Erntedankfest

 
Erntedank
 
Das Erntedankfest ist ein Phänomen! Eigentlich stellt es im Lauf des Kirchenjahres liturgisch nicht wirklich einen Höhepunkt dar, auch ist es eher ein „Ideenfest“, bei dem ein Thema im Mittelpunkt steht und kein Ereignis der Heilsgeschichte und außerdem ist das Begehen eines kirchlichen Erntedankfestes an einem einheitlichen Termin eine relativ neue Erfindung. Für alle Kirchen, die sich weltweit an die gleiche Liturgie halten, ist ein gemeinsamer Termin auch schlicht nicht umsetzbar, denn wann geerntet wird, ist regional zu verschieden.

Mit dem Termin ist es überhaupt so eine Sache. Die korrekte Antwort auf die Frage nach dem „Wann“ lautet: Am Sonntag nach dem Michaelisfest (29. September). Gemerkt haben sich aber die meisten Menschen heutzutage: Am ersten Sonntag im Oktober, was aber nicht notwendigerweise das Gleiche sein muss. Allerdings hängt, wie gesagt, an dem Termin gar nichts.

Wichtiger ist sicher der Inhalt und da wäre als erstes Stichwort die Dankbarkeit zu nennen, für „alles was nottut für Leib und Leben“, wie es der Kleine Katechismus sagt. Das ist natürlich nur die Nahrung, aber eben ganz grundlegend auch. Insofern dient das Erntedankfest auch dazu, deutlich zu machen, dass unser Essen nicht einfach aus dem Nichts kommt und wie durch Zauberhand im Supermarkt steht, sondern dass Obst, Getreide und Gemüse angebaut werden müssen, dass Tiere gehalten werden und auch, dass dies Arbeit ist, die von Menschen verrichtet wird. Und doch kann kein Mensch allein mit seinen Mühen etwas wachsen lassen oder das Gewachsene zur Reife bringen oder vor Schaden bewahren. „Es geht durch unsre Hände, kommt aber her von Gott.“

Sicher darf man auch überlegen, unter welchen Bedingungen die Produktion und Verarbeitung unserer Lebensmittel geschieht. An die Seite der Achtung vor der Schöpfung und vor der Nahrung, die Gott hat wachsen lassen und Gott selbst als dem Geber aller guten Gaben, gehört auch die Achtung vor den Menschen, die etwas geleistet haben, damit unser Teller gefüllt ist.

Wer nicht unmittelbar noch mit den Kreisläufen von Säen und Ernten zu tun hat, darf das Thema des Erntedankfestes durchaus auch weiter fassen. Was ist in meinem Leben im vergangenen Jahr weiter gewachsen? Welche „Ernte“ habe ich einfahren dürfen, was ist mir gelungen und wo habe ich unverdient etwas geschenkt bekommen? Wie hat Gott durch die Fürsorge anderer Menschen für mich gesorgt?

Wer dies alles bedenkt, öffnet auch gerne seine Hände, um von dem Segen, den er erfahren hat, weiter zu geben an die, die es brauchen. Das kann ja auf sehr unterschiedliche Weise geschehen. Das alte Wort „Dankopfer“ erinnert sehr schön an diese Zusammenhänge.

Auf diese Weise wird das Erntedankfest konkret. Einen hohen emotionalen Stellenwert hat es ohnehin für viele Menschen, auch für diejenigen, die mit Glauben und Kirche nicht so sehr viel zu tun haben. Das liegt auch daran, dass Erntedank im Gottesdienst mit den Sinnen erfahrbar ist. Liturgisch sind weder Kürbisse noch Marmeladengläser in der Kirche wirklich notwendig, aber für nicht wenige Menschen sind sie wichtig. Glaube darf konkret werden, auch was das Danken angeht.


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