verleihen.


Außer- und unbiblische Zeugnisse
Auch eine Reihe außerbiblischer (apokrypher), von der Kirche nicht anerkannter Überlieferungen erwähnen Maria aus Magdala (vermutlich das das heutige Migdal in Erez Israel). So das Philippus-Evangelium, das Thomas-Evangelium, das gnostische „Evangelium der Maria“ und ein apokryphes koptisches Evangelium namens Pistis Sophia.

Diese außerbiblischen Texte bieten viel Material, das geeignet ist, Maria Magdalena zu einer mit medialer Aufmerksamkeit bedachten „Skandalfigur“ zu stilisieren.

Besonders beliebt und „roman- und filmgeeignet“ sind Aussagen dieser außerbiblischen Quellen, die dazu dienen, Maria Magdalena zu einer Geliebten Jesu zu machen. Alle diese modernen Versuche kann man getrost als spekulativen und unbewiesenen Unfug betrachten.

Die sog. „feministische Forschung“ hat in dem Film Jesus und die verschwundenen Frauen eine ideologisch verfälschte und in weiten Teilen frei erfundene Verfilmung der „Geschichte Maria Magdalenas“ produziert.

Es handelt sich um ein mit Millionen Euro steuerfinanziertes Projekt, an dem Wissenschaftler aus drei Universitäten zusammenarbeiteten: Humboldt-Universität zu Berlin, Universität Wien und Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

Dabei werden vier biblische Frauen vorgestellt, deren Existenz im Laufe der Verschriftlichung der Kirchengeschichte angeblich (von bösen, weißen Männern!) verfälscht worden oder verschwunden sei. Es handelt sich dabei um Pseudo-Geschichten von Maria Magdalena, Phöbe, einer angeblichen „Apostelin“ namens Junia und Lydia.


Und wer war sie wirklich?
In gewisser Weise „schillernd“ bleibt Maria Magdalena jedoch auch in seriöser kirchlicher Tradition. Eine Tradition kennt die Gleichsetzung der fußwaschenden Frau mit Maria von Betanien, der Schwester von Martha von Bethanien und Lazarus mit Maria aus Magdala.

Die bei Johannes (Johannes 12,1–8) berichtete Fußwaschung wird dort ausdrücklich mit dieser verknüpft; die Berichte in Matthäus 26 sowie Markus 14 sind Parallelen dazu (sie erwähnen Betanien als Ort und die Diskussion über die Verschwendung der teuren Salbe, aber keine Sünderin).

Anders ist der Schwerpunkt bei Lukas (Lukas 7,36–50), bei dem die Frau als Sünderin bezeichnet wird und Jesus über Sündenvergebung spricht. Ausleger sind sich nicht einig darüber, ob es sich bei dem von Lukas berichteten Ereignis um ein anderes Ereignis handelt.


Legendäres
Natürlich hat sich im Laufe der Jahrhunderte auch ein üppiges Legendenwerk um Maria Magdalena gerankt.

Gemäß einer Überlieferung in Südfrankreich wurde Maria Magdalena mit Maria des Kleophas, Martha von Bethanien und Lazarus von Juden auf einem segellosen Schiff ausgesetzt, landete in dem französischen Fischerdorf Saintes-Maries-de-la-Mer bei Marseille und missionierte in der Provence.

Die letzten 30 Jahre ihres Lebens soll Maria Magdalena als Einsiedlerin in einer Höhle im Massif de la Sainte-Baume verbracht haben. Nach anderer christlicher Überlieferung begleitete Maria Magdalena einige Jahre nach der Auferstehung Christi den Apostel Johannes und Maria, Jesu Mutter, nach Ephesus und starb auch dort.

Interessant: Papst Gregor I. setzte im Jahr 591 (darin Hippolyt folgend) in einer Predigt Maria von Magdala mit der anonymen Sünderin gleich, die Jesus die Füße wusch (Lukas 7,36–50). Diese Identifikation wurde Teil der abendländischen Tradition um Maria Magdalena.


Wie kann man sie in der Kunst identifizieren?
In der Ikonographie lässt sich Maria Magdalena meist dadurch erkennen, dass sie mit offenem, gelocktem Haar dargestellt – dem Sinnbild der Prostituierten. Auch in der klassischen Kunst begegnet Maria Magdalena aber auch mit entblößten Brüsten und laszivem Gesichtsausdruck

Römische Tradition nennt Maria Magdalena als Schutzpatronin der Frauen, der Verführten, der reuigen Sünderinnen, der Schüler, Studenten und Gefangenen sowie der Winzer, Weinhändler, Handschuhmacher und Friseure.
In der Ikonographie werden ihr als Attribute beigefügt: Salbgefäß, offenes, gelocktes Haar, rote oder gelbe Kleidung, Schmuck, Zeichen der irdischen Vergänglichkeit (z.B. Schädel, Sanduhr).


Maria Magdalena in der Frömmigkeit heute
In der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche gibt es (derzeit) nur eine Gemeinde und Kirche, die den Namen der biblischen Heiligen trägt: Die St. Maria-Magdalenen-Gemeinde zu Halle an der Saale.

Wo der Gedenktag der hl. Maria Magdalena begangen wird, wird als Evangelium: Johannes 20, 11-18 verlesen: Der auferstandene Jesus Christus beauftragt Maria Magdalena, den Aposteln die Osterbotschaft zu überbringen.

Und was könnte man an einem 22. Juli in der Predigt zur hl. Maria Magdalena sagen, wenn man sie nicht als feministische Ikone, erste Priesterin oder aber Skandalnudel, Jesus-Geliebte usw. missbrauchen möchte?

Am besten nicht mehr und nichts anderes als das, was Artikel 21 des Augsburgischen Bekenntnisses (1530) zur Heiligenverehrung im allgemeinen sagt: „Vom Heiligendienst wird von den Unseren so gelehrt, dass man der Heiligen gedenken soll, damit wir unseren Glauben stärken, wenn wir sehen, wie ihnen Gnade widerfahren und auch wie ihnen durch den Glauben geholfen worden ist.“


Skulptur: „Die Beweinung Jesu“ von Hans Olmützer | Heiliges Grab, Görlitz

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