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SELK-Aktuell

Lexikon - Z


Zölibat
Der Zölibat (von lateinisch caelebs‚ „allein, unverheiratet  lebend“, lateinisch caelibatus = „Ehelosigkeit); umgangssprachlich oft auch „das“ Zölibat.
Vor allem in der römischen Kirche ist der Z. das verpflichtende Versprechen der lebenslangen Ehelosigkeit als Bedingung für die Erteilung der Priesterweihe.
Zur biblischen Begründung wird Mt 19, 11-12 angeführt: „(Jesus) sprach aber zu ihnen: Dies Wort fassen nicht alle, sondern nur die, denen es gegeben ist. Denn einige sind von Geburt an zur Ehe unfähig; andere sind von Menschen zur Ehe unfähig gemacht; und wieder andere haben sich selbst zur Ehe unfähig gemacht um des Himmelreichs willen. Wer es fassen kann, der fasse es!“
Neben der Ehelosigkeit (Keuschheit) werden auch Armut und Gehorsam als sog. „evangelische Räte“ bezeichnet, die insbesondere für Ordensangehörige (Mönche und Nonnen) alle verbindlich sind.
In der Reformationszeit wurde der Pflicht- bzw. Zwangszölibat als Bedingung für Ordination / Priestertum und besonders „verdienstlicher Stand“, die damit eingehende Abwertung von Ehe und Familie und die daraus resultierende Heuchelei und Unzucht als einer der vorrangig abzuschaffenden Mißbräuche in Lehre und Praxis der Kirche identifiziert und entspr. verbal bekämpft.
Luther selbst hat erst verhältnismäßig spät (1525) geheiratet (Katharina geb. von Bora), nachdem seine Weggfährten und Mitreformatoren ihm mit Nachdruck rieten, seiner Forderung nach Abschaffung des (Zwangs-)Zölibates auch Taten folgen zu lassen und seiner Vorbildfunktion gerecht zu werden.
In der SELK ist es den Pfarrern freigestellt zu heiraten oder ledig zu bleiben. In seinem Hirtenwort „Ehe und Familie als Gaben Gottes entdecken“ vom 2. Juli 2013 schreibt Bischof Hans-Jörg Voigt: „Die (…) Worte Jesu und die Ausführungen des Apostels Paulus lassen keinen Zweifel zu, dass das Neue Testament keine anderen Lebensmodelle als Ehe und Familie beziehungsweise die Ehelosigkeit als ein besonderes Charisma kennt. (…) Jesus, mit ihm das Neue Testament und in seinem Gefolge die weltweite Christenheit vertritt die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau mit der grundsätzlichen Möglichkeit der Zeugung von Kindern als den von Gott gewollten Lebensentwurf; daneben steht die Ehelosigkeit als die andere rechtmäßige Option.“

Lexikon - W


Weihnachten
Tag der Geburt des Herrn; Heiliges Christfest. Liturgische Farbe: Weiß (bzw. eigentlich Gold)

Der Begriff Weihnachten (früheste Bezeugung aus dem 12. Jahrhundert) ist vermutlich christlichen Ursprungs und stellt eine Lehnübersetzung des lat. nox sancta (= heilige/geweihte Nacht) dar, das in der Liturgie der Messe in der Christnacht vorkommt. Bis heute beginnt die erste Kollekte des luth. Christnachts-Gottesdienstes mit den Worten: „Herr, unser Gott, du hast diese geweihte Nacht erhellt durch den Glanz des wahren Lichtes…“ (Ev.-luth. Kirchenagende Band I, S. 21)

Inhalt des Weihnachtsfestes ist die Geburt Jesu, die Menschwerdung Gottes, die Fleischwerdung (Inkarnation) des göttlichen Wortes (Logos).

Weihnachten gehört zusammen mit Ostern, Christi Himmelfahrt und Pfingsten zu den höchsten Festen der Christenheit.
Der Weihnachtstag am 25. Dezember ist der höchste Festtag des Weihnachtsfestkreises, der mit der adventlichen Vorbereitungszeit (Bußzeit) beginnt und – je nach Tradition - am 6. Januar mit dem Fest der Erscheinung des Herrn (Epiphanias) oder dem 2. Februar, dem Tag der Darstellung des Herrn (Lichtmess) endet.

Die überlieferte kirchliche Ordnung des Weihnachtsfestes, wie sie sich in der Alten Kirche und im Mittelalter herausgebildet hat, beginnt mit der Vesper am Vorabend (24. Dezember; „Christvesper“), in deren Mitte alle alttestamentlichen Weissagungen und das Evangelium Matthäus 1,1-25 stehen. Das Christfest selbst wird dann am 25. Dezember mit drei eucharistischen Gottesdiensten begangen:
- „In der Nacht“ mit Lukas 2,1-14
- „In der Morgendämmerung" mit Lukas 2,15-20
- „Am Tage“ mit Johannes 1,1-14
Der 26. Dezember gilt eigentlich nur dem Gedenken des Erzmärtyrers (= 1. Märtyrers) Stephanus, wird aber heute auch als sogenannter 2. Weihnachtsfeiertag begangen.

Die Festlegung des Tages der Geburt Jesu Christi am 25. Dezember ist nicht biblisch begründet (ein genaues Geburtsdatum Jesu ist in den Evangelien nicht überliefert.
Als kirchlicher Feiertag ist der 25. Dezember erst seit 336 in Rom belegt. Es kann vermutet werden, dass die Festlegung des 25. Dezember eine Reaktion der römischen Christengemeinde auf das heidnisch-römische Staatfest des „Natale Solis invicti“ (= Geburtsfest des unbesiegten Sonnengottes) war, das ebenfalls (seit 274) am 25.12. begangen wurde.

Die rasche Ausbreitung des Weihnachtsfestes lässt sich vor allem aus der kirchlichen Situation des 4. Jahrhunderts erklären, die durch christologische Streitigkeiten, insbesondere die Abwehr der Irrlehre des Arianismus (Ablehnung der Trinitätslehre; der Vater allein ist Gott) geprägt war.

Weihnachten steht das christologische Bekenntnis im Mittelpunkt, das im Nicänischen Glaubensbekenntnis (das sich gegen die arianischen Irrlehren richtet) so zum Ausdruck gebracht wird: „Wir glauben (…) an den einen Herrn Jesus Christus,
Gottes eingeborenen Sohn,
aus dem Vater geboren vor aller Zeit:
Gott von Gott,
Licht vom Licht,
wahrer Gott vom wahren Gott,
gezeugt, nicht geschaffen,
eines Wesens mit dem Vater;
durch ihn ist alles geschaffen.
Für uns Menschen und zu unserem Heil
ist er vom Himmel gekommen,
hat Fleisch angenommen
durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria
und ist Mensch geworden.“

Weihnachtsbrauchtum
Zur „typisch deutschen Weihnacht“ gehört neben einem geschmückten Christbaum, einer Krippe und Weihnachtsliedern auch die Bescherung, also das gegenseitige sich-Beschenken.
Das „Bescheren“ am Heiligen Abend geht auf den Reformator der Kirche, Martin Luther, zurück. Bis um die Mitte des 16. Jahrhunderts war es aber auch in den lutherisch gewordenen Regionen Deutschlands noch üblich, dass am 6. Dezember der Heilige Nikolaus Geschenke brachte. Nicht zur Freude des Reformators, der 1527 in einer Predigt zum Nikolaustag die Legende um den Bischof von Myra und seine Auftritte als Geschenkebringer als „kyndisch ding" ablehnte.

Luther wollte stattdessen Christus als den gnädigen Geber aller guten Gaben in der Nacht der Christgeburt, dem 24. auf den 25. Dezember an die Stelle der Nikolausfigur rücken. Zunächst ließ er die Nikoläuse als Gabenbringer am 6. Dezember noch gewähren, führte jedoch in seinem wachsenden Familienhaushalt im Schwarzen Kloster zu Wittenberg das „Christkind“ ein, das seine Kinder beschenkte. Fest verwurzelte Traditionen lassen sich allerdings nicht so schnell einfach „abschaffen“. So kann man etwa im Haushaltsbuch der Familie Luther noch aus dem Jahr 1535 nachlesen, dass 135 Nikolausgeschenke an die Kinder und Jahrmarktsgeschenke für das Gesinde gekauft wurden.

Noch bis ins 17. Jahrhundert hinein hielten sich von der römischen Kirche aus dem Heidentum übernommene Bräuche wie karnevalsartige Nikolaus-, Ruprecht und Heilig-Christ-Umzüge.
Aus einem der zahlreichen Tischgespräche im Hause Luther geht hervor, wie Luther jedenfalls seinen Kindern versuchte, das Christkind anstelle der Nikolausfigur nahe zu bringen. So fragt er 1531 kurz vor dem Weihnachtsfest seine Tochter Magdalene: „Lenichen, was wird dir der Heilige Christ beschern?“.

Warum Martin Luther dem Christkind den Vorzug gegenüber dem Nikolaus gab, besingt er in seinem Lied „Gelobet seist du, Jesu Christ“ (ELKG 15) so:
Gelobet seist du, Jesu Christ, dass du Mensch geboren bist von einer Jungfrau, das ist wahr; des freuet sich der Engel Schar. Kyrieleis.
Des ewgen Vaters einig Kind jetzt man in der Krippe findt; in unser armes Fleisch und Blut verkleidet sich das ewig Gut. Kyrieleis.
Den aller Welt Kreis nie beschloss, der liegt in Marien Schoß; er ist ein Kindlein worden klein, der alle Ding erhält allein. Kyrieleis.
Das hat er alles uns getan, sein groß Lieb zu zeigen an. Des freu sich alle Christenheit und dank ihm des in Ewigkeit. Kyrieleis.


Wein
In der SELK darf nach biblischen Grundsätzen zur Feier des Hl. Abendmahles nur Wein (vergorener Traubensaft) verwendet werden.
Üblicherweise (Ausnahmen bestätigen die Regel) wird hierbei Weißwein benutzt. In reformiert-calvinistischer Tradition, nach der Rotwein verwendet wird, soll der rote Wein das Blut Christi nur symbolisch darstellen, da man an die wahre Gegenwart des Blutes Christi in, mit und unter dem Wein nicht glaubt. Daher bevorzugt die luth. Kirche Weißwein, um auch dadurch den Glauben an die →Realpräsenz zum Ausdruck zu bringen.
Bischof Dr. Gerhard Rost (* 20. Januar 1922 in Halle (Saale); † 19. Mai 2003 in Berlin) schreibt in seinem Hirtenbrief vom 29.03.1977, in dem er C.F.W. Walther, Patoraltheologie Seite 168, zitiert:
Vom Wein schreibt Walther: “Ein Mittelding ist es ebenfalls, ob der Wein roter oder weißer, ganz reiner (merum) oder mit Wasser vermischter sei (dergleichen wahrscheinlicherweise der Herr nach landesüblicher Sitte gebraucht hat), wenn es nur ein Trank vom Gewächs des Weinstocks ist, nach Matthäus 26,29“. Man sollte jedoch den Gebrauch von schweren Weinen (Malaga, Portwein), wie ich ihn gelegentlich angetroffen habe, vermeiden.
Gelegentlich taucht auch die Frage auf, ob mangels Wein oder z.B. bei der Kommunion mit sog. trockenen Alkoholikern auch ein anderes Getränk benutzt werden durfte, in erster Linie z.B. ungegorener Traubensaft. Ich meine, daß wir uns auch hier eng an die Einsetzung Jesu Christi halten sollten.
Es kann kein Zweifel bestehen. daß er, wie die Zeitgenossen überhaupt, gegorenen Traubensaft, also Wein, benutzt hat. Es war dies damals auch die einzige Weise, den Traubensaft haltbar zu machen. Ich würde persönlich heute die Praxis, die ich gelegentlich in sowjetischer Kriegsgefangenschaft erlebt habe, nicht wiederholen. Dort wurde bei Abendmahlsfeiern mangels Wein immer wieder Kaffee oder Tee verwendet. Ich glaube, daß wir damit so weit von der Einsetzung Christi entfernt sind, wie es nicht mehr verantwortet werden kann.
Mir ist nachträglich der bedrückende Gedanke gekommen, daß wir uns auf diese Weise das Sakrament. welches uns der Heilige Gott durch seine Gericht entzogen hatte, auf irgendeine Weise quasi erschleichen wollten.
Auch gegen die Verwendung von Traubensaft habe ich erhebliche Bedenken. Wir können dabei nicht mehr gewiß sein, der Einsetzung Christi gemäß zu verfahren. Interessant ist in diesen Zusammenhang. daß die amerikanischen Lutheraner selbst während der Prohibition die Benutzung von Traubensaft abgelehnt haben. Franz Piper schreibt dazu in seiner Christlichen Dogmatik, Band 3, Seite 414, Anm. 1324: “Um nicht ein Moment der Ungewißheit in das Sakrament zu tragen, sollte man sich auch des Gebrauchs des sog. grape juice enthalten, da Zweifel darüber obwalten, ob die genannte Flüssigkeit nach dem Sterilisierungsprozeß noch Gewächs der Weinstocks sei.“
Bei Alkoholikern wird man verschieden verfahren müssen. Es gibt nicht wenige Fälle, wo sie durch ihre Therapiegruppen so eingestellt sind, daß sie ohne Bedenken und ohne negative Folgen an der Kommunion des Kelches teilnehmen. Wo sie aber durch ihre Therapeuten anders eingestellt sind und selbst Bedenken haben, sollte man sie keinesfalls zur Kommunion des Kelches drängen. In diesem Falle kommen als legitime Lösungen die communio sub una [Empfang des Sakramentes nur in der Gestalt des konsekrierten Brotes] und die intinctio [Eintauchen der Hostie in den Kelch]  in Betracht.
Da unter den Verhältnissen unserer Kirche, besonders in der Diaspora, angebrochene Abendmahlselemente oft längere Zeit aufbewahrt werden, hat der Pastor jeweils sorgfältig zu prüfen, ob sie noch einwandfrei genießbar sind.“

Lexikon - V


Vaterunser
→ Gebet
Das Vaterunser ist das Gebet, mit dem Jesus Christus selbst seine Jünger das rechte Beten lehrte. (Mt 6,9–13  und Lk 11,2–4).
Hier: Das Vaterunser in der Feier des Gottesdienstes.
Luthers Intention, die Messe von allen Gebeten und Zusätzen zu reinigen, die den unbiblischen „Messopfergedanken“ zum Inhalt haben, führte zu einer sehr rigiden Eliminierung sämtlicher altkirchlicher Stücke, also aller „priesterlicher Amtsgebete“ aus der Abendmahlsliturgie. Einzig das Vaterunser, das ja ein, bzw. das biblische Gebet schlechthin ist, durfte bleiben.
In der liturgiegeschichtlichen Entwicklung führte diese aber dazu, dass nun das Vaterunser praktisch den Rang eines „priesterlichen Amtsgebetes“ einnahm und die Gemeinde während des Vaterunsers zum Schweigen verurteilt wurde. Sie macht sich das Gebet zwar durch Einstimmen in die Doxologie und das sie beschließende „Amen“ zueigen, betet aber das Gebet der getauften Gläubigen nicht mehr mit. Das Vaterunser ist üblicherweise in der lutherischen Kirche damit zum Privatgebet oder allenfalls noch zum Gebet in Predigt- und Nebengottesdiensten degradiert worden.
Das ist bedauerlich, zumal das Vaterunser im Blick auf die Anrede Gottes als „Vater“ das Exklusivgebet der getauften Christen ist, also derer, die durch Taufe und Glauben Kinder Gottes geworden sind und darum Gott zum Vater haben. Dies ist auch der Grund, warum wir als Christen das Vaterunser nicht zusammen mit Nichtchristen beten sollten, weil diese es nicht „können“! Es gibt ja heutzutage „ökumenische“ Veranstaltungen mit Juden und Angehörigen der Religionen, wie Moslems, Bahais, Hindus usw., bei denen, sicherlich in großer Harmlosigkeit, das Vaterunser gebetet wird. Man sollte sich aber bewusst machen, dass man als Christ hierdurch etwas unzulässig vorwegnimmt oder als unwesentlich beiseite schiebt, was zum Christsein unabdingbar dazugehört: Den Glauben an Jesus Christus als Sohn Gottes und die Taufe auf den Namen des dreieinigen Gottes. Unbeschadet der Harmlosigkeit, mit der solche Veranstaltungen meist wohl durchgeführt werden, heißt das für Christen dennoch, dass sie faktisch ihren Glauben verleugnen.
Um das Vaterunser wieder als Gemeindegebet zurück zu gewinnen, bedarf es keiner großartigen Neuerungen. Man braucht der Gemeinde nur die Hintergründe und Beweggründe mitzuteilen und sie bitten, das Vaterunser im Hauptgottesdienst mitzusprechen bzw. zu singen. Gegebenenfalls gibt man ihr dazu eine Vorlage mit Text und liturgischer Melodie an die Hand.
Um es der Gemeinde praktisch zu ermöglichen, auch die Anrede mitzusprechen und zugleich die Bedeutung des Vaterunsers als „Kinder-Gottes-Gebet“ zum Leuchten zu bringen, kann der Liturg das Vaterunser auch mit dieser oder einer ähnlichen Einladung eröffnen: „Wir heißen Kinder Gottes und sind es. Darum beten wir voll Vertrauen: (folgt: Vaterunser)“
Das Vaterunser, das in Form A den Einsetzungsworten und in Form B der Kommunion vorausgeht, hat aber außer seiner grundsätzlichen Bedeutung als christliches Grundgebet auch eine besondere Relevanz im Zusammenhang der Sakramentsfeier.
Manchmal liest man, das Vaterunser sei an dieser Stelle ein „Tischgebet“. Das ist jedoch missverständlich, das Sakrament zu sehr auf gemeinsames Essen und Trinken reduzierend.
Das Vaterunser ist aber sicherlich, und wenn man den Ausdruck „Tischgebet“ so versteht, wäre er recht verstanden, ein Vorbereitungsgebet für den Empfang bzw. die Feier des Herrenmahles.
Als Vorbereitungsgebet auf den Empfang des Leibes und Blutes Christi kann man das Vaterunser z.B. so interpretieren:
Vater unser im Himmel: Das Abendmahl ist das Mahl der getauften Gläubigen, der Kinder Gottes, die an den Tisch des Vaters geladen werden. Nur die Söhne und Töchter, nicht die Knechte und Mägde genießen dieses Hausrecht.
Geheiligt werde dein Name: Die ganze Feier des Abendmahls ist Eucharistie, Danksagung und Lobpreis, Verherrlichung und Verkündigung des Namens Gottes.
Dein Reich komme: „Sooft wird von diesem Brote essen und aus diesem Kelch trinken, verkündigen wir des Herrn Tod, bis er kommt.“ Dass er wiederkommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten ist unaufgebbarer Bestandteil unseres Glaubens. In der Anamnese beten wir: „Bringe zusammen deine Gemeinde von den Enden der Erde, auf dass wir mit allen Gläubigen das Hochzeitsmahl des Lammes feiern mögen in deinem Reich.“
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden: Unser Heil, unsere Erlösung, unsere Gerechtigkeit, die vor Gott gilt – alles ist Gottes heiliger Wille und nur darum Wirklichkeit, weil Gottes Wille geschieht. Das Wunder der Gegenwart Christi im Sakrament können wir weder machen noch verstehen noch erklären. Gott wollte es und darum ist es so.
Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern: Dies vor allem empfangen wir im Hl. Abendmahl, nämlich Vergebung der Sünden. Und wo Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit.
Aber bevor wir zum Altar kommen, sagt Jesus, sollen wir zu unserem Bruder gehen und uns mit ihm versöhnen, damit wir nicht Versöhnung empfangen und selbst unversöhnlich bleiben.
Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen: Das Sakrament ist Stärkung für Leib und Seele. Es ist Nahrung und Wegzehrung auf einem Weg, auf dem wir versucht und verführt werden können. Es lässt uns in der Gemeinschaft untereinander und mit Christus wachsen und fest werden. Wir empfangen den Leib Christi und erhalten damit Anteil an IHM. Christus in uns ist Schutz und Schirm vor allem Bösen, Stärke und Hilfe zu allem Guten.


Vergebung
→ Versöhnung → Beichte → Abendmahl → Rechtfertigung
Die Pointe des Evangeliums Jesu Christi ist der Zuspruch der Sündenvergebung bei der Lossprechung nach der Beichte: „Dir sind deine Sünden vergeben. Gehe hin im Frieden.“
Die Frage der Schriftgelehrten (Mk 2, 7) „Wer kann Sünden vergeben als Gott allein?“, als Jesus dem Gelähmten die Vergebung der Sünde zuspricht,  ist berechtigt. Vergebung, die alles Alte beseitigt und alles neu werden lässt, kann nur Gott selbst schenken.
1. Warum vergibt Gott?
Gott vergibt uns die Sünde aus Liebe und Barmherzigkeit. Das entspricht seinem allgemeinen Heilswillen: Gott will, „will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“ (1 Tim 2, 4)
Am Kreuz hat Jesus im Blick auf die, deren Sünde ihn ans Kreuz gebracht hat, also auf alle Menschen, gebetet: „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!“ (Lk 23, 34)
2. Was vergibt Gott?
Gott vergibt die → Sünde, die die Menschen von Gott trennt, sodass sie ohne die Vergebung verloren wären und versöhnt die Menschen mit sich selbst.
3. Wie vergibt Gott?
Gott hat die Vergebung „gestiftet“, also die Grundlage für die Sündenvergebung dadurch geschaffen, dass er in Jesus Christus Mensch wurde, unsere Sünde auf sich genommen, an unserer Stelle am Kreuz die Folgen der Sünde und DIE Folge der Sünde, nämlich den (ewigen) Tod erlitten und überwunden hat.
Die „Früchte“ des Kreuzesopfers Jesus Christi, allen voran die Vergebung, wird uns ausgeteilt durch Gottes Wort und die Sakramente. Wort und Sakrament schaffen und schenken den rettenden Glauben, der die Vergebung „ergreifen“ und für mein Leben wirksam machen kann.
Vergebung ist „gratis“, allein aus Gnade, nicht Gottes Gegenleistung für eine Leistung des Menschen. Man kann sich für die Vergebung nicht entscheiden und sie sich nicht verdienen, sondern nur empfangen.
4. Was sind die Folgen der Vergebung?
Leben und Seligkeit für alle, die glauben, was Gottes Wort und seine Verheißungen lehrt.
Wenn wir im Vaterunser beten „…vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“, heißt das, dass Gottes Vergebung für mich keine erneuernde Wirkung entfaltet, wenn ich selbst nicht bereit bin, auch denen zu vergeben, die an mir schuldig geworden sind.
5. Muss ich die Vergebung „fühlen“?
Die Vergebung, die wir von Gott empfangen, ist unabhängig von unserem „Gefühl“. Sie wird uns objektiv durch Gottes Wort geschenkt und zugeeignet. Aber selbstverständlich gehört es zu den Folgen der empfangenen Vergebung, dass man sich dadurch auch befreit, erneuert, erleichtert „fühlt“.
Auch die Vergebung, die man selbst anderen gewährt, kann man oft (und muss man auch) nicht „fühlen“. Insbesondere dann, wenn dem anderen an unserer Vergebung nichts liegt, sie vielleicht sogar zurück weist, ist die Vergebung, die man anderen gewährt, „nur“ ein Glaubensakt, den man allerdings  zu leisten hat. Manchmal, bei besonders schwerer Schuld eines anderen Menschen, kann man vergeben nur dadurch, dass man diese Schuld und allen Schmerz, den diese Schuld bei mir verursacht hat, im Glauben unter Christi Kreuz legt und IHN bittet, dem an mir schuldig gewordenen zu vergeben und mir Frieden zu schenken.


Verstorbene, Gebet für
Die lutherische Kirche betet für Verstorbene
In der Evangelisch-Lutherischen Kirchenagende sind (auf Seite 245/246) Eigentexte für einen „Gedenktag der Entschlafenen“ vorgesehen. Zur Erläuterung heißt es: „Der Gedenktag der Entschlafenen kann am Vorletzten Sonntag des Kirchenjahres begangen werden, sofern in der Gemeinde nicht andere Tage hierfür üblich sind.
Weithin üblich ist es wohl eher, insbesondere der im zurückliegenden Jahr Verstorbenen der Gemeinde am Letzten Sonntag des Kirchenjahres (Ewigkeitssonntag, Sonntag vom Jüngsten Tage) zu gedenken. Unabhängig davon, ob am Vorletzten Sonntag im Kirchenjahr, der weltlich als „Volkstrauertag“ bezeichnet wird oder am Letzten Sonntag im Kirchenjahr, der volkstümlich auch „Totensonntag“ genannt wird, stellt sich jedoch die Frage: Aber wie?
Wo Erinnerungstafeln an die Gefallenen der Kriege in der Kirche oder davor vorhanden sind, werden davor vielleicht Kerzen angezündet oder Kränze abgelegt. Gemeinden mit eigenen Friedhöfen werden dort Gedenkandachten halten.  Die Namen der Verstorbenen werden im Gottesdienst verlesen und vielleicht auch eine passende Liedstrophe gesungen, die der Auferstehungshoffnung Ausdruck verleiht.
Und dann stellt sich die Frage: Darf man eigentlich auch für die Verstorbenen beten?
Auch da hält die Agende Antworten bereit. So ist z.B. auf Seite 419 im Allgemeinen Kirchengebet (Form C 3) unter der Überschrift „Am Gedenktag der Entschlafenen“ folgende Bitte vorgesehen: „Laß unsere Entschlafenen ruhen in deinem Frieden, sei ihnen gnädig am Tage des Gerichts und schenke ihnen die ewige Freude vor deinem Angesicht.“
Für den Himmelfahrtstag finden wir (S. 401) die Gebetsaufforderung  „Für unsere im Glauben Entschlafenen und für uns alle, dass der Herr uns bei seiner Wiederkunft zur ewigen Herrlichkeit erwecke“, zu Pfingsten (S. 403) „Für unsere im Herrn Entschlafenen, dass Gottes Geist sie am Tage Jesu Christi zur ewigen Freude rufe“ und in der österlichen Freudenzeit (S. 400) „Für unsere in Christus Entschlafenen, dass der auferstandene Herr ihre Gräber öffne und sie seine Herrlichkeit schauen lasse.“
Beten für Verstorbene – darf man das überhaupt?
Nicht allen lutherischen Christen ist ganz wohl bei solchen Bitten. Ist das nicht römisch-katholisch? Findet sich im Neuen Testament ein Beleg dafür, dass man für die Verstorbenen beten dürfe oder gar solle? Und hat nicht auch Luther sich dagegen ausgesprochen?
Wenn wir das Apostolische Glaubensbekenntnis sprechen, bekennen wir: „Ich glaube …eine heilige christliche Kirche, die Gemeinde der Heiligen“ (lat. communio sanctorum).
Die Kirche, die communio der Heiligen, also der Getauften, der durch Christus Geheiligten, umfasst die, die vor uns lebten, die mit uns leben und sogar die, die nach uns leben werden. Denn bei Gott ist die Zeit keine Dimension.
Das unzerreißbare Band der Heiligen Taufe verbindet also Lebende und Verstorbene.
Dieses Band ist jedoch kein von Menschen, sondern ein von Jesus Christus geknüpftes.
Im Neuen Testament finden sich keine Hinweise auf die Sitte, für Verstorbene zu beten, allerdings auch kein ausdrückliches Verbot, dies zu tun.
Dass der Verstorbenen -auch im kirchlichen Gebet- schon seit der frühesten Zeit der Kirche gedacht wurde, ist allerdings belegt. In den sog. Apostolischen Konstitutionen aus dem 4. Jahrhundert, die auf der Didache aus dem 1. Jahrhundert beruht, finden wir folgendes Gebet:
„Lasset uns beten für unsere Brüder, welche in Christo ruhen, damit der menschenfreundliche Gott, der die Seele der Dahingeschiedenen aufgenommen hat, ihnen nachlasse jede freiwillige und unfreiwillige Sünde und, gütig und milde geworden, sie versetze in das Land der Frommen, die da ruhen im Schoße Abrahams, Isaaks und Jakobs, mit Allen, die von Anbeginn Gott gefallen und seinen Willen erfüllt haben, allwo kein Schmerz, keine Trauer, kein Seufzen mehr ist.“
Auch über Anlass und Häufigkeit solcher Gebete geben die Apostolischen Konstitutionen Aufschluss: Man solle für die Verstorbenen „den dritten Tag“  feiern, „desgleichen den neunten zur Erinnerung“, den 40. zur Trauer und „endlich den Jahrtag zum Gedächtnis des Verstorbenen selbst“.
Wie wird nun aber sowohl in den aktuellen agendarischen, wie auch schon in den früh- und altkirchlichen Gebeten der Verstorbenen gedacht?
Keinesfalls so, dass der Eindruck entstehen kann, solches Beten könne nach dem irdischen Tod eines Menschen, dessen „rückwirkende Bekehrung“ bewirken oder meinen. Oder in der Meinung, einem unbußwertig und ungläubig gestorbenen Menschen im Nachhinein die Folgen des Gerichtes Gottes abmildern oder ersparen zu können.
Hebr. 9,27 heißt es unmissverständlich, dass es dem Menschen bestimmt sei, „einmal zu sterben, danach aber das Gericht“.
Und in der Gewissheit unseres Glaubens dürfen wir auch mit dem Apostel Paulus (Röm. 8, 39.39) im Blick auf unsere im Glauben Verstorbenen bekennen: „Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.“
Die scharfzüngige Frage, weshalb wir denn dann überhaupt für Verstorbene beten müssten, ist aber nicht nur unseelsorglich, sondern auch unlogisch:
Wir beten auch für Lebende, obwohl wir wissen, was Paulus Römer 8 auch über diese bezeugt. Und wir beten überhaupt, obwohl wir die Verheißung haben, dass unser himmlischer Vater weiß, was wir wirklich brauchen (Matth. 6,32).
„Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden!“
Unsere agendarischen Gebete für die Verstorbenen beinhalten allesamt nichts anderes, als die hoffnungsvolle Bitte, Gott möge die Entschlafenen in Seinem Frieden ruhen lassen, ihnen im Gericht gnädig sein und sie am Jüngsten Tag auferwecken zum ewigen Leben.
Und das alles unter der Überschrift: „Dein Wille geschehe!“
Solches Beten ist himmelweit entfernt von irgendwelchen religiösen Versuchen, durch Gebets- oder sonstigen fromme Werke „ins Jenseits“ hineinzuwirken oder Gottes Urteil über einen Menschen rückwirkend zu beeinflussen.
Solches Beten setzt auch keineswegs die Existenz irgendeines „Zwischenreiches“ (Fegfeuer) voraus, sondern erkennt an, dass ein Mensch in der Sekunde seines irdischen Todes vor Gottes Gericht steht.
Unbiblische religiöse Vorstellungen und Praktiken wie die vom Fegfeuer, Messen und „Ablässe“ für Verstorbene, stellvertretende Taufen für Tote (Praxis bei den Mormonen), stellvertretender Sakramentsempfang für Tote (Praxis bei den Neuapostolischen) usw. lehnt die evangelisch-lutherische Kirche ab.
Fehlt noch Luther. Der Seelsorger Dr. Martin Luther äußert sich zum Gebet für einen konkreten Verstorbenen so: „…so magst du es tun daheim in deiner Kammer, und das einmal oder zwei und laß darnach gut sein. Sprich... und es soll damit getan sein, und laß sie in Gott schlafen; denn bittest du etwas und glaubst, so ists gewiß, dass du erhört bist.“  (WA 10/3, 409)
Oder auch so: „Für die Toten, weil die Schrift nichts davon meldet, halte ich, dass es aus freier Andacht nicht Sünde sei, so oder desgleichen zu bitten...“ (WA 26, 508)
Eben! Und nichts anderes geschieht, wenn wir am Gedenktag der Entschlafenen oder am Ewigkeitssonntag oder auch sonst beten: „Laß unsere Entschlafenen ruhen in deinem Frieden, sei ihnen gnädig am Tage des Gerichts und schenke ihnen die ewige Freude vor deinem Angesicht. Amen.“


Vikar
Von lat. vicarius = Stellvertreter, Statthalter.
In der SELK ist V. die Amtsbezeichnung eines Theologen, der das 1. theol. Examen bestanden hat und durch die Kirchenleitung zur (zweieinhalbjährigen) praktisch-theologischen Ausbildung in das Vikariat (beamtenrechtlich vergleich bar dem Referendariat)  in eine Kirchgemeinde entsandt wird.
Der V. ist dabei einem Pfarrer zugeordnet, der die Funktion des Vikarsvaters, heute: Vikarsmentors, innehat, ihn ausbildet und begleitet.
V.e der SELK werden zu Beginn ihres Vikariates gottesdienstlich in ihren Dienst eingewiesen (Repraesentatio), jedoch nicht ordiniert. Sie werden auf die Hl. Schrift und die Bekenntnis der Kirche verpflichtet.
V.n ist es in der SELK nicht gestattet, die Sakramente zu verwalten, also (außer im Falle der Nottaufe) zu taufen, das Hl. Abendmahl zu verwalten oder die Absolution zu erteilen.
Predigten, die V.e während ihres Vikariates halten, müssen die V.e durch ihre Vikarsmentoren vorab approbieren lassen.
Während des Vikariates absolvieren die V.e mehrere mehrwöchige Kurse am Praktisch-Theologischen Seminar (PTS) der SELK mit Sitz in Bleckmar.

Lexikon - U


Übertritt in die SELK
siehe → Kircheneintritt → auch: Übertrittsvereinbarung


Übertrittsvereinbarung
Zwischen der SELK und einigen Gliedkirchen der EKD (bzw. Landesarbeitsgemeinschaften Christlicher Kirche - ACK -) bestehen sog. Ü.n.
Darin wird geregelt, dass Kirchglieder der Landeskirchen von den bislang für sie zuständigen evang. Pfarrämtern auf dem Weg einer Überweisung in eine Kirchgemeinde der SELK übertreten können, ohne zuvor persönlich beim Standesamt oder Amtsgericht einen Austritt aus der EKD erklären und einem Aufnahmeverfahren in der SELK unterzogen zu werden.
Ü.n bestehen z.B. mit den Ev.-luth. Landeskirchen Hannovers, Braunschweigs, Schaumburg-Lippes, dem Bereich der ACK Baden-Württemberg, der ACK im Freistaat Sachsen, den Kirchen in Mecklenburg-Vorpommern.


Uniert
1. Was bedeutet „uniert“ oder „Union“ im kirchlichen Zusammenhang?
Als Unionen bezeichnet man in Theologie und Kirchengeschichte die teils aus kirchenpolitischen, teils aus staatspolitischen Gründen (oft unter Zwang) verfügten Vereinigungen unterschiedlicher Konfessionskirchen in einer einheitlichen Kirchenorganisation, ohne dass hierbei die theologisch und kirchlich trennenden Unterschiede auch theologisch überwunden wurden.
Zumeist handelt es sich bei Unionen um Vereinigungen zwischen ehemals lutherischen und ehemals reformierten (calvinistischen) Kirchen. Die größte Kirchenunion in Deutschland ist die sog. „Evangelische Kirche in Deutschland“ (EKD) einschließlich ihrer Teilorganisationen wie der → Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD).
Unionen können als reine „Verwaltungsunionen“ bestehen, bei denen die einzelnen Gemeinden ihre jeweiligen Bekenntnisse weiterhin für sich führen, aber darauf verzichten, die dem eigenen Bekenntnis widersprechenden Aussagen der jeweils anderen Konfession förmlich zu verwerfen. Auch Verwaltungsunionen praktizieren selbstverständlich völlige Kirchengemeinschaft (also Kanzel- und Sakramentsgemeinschaft untereinander).
Es gibt aber auch sog. „Bekenntnis- oder Konsensunionen“, bei denen man an die Stelle der bisherigen Bekenntnisse ein neues Kompromissbekenntnis gesetzt hat, in dem die bisher strittigen Aussagen entweder ausgeklammert oder durch einen Minimalkonsens und durch Kompromissformeln ersetzt wurden.
Seit 1973 die sog. „Leuenberger Konkordie“ für die Gliedkirchen der EKD in Kraft trat und deren Aussagen zu einer Reihe von bislang strittigen theologischen Themen als verbindlicher Konsens und über den traditionellen Bekenntnissen stehend angenommen wurden, ist die EKD ihrem Wesen nach eine „Konsensunionskirche“.
Darin finden sich noch Spuren lutherischer und reformierter Traditionen.
Sie ist aber keine lutherische Kirche in konfessioneller Eindeutigkeit und kirchlicher Verbindlichkeit.
2. Beispiel für die Unionisierung einer Bekenntnisaussage
Das lutherische Bekenntnis sagt, dass die Kommunikanten in, mit und unter dem Brot und Wein den wahren Leib und das wahre Blut Jesu Christi zur Vergebung der Sünden, zur Anteilhabe am Leib Christi und zur Stärkung des Glaubens empfangen.
Es sagt weiter, dass Leib und Blut Christi unter Brot und Wein mit dem Mund von allen Kommunikanten empfangen wird, wobei diejenigen, die das Sakrament im Glauben empfangen, dies zum Heil, diejenigen, die es im Unglauben empfangen es sich aber zu geistlichem Schaden nehmen.
Das reformierte Bekenntnis besagt, dass das Abendmahl eines reines Gedächtnis sei, bei dem man nur Brot und Wein empfange. Nach Calvin wird dabei eine spirituelle (geistliche im Gegensatz zur leiblichen) Gegenwart des zur Rechten des Vaters erhöhten Christus angenommen. Die leibliche Gegenwart Christi mit seinem Leib und Blut unter Brot und Wein wird entschieden abgelehnt.
Die Leuenberger Konkordie formuliert eine Kompromissformel, bei der festgehalten wird, dass Christus (auf spirituelle Weise) in der Feier des Abendmahls gegenwärtig sei und diese Gegenwart auch an den Genuss von Brot und Wein gebunden sei.
Die sog. Realpräsenz, also die Gegenwart des wahren Leibes und Blutes Christi, gebunden an die „Materie“ oder die sog. „Realien“ von Brot und Wein, wird jedoch nicht bekannt.
Die Calvinisten mussten sich also von ihren Grundpositionen entfernen und sich bestimmten Aspekten lutherischer Lehre öffnen, die ihre Bekenntnisse noch ausdrücklich verwerfen und ebenso mussten die Lutheraner verfahren.
3. Aus welchen Gründen sind Unionen / unierte Kirchen entstanden?
Im 19. Jahrhundert sind in Deutschland und anderen europäischen Ländern Unionen entstanden, weil man in den Kirchen das Bewusstsein für die Besonderheiten des eigenen Bekenntnisses unter dem Einfluss von Aufklärung, Rationalismus und Liberalismus und im Geist der Romantik weitgehend verloren hatte.
Politisch war vor allem in Preußen die Kirchenunion zwischen reformierter und lutherischer Landeskirche als Ausdruck staatlicher Einheit gewünscht und wurde aufgrund einer königlichen Kabinettsordre (Ministerialgesetz) zwangsweise verfügt.
Ein weitere (staatspolitische) Rolle spielte auch die Gegnerschaft gegenüber der römisch-katholischen Kirche, der man anstelle der in verschiedene Konfessionen zerfallenden nichtrömischen Landeskirchentümer einen „geeinten Protestantismus“ entgegensetzen wollte, um römischen Einfluss in Preußen einzudämmen.
Auch romantisierende Vorstellungen einer geeinten Christenheit trugen bei manchen Unionsbefürwortern unter Christen und Theologen dazu bei, die staatlichen Bemühungen theologisch zu untermauern und innerkirchlich voranzubringen.
4. Wie setzt sich die Unionisierung heute fort?
Die Politik der Unionisierung wird heute nicht mehr staatlicherseits, sondern von Seiten der (protestantischen) Großkirchen betrieben. Sie ist gleichzusetzen mit dem Ziel der Ent-Konfessionalisierung. Die traditionellen kirchlichen Bekenntnisse werden als überholt bezeichnet, die darin enthaltenen Verwerfungen der Gegenlehre als überwunden und nicht mehr treffend und damit die bisherigen konfessionellen Unterschiede als nicht mehr kirchentrennend. Man spricht dann vom Modell „der versöhnten Verschiedenheit“, klammert jedoch die eigentlichen und ursprünglichen Unterscheidungslehren dabei bewusst aus.
Unionisierung ist heute ein Kennzeichen der organisierten Ökumene, wie sie insbesondere vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK-Weltkirchenrat), aber auch von den kirchlichen Weltbünden, hier vor allem vom sog. Lutherischen Weltbund vorangetrieben wird.
Unionisierung bedarf als Grundlage immer einer vorangegangenen Liberalisierung der Theologie, die häufig eine Begleit- und Folgeerscheinung von gesellschaftlicher Liberalisierung ist. Wo klare Positionen, Fundamente und Regeln einer allgemeinen, als Toleranz bezeichneten Beliebigkeit zunehmend weichen, finden Unionisierungsbestrebungen fruchtbaren Nährboden.
Seit dem Zerfall der Sowjetunion, versucht vor allem die EKD in den früheren Sowjetrepubliken (einschließlich der baltischen Staaten und anderer osteuropäischer Staaten wie z.B. Polen oder Weißrussland) die Unionisierung unter den teilweise bis vor kurzer Zeit in Untergrund und Illegalität lebenden lutherischen Christen einzuführen und sie in ihre kirchlichen Strukturen einzubinden.
Hier besteht ein Konflikt zwischen der EKD einerseits und der SELK andererseits, die sich kirchlich und diakonisch um lutherische Gemeinden kümmert, die sich mit der Bitte um theologische Unterstützung an die SELK gewandt und sich von den EKD-geprägten Kirchengebilden losgesagt haben.
Ein Hauptproblem bei der Verhinderung der Unionisierung besteht in der Tatsache, dass die EKD und der LWB aufgrund der größeren finanziellen Mittel die lutherischen Gemeinden im Osten in einen Interessenkonflikt treiben, der für freie Gewissens- und Bekenntnisentscheidungen oftmals keinen Raum lässt.


Ursünde
→ Erbsünde

Lexikon - T


Talar

→ liturgische Gewänder
Von  lat.  tālāris,  talus = Knöchel, bis zu den Knöcheln reichend.
Der T. gehört in der SELK (in schwarzer oder weißer Farbe und verschiedenen Schnitten und Formen) zu den zulässigen gottesdienstlichen Amtsgewändern der Pastoren.


Taufe
Heilsnotwendigkeit der Taufe
Die Taufe ist „notwendig zum Heil“. Dies ist eine sehr starke Aussage des 9. Artikels des Augsburgischen Bekenntnisses, die aber schlicht und einfach Markus 16,16 wiedergibt: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden.“
Immer wieder gibt es Versuche, die Bedeutung, die der Taufe in diesem Vers zugebilligt wird, dadurch zu relativieren, dass auf den zweiten Halbvers verwiesen wird, wo es allein heißt, wer aber nicht glaube, werde verdammt.
Also, so wird dann gleichermaßen messerscharf wie unbiblisch gefolgert, komme es gar nicht auf die Taufe, sondern nur auf den Glauben an; den Verweis auf die Taufe habe Christus sich eigentlich auch schenken können. Doch Christus nennt Glaube und Taufe als Voraussetzungen dafür, selig zu werden, oder besser gesagt: als die Art und Weise, in der einem Menschen das Heil, die Rettung zuteil wird.
Melanchthon, der Verfasser des Augsburgischen Bekenntnisses, schweigt hingegen in diesem Artikel vom Glauben. Damit will er an dieser Stelle das so weit verbreitete Missverständnis vermeiden, wonach der Glaube gleichsam eine menschliche Ergänzung des Handelns Gottes in der Taufe sei oder gar die Taufe nur noch als Ausdruck und Bekenntnis des Glaubens des Täuflings verstanden wird.
Genau hier liegt auch der grundlegende Fehler im Taufverständnis auch heutiger Wiedertäufer, den man – bei allem Bedauern über ihre Behandlung in der Vergangenheit – doch auch heute klar benennen muss: Glauben wird bei ihnen immer wieder verkürzt als menschliche Entscheidung oder als Verstehen wahrgenommen, als Bedingung, die der Mensch zu erfüllen hat, um gerettet zu werden.
Entsprechend wird Kindern die Fähigkeit zu solch einer Entscheidung oder solchem Verstehen abgesprochen – und damit auch die Möglichkeit, die entscheidende Bedingung zu erfüllen, die für den Empfang der Taufe vorausgesetzt werden muss.
Geht man erst einmal von diesem – übrigens sehr neuzeitlichen – Verständnis von Glauben aus, dann ist die Argumentation in sich durchaus stimmig. Doch ihr entscheidender Fehler liegt eben darin, dass sie dem biblischen Verständnis von Glauben nicht gerecht wird, dies aber auch gar nicht weiter bedenkt: Glauben ist gerade nicht menschliche Entscheidung, sondern Ausdruck der Entscheidung Gottes für den Menschen, ist Gabe und Wirkung des Geistes Gottes, ist unendlich mehr als „Entscheidung“ oder „Gefühl“, ist vielmehr seine mäßige Verbindung mit Christus: „Ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. Denn(!) ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen.“ (Galater 3,26+27)
Glauben heißt: durch die Taufe Christus anziehen und in ihm sein. Glauben ist gerade der Ausdruck dessen, dass nicht ich Gott etwas zu bieten habe, sondern dass er alles für mich tut. Und Gott hat nun einmal entschieden, Menschen durch das Bad der Wiedergeburt selig zu machen (Titus 3,5).
Taufe ist Gnadengeschenk Gottes
Im 9. Artikel des Augsburger Bekenntnisses wird Gottes Handeln in der Taufe sehr kurz und knapp skizziert: „dass durch die Taufe die Gnade Gottes dargeboten wird“. Eindeutig wird damit markiert, dass sich in der Taufe – wie überhaupt im Verhältnis des Menschen zu Gott – eine Bewegung von Gott zum Menschen hin und nicht umgekehrt vollzieht. Das Wort „darbieten“ meint dabei in diesem Zusammenhang eben nicht bloß ein unverbindliches oder neutrales Angebot, das den Menschen zur Entscheidung zwingt und insofern sein Mittun erfordert. Sondern das Wort „darbieten“ meint im lateinischen Text so viel wie „schenken“ oder „übereignen“.
Übereignet wird die Gnade Gottes. Was mit der Gnade Gottes gemeint ist, ergibt sich aus dem Zusammenhang des Galaterbriefs und überhaupt der lutherischen Bekenntnisse sehr deutlich: Sie ist eben nicht bloß eine Befähigung des Menschen, nach Gottes Willen leben zu können, sondern die heilvolle Zuwendung Gottes zum Menschen schlechthin. Entsprechend wird man, werden auch schon Kinder in diese Gnade Gottes „aufgenommen“, wie es gleich darauf heißt: „Gnade“ heißt eben so viel wie „in Christus sein“, mit ihm verbunden sein, wie Paulus es in Galater 3,27 formuliert: In der Taufe ziehen wir Christus an und sind dadurch „in Christus“.
Und genau das nehme ich dann dankbar und voll Freude wahr. Mit den Worten Martin Luthers aus dem Großen Katechismus: Mein Glaube macht nicht die Taufe, sondern er empfängt die Taufe. Und dieses Empfangen kann eben auch so aussehen, dass ich im Rückblick darüber staune, was in der Taufe an mir geschehen ist: Mir ist Gottes Gnade, seine Zuwendung zu mir geschenkt worden.
Wenn das klar ist, dann ergibt sich daraus von selbst, dass auch schon Kinder getauft werden sollen. Denn auch Kindern kann man schon etwas schenken, dessen Bedeutung ihnen vielleicht erst später ganz aufgeht und das für sie doch auch schon zuvor entscheidend wichtig ist. Die Entscheidung darüber, ob es richtig ist, Kinder zu taufen, fällt aus lutherischer Sicht nicht in der Beantwortung der Frage, ob schon die Apostel Kinder getauft haben. Es gibt gute historische Gründe dafür, dass sie dies getan haben. Doch entscheidend ist allein, wie wir die Taufe verstehen: Ist sie ein Tun des Menschen, dann sollten wir keine Kinder taufen. Ist sie ein Tun Gottes, dann ist es konsequent, dass wir auch Kinder taufen, damit auch sie Gott überantwortet und sein Eigentum werden. → Kindertaufe
Auswirkungen des biblisch-lutherischen Taufverständnisses auf die Taufpraxis
Weil die Taufe „notwendig zum Heil“ ist, praktiziert die lutherische Kirche die Nottaufe: Wenn kein Pastor mehr herbeigerufen werden kann, hat jeder Christ das Recht, ja die Pflicht, einem anderen Menschen die Heilige Taufe zu spenden, wenn dieser zu sterben droht oder wenn auch auf absehbare Frist nicht zu erkennen ist, dass ein Pastor kommen und die Taufe vollziehen könnte. Genauso haben es in der Zeit der Sowjetunion viele lutherische Großmütter gehalten und praktiziert – Gott sei Dank! Und eben darum lernen in der SELK auch die Konfirmanden, wie man eine Nottaufe vollzieht: In der größten Not reicht es, den Kopf des Täuflings mit Wasser zu begießen und die Taufformel zu sprechen: „N.N. (Name des Täuflings), ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“
Selbst wenn wir nicht in die Lage kommen sollten, selber eine Nottaufe zu vollziehen, tun wir doch gut daran, dort, wo wir die Verantwortung haben, dafür zu sorgen, dass ungetaufte Kinder bald getauft werden. Und wir tun gut daran, auch Menschen in unserem Bekannten- und Freundeskreis auf die Taufe anzusprechen, wenn wir etwa davon hören, dass ein Mensch schwer erkrankt ist, der noch nicht getauft ist. Dass zu der Taufe immer auch die Verkündigung des Evangeliums bzw. die Erziehung im Glauben dazugehört, ist dabei klar.
Taufzulassung
Damit sind wir bei einem weiteren ganz praktischen Punkt: der Taufzulassung. Die Spendung der Taufe setzt voraus, dass der Empfänger nach menschlichem Ermessen etwas von der Taufe erfährt bzw. dazu bereit ist, im Weiteren auch als Getaufter zu leben. Die Spendung der Taufe ist keine kirchliche Nettigkeit, mit der die Kirche einer Familie eine schöne Familienfeier angesichts der Geburt ihres Kindes ermöglicht und diese Feier ein wenig religiös untermalt.
Wo diejenigen, die für die Erziehung des Kindes verantwortlich sind, nicht zu erkennen geben, dass sie es dem Täufling ermöglichen werden, auch weiter in der Gemeinschaft der Kirche leben zu können, darf ein Pastor nicht taufen. Darum gibt es auch die entsprechenden Fragen in der Taufliturgie bei der Taufe von Kindern, die an Eltern und Paten gerichtet werden. Und ebenso setzt die Taufe eines Erwachsenen voraus, dass er um die Grundlagen des christlichen Glaubens weiß und deutlich macht, dass er auch weiter aus der Kraft der Taufe leben will. Darum geht der Taufe von Erwachsenen in unserer Gemeinde ein Taufunterricht voraus, in dessen Verlauf der Pastor sich von der Ernsthaftigkeit des Taufbegehrens überzeugen kann.
Das Patenamt
Erwähnt wurden eben schon die Paten: Ihr Amt ist kein familiärer Ehrendienst, sondern ein kirchliches Amt, das ihnen auch von der Kirche – in den meisten Fällen auf Vorschlag der Eltern oder des Täuflings selber – übertragen wird. Dies sollten auch Eltern immer berücksichtigen, wenn sie Paten für ihre Kinder aussuchen: Kriterium dafür sollte nicht die freundschaftliche oder verwandtschaftliche Verbindung der Paten zu den Eltern des Täuflings sein, sondern einzig und allein, ob dieser Pate oder diese Patin dem Täufling mit dem eigenen Lebensbeispiel Mut macht, als Christ zu leben und bei Christus zu bleiben. Hier klaffen leider Anspruch und Realität in der Praxis oft weit auseinander, und so kann oftmals nur noch im Taufgespräch versucht werden, den Paten etwas von den Aufgaben zu vermitteln, die sie mit der Übernahme des Patenamtes zu erfüllen versprechen.
Melanchthons Anliegen im 9. Artikel des Augsburger Bekenntnisses ist, mit unseren heutigen Worten, ein ausgesprochen „ökumenisches“: Er möchte betonen, dass es Grundlagen gibt, von denen auch Christen verschiedener Konfession gemeinsam ausgehen können. Dieses Anliegen ist hier in Deutschland vor einigen Jahren in der sogenannten „Magdeburger Erklärung“ aufgegriffen worden, in der die „seriösen“ christlichen Kirchen die Gültigkeit der in den jeweils anderen Kirchen gespendeten Taufen wechselseitig anerkennen. Dies schließt allerdings auch die Anerkennung von Taufen ein, die Kindern gespendet werden. Und von daher haben die Nachkommen der Wiedertäufer, die Baptisten und andere Freikirchen, diese Erklärung auch nicht mit unterschreiben können. Auch da schließt sich dann wieder der Kreis zum 9. Artikel.
Artikel 9 des Augsburgischen Bekenntnisses: Von der Taufe
Von der Taufe wird gelehrt, dass sie notwendig ist zum Heil und dass durch die Taufe die Gnade Gottes dargeboten wird und dass man auch die Kinder taufen soll, die durch die Taufe Gott überantwortet und in die Gnade Gottes aufgenommen werden. Deshalb werden die Wiedertäufer verworfen, die lehren, dass die Kindertaufe nicht recht sei, und behaupten, dass die Kinder ohne Taufe gerettet werden.


Taufgedächtnis
1. Tägliches Taufgedenken mit Luthers Morgen- und Abendsegen
Durch unsere Taufe sind wir in einen lebenslangen Kampf mit den Mächten des Bösen gestellt, denen wir in der Taufe entrissen worden sind. In diesem Kampf können wir nicht selber bestehen; doch Christus selber will und wird diesen Kampf für uns durch seine heiligen Engel gewinnen. In Seiner Kraft dürfen wir jeden Morgen (und Abend) unser Taufgelübde wiederholen.
Eine praktische Anleitung für ein zweimal tägliches Taufgedenken gibt Luthers Morgen- und Abendsegen, den er in einer Zugabe zu seinem Kleinen Katechismus der Kirche geschenkt hat:
"Der Morgensegen:
Des Morgens, wenn du aus dem Bette fährst, sollst du dich segnen mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes und sollst sagen:
Das walte Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.
Darauf kniend oder stehend das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser.
Willst du, so kannst du dies Gebet dazu sprechen:
Ich danke dir, mein himmlischer Vater, durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn, dass du mich diese Nacht vor allem Schaden und Gefahr behütet hast; und bitte dich, du wollest mich diesen Tag auch behüten vor Sünden und allem Übel, dass dir all mein Tun und Leben gefalle. denn ich befehle mich, meinen Leib und Seele und alles in deine Hände. Dein heiliger Engel sei mit mir, dass der böse Feind keine Macht an mir finde. Amen. Und alsdann mit Freuden an dein Werk gegangen und etwa ein Lied gesungen oder was deine Andacht gibt.
Der Abendsegen:
Des Abends, wenn du zu Bette gehst, sollst du dich segnen mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes und sollst sagen:
Das walte Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.
Darauf kniend oder stehend das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser.
Willst du, so kannst du dies Gebet dazu sprechen:
Ich danke dir, mein himmlischer Vater, durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn, dass du mich diesen Tag gnädiglich behütet hast; und bitte dich, du wollest mir vergeben alle meine Sünden, wo ich Unrecht getan habe, und mich diese Nacht gnädiglich behüten. Denn ich befehle mich, meinen Leib und Seele und alles in deine Hände. Dein heiliger Engel sei mit mir, dass der böse Feind keine Macht an mir finde. Amen. Und alsdann flugs und fröhlich geschlafen.“
Das Beten des Apostolischen Glaubensbekenntnisses, also des Taufbekenntnisses, ist an sich bereits eine Tauferinnerung. Wer mag, kann auch die sog. Abrenuntiation, die Absage an den Teufel, hinzufügen, die der Täufling bzw. seine Paten und Eltern bei der Taufe als Taufgelübde an seiner Stelle gesprochen haben:
„Ich entsage dem Teufel und all seinem Werk und Wesen und ergebe mich Dir, Du Dreieiniger Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist, im Glauben und Gehorsam Dir treu zu sein bis an mein Ende. Amen."
2. Taufgedächtnis am Tauftag
Am Jahrestag der eigenen Taufe kann man eine kurze Taufgedächtnis-Andacht halten und dazu auch die Taufkerze oder eine andere Kerze entzünden. Folgende Form kann dazu anleiten:
„Im Namen des Vaters und + des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Liedvers: Lasset mich voll Freuden sprechen: Ich bin ein getaufter Christ, der bei menschlichen Gebrechen dennoch ein Kind Gottes ist. Was sind alle Schätze nütze, da ich einen Schatz besitze, der mir alles Heil gebracht und mich ewig selig macht. (ELKG 464, 1)
Ich entsage dem Teufel und all seinem Werk und Wesen und ergebe mich dir, du Dreieiniger Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist, im Glauben und Gehorsam dir treu zu sein bis an mein Ende.
Apostolisches Glaubensbekenntnis
Gebet: Herr, dreieiniger Gott, du hast mich im Sakrament der heiligen Taufe bei einem Namen gerufen und mich zu deinem Kind und Erben gemacht. Ich danke dir für deine unaussprechliche Liebe und bitte dich: Lass mein Leben auch weiter unter der Macht deiner Gnade stehen. Hilf mir, in der Kraft des Heiligen Geistes, aus meiner Taufe zu leben, gegen die Sünde zu streiten, im lebendigen Glauben zu bleiben und fröhlich in deiner Kirche deinen Namen zu preisen. Erfülle an mir, was du mir zugesagt hast, und bewahre mich zum ewigen Leben. Durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn, meinen Herrn und Erlöser. Amen.
So segne und behüte mich, dreieiniger Gott, Vater, Sohn + und Heiliger Geist. Amen.
Liedvers: Nun so soll ein solcher Segen mir ein Trost des Lebens sein; muss ich mich zu Grabe legen, schlaf ich auch auf solchen ein. Ob mir Herz und Augen brechen, soll die Seele dennoch sprechen: Ich bin ein getaufter Christ, der nun ewig selig ist. (ELKG 464, 5)
3. Taufgedächtnis der Gemeinde im Gottesdienst
Zu bestimmten Anlässen ist das Taufgedächtnis auch liturgischer Bestandteil des Gemeindegottesdienstes.
Beispielsweise am 6. Sonntag nach Trinitatis, an dem besonders der Taufe gedacht wird, oder im Rahmen der Feier der Hl. Osternacht. Auch hier besteht das Taufgedächtnis aus der Absage an den Bösen und das Böse (Taufgelübde, Abrenuntiation), dem Apostolischen Glaubensbekenntnis und einem Dankgebet.


Theologiestudium
Wer in der SELK Pfarrer oder Pastoralreferentin werden möchte, muss zuvor ein abgeschlossenes Studium der evangelischen Theologie an der Lutherischen Theologischen Hochschule Oberursel (LThH) und weiteren in- oder ausländischen theologischen Hochschulen bzw. Universitätsfakultäten absolviert haben.
Entscheiden kann man sich zwischen dem Kirchlichen Examen (für den hauptamtlichen Dienst als Pfarrer) oder dem Magisterstudiengang.
Das Grundstudium, in dem zunächst die Sprachen Hebräisch, Griechisch und Latein gelernt und in die verschiedenen Fächer der Theologie eingeführt wird, schließt - frühestens nach dem 5 Semester - mit der Zwischenprüfung ab, die auch Bibelkunde und Grundlagen in Symbolik, Altem und Neuem Testament, Kirchengeschichte, Systematik und Prakt. Theologie umfasst.
Theologiestudierende der SELK absolvieren das Grundstudium in aller Regel an der LThH.
Danach setzen die Studierenden ihr Studium an einer Universität oder auch mit einem Auslandsstudium fort. Neben einer Erweiterung des theologischen Spektrums sollen hier auch Fähigkeiten in nichttheologischen Fächern (Psychologie, Pädagogik, Soziologie etc.) erworben werden. Im Hauptstudium werden die Kenntnisse in den einzelnen Fächern vertieft und vernetzt.
Studierende, die das Examen (Kirchliches Examen der SELK oder Abschlussexamen der LThH) in Oberursel machen wollen, kehren zu einer Studienabschlussphase an die LThH zurück. Vor allem für diese Studierende werden an der LThH Lehrveranstaltungen aus dem Hauptstudium angeboten.
Das Studium kann nach einer Regelstudienzeit von insgesamt 12 Semestern abgeschlossen werden. Abschlussprüfung ist das Erste Theologische Examen (Kirchliches Examen).
Während des Studiums sind Praktika in einer Kirchengemeinde und einer diakonischen Einrichtung oder einem Wirtschaftsbetrieb zu absolvieren.
Auf dem Weg zum Pfarramt folgt als zweite Ausbildungsphase das Vikariat.
Der Magisterstudiengang unterscheidet sich in der ersten Ausbildungsphase nur wenig.


Thelogischer Fernkurs der SELK (TFS)
Für wen ist der Theologische Fernkurs?
Der Kurs wendet sich besonders an Christinnen und Christen, die in ihrer Gemeinde qualifiziert mitarbeiten und sich für diese Aufgabe stärken lassen wollen.
Wenn Sie im Verständnis der Bibel wachsen, in der Bezeugung Ihres Glaubens sprachfähiger werden und Ihre Gaben in der Gemeinde besser einbringen möchten, dann ist dieser Kurs etwas für Sie.
Was wird im Fernkurs angeboten?
Im Rahmen des Theologischen Fernkurses werden verschiedene Angebote gemacht:
Blockseminar
1. TFS-Grundkurs mit den folgenden fünf Modulen:
- Andachten vorbereiten und halten
- Besuchsdienst in der Gemeinde
- Kirchliche Arbeit mit Kindern und Konfirmanden
- Gemeindekreise und ihre Leitung
- Zeugendienst der Christen
2. TFS-Aufbaukurs mit den folgenden drei Modulen:
- Schriftauslegung
- Verstehen und Verständlichmachen von Texten
- Diakonisches Handeln in der Gemeinde
Die einzelnen Module können auch einzeln belegt werden. Die Arbeit findet mit Kursmaterial zu Hause und unter Anleitung eines Tutors/einer Tutorin in Gesprächsgruppen, die sich alle 2-3 Wochen treffen, statt. Einen weiteren Baustein stellen die Praxiseinsätze in der eigenen Gemeinde dar.
3. TFS-Absolvententreffen
Jährlich treffen sich die Absolventinnen und Absolventen des TFS zu einem Fortbildungstreffen, bei dem Kontakte aufgefrischt werden und Wissen vertieft wird.
4. TFS-Blockseminar
Absolvententreffen für diejenigen, die sich nicht dazu entschließen können oder wollen, einen ganzen TFS-Kurs zu belegen oder schon Kurse belegt haben, sich aber zu einem bestimmten Thema zusätzlich schulen zu lassen, findet jährlich ein dreitägiges Blockseminar in Oberursel statt. Zusammen mit mehreren Referenten arbeiten die Teilnehmer an einem bestimmten theologischen Thema.
5. TFS-Tutorentreffen
Auch die Tutorinnen und Tutoren, die die einzelnen Grund- und Aufbaukurse leiten, kommen in regelmäßigen Abständen zusammen, um sich für ihre Arbeit fortbilden zu lassen.
Wer steht hinter dem Kurs?
Der Theologische Fernkurs (TFS) ist ein Angebot der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK).
Pfarrer, Theologinnen und Theologen aus der SELK arbeiten am Fernkurs mit. Der TFS ist als Institut an der Lutherischen Theologischen Hochschule in Oberursel (LThH) beheimatet und wird von der Kirchenleitung der SELK unterstützt.
Interessenten wenden sich an Ihre Gemeindepfarrer, an den Koordinator des TFS oder an die Hochschule. Von dort können auch weitere Informationen sowie Anmeldeformulare angefordert werden.
Was ist noch wissenswert?
Ein Grundkurs umfasst fünf Module, der Aufbaukurs drei Module. Ein Modul dauert in etwa drei Monate.
Die Aufnahmebedingungen in einen TFS-Kurs sind:
- Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche
- Alter ab 20 Jahre
- Abgeschlossene Berufsausbildung, Fachschulreife oder selbstständig erworbene ähnliche Vorkenntnisse
- Einverständnis von Kirchenvorstand und Pfarrer für Praxiseinsätze in der Gemeinde
- Interesse an Theologie und an Gemeindearbeit
Als Teilnahmegebühren fallen für den Grundkurs bei Belegung aller Module 330 Euro an (bei einzelnen Modulen 50-80 Euro/Modul), für den Aufbaukurs 200 Euro (bei einzelnen Modulen 50-80 Euro/Modul). Zuschüsse können von der eigenen Gemeinde und in Härtefällen auch vom TFS erbeten werden.
Wo die Kurse jeweils stattfinden, hängt von den Wohnorten der Teilnehmenden und der Tutoren ab.
www.tfs-selk.de


Todesstrafe
In (West-)Deutschland ist die Todesstrafe seit 1949 abgeschafft. In Berlin erst seit 1951 und in der DDR erst seit 1987. Der Verzicht auf die Todesstrafe ist Bedingung für die Aufnahme eines Landes in die Europäische Union.
Die lutherischen Bekenntnisschriften und „das Schwert“
Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche formulieren: „Von der Polizei (Staatsordnung) und dem weltlichen Regiment wird gelehrt, dass alle Obrigkeit in der Welt und geordnetes Regiment und Gesetze gute Ordnung sind, die von Gott geschaffen und eingesetzt sind, und dass Christen ohne Sünde in Obrigkeit, Fürsten- und Richteramt tätig sein können, nach kaiserlichen und anderen geltenden Rechten Urteile und Recht sprechen, Übeltäter mit dem Schwert bestrafen, rechtmäßig Kriege führen, in ihnen mitstreiten, kaufen und verkaufen, auferlegte Eide leisten, Eigentum haben, eine Ehe eingehen können usw.“ (CA 16)
 Das Augsburgische Bekenntnis (CA) setzt in diesen Aussagen Römer 13,1 und 4 voraus: „Es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, ist sie von Gott angeordnet. (…) denn sie trägt das Schwert nicht umsonst. Sie ist Gottes Dienerin und vollzieht die Strafe an dem, der Böses tut.“
Freilich immer eingeschränkt durch Apostelgeschichte 5,29: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“
Dass Christen auch „ohne Sünde“, also guten Gewissens und im Einklang mit Gottes Wort und Gebot Verbrecher mit dem Schwert bestrafen können, wird im deutschen Text der CA ganz selbstverständlich in einer Reihe mit dem Recht, rechtmäßige Kriege zu führen, Eide zu leisten oder eine Ehe einzugehen behauptet.
Dies zu bestreiten, als unchristlich, als Sünde zu bezeichnen, unterliegt in der CA dem Verdammungsurteil: „Hiermit werden die verdammt, die lehren, dass das oben Angezeigte unchristlich sei.“
Dürfen, ja müssen (zumindest evangelisch-lutherische) Christen also auch für die Todesstrafe sein?
Die Lutherische Kirche – Missourisynode (LCMS), eine Schwesterkirche der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) scheint dies sehr zweifelsfrei so zu sehen. In einer bereits 1967 durch eine gesamtkirchliche Synode in New York beschlossenen Resolution (2-38) heißt es dazu, die LCMS erkläre, dass die Todesstrafe sich im Einklang mit der Heiligen Schrift und dem lutherischen Bekenntnis befinde.
Auch mit der Heiligen Schrift?
Zahlreiche alttestamentliche Stellen legen es nahe, dass die Androhung der Todesstrafe und ggf. auch deren Durchsetzung bei bestimmten Kapitalverbrechen nicht gegen Gottes Wort und Willen sei. (Der alttestamentliche Befund ist bei genauerer Betrachtung allerdings komplexer als man dies gemeinhin annehmen möchte.)
Nun spricht die CA ganz ausdrücklich von den Christen, sodass das Zeugnis des Neuen Testamentes, in dessen Licht Christen das Alte Testament lesen und interpretieren, hier von Gewicht ist.
Das neutestamentliche Zeugnis fällt differenziert aus: Auf der einen Seite belegen zahlreiche Stellen ausdrücklich oder implizit, dass die Obrigkeit und die von ihr ausgehende Gewalt, auch die „Schwertgewalt“ zu den von Gott gesetzten und daher auch von den Christen zu akzeptierenden Ordnungen zählt. Ohne allerdings damit jegliche Obrigkeit pauschal und moralisch als „gut“ oder religiös als „gottwohlgefällig“ zu qualifizieren.
Andererseits macht die neutestamentliche Individualethik, also diejenigen Aussagen, die das Leben des einzelnen Christen in der Nachfolge Jesu ansprechen, deutlich, dass zwischen dem Recht der Obrigkeit und dem Tun und Lassen des Christen zu unterscheiden ist.
Jesus und die Todesstrafe
Im Blick auf das Thema „Todesstrafe“ ist hier insbesondere Joh 8, die Geschichte von Jesus und der Ehebrecherin, in den Blick zu nehmen. Jesus bestreitet hier nicht prinzipiell das geltende Recht, wonach Ehebrecher mit dem Tode zu bestrafen seien. (z.B. 3. Mose 20,10; 5. Mose 22,22). Er fordert die Umstehenden sogar dazu auf, die Steinigung der auf frischer Tat ertappten Ehebrecherin zu vollziehen, knüpft das Recht dazu jedoch an eine entscheidende Bedingung: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.“
Als die Steinigung daraufhin ausbleibt, spricht Jesus sein abschließendes Urteil: „So verdamme ich dich auch nicht; geh hin und sündige hinfort nicht mehr.“
Wenn CA 16 den Christen das Recht einräumt, „ohne Sünde“ z.B. auch als Richter tätig zu sein, auch in einem Rechtssystem, das die Todesstrafe („Schwert“) vorsieht, ist diese Aussage vor dem Hintergrund der neutestamentlichen Individualethik differenziert auszulegen: Christus zeigt auf, dass das Recht, Leben zu geben und Leben zu nehmen, Gottes Recht ist, ein Recht, das Sündlosigkeit voraussetzt, die jedoch kein Mensch für sich in Anspruch nehmen kann. Außer dem einen, wahren Menschen, Jesus Christus selbst. Und der verzichtet auf dieses göttliche Recht, Leben zu nehmen!
Mit anderen Worten: Ein lutherischer Christ, der weiß oder doch wissen sollte, dass er nicht ohne Sünde ist, hat keine biblisch legitimierte Veranlassung, sich für die Beibehaltung oder gar Wiedereinführung der Todesstrafe einzusetzen und ist vielmehr gehalten, sich als christliches Individuum nicht über Christus selbst zu stellen, sondern in der Nachfolge Jesu Christi in seinem Lebens- und Wirkungsbereich dafür einzutreten, dass auch in der weltlichen Rechtsprechung „Milde und Mäßigung“ vorherrschen.
Todesstrafe in der Tradition der Alten Kirche
Sich für „Milde und Mäßigung“ im Strafrecht einzusetzen, hat beispielsweise der Kirchenvater Augustinus (4./5. Jhdt.), ohne dem Staat das Recht zur Todesstrafe grundsätzlich zu bestreiten, den Christen ins Stammbuch geschrieben. Und damit steht er in einer langen Reihe von Theologen der Alten Kirche:
So schreibt der christliche Apologet Minucius Felix im 3. Jahrhundert: „Uns ist es nicht erlaubt, der Tötung eines Menschen beizuwohnen.“ Tertullian (2./3. Jhdt.) schreibt: “Was die Staatsgewalt betrifft, so darf ein Knecht Gottes keine Todesurteile fällen.” Hippolyt von Rom (2./3. Jhdt.) sagt: “Wer die Gewalt über das Schwert hat oder Strafgewalt besitzt, gebe sein Schwert auf oder soll vom Taufunterricht ausgeschlossen werden.“ Ambrosius von Mailand (4. Jhdt.) gesteht denen, die es für ihre Pflicht halten, ein Todesurteil zu fällen, zu, dass sie sich nicht außerhalb der Kirche befänden, erwähnt aber anerkennend, dass diese sich (freiwillig) von der Eucharistie fernhielten.
Das Recht und die Rechte, die die Heilige Schrift dem Staat zubilligt und das ethische Verhalten des einzelnen Christen sind also durchaus nicht einfach ein und dasselbe. Die Bergpredigt eignet sich nicht als „Grundgesetz für die Staatsregierung“. Aber sie gilt jedem einzelnen Christen. Und da sagt Jesus Christus: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: ‚Du sollst deinen Nächsten lieben‘ (3. Mose 19,18) und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel.“ (Mt 5,43-45)
Stellung Roms zur Todesstrafe
In ihren offiziellen Lehräußerungen hat die römisch-katholische Kirche hingegen die Möglichkeit der Todesstrafe nie völlig ausgeschlossen. So heißt es im „Katechismus der katholischen Kirche“(1993): „Der Schutz des Gemeinwohls der Gesellschaft erfordert, dass der Angreifer außerstande gesetzt wird zu schaden. Aus diesem Grund hat die überlieferte Lehre der Kirche die Rechtmäßigkeit ... der gesetzmäßigen öffentlichen Gewalt anerkannt, der Schwere des Verbrechens angemessene Strafen zu verhängen, ohne in schwerwiegendsten Fällen die Todesstrafe auszuschließen.“ (Nr. 2266)
Einschränkend heißt es jedoch weiter: „In neuerer Zeit setzte sich die Einsicht durch, dass solche grausame Handlungen weder für die öffentliche Ordnung notwendig sind noch den legitimen Menschenrechten entsprechen ... Man muss sich für ihre Abschaffung einsetzen.“
(nach Gert Kelter)


Transsubstantiation
Transsubstantiation: (lat.) ‚Veränderung der Substanz‘
Die mittelalterliche römische Kirche (die dies aber bis heute unverändert so vertritt) hat versucht, das Mysterium, das Wunder der wirklichen Gegenwart des Leibes und Blutes Christi im Altarsakrament mit philosophisch-theologischen Definitionen in den Griff zu bekommen. Dabei ging man von der philosophischen Annahme aus, dass alles Existierende eine unsichtbare sog. „Substanz“ habe, die ein „Ding“ im innersten Wesen zu dem macht, was es ist. Zu dieser Substanz träten dann noch mehr oder weniger zufällige Äußerlichkeiten, sogenannte Akzidientien, die ein „Ding“ dann nach Form, Ausdehnung, Gewicht, Geschmack etc. näher bestimmten.
Überträgt man diese Gedanken auf das Abendmahlsbrot, lässt sich sagen: Die Akzidentien des Brotes, also gebackener Teig aus Mehl und Wasser, Dichte, Geruch, Geschmack, äußere Erscheinung etc. bleiben auch nach der Konsekration erhalten. Aber die Konsekration bzw. die Weihekraft des Priesters bewirkt nun eine Verwandlung der ‚Substanz‘ des Brotes in die Substanz des Leibes Christi. Äußerlich scheint das Brot Brot geblieben zu sein. Seiner Substanz nach ist es aber kein Brot mehr, sondern nur noch der Leib Christi. Es hat also eine „Trans-Formation“ der Brotsubstanz in die Leib-Christi-Substanz stattgefunden, was dieser Lehre ihren Namen gab.
Wer etwas Spaß an solchen gedanklichen Spitzfindigkeiten hat, wird wahrscheinlich von dieser Theorie ganz hingerissen sein und womöglich denken: Endlich „verstehe“ ich, wie das Brot der Leib Christi sein kann.
Und das ist genau die Falle: Die Axiome, also die nicht zu hinterfragenden Grundannahmen dieser Theorie (nämlich, dass es so etwas wie Akzidenz und Substanz überhaupt gibt), sind rein menschliche Ideen. Mit ihrer Hilfe soll etwas rational(istisch) erklärt werden, was sich verstandesmäßig nicht erklären lässt, weil es ein Wunder Gottes, ein Mysterium, eine geoffenbarte und zu glaubende Wahrheit ist.
In gewisser Weise ist auch Martin Luther, der eigentlich immer bemüht war, dieses Wunder gerade nicht zu erklären und die Trans-Substantiations-Lehre Roms als unangemessen zurückgewiesen hat, in diese Vernunftfalle getappt und der Faszination der Philosophie erlegen, indem er der Trans-Substantiationslehre die sog. Kon-Substantiationslehre entgegengehalten hat.
Damit wollte er wohl sagen: Wenn es denn so ist, dass jedes „Ding“ sich nach Substanz und Akzidentien unterscheiden lässt, dann ist es doch unserer Vernunft nicht zugänglich, wie es sein kann, dass wir mit dem Brot im Sakrament den wahren Leib Christi empfangen. Wir können daher nur feststellen: Mit (lat. con) dem Brot und seiner Substanz, die substanziell Brot bleibt, empfangen wir zugleich, aber wirklich und wahrhaftig und leiblich den Leib Christi seiner Substanz nach. Diese Konstruktion nennt man daher Kon-Substantiationslehre.
Man wird wohl, ohne sich dafür den Vorwurf der Nestbeschmutzung gefallen lassen zu müssen, sagen dürfen: Der intellektuell schlechtere und weniger befriedigendere Erklärungsversuch Luthers wird dem Wunder des Hl. Abendmahles mindestens ebenso wenig gerecht wie der intellektuell bessere, weil befriedigendere Erklärungsversuch Roms.
Immerhin: Auch lutherische Theologie kann von einer Transformation, einer „Wandlung“ (mutatio) von Brot und Wein in Leib und Blut Christi sprechen (Apol. X,2; XXIV). Dies wird allerdings nicht so verstanden, dass dadurch der physische Charakter von Brot und Wein in der Eucharistie beseitigt wird.
Die trefflichste Aussage hierzu finden wir in Liedversen Johann Francks aus dem Jahre 1649, wo es heißt: „Nein, Vernunft die muss hier weichen, kann dies Wunder nicht erreichen! Ist auch wohl ein Mensch zu finden, der dein Allmacht soll ergründen?“ (vgl. ELKG 157, 3+4)
Den Rest überlassen wir mal schön der Kraft des Wortes und des Geistes.


Trauung
Gott hat den Menschen als Mann und Frau geschaffen (1. Mose 1,27) und sie aneinander gewiesen (1. Mose 2,18ff). Durch seinen Segen haben Mann und Frau Anteil an seinem Schöpfungshandeln (1. Mose 1,28). Mit einem Gebot hat Gott die Ehe geschützt (5. Mose 5,18). Jesus Christus hat die Ausschließlichkeit und Unauflöslichkeit der ehelichen Gemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau bestätigt und bekräftigt (Matthäus 19,6 / Markus 10,9).
In ihrer Hingabe, Liebe und Fürsorge füreinander ist ein Ehepaar in dieser Welt ein Bild für die Beziehung zwischen Christus und der Kirche (Epheser 5,31-33).
 Alles dies schenkt Gott jedem Brautpaar persönlich bei der kirchlichen Trauung, in der die Ehe vor Gott geschlossen wird. Sie hören, was das Wort Gottes von der göttlichen Stiftung und Unauflöslichkeit der Ehe sagt.
Auf das Bekenntnis der Brautleute zueinander und das Versprechen der lebenslangen Treue werden sie getraut und empfangen Gottes Segen.
Die Trauung geschieht in der Regel als öffentliche, gottesdienstliche Handlung, an der die Gemeinde fürbittend teilnimmt. Die Form und das Verständnis der kirchlichen Trauung ist nicht in allen Kirchen gleich. Deshalb gibt es eigentlich keine → „ökumenische Trauung“. Ein konfessionsverschiedenes Paar muss sich immer entscheiden, ob es evangelisch-lutherisch, evangelisch, römisch-katholisch oder von einer anderen christlichen Konfession getraut werden möchte. Ein Geistlicher der anderen Konfession kann dann unter bestimmten Voraussetzungen am Traugottesdienst durch Lesungen, Gebete u. ä. mitwirken.
Als lutherische Christen verstehen wir die christliche Ehe als lebenslange Verbindung eines    Mannes und einer Frau, die eine soziale, leibliche und geistliche Einheit bilden.
Paare, von denen nur ein Partner Christ ist, können in diesem Sinne keine christliche Ehe schließen, wohl aber durch Fürbitte und Segen in einem Gottesdienst begleitet und gestärkt werden.
Auch wenn einer oder beide Partner bereits geschieden sind, kann dem Wunsch nach einer kirchlichen Trauung nicht ohne Weiteres entsprochen werden. Obwohl Gottes Vergebung alle Schuld zwischen ihm und Menschen, die schuldig geworden oder gescheitert sind, restlos tilgt, können diese doch nicht einfach hinter die Realität der ersten vor Gott und in seinem Namen geschlossenen Ehe zurück. Doch Gott bleibt an unserer Seite, auch wenn wir gescheitert sind. Es ist gut, wenn Christen auch nach dem selbstverschuldeten Zerbrechen ihrer Ehe bereit sind, auch eine neue Beziehung nach Gottes Ordnungen zu führen. Deshalb kann bei einer erneuten standesamtlichen Eheschließung Geschiedener kirchlich gehandelt werden, wenn das Zerbrechen der früheren Ehe als Schuld erkannt und darauf die Absolution erteilt wurde.
Es liegt in der seelsorgerlichen Verantwortung des zuständigen Pfarrers, ob das kirchliche Handeln in Form einer Wiedertrauung oder in Form einer Segenshandlung (Schriftlesung, Gebet, Fürbitte und Segensvotum) erfolgt. Für die Entscheidungsfindung des Pfarrers sind die biblischen Grundsätze maßgebend.
Wird eine Ehescheidung als unvermeidlich angesehen, so kann neben der seelsorgerlichen Begleitung durch den Pfarrer die Hilfe eines Mediators eine für alle Beteiligten erträgliche Form der Trennung ermöglichen. Die Bedürfnisse betroffener Kinder sollten dabei an erster Stelle stehen. Mediatoren sind Berater mit einer besonderen Ausbildung. Ihre Aufgabe ist es, in Konfliktfällen ein konstruktives und faires Gespräch der Konfliktpartner miteinander zu ermöglichen und sie dabei zu unterstützen, dass sie gemeinsam eine akzeptable Lösung für ihren Konflikt finden. Der Beistand einer solchen unparteiischen Person ist oft hilfreich.
Kirchenrechtliche Aspekte zur Trauung
Mit Brautleuten, die eine kirchliche Trauung wünschen, führt der Pfarrer ein Traugespräch über das christliche Verständnis der Ehe, die Bedeutung der kirchlichen Trauung und informiert über die Möglichkeit (christlicher) Eheberatung. Er weist sie auch auf die Verantwortung hin, ihre Kinder in der evangelisch-lutherischen Kirche taufen zu lassen.
Durch Abkündigung im Gottesdienst („Aufgebot“) wird die Gemeinde zur Fürbitte für das Brautpaar aufgefordert.
Die Trauung setzt in der Regel voraus, dass mindestens einer der Eheschließenden der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche angehört.
Sie muss versagt werden, wenn
- diesem nach der Ordnung der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche die kirchlichen Rechte aberkannt wurden,
- der andere Partner aus berechtigten Gründen in seiner Kirche keinen Zugang zum Sakrament hat,
- das christliche Verständnis der Ehe abgelehnt wird und
- andere Gründe (siehe unten) sie ausschließen.
Bei konfessionsverschiedenen Ehen ist folgendes zu bedenken:
Der Pfarrer weist aus geistlicher Verantwortung auf mögliche Probleme von konfessionsverschiedenen Ehen hin, weil diese die tiefste Gemeinschaft der Ehegatten im christlichen Glauben belasten oder gar behindern können.
Glieder der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche sollten auf eine Trauung in ihrer Kirche hinwirken.
Respektiert werden aber auch die evangelische oder die römisch-katholische oder die Trauung in einer anderen christlichen Konfession. Das Brautpaar sollte sich bei seinem Pastor rechtzeitig über die Dispensmöglichkeit für den römisch-katholischen Partner unterrichten.
Auch bei einer evangelisch-lutherischen Trauung kann eine nach römisch-katholischem Kirchenrecht gültige christliche Ehe geschlossen werden.
Wünscht der anderskirchliche Partner oder seine Familie die Mitwirkung eines Geistlichen seiner Konfession, so kann der evangelisch-lutherische Pfarrer diese Mitwirkung unter bestimmten Voraussetzungen aus seelsorgerlichem Ermessen zulassen.
Bei der Eheschließung eines Christen mit einem Nichtchristen oder einem Angehörigen einer anderen Religion kann eine kirchliche Trauung nicht erfolgen. Jedoch kann an den Eheleuten im Zusammenhang mit einem Gottesdienst  kirchlich gehandelt werden. Voraussetzung ist ein Gespräch, in dem zu klären ist, dass
- der nichtchristliche Ehepartner dem zustimmt und sich bereit erklärt, die wesentlichen Merkmale des christlichen Eheverständnisses zu achten,
- der nichtchristliche Ehepartner der Taufe und christlichen Erziehung von Kindern zustimmt und
- der evangelisch-lutherische Ehepartner die Möglichkeit hat, seinen Glauben und seine kirchliche Bindung in der Ehe zu leben. Wird die Eheschließung von einer nichtchristlichen Religionsgemeinschaft vollzogen, so ist zu prüfen, ob dies einem Austritt aus der christlichen Kirche gleichkommt.
Bei der Wiederverheiratung Geschiedener gilt folgendes:
Nach der Ordnung Gottes und dem Gebot Christi (Mt 5,32; 19,9 und 1. Kor 7,15) dürfen sich christliche Eheleute nicht scheiden lassen. Heiraten Geschiedene erneut standesamtlich, so kann an ihnen kirchlich gehandelt werden, wenn das Zerbrechen der früheren Ehe als Schuld erkannt und darauf die Absolution erteilt wurde. Es liegt in der seelsorgerlichen Verantwortung des zuständigen Pfarrers, ob das kirchliche Handeln in Form einer Wiedertrauung oder in Form einer Segenshandlung erfolgt. Wenn die Schuldeinsicht fehlt und Gottes Vergebung nicht gesucht wird, ist kirchliches Handeln in keiner Weise möglich.
Trauungs- und Segnungshandlungen an homosexuellen Paaren sind nicht möglich.


Lexikon - S


Sakrament
Von lat. sacramentum = Weihe, Verpflichtung, auch: Fahneneid, Treueid. lat. sacrare = weihen, widmen; heilig machen.
Griech. Bezeichnung = μυστήριον [mysterion] = Geheimnis
Die verbindliche Definition dessen, was ein Sakrament nach lutherischem Verständnis ist, findet sich in der Apologie des Augsburgischen Bekenntnisses (Bekenntnisschrift d. ev.-luth. Kirche), Artikel 13.
Danach sind Sakramente Riten, die ein Gebot Gottes (mandatum Dei) und eine Verheißung der Gnade (promission gratiae) haben. Danach, so die Apologie, seien im strikten Sinne als Sakramente zu bezeichnen: Die Taufe, das Abendmahl und die Absolution (Beichte). (Vere igitur sunt sacramenta baptismus, coena Domini, absolutio quae est sacramentum poenitentiae. BSLK S. 292, 4)
Die Sakramentalität der Beichte bzw. Absolution wird in den Bekenntnisschriften durchweg bezeugt, so z.B. auch im großen Katechismus (BSLK 705/706.74f)
Von der Ordination führt die Apologie weiter aus, dass man auch sie zu den Sakramenten zählen und "Sakrament" nennen möge, wenn man die Priesterweihe vom Dienst des Wortes her verstehe. Denn der Dienst am Wort habe ein Gebot Gottes (mandatum) und eine großartige Verheißung (promissio). (vgl. BSLK S. 293, 18ff-294, 1)
Die Konfirmation und die Krankensalbung („Letzte Ölung“) seien hingegen nicht zu den Sakramenten zu zählen, da sie weder nötig zur Seligkeit seien, noch Gottes Gebot und Befehl hätten.
Auch die Ehe, da sie nicht erst im Neuen Testament eingesetzt worden sei und nur Christen gelte, sondern eine Schöpferordnung, die allen Menschen gelte, sei nicht zu den Sakramenten zu zählen.
Abschließend vertritt die Apologie die Auffassung, es sei unverständig, sich über Zahl der Sakramente zu streiten. Es komme vielmehr darauf an, sich an die Dinge (zu denen dann auch z.B. das Gebet oder das Almosengeben gehören) zu halten, die Gottes Gebot und Verheißungen haben.
Im Großen Katechismus (Kapitel über die Taufe) argumentiert Luther gegen den Einwand der Sakramentsverächter, wie denn ein bisschen Taufwasser der Seele helfen könne: Nicht das Element des Wassers, sondern das Wort und Gebot Gottes mache aus natürlichem Wasser ein „göttlich, himmlisch, heilig und selig Wasser“. In diesem Zusammenhang, jedoch nicht im Sinne einer Sakramentsdefinition, zitiert Luther den Kirchenvater Augustinus, der gesagt hatte: Wenn das Wort zum Element kommt, wird daraus ein Sakrament. (Accedat verbum ad elementum et fit sacramentum. BSLK 694.15-30)
Dieses Zitat wird gelegentlich missverstanden als konkurrierende Sakramentsdefinition zu der der Apologie. Daraus wird dann fehlgefolgert, da z.B. die Absolution ja eines „Elementes“ entbehre, könne sie auch nicht sakramental sein.
Recht verstanden lehrt auch die lutherische Kirche ebenso wie die römisch-katholische Kirche, im Unterschied etwa zu reformierten Kirche, diese Gabe und Wirkung des Sakraments ex opere operato. Also „durch die vollzogene Handlung“ unabhängig von der Einstellung dessen, der es tut, und unabhängig von der Einstellung dessen, an dem und für den es getan wird.
Wenn das Sakrament vollzogen wird, wie Christus es gestiftet hat, dann dürfen wir gewiss sein, dass es gültiges und wirksames Sakrament ist und dabei von uns und unserem Glauben ganz wegschauen.
Von dem Wesen des Sakraments zu unterscheiden ist sein Gebrauch: Die Gabe des Sakraments wirkt nicht Heil und Vergebung der Sünden, wenn ich sie nicht im Glauben empfange. Dennoch wirken die Sakramente auch bei und an denen, die sich nicht im Glauben empfangen. Allerdings dann nicht Heil und Vergebung der Sünden sondern „Unheil“, Verstockung, Verfestigung des Unglaubens, Gericht (wie Paulus z.B. 1 Kor 11, 27ff)


Sakristei
Von lat. sacristia, sacrarium, von sacer "geheiligt"; auch secretarium, von secretus "abgetrennt".
Eine S. ist ein kleinerer oder größerer Raum innerhalb des Kirchgebäudes mit direktem Zugang zum Kirchenraum. Er dient zunächst zur Aufbewahrung der liturgischen Gewänder, der Altargeräte (für die Feier des Hl. Abendmahles, der Taufe usw.), der Altar- und Kanzelbehänge (Paramente), Kerzen Hostien, liturgischen Bücher etc. und der praktischen Vorbereitung und Nachbereitung der Gottesdienste.
Im frühen Mittelalter erhalten die Sakristeien häufig einen kapellenartigen Charakter und werden als Orte des Tabernakels (Schrank zur Aufbewahrung der konsekrierten Hostien) sowie der Heiligen-Reliquien.
Die S. ist auch der Raum, indem der Pastor (und die weiteren Liturgen) sich geistlich durch Gebet auf den Gottesdienst vorbereiten. (Sakristeigebet)
In der SELK ist die S., die auch in kleinem Zuschnitt oft Kapellencharakter hat (mit Sakristeialtar, Knie- oder Betbank, Kruzifix, Kerzen), der Ort für die Einzelbeichte und die Anmeldung zum Hl. Abendmahl vor Beginn der Gottesdienste.


Sanctus
Das Sanctus (lat. heilig), der Gesang des „Dreimalheilig“ folgt in der luth. Abendmahlsfeier auf das Große Dankgebet, die Präfation. Diese mündet ein in den Aufruf, unseren irdischen Anbetungsgesang mit dem der Engel und Heiligen, der Evangelisten, Apostel und aller, die uns im Glauben vorangegangen sind, zu vereinen.
Das Sanctus besteht aus zwei Teilen, die beide der Hl. Schrift entnommen sind:
Einmal aus dem Lobgesang der Engel, den der Prophet Jesaja in seiner Berufungsvision hörte, als er Einblick in den himmlischen Gottesdienst vor Gottes Thron erhielt.( Jesaja 6, 1f )
Dann aus dem Huldigungsruf des Volkes von Jerusalem beim Einzug Jesu am Palmsonntag, der lat. „Benedictus = Gesegnet“ genannt wird.
Jeder Bestandteil wird mit dem „Hosianna in der Höhe“ beschlossen. (Matthäus 21, 9 und parr)
„Hosianna“, hebräisch ‚hosha-na’, ist eigentlich die Übersetzung bzw. Urform des griechischen kurie eleison und heißt ebenfalls „Herr, erbarme dich“ bzw. „Hilf doch, Herr“.
Das Sanctus mit dem Benedictus ist also huldigender Willkommensgruß an den nahenden Herrn. Wilhelm Löhe hat diesen Gedanken besonders eindrücklich in Worte gefasst: „Lobsingend tönen Lieder der Engel ihm voran, es spürt die Erde wieder den Herrn des Lebens nahn.“ (ELKG 476,1)
Ein seelsorglicher Aspekt: Wenn wir einen lieben Angehörigen verloren haben, der sein Leben lang auf dieser Erde in zahllosen Gottesdiensten das „Dreimalheilig“ mit uns gesungen hat, dürfen wir gewiss sein, dass der nun auch -mit uns vereint- im himmlischen Gottesdienst in unseren Sanctus-Gesang mit einstimmt.


Scheibel, Johann Gottfried
Johann Gottfried Scheibel (*16.9.1783 Breslau, †21.3.1843 Nürnberg)
Zusammen mit den Professoren Eduard Huschke und Heinrich Steffens ist J.G. Scheibel ein Kirchenvater der Evangelisch-lutherischen (altlutherischen) Kirche in Preußen und deren Nachfolgerin, der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche.
Scheibel war ein Mann des Wissens, der Wissenschaft. Geboren wurde er am 16.9.1783 als Sohn von Johann Ephraim Scheibel, der Rektor am Elisabethgymnasium in Breslau war. So war das Thema Bildung vorgegeben und Johann Gottfried Scheibel erfüllte die in ihn gesetzten Ansprüche und Hoffnungen. 1801 begann er mit dem Theologiestudium in Halle, wobei er im Nachhinein nicht zu sagen wusste, was er widerwärtiger fand: den krassen Rationalismus einiger Professoren oder das wüste Leben seiner Kommilitonen. Er war auf einem anderen Weg. Er suchte nicht nur Wissen, sondern Gewissheit, er suchte Jesus Christus. Und er fand ihn in der Heiligen Schrift und dem lutherischen Bekenntnis. So war es ein außergewöhnlich frommer junger Professor, der 1811 in seine Heimatstadt zurückkehrte.
Doch dann kam das Reformationsjubiläum 1817 und damit der Unionsaufruf des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. Scheibel widersetzte sich und nahm an der unierten Abendmahlsfeier der Universität nicht teil. Ab 1822 begann der Streit um die neue, vom König entworfene und propagierte Agende. Scheibels Beharren auf dem lutherischen Sakramentsglauben kostete ihn seine Karriere. 1830 wurde er suspendiert, 1832 wurde er amtsenthoben und des Landes verwiesen. Breslau verlor damit auch einen geschätzten Prediger, denn er hatte sich als Diakonus an St. Elisabeth eine beachtliche Personalgemeinde gesammelt.
Scheibel ging zunächst nach Dresden und kämpfte mit den Mitteln der Publizistik gegen die Zwangseinführung der Union, während die treuen Lutheraner in Schlesien und Pommern zehn Jahre lang verfolgt wurden. 1838 übte Preußen so viel Druck auf Sachsen aus, dass er nach Bayern ziehen musste. Scheibel starb am 21.3.1843 in Nürnberg.
(nach Dr. Andrea Grünhagen)


Schmalkaldische Artikel
1537, sieben Jahre nach Verfassung des → Augsburger Bekenntnisses (CA) war die kirchlich-politische Lage in Deutschland von folgenden Auseinandersetzungen geprägt: Die Bedrohung der evangelischen Stände von Seiten des Kaisers und der nichtevangelischen war größer geworden, sodass ein evangelisches Verteidigungsbündnis immer notwendiger erschien. Dafür galt es aber zuvor, Einigkeit unter den Evangelischen herzustellen, was jedoch nicht der Fall war. Außerdem stand die Frage im Raum, ob die Evangelischen auf einem möglichen neuen Ökumenischen Konzil einheitlich ihren Glauben würden bekennen können. Zu diesem Zweck beauftragte man Luther mit der Verfassung seiner „Artikel der christlichen Lehre“, die wegen des Versammlungsortes der evangelischen Reichsstände den Namen „Schmalkaldische Artikel“ bekamen und 1537 fertig wurden. Da Luther zu der Zeit auch sehr krank war, schrieb er die Artikel als sein theologisches Testament. Die Fürsten fanden die Artikel jedoch zu polemisch und nahmen ihn als gemeinsames Bekenntnis nicht an. Lediglich die in Schmalkalden anwesenden Theologen bekannten sich zu dem Text. Die Fürsten wiederum beauftragten Melanchthon mit der Verfassung eines neuen Textes, aus dem dann 1537 der „Traktat über die Macht und den Primat des Papstes“ entstand. Beide Texte wurden später mit der Aufnahme in das Konkordienbuch von 1580 zu Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche. Als unsere Bekenntnisse heute zeigen sie uns die Grenzen dessen, was der evangelisch-lutherische und also biblische Glaube noch akzeptieren kann. Besonders die Dreiteilung der Schmalkaldischen Artikel ist sehr hilfreich: es gibt Lehren, die wir mit anderen Christen gemeinsam bekennen; es gibt Lehren, über die keine Verhandlung möglich ist, denn das wäre mit der biblischen Wahrheit nicht vereinbar; und es gibt Themen, über die man miteinander sprechen und über die man Konsense erzielen kann.


Schöpfung
Es ist biblisch-lutherischer Glaube, dass Gott Himmel und Erde, das ganze Universum (griech. den Kosmos), die sichtbare und die unsichtbare Welt (→ Engel) durch sein Wort aus dem Nichts (creatio ex nihilo) erschaffen hat, also der Schöpfer der Welt ist.
Die biblische Schöpfungsgeschichte beschreibt die Erschaffung der Welt (einschließlich des Menschen, der Tiere, der Pflanzen, der Himmelskörper) in 1 Mose 1 und 2 (3).
Gottes Urteil über seine Schöpfung (vor dem Sündenfall, 1 Mose 3) lautet: „Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ (1 Mose 1, 31)
Die im Schöpfungsbericht so bezeichneten sechs Schöpfung- „Tage“ werden definiert durch das sich wiederholende Wort: „Da ward aus Abend und Morgen der (1., 2.,3.,4.,5.,6.) Tag.“
Was ‚Tag‘ und was ‚Nacht‘ im Sinne des bibl. Schöpfungsberichtes sind, wird aus 1 Mose 1, 4-5 deutlich: „Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag“.
Dass es sich bei den Schöpfungstagen nach innerbiblischem Verständnis nicht um heutige 24-Stunden-Tage handeln kann, wird bereits daraus ersichtlich, dass sich unsere 24-Stunden-Tags-Zählung aus dem Vorhandensein der Sonne bzw. der Drehung der Erde um die Sonne innerhalb von 24 Stunden ergibt. Die Sonne (und die anderen Himmelskörper) aber wird dem bibl. Schöpfungsbericht zufolge erst am vierten Tag erschaffen.
Dem bibl. Schöpfungsbericht zufolge erschafft Gott in den sechs Schöpfungsphasen Säugetiere, Vögel, Insekten, Fische und andere Wassertiere usw. als „prototypische Klassen“. Das heißt: Die hypothetische Annahme einer Mikroevolution, wonach sich innerhalb einer biologischen Klasse (Reptilien, Vögel, Säugetiere usw.) durch Anpassung etc. weiter entwickeln, unangepasstere Vertreter aussterben usw., widerspricht nicht per se der Schöpfungstheologie.
Für eine Makroevolution, wonach sich z.B. aus Reptilien Vögel, aus Affen Menschen entwickelt hätten usw., gibt es bislang keine wissenschaftlichen Belege, die Anlass gäben, dem biblischen Schöpfungsbericht zu misstrauen oder ihn völlig neu zu interpretieren.
Eine generelle Übertragung der (Darwin’schen) Evolutionstheorie auf den christlich-biblischen Schöpfer- und Schöpfungsglauben, wonach sich durch Mutation und Selektion der jeweils Stärkere durchsetzt und die Schwächeren verdrängt (eliminiert) wird, muss sich die kritische Frage gefallen lassen, wie man zugleich Befürworter dieser Hypothesen sein kann, die von menschen- und schöpfungsverachtenden Ideologien wie dem Nationalsozialismus, dem Antisemitismus und ihren modernen Nachfolgern, die Selektion kranker Föten durch Abtreibung, (Selbst-)Tötung alten, kranken und behinderten Lebens befürworten, bewusst oder unbewusst ge- und missbraucht werden und zugleich behaupten kann, an den Gott der Liebe zu glauben, der sich von allem Anfang dem Schwachen, Verachteten, Erniedrigten zugewandt hat.
Den Menschen ist von Gott der Auftrag gegeben, die Schöpfung zu bewahren. Bewahrung heißt jedoch nicht, die ursprüngliche Schöpfung völlig unverändert zu lassen. (vgl. 1 Mose 1, 28-30). „Untertan-machen und herrschen“ beinhaltet durchaus Nutzung, Veränderung, Kultivierung und in gewissem Sinne auch „Ausbeutung“.
Vegetarismus und Veganismus sind Einstellungen, die man als Christ vertreten kann und die andere Christen auch respektieren können und sollten, die sich aber in gar keiner Weise auf die Hl. Schrift in dem Sinne berufen können, dass alle Christen Vegetarier oder Veganer zu sein hätten. Im Gegenteil: „Alles, was sich regt und lebt, das sei eure Speise; wie das grüne Kraut habe ich's euch alles gegeben“, sagt Gott 1 Mose 9, 3 und spricht im weiteren Zusammenhang ausdrücklich von tierischem Fleisch.
Zur Schöpfung Gottes, zu Gottes Schöpferordnungen gehören aber auch normative Setzungen, die die Mensch nicht ignorieren und überschreiten darf, ohne damit rechnen zu müssen, dass er sich dafür vor Gott verantworten muss bzw. sich Gottes richtendes Urteil zuzieht. Dazu gehört beispielsweise:
- der unbedingte Schutz des von Gott geschaffenen Lebens, des in- und ausländischen, des gesunden und kranken, behinderten, ungeborenen und sterbenden;
- die von Gott gestiftete Ehe als lebenslange Gemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau;
- der Schutz des Schwächeren gegenüber dem Stärkeren und die wehrhafte Verteidigung des Schwachen gegenüber dem Starken;
- der Schutz der Schöpfung (Natur) gegen quälerische, zerstörende Ausbeutung der wehrlosen Kreatur.
Gott als Schöpfer der sichtbaren und unsichtbaren Welt gedenkt die luth. Kirche gottesdienstlich insbesondere am Erntedanktag (1. Sonntag nach Michaelis = 29.9.) und am Tag des Erzengels Michael und aller Engel (29.9.).


Schriftprinzip
→ Exklusivpartikel


Schwesterkirche
→ Kirchengemeinschaft
Als Schwesterkirchen bezeichnet man in der SELK diejenigen lutherischen Kirchen, mit denen die SELK in Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft (Kirchengemeinschaft) steht.
Kirchglieder aus Schwesterkirchen sind an den Altären der SELK zum Sakrament zugelassen (und umgekehrt). Pastoren aus Schwesterkirchen sind in der SELK berufbar (und umgekehrt).


Seele
Hebr. (meist)  נפש [näfäsch] auch:  רוּחַ [ruach]= eigtl. ‚Atem‘, Geist, Lebensatem; griech. ψυχή [psychä]) auch: πνεῦμα [pneuma] = Geist, Lebensatem
Der einzige Satz des letzten (7.) Abschnittes des Hauptwerkes des Philosophen Ludwig Wittgenstein „Tractatus logico-philosophicus“  lautet: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“
Im Blick auf den Begriff „Seele“ und alle damit zusammen hängenden Fragen müsste man eigentlich in Anlehnung daran formulieren: Wovon die Heilige Schrift nichts Eindeutiges sagt, darüber muss die (lutherische) Theologie schweigen.
Was ist die Seele überhaupt? Ist sie ein getrennt vom Leib oder vom Geist identifizierbarer „Teil“ (vielleicht gar eine Teil-Substanz) des Menschen? Ist sie sterblich oder unsterblich? Wird sie im irdischen Tod vom Leib getrennt und später mit dem Auferstehungsleib wieder vereinigt? Wo befindet sich die Seele nach dem irdischen Sterben bis zur Auferstehung? „Schläft“ sie bis dahin oder befindet sie sich im Totenreich oder als „getaufte Seele“ sofort und unmittelbar in Gottes Hand?
(A) 1. Mose 2, 7 lesen wir: „Da machte Gott der HERR den Menschen aus Erde vom Acker und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen (hebr. näfäsch).“
Der Mensch (ha-adam) hat also keine Seele, sondern ist Seele (lebendiges Wesen).
Von der aus einer Rippe von ha-adam von Gott gemachten Frau wird nicht mehr gesagt, dass auch ihr eigens der „Odem des Lebens eingehaucht“ wurde.
Dies gilt nun aber alles für die beiden ersten Menschen vor dem Sündenfall. Dem Menschen (ha-adam) galt auch, abgeleitet aus 1. Mose 2, 17, dass er nicht des Todes sterben müsse, sofern er nicht vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen esse. „Näfäsch“ ist also ursprünglich nicht sterblich.
Der Begriff „Unsterblichkeit“ hingegen ist als Eigen-Schaft („Besitz“) ein nur Gott zustehendes Prädikat. (z.B. 1 Tim 6, 10)
Das ursprüngliche Nicht-Sterbenmüssen des Menschen (näfäsch) ist nur verliehene. Ebenso gilt dies für die Engel, die –wie der Mensch- von Gott geschaffene Wesen sind. (vgl. Luk 20, 36)
Für die Menschen nach dem Sündenfall gilt aber, dass sie und ihre Nachkommen als Folge des Sündenfalls sterben, wieder zu Erde werden müssen, davon sie genommen sind. (1 Mose 3, 19)
Im Alten Testament liest man die Redewendung, jemand sei „alt und lebenssatt“ gestorben und dann „zu seinen Vätern versammelt“ worden (z.B. 1. Mose 25, 8 von Abraham).
Das kann man sich durchaus ganz plastisch vorstellen: Die Gebeine der Verstorbenen wurden den Gebeinen der „Väter“ in der Familiengruft hinzugefügt.
Andererseits gibt es im AT eine Reihe von Stellen, die von einem „Totenreich“ (sheol) sprechen, in dem sich die „Seelen“ der Toten befinden. „Meine Seele“ (nafsch’i) ist hier allerdings gleichbedeutend mit „ich, mein, mich“ und kann nicht ohne Weiteres als Beleg für die gedachte Existenz eines „Zusatzteils“ im Menschen namens ‚Seele‘ gedeutet werden. (z.B. Ps 30,4; Ps 86, 12-13; Hos 13, 14)
1 Sam 2, 6 („Der HERR tötet und macht lebendig; er führt in den Scheol hinab und wieder herauf.“[EF]) markiert, dass der HERR auch Herr über das Totenreich ist, der Scheol also kein „Ort“ ist, der Gott entzogen wäre.
(B) Auch im Neuen Testament ist an einigen Stellen von einem Toten- oder Schattenreich, einer „Unterwelt“  (griech.  Ἅδης [hades]) die Rede: So zitiert der Apostel Petrus in seiner Pfingstpredigt (Apg 2, 27) Ps 16. 10 („Denn meine Seele wirst du dem Scheol nicht lassen, wirst nicht zugeben, dass dein Frommer die Grube sehe.“ [EF])
1Ptr 3,18-20 wird von Jesus Christus gesagt, er habe „den Geistern im Gefängnis gepredigt“, was in der Tradition als Hinweis auf die im Hades gefangenen, Gericht und Auferstehung harrenden Toten (Seelen) verstanden wird.
Ebenso wie auch die darauf Bezug nehmende Stellen 1Ptr 4,6 und Eph 4,8.
Dass die Verstorbenen bis zur Wiederkunft Christi zum Gericht in irgendeiner Weise „existieren“,  legt auch das Gleichnis Jesu vom „Reichen Mann und armen Lazarus“ (Lk 16, 19-31) nahe.
(C)  Über die Seele, den Verbleib der Seele nach dem irdischen Sterben usw. lässt sich biblisch nur so viel festhalten bzw. ausschließen:
- „Seele“ meint den ganzen lebendigen Menschen aus „Leib, Geist und Seele“, wobei „Seele“ hier den besonderen Aspekt des Menschen als von Gott geschaffenem, einzigartigen unverwechselbaren Menschen, sein Personsein, seine Individualität betont.
- Die Auffassung von einer „unsterblichen Seele“ oder der „Unsterblichkeit der Seele“ ist mit dem Zeugnis der Hl. Schrift über den sterblichen Menschen nach dem Sündenfall nicht in Übereinstimmung zu bringen.
Schon gar nicht, wenn darunter ein „unsterbliches Etwas im Menschen“ verstanden wird, eine Art „göttlicher Funke“, dem Unsterblichkeit anhafte.
Aber auch nicht unter Berufung auf Mt 10, 28 „Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen.“
Denn dieser zum Beweis für eine „Unsterblichkeit der Seele“ gerne zitierte Vers findet seine Fortsetzung: „…fürchtet vielmehr den, der Seele und Leib verderben kann in der Hölle!“ Mit anderen Worten: Dem nicht an Christus glaubenden Menschen bleibt das (selbstgewählte) endgültige Zu-Nichts-Werden, die endgültige Gottesferne, als das Verderben und Sterben der Seele.
- Die Christusgläubigen sind nach dem irdischen Sterben in Gottes Hand geborgen. Wo, wie, auf welche Weise – lässt sich nicht beantworten. Das NT vergleicht diesen Zustand manchmal bildhaft mit einem Schlaf, aus dem er am Jüngsten Tag aufwachen wird (z.B. Joh 11,11; Dan 12,13). Die luth. Frömmigkeit nimmt dieses Bild seelsorglich gerne auf, z.B. ELKG 247, 3 „Der Leib in seim Schlafkämmerlein / gar sanft ohne ein’ge Qual und Pein / ruh bis zum Jüngsten Tage.“
Auch die nicht an Christus Glaubenden sind bis zum Jüngsten Tag „aufbewahrt“ und werden bei der Allgemeinen Auferstehung/Auferweckung am Jüngsten Tag nicht identisch neu geschaffen.
- Die zum Menschsein gehörende Körperlichkeit wird den Christusgläubigen als Auferstehungsleib neu geschenkt (vgl. 1 Kor 15, 44: „Es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib.“)
Über eine Leiblichkeit/Körperlichkeit der Toten bis zum Jüngsten Tag lässt biblisch nichts Gewisses sagen.
- Mit dem Zeugnis der Hl. Schrift nicht vereinbar ist auch die (z.B. von Karl Barth, Eberhard Jüngel, aber auch einigen klassischen Sekten vertretene) sog. „Ganztod-Theologie“, die davon ausgeht, dass der Mensch im irdischen Tod ganz und gar (mit Leib, Geist und Seele) stirbt und bei der Auferstehung ganz und gar neu geschaffen wird, es also nichts gibt, was an Personsein bzw. „Seele“ zwischen irdischem Tod und Auferstehung bleibt.
- Unbiblisch und daher aus luth. Sicht abzulehnen sind auch alle Vorstellungen, die irdische Kirche könne auf irgendeine Weise auf das Ergehen der Verstorbenen einwirken. Dazu gehört auch die Fürbitte für Verstorbene, wenn damit die Meinung verbunden ist, bei Gott dadurch eine „Bekehrung nach dem Gott“ erwirken zu können. Dazu gehört die römische Vorstellung von den Seelen im Fegfeuer (Purgatorium), denen die Kirche durch ihnen zugewandte Gebete, gute Werke, Messopfer, Ablässe usw. die peinigende „Zeit“ an diesem „Reinigungsort“ verkürzen könne und auch alle sog. stellvertretenden Handlungen für Verstorbene, wie die mormonische Totentaufe oder der Empfang der Sakramente durch Lebende für Verstorbene, wie dies die Neuapostolische Kirche praktiziert.


Segen
In der lutherischen Kirche findet im Hauptgottesdienst der ‚Priestersegen’ oder ‚Aaronitische Segen’ Verwendung, wie er 4. Mose 6, 24-26 überliefert wird.
Danach gebot Gott Mose, dem Priester Aaron diesen Segen zu übertragen und dadurch den „Namen Gottes auf die Israeliten zu legen, dass Er sie segne“. ( 4 Mose 6, 27)
Der Aaronitische Segen verbindet auch die Kirche mit dem Volk Israel.
Er ist nicht „trinitarisch“ in dem Sinne, dass er Vater, Sohn und Heiligen Geist ausdrücklich benennt, aber in eigentümlicher Weise „triadisch“, indem er drei unterschiedliche Segnungen Gottes in Worte fasst, die man durchaus den drei Personen der Dreifaltigkeit zuordnen könnte:
Der HERR segne dich und behüte dich: Als der Schöpfer und Erhalter segne dich Gott, der Vater.
Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig: In Jesus Christus hat sich uns der allmächtige Gott gezeigt, wie er von uns gesehen werden will. In Christus blickt uns Gott freundlich, mit „leuchtendem Angesicht“ an. In Christus, dem Sohn, ist Gott uns gnädig.
Der HERR erhebe sein Angesicht über dir und gebe dir Frieden: Der Friede, den der auferstandene Christus uns schenkt, kommt durch den Heiligen Geist in unser Herz und erfüllt uns. Durch die Geistesgabe des Glaubens an Jesus Christus empfangen wir den Frieden, der höher ist, als alle Vernunft und den die Welt nicht geben kann.
Wenn es heißt: „Der HERR segne dich“ und nicht etwa „euch“ (und schon gar nicht „uns“), dann scheint damit der Einzelne gemeint zu sein. Obwohl es richtig ist, dass Gott jeden Einzelnen kennt und meint und auch segnet, geht aus dem Zusammenhang von 4. Mose 6 deutlich hervor, dass hier das Volk (Israel) angesprochen wird und gemeint ist.
Wenn im Gottesdienst der Segen erteilt wird, dann wird der Name Gottes auf Sein Ihm geheiligtes und erlöstes Volk gelegt. Es ist der EINE Leib Christi, dem der Segen Gottes hier gilt, die Gemeinde, die Kirche Christi an ihrem Ort ist.
Dazu wird ein Pastor unter anderem ordiniert, dass er als Hirte in Vollmacht seine „Herde“ im öffentlichen Gottesdienst segnet. Das „Du“ des Segens richtet sich an die Gemeinde.
Eine Mutter oder ein Vater kann ihr Kind segnen. Gültig und wirksam ist dieser Segen. Zweifellos. Ein Christ kann einen anderen Christen segnen. Und wenn er es tut, tut er gut daran.
Aber es hat seine Bedeutung und seine besondere Würde, dass der Pastor die Gemeinde segnet. Das tut er nicht als Privatperson, sondern in Kraft der Vollmacht, die ihm in der Ordination verliehen wird.
Diesen Segen (wie auch den Segen im Zusammenhang des sog. Kanzelsegens oder des abschließenden Segenswortes bei der Kommunion) kann sich der Christ symbolisch zueigen machen, indem er sich während des oder nach dem letzten Satz des Aaronitischen Segens „bekreuzigt“. Das heißt nichts anderes, als: Ich unterstelle mich diesem Segen Gottes mit allen Gaben und Gütern, die damit verbunden sind. Und ich bekenne mich dazu, dass Gottes Segen, nämlich als Erlösung und Befreiung von Sünde, Tod und Teufel im Kreuz Jesu Christi für mich und alle, die an Christus glauben, in Kraft gesetzt wurde.
Mit dem Zeichen des Kreuzes wurden wir alle bei unserer Taufe gesegnet: „Nimm hin das Zeichen des Kreuzes. Du gehörst Christus, dem Gekreuzigten.“
Wer diese uralte christliche Sitte für „typisch römisch“ hält, sollte gelegentlich einmal einen Blick in den Kleinen Katechismus Martin Luthers werfen, in dessen Anhang es bekanntlich im Zusammenhang mit dem Morgen- bzw. Abendsegen heißt: „Des Morgens, wenn du aufstehst, magst du dich segnen mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes und sagen (...)“ bzw. „Des Abends, wenn du zu Bett gehst, magst du dich segnen mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes und sagen (...)“.
Eine „Bekenntnisfrage“ ist das Bekreuzigen, wie auch manche andere gottesdienstliche Gebräuche dennoch freilich nicht. Wer gesegnet wird und den Segen im Glauben annimmt, ist gesegnet, ganz gleich, ob er sich dazu bekreuzigt oder nicht.


Sekte
Sprachlich leitet sich das deutsche Wort Sekte von lat. sequi = jemandem folgen ab. Sekte bedeutet ursprünglich also so viel wie „Gefolgschaft, Schulmeinung, Partei“ in Bezug auf eine Philosophie, weltanschauliche Ideologie oder Religion.
Oft findet man fälschlicherweise als sprachlichen Ursprung auch eine Ableitung von lat. secare = abschneiden bzw. abspalten. Diese nichtzutreffende Ableitung hat u.a. dazu geführt, Sekte umgangssprachlich und unreflektiert vornehmlich quantitativ, also im Sinne von „zahlenmäßig kleine Gruppe“ zu verwenden.
Die Verwendung von Sekte in einem rein quantitativen Sinn und in Bezug auf Religionen oder Kirche(n) ist jedoch sachlich unangemessen und irreführend.
Sachgemäß ist hingegen eine Differenzierung zwischen Sekte im theologischen, soziologischen und umgangssprachlichen Sinne.
1. Sekte im theologischen Sinn
Im NT wird der griech. Begriff hairesis (daraus später „Häresie“ = Irrlehre) als Beschreibung einer religiösen Schulrichtung innerhalb des Judentums wertungsfrei z.B. auf die Pharisäer und Sadduzäer angewandt (Apg. 15.5; Apg 5, 17).
Im negativen Sinne werden aber auch die (alle) Christen aus jüdischer und - darauf basierend - römischer Sicht als hairesis bewertet (z.B. Apg 24,5.14; 28, 22).
Aber auch innerhalb der frühesten Kirche erkennt man, negativ-wertend, Abweichungen von der durch die Apostel überlieferten (= apostolischen) Lehre nicht als Bereicherung, sondern als Problem, das die Einheit der Kirche in der apostolischen Wahrheit gefährdet.
Im theol. Sinn wird aus kirchlicher Sicht der Begriff Sekte nicht auf Heidentum, andere (bzw. die) Religionen oder auf Apostasie (genereller Glaubensabfall) angewandt, sondern auf Gruppen, Gemeinschaften, Organisationen, die den Anspruch erheben, die wahre Lehre der Kirche zu vertreten, aus der Sicht der Kirche jedoch gerade eine oder mehrere falsche Lehren vertreten und als Kennzeichen für Rechtgläubigkeit absolut setzen.
Sekte ist im christl.- theol. Sinne also ein qualitativer Beziehungsbegriff, der eine christliche Gemeinschaft beschreibt, die eine oder mehrere Lehren, die sich aus der Hl. Schrift mehr oder weniger ableiten lassen entweder mit Heilsrelevant so absolut setzt, dass sie ihrerseits keine Gemeinschaft mehr mit der Kirche akzeptieren kann oder Sonderlehren (z.B. aufgrund von Sonder- und Privatoffenbarungen) außerhalb der Hl. Schrift zum Kriterium wahren und reinen christlichen Glaubens erhebt, sodass Gemeinschaft zwischen Kirche und Sekten aufgrund der Lehrdiskrepanz nicht möglich ist.
Da der theol. Sektebegriff als lehrinhaltlich-qualitativ bestimmter Begriff immer ein Beziehungsbegriff ist, ist er als allgemeingültige Definition nur bedingt geeignet: Er wird wechselseitig ausweislich der Übereinstimmung mit oder Abweichung von der eigenen, als rechtgläubig angesehenen Lehre auf das jew. Gegenüber angewandt.
2. Sekte im soziologischen Sinn
Deshalb wird der Begriff Sekte heute eher zurückhaltend und insbesondere im soziologischen Sinne verwendet.
In diesem soziologischen Sinne ist eine Sekte (ungeachtet der konfessionellen, religiösen) Herkunft oder Zugehörigkeit zunächst eine weltanschauliche Gruppe, die dadurch geprägt ist, dass sie z.B.
- ihre Mitglieder in deren gesamten Leben prägt, beeinflusst und auch zeitlich in Anspruch nimmt;
- totalitäre Strukturen aufweist, denen sich die Mitglieder zu unterwerfen haben (Gurus, Leiter, Oberhäupter);
- die gute Innenwelt der Sekte gegenüber der bösen Außenwelt strikt trennt und Kontakte zur Welt außerhalb der Sekte kritisch sieht, diffamiert, verbietet;
- ihren Mitgliedern ein Verlassen der Sekte dadurch mehr oder weniger unmöglich macht, weil diese entweder daraufhin mit Repressalien, Ächtung usw. zu rechnen haben oder aber das gesamte (auch Privat-) Leben eines Mitgliedes so sehr durch die Sekte geprägt wird, dass keine sozialen Kontakte außerhalb der Sekte mehr bestehen und ein Ausstieg nur zum Preis sozialer Isolation zu haben wäre;
- vor der Aufnahme in die Sekte Methoden angewandt werden, die man als „Gehirnwäsche“ bezeichnet und nach einem Ausstieg psychologische oder psychiatrische therapeutische Behandlung erforderlich machen.
3. Sekte im umgangssprachlichen Sinne
Unreflektiert, fast immer auch unsachgemäß und oft diffamierend ist die umgangssprachliche Verwendung des Begriffes Sekte.
Danach ist eine Sekte eine kleinere gegenüber einer größeren oder großen Glaubensgemeinschaft, eine jüngere gegenüber einer älteren.
Diese Definition differenziert weder nach theologisch-inhaltlichen noch nach soziologischen Gesichtspunkten, sondern orientiert sich bei der Bewertung entweder an dem, was in der eigenen („großen“, chronologisch älteren) Glaubensgemeinschaft gilt oder an dem, was die Mehrheitsgesellschaft als „normal“ vorgibt.
Danach wäre z.B. die lutherische Kirche aus der Sicht der röm.-kath. Kirche eine Sekte, weil sie numerisch kleiner als die röm. Kirche und - oberflächlich gesehen - chronologisch erst nach der röm. Kirche entstanden ist.
Danach zählten aber auch alle Christen z.B. in Deutschland zu einer Sekte, die aufgrund ihrer Glaubensüberzeugungen (und zwar quer zu allen Konfessionszugehörigkeiten) bestimmte ethisch-moralische Auffassungen vertreten, die sich (inzwischen) im Vergleich zur gesellschaftlichen Mehrheit in der Minderheit befinden.
4. Konkrete Anwendung: Ist die röm.-kath. Kirche eine Sekte?
Im theol. Sinne ist eine Sekte eine Gemeinschaft, die von der geltenden Glaubenswahrheit erkennbar und deutlich abweicht, sodass kirchl. Gemeinschaft mit der Sekte nicht möglich ist.
Was jew. geltende Glaubenswahrheit ist, entscheidet sich jedoch an den jew. akzeptierten Glaubensquellen und -grundlagen.
Während für die luth. Kirche allein die Hl. Schrift Quelle, Regel und Richtschnur für alle Lehren des Glaubens ist, sind dies für die röm.-kath. Kirche zusätzlich auch die kirchl. Tradition und die pia opinio, die fromme Glaubensüberzeugung der Mehrheit des Kirchenvolkes, die wiederum durch den Papst als letzte Instanz als solche identifiziert wird.
Aus luth. Sicht ist daher die röm.-kath. Kirche im theol. Sinne eine Sekte, mit der keine kirchl. Gemeinschaft möglich ist, weil sie sowohl im Blick auf die grundlegenden Glaubensquellen als auch auf einige daraus abgeleiteten, für die röm. Kirche zentral wichtigen Glaubenslehren von der einzig verbindlichen Lehr- und Glaubensquelle abweicht. Aus luth. Sicht ist die luth. Kirche die legitime Fortsetzung der (römisch-)katholischen (siehe CA!) Kirche des Abendlandes, die (päpstliche) römische Kirche eine Abspaltung (hairesis) davon.
Qualitative oder chronologische Gesichtspunkte spielen bei dieser Bewertung eine untergeordnete Rolle. „Abspaltung“ wird dabei nicht organisatorisch-historisch, sondern lehrinhaltlich verstanden.
Im soziologischen Sinne ist die röm.-kath. Kirche jedoch aus luth. Sicht keine Sekte, da die hierfür genannten Kriterien entweder theoretisch oder faktisch-praktisch nicht zutreffen. Obwohl z.B. die röm.-kath. Kirche in gewissem Sinne totalitäre Strukturen (unfehlbarer Papst, kirchl. Hierarchie usw.) aufweist, ist ihr faktischer sozialer Einfluss auf ihre Mitglieder nur so groß wie dies zulassen.
Ein Verlassen der röm. Kirche ist für ihre Mitglieder jederzeit möglich, ohne dass diese in aller Regel und insbesondere nicht durch die Kirche selbst Repressalien usw. zu befürchten hätten.
Der „Intensivgrad“ der praktizierten Mitgliedschaft in der röm. Kirche steht, wenn auch nicht theoretisch und rechtlich, so doch faktisch, im persönlichen Ermessen des Kirchenmitgliedes.


Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK)
Die SELK ist selbständige Kirche:
„Selbständig“ bedeutet vor allem: Die SELK ist kirchlich eigenständig, hat eine eigene lutherische Kirchenleitung, eigene theologische Ausbildungsstätten, bestimmt –nur an die Hl. Schrift und das Bekenntnis der ev.-luth. Kirche gebunden, selbst, mit welchen Kirchen sie in Kirchengemeinschaft steht.
Sie ist selbständig im Blick auf Theologie und Lehre und braucht keine falschen Rücksichten darauf zu nehmen, was gerade „in“ ist und was die Mehrheit hören möchte.
Sie ist keine Staats- oder Landeskirche (gehört also nicht zur EKD) und finanziert sich, obwohl sie als Körperschaft des öffentlichen Rechtes Kirchensteuern erheben dürfte, nur durch die freiwilligen Kirchenbeiträge ihrer Mitglieder, durch Spenden und Kollekten.
So ist die SELK eine bekenntnisgebundene kirchliche lutherische Alternative zu anonymen protestantischen Großkirchen und bietet die Möglichkeit, mitzuentscheiden und sich aktiv einzubringen.
Die SELK ist evangelische Kirche:
Im Mittelpunkt ihrer Verkündigung steht die Botschaft von der Gnade Gottes, die in Jesus Christus Mensch geworden ist.
Durch den Glauben an Jesus Christus erhält unser Leben Sinn und Orientierung. Vor ihm müssen wir nichts leisten oder darstellen. Seine Liebe, seine Vergebung, sein Frieden sind gratis, umsonst, Geschenk.
Einzige Quelle des Glaubens ist die Bibel, die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testamentes. Von ihr bezeugen wir: Sie ist Gottes unfehlbares Wort an die Menschen.
So ist die SELK eine Alternative zu Beliebigkeit in Glaubensdingen, durch die die Menschen  mit ihrem Suchen und Fragen am Ende doch alleingelassen werden.
Die SELK ist lutherische Kirche:
Sie wurzelt in der Reformation des 16. Jahrhunderts und erkennt die lutherischen Bekenntnisschriften, wie sie im Konkordienbuch von 1580 gesammelt vorliegen, als verbindliche und in der Kirche ausschließlich geltende Auslegung der Heiligen Schrift an.
Die Reformatoren wollten keine neue Kirche gründen, sondern verstanden sich als innerkatholische Reformbewegung.
In diesem ökumenischen Geist versteht sich auch die SELK als „katholische (das heißt wörtlich: zur allgemeinen, weltumspannenden Kirche Christi gehörende) Kirche evangelischen Bekenntnisses.“
So ist die SELK eine Alternative zu Traditionsabbruch und Geschichtsvergessenheit, zur Unverbindlichkeit in Glaubensfragen und ist in Deutschland heute die einzige lutherische Kirche mit dieser klaren Bekenntnisbindung.
Die SELK ist Kirche:
Sie will für sich nichts Besonderes oder Eigenes, sondern sie möchte das Evangelium Jesu Christi allen Menschen so bezeugen, wie es die Hl. Schrift offenbart.
Sie tut dies in Achtung und Respekt vor der 2000-jährigen Tradition der Kirche. Das merkt man auch an der Art Gottesdienst zu feiern.
Die SELK steht für Klarheit in der Lehre, für Einheit in der Wahrheit, für eindeutige biblische Verkündigung, für den Mut, auch gegen den Strom der Zeit zu schwimmen, für „heilige Weltlichkeit und weltliche Heiligkeit“.
So ist die SELK auch eine Alternative zu einem Ökumeneverständnis, das meint, ohne ernsthaftes Ringen um die Wahrheit des Evangeliums auskommen zu können und den Glauben der Vorfahren als überholte Dogmen von gestern bezeichnet.
Wie kann man zur Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche gehören?
• Man muß getauft sein. Wer sich taufen lassen möchte, erhält zuvor in einem Glaubenskurs alle Informationen und wird auch geistlich auf die Taufe vorbereitet.
• Wer getauft ist, aber zu keiner Kirche gehört, nimmt ebenfalls an einem Glaubenskurs teil und wird dann vor dem ersten Gang zum Heiligen Abendmahl konfirmiert und so Glied von Kirche und Gemeinde.
• Wer zu einer anderen Kirche gehört, kann in die SELK übertreten, muß aber zuvor aus seiner bisherigen Kirche austreten. Doppelmitgliedschaften sind nicht möglich. Der Übertritt erfolgt rechtlich nach einer Unterweisung durch den Pfarrer mit einer Übertrittserklärung im Pfarramt und wird geistlich durch den ersten Gang zum Heiligen Abendmahl in Kraft gesetzt.


sola fide
→ Exklusivpartikel


sola scriptura
→ Exklusivpartikel

solus Christus
→ Exklusivpartikel


stellvertretende Genugtuung Christi
→ Sühnetod
Es gehört zum absoluten Grundwissen eines lutherischen Christen, dass er um die Bedeutung des stellvertretenden Kreuzestodes, der stellvertretenden Genugtuung Christi weiß, dass er darum weiß, was für eine Bedeutung dieser Kreuzestod Christi für ihn persönlich, für sein Leben hat.
Das Bildnis des gekreuzigten Christus ist ein Ärgernis, ein „Skandal“, wie es der Apostel Paulus formuliert. Von daher ist es kein Wunder, dass vor einiger Zeit eine evangelische Bischöfin vorgeschlagen hat, das Symbol des Kreuzes als christliches Erkennungszeichen durch das scheinbar „freundlichere“ Bild des Kindes in der Krippe zu ersetzen. Man weiß: Mit dem gekreuzigten Christus trifft man das Herzstück des christlichen Glaubens überhaupt. Was bedeutet es also für uns, dass Christus am Kreuz gestorben ist?
1. Der Kreuzestod Christi war kein Betriebsunfall
Menschlich gesprochen ist die Hinrichtung Jesu am Kreuz aus heutiger Sicht ein Justizskandal: Weil Jesus von sich behauptet, Er sei der Sohn Gottes und spreche in der Vollmacht Gottes, wird Er vom obersten jüdischen Gericht in einer nächtlichen Sitzung zum Tode verurteilt.
Da jüdische Behörden selber jedoch in dem von den Römern besetzten Land keine Todesurteile vollstrecken durften, wurde Jesus dem römischen Statthalter Pontius Pilatus unter dem Vorwurf überstellt, es handele sich bei Jesus um einen politischen Aufrührer. Unter dem Druck einer aufgewiegelten Volksmenge verurteilte Pilatus Jesus daraufhin zum Tode und verhängte mit der Kreuzigung die grausamste Todesstrafe seiner Zeit, die von den Römern vor allem auch zur Abschreckung eingesetzt wurde: Wer ans Kreuz genagelt wurde, starb schließlich einen qualvollen Erstickungstod.
Die Berichte der Evangelien machen jedoch sehr deutlich, dass der Kreuzestod Jesu in Wirklichkeit kein unvorhersehbares Scheitern Jesu war, gegen das dieser sich vergeblich zur Wehr gesetzt hätte. Sie zeigen vielmehr, dass Jesus diesen Weg ans Kreuz ganz bewusst gegangen ist, ja den Tod am Kreuz als den eigentlichen Sinn und das eigentliche Ziel Seines Weges angesehen und gedeutet hat.
Dass Er nach Gottes Willen leiden und sterben muss, betont Jesus ebenso immer wieder wie dies, dass Sein Tod am Kreuz für euch, für die Vielen, das heißt: für alle Menschen, geschieht. Von daher beansprucht Jesus selber, dass Sein Tod noch einmal eine ganz andere Bedeutung, noch einmal eine ganz andere Qualität hat als bloß der Tod eines Märtyrers oder eines unschuldig Verfolgten.
2. Der Kreuzestod Christi war notwendig
Als Jesus am Abend vor Seiner Verhaftung das Heilige Mahl einsetzt und den Jüngern Seinen Leib und Sein Blut austeilen lässt, deutet Er Seinen eigenen bevorstehenden Tod als stellvertretende Lebenshingabe zur Vergebung der Sünden: Er, Jesus Christus, erleidet, was sie, die Jünger, und mit ihnen alle Menschen insgesamt verdient hätten.
So können wir angesichts des gekreuzigten Christus zunächst und vor allem erkennen, in was für einer Situation wir uns als Menschen eigentlich befinden: Wir haben uns alle miteinander von Gott abgewendet, wollen Seinen Anspruch auf unser Leben nicht akzeptieren, leben immer wieder gerade nicht so, wie Gott dies von uns erwartet, hätten es verdient, dass wir am Ende unseres Lebens von Gott getrennt bleiben und uns nur der Ausruf bleibt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Ja, die Schuld unseres Lebens wiegt schwer, und entsprechend nimmt Gott sie auch ernst, verharmlost sie nicht, wischt sie nicht mit einer Handbewegung beiseite. Damit würde Er ja die Verbindlichkeit Seines Anspruchs auf unser Leben in Frage stellen, wenn die Ablehnung dieses Anspruchs keinerlei Konsequenzen hätte.
Nein, Gott straft unsere Abwendung von Ihm, unsere Schuld mit aller Härte – doch dies Strafe trifft nicht uns, sondern Seinen eigenen Sohn Jesus Christus. Der geht im Auftrag Seines Vaters stellvertretend für uns ans Kreuz – Er, der einzige, der wirklich unschuldig war, der im Unterschied zu uns überhaupt nicht hätte sterben müssen.
Er nimmt die Strafe auf sich und erleidet, was wir Menschen alle miteinander verdient haben.
Einfacher ging es nicht; billiger war die Vergebung unserer Schuld nicht zu haben, als eben so, dass in Jesus Christus Gott selbst sich freiwillig für uns opfert. Angesichts des gekreuzigten Christus sollen und dürfen wir also zum einen über die Folgen unserer Abwendung von Gott erschrecken: Wir selber sind mit unserer Schuld der Grund dafür, dass Jesus Christus am Kreuz sterben musste – und nicht etwa bloß irgendwelche anderen Menschen, „die Juden“ etwa, wie dies fatalerweise im Verlauf der Geschichte von Christen immer wieder behauptet worden ist. Zum anderen aber und vor allem sollen und dürfen wir über die Liebe Gottes staunen, der dazu bereit ist, für uns zum Opfer zu werden und den Tod zu erleiden.
3. Der Kreuzestod Christi ist Tat der Liebe Gottes
Dass Jesus Christus stellvertretend für uns am Kreuz die Strafe für unsere Schuld auf sich genommen hat, bedeutet nicht, dass Gott in diesem Geschehen am Kreuz gleichsam nur das „Objekt der Versöhnung“ wäre, also der, der durch den Kreuzestod Jesu versöhnt und besänftigt wird.
Nein, so betont es der Apostel Paulus, „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber.“ (2. Korinther 5,19)
Gott selber ist in dem, was da am Kreuz geschieht, selber die handelnde und treibende Kraft; Seine Liebe ist es, die Ihn dazu bewog, Seinen Sohn zu uns Menschen zu senden und durch Seinen Tod das Verhältnis der Menschen zu Ihm, Gott, wieder in Ordnung zu bringen. Ja, so sagt es Christus selber im wohl wichtigsten Satz der Heiligen Schrift: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass Er Seinen eingeborenen Sohn (in den Tod) gab, damit alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ (Johannes 3,16)
Der Kreuzestod Jesu ist Ausdruck des unbändigen Versöhnungswillens Gottes, Ausdruck Seiner unendlichen Liebe zu uns. Und dieser Versöhnungswille und diese Liebe gilt in der Tat der ganzen Welt, nicht nur einigen ausgewählten Personen, nicht nur einigen ausgewählten Frommen. „Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt“ (Johannes 1,29) – so stellt Johannes der Täufer gleich zu Beginn des Evangeliums Ihn, Christus, vor.
Mit seinem Tod am Kreuz hat Christus unumkehrbar Fakten geschaffen: „Es ist vollbracht!“ (Johannes 19,30)
4. Der Kreuzestod Christi zeigt, wie Gott mit uns Menschen umgeht
Die Kreuzigung Jesu war zweifellos ein schlimmes Verbrechen – und doch hat Gott aus dieser Untat Heil für die Menschen entstehen lassen. Eben dies ist Gottes Art, selbst aus Bösem und Entsetzlichem schließlich doch noch Gutes entstehen zu lassen. Von daher kann uns der Blick auf den Gekreuzigten immer wieder ein Halt und ein Trost sein, wenn wir selber in unserem Leben auch Böses und Entsetzliches erfahren müssen: Gott kann auch aus diesem Bösen noch Gutes schaffen – und Er steht uns in unserer Erfahrung des Bösen zur Seite, hat dieses Böse selber bis in die letzte Konsequenz erlitten, ist solidarisch mit uns geblieben bis in den Tod hinein.
Wenn wir auf den Gekreuzigten schauen, erkennen wir zudem, dass Gott sich uns immer wieder ganz anders zu erkennen gibt, als wir dies von Ihm erwarten würden, ja dass Er uns geradezu „unter der Gestalt des Gegenteils“ erscheint, wie Martin Luther dies formuliert hat: Nicht als der Starke, sondern als der ganz Schwache, eben als gekreuzigter Mensch, nicht als der Große, sondern als der ganz Kleine, der zu uns kommt in einer Hostie und einem Schluck Wein.
Und der Blick auf den Gekreuzigten zeigt uns zugleich, wie Gott Menschen für sich zu gewinnen sucht: nicht mit Gewalt oder Heiligen Kriegen, nicht mit Druck und Zwang, nicht mit Propaganda oder Werbegags, sondern so, dass Er uns Menschen in der scheinbar so machtlosen Gestalt des Gekreuzigten gegenübertritt.
Dieser gekreuzigte Christus lädt ein und bittet, und mit Ihm bitten Seine Botschafter an Christi Statt: „Lasst euch versöhnen mit Gott!“ (2. Korinther 5,20) Das einzige Machtmittel, das Christus und die Botschafter an Seiner Statt haben, ist das Mittel Seines einladenden Wortes, ist Seine unendliche Liebe, mit der Er für uns am Kreuz hängt und um uns wirbt – mit ausgebreiteten Armen.


Stola
Als St. bezeichnet man ein ca. 2,50 Meter langes Stoffband, das als Amtszeichen von Geistlichen während des Gottesdienstes getragen wird. Es kann einfarbig (in der jew. lit. Farbe), mehrfarbig und mit Symbolen und Applikationen reich ausgestaltet sein.
Getragen wir die St. entweder über Talar bzw. Albe oder Chorhemd oder, wenn die vollständige altkirchliche Meßgewandung getragen wird, auf der Albe, also unter der Kasel.
Bei der Ordination eines Pastors wird die St. im Vollzug der Ordinationsliturgie durch den Ordinator dem Ordinanden mit einem Deutewort umgelegt, das die St. als Symbol für das „Joch Christi“ deutet.
Als Amtsinsignie für Lektoren und andere niedere Weihegrade wird die St. (lat. orarium, griech. orarion) im 4. Jhdt. bezeugt. Später (6. Jhdt. bzw. 8./9. Jhdt.) wird sie zum Amtszeichen der Priester und Bischöfe.
In der SELK gehört die St. heute fast überall zur Amtstracht der Pfarrer. Pfarrdiakone tragen eine schräg über die Schultern gelegte Diakonen-St.
Das gleichzeitige Tragen eines Beffchens und der Stola ist in der SELK nicht vorgesehen.


Sühnetod
→ stellvertretende Genugtuung Christi


Sünde
→ Erbsünde → Beichte → Vergebung
Im Hebräischen gibt es verschiedene Begriffe für ‚Sünde‘: taJ'äx; [chata’t] = Zielverfehlung; [v;P, [pescha‘] = Treuebruch, Aufbegehren;! wO [' [‘awon] = Schuld.
Im Griechischen entspricht der Begriff ἁμαρτία [hamartia] dem hebr. [chata’t] = Zielverfehlung.
1. Sünde ist nicht Unmoral
Zu den verbreitetsten Klischees über den christlichen Glauben gehört dieses, dass die Kirche eine Anstalt zur allgemeinen moralischen Aufrüstung sei, in der die Kirchglieder sonntags regelmäßig als „Sünder“ beschimpft werden von älteren Herren, die sich selber für sündlos halten, in Wirklichkeit aber eine merkwürdige Doppelmoral pflegen. „Sünde“ wird in diesem Zusammenhang dabei stets als moralisches Fehlverhalten verstanden, das sich im wesentlichen auf das Gebiet der Sexualität konzentriert, oder aber auch allgemein als Abweichen von völlig verstaubten und überholten Moralvorschriften. In bewusster Absetzung davon wird „Sünde“ dagegen im heutigen Sprachgebrauch als kleine verzeihliche Schwäche verstanden, als harmlose Abweichung von einer Norm, die man nicht allzu ernst zu nehmen braucht: Die Dame, die sich beim Kaffeekränzchen zwei Stücke Sahnetorte zu viel einverleibt hat, erklärt anschließend, sie habe „gesündigt“. Oder man spricht von „Parksündern“, die ihren Wagen für eine Zeitlang im eingeschränkten Halteverbot abgestellt haben. Weiter tragisch ist das alles natürlich nicht, hat erst recht keine Auswirkungen auf unser künftiges Seelenheil, denn „wir sind alle kleine Sünderlein und kommen alle in den Himmel, weil wir so brav sind“, wie es ein Karnevalsschlager besingt.
All dies hat mit dem christlichen Verständnis von Sünde so gut wie gar nichts zu tun: „Sünde“ ist nach dem Verständnis der Heiligen Schrift etwas völlig anderes als Unmoral; „Sünder“ sind nicht unanständige oder schlechte Menschen oder müssen es zumindest nicht sein, und erst recht ist es Unfug, Sex und Sünde gleichzusetzen. Entsprechend ist es auch nicht das Ziel der Verkündigung der Kirche, Menschen zu moralisch anständigen Mitbürgern zu erziehen. Ebenso wenig lässt sich die Sünde nach christlichem Verständnis jedoch mit einem Augenzwinkern abtun; sie ist viel mehr als bloß die Abweichung von irgendwelchen gesellschaftlichen Normen. Sie betrifft alle Menschen gleichermaßen – Pastoren und Gemeindeglieder, Christen und Nichtchristen.
2. Sünde ist Trennung von Gott
„Sünde“ bedeutet nach christlichem Verständnis so viel wie „Absonderung“, „Absonderung von Gott“. Entsprechend ist das Wort „Sünde“ ein Beziehungsbegriff, der die gestörte, ja zerbrochene Beziehung zwischen dem Menschen und Gott beschreibt, den „Sund“, das Meer, das zwischen Gott und dem Menschen liegt, weil sich der Mensch von Gott entfernt hat. Anders ausgedrückt: Sünde ist in ihrem tiefsten Wesen Unglaube, fehlendes Vertrauen auf Gott und Sein Wort. All das, was wir normalerweise als „Sünde“ zu bezeichnen pflegen, also Taten, Worte und Gedanken, die mit Gottes Geboten nicht übereinstimmen, sind von daher letztlich schon Folgen und Konsequenzen aus der eigentlichen Ursünde, der Abwendung von Gott.  Die Geschichte vom Sündenfall in 1. Mose 3 beschreibt sehr schön, wie sich diese Trennung von Gott im Leben der Menschen von Anfang an vollzogen hat und seitdem immer wieder vollzieht: „Sollte Gott gesagt haben?“ – so fragt die Schlange und verführt Eva damit zum Misstrauen gegen Gottes guten Willen und zur Übertretung des göttlichen Gebots. Das ist also die „Ursünde“, dass wir Gott immer wieder nicht zutrauen, dass Er es in seinem Wort, in Seinen Geboten wirklich gut mit uns meint, sondern dass wir glauben, wir wüssten besser als Gott, was richtig und wirklich gut für uns ist. Martin Luther hat denselben Sachverhalt positiv in seiner Erklärung der Zehn Gebote im Kleinen Katechismus dargestellt: „Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir ...“ – so beginnt die Erklärung eines jeden Gebotes. Aus dem Glauben an Gott, daraus, dass wir Ihn an die erste Stelle in unserem Leben setzen, folgt, dass wir Seine Gebote halten. Wo dieser Glaube fehlt, wo wir anderes oder andere als wichtiger ansehen als Gott, folgt dann auch die Übertretung der Gebote.
3. Sünde muss geglaubt werden
Was es wirklich heißt, dass wir von Gott getrennt, dass wir also Sünder sind, das können wir nur sehr begrenzt unserer eigenen Erfahrung entnehmen. Dass ich Sünder bin, bedeutet gerade nicht, dass ich mich schlecht fühle oder Probleme habe. Im Gegenteil kann ich mich blendend fühlen und ein hochanständiger Mensch und trotzdem von Gott getrennt sein. Sünde ist eben etwas ganz anderes als Moral; sie ist auch nicht bloß ein Defizit oder eine Mangelerfahrung. Der Theologe Hans-Joachim Iwand hat dies einmal schön formuliert: „Sünde ist gar keine Störung, sondern eine Befriedigung der menschlichen Natur.“ Wie tief ich von Gott getrennt bin, das kann ich nur dadurch erkennen, dass Gott selbst es mir in Seinem Wort sagt. Er zeigt mir, dass ich bereits getrennt von Gott geboren werde und von mir aus auch keine Möglichkeit habe, diese Trennung zu überbrücken. Er zeigt mir, dass es für uns Menschen auch völlig normal zu sein scheint, von Ihm, Gott, getrennt zu leben, weil wir von uns aus auch gar nichts anderes kennen. Ja, Gott zeigt mir in Seinem Wort, dass der Mensch von sich aus gerade nichts mit Gott zu tun haben will, dass er sich gegen Gott und sein Wort wehrt, bis Gott ihn erreicht und anfängt, ihn in seiner Personmitte, dem Herzen, zu verändern und ihn zu einem neuen Menschen zu machen. Diese abgrundtiefe Trennung von Gott, die zugleich Schicksal und Schuld ist, die der Mensch in seinem eigenen Leben immer wieder selbst vollzieht, nennt die Kirche mit einem Fachausdruck „Erbsünde“ oder „Ursprungssünde“. Sie bringt damit zum Ausdruck: Der Mensch sündigt, weil er ein Sünder ist. Er wird nicht erst dadurch zum Sünder, dass er konkrete Sünden begeht. Und diese Sünde, so zeigt es uns Gott in Seinem Wort, hat schließlich auch Konsequenzen: Wer in seinem Leben von Gott getrennt bleibt, der wird auch nach seinem Tod von Gott getrennt bleiben.
Wenn die Sünde in ihrer Tiefe auch nur im Glauben erkannt werden kann, so lässt sich doch umgekehrt auch festhalten, dass diese christliche Sicht des Menschen sehr viel realitätsnäher ist als all diejenigen Ideologien, die davon ausgehen, dass der Mensch in seinem Kern gut ist oder zumindest zu einem wahrhaft guten Menschen erzogen werden kann. An diesem Grundirrtum ist letztlich auch die kommunistische Ideologie gescheitert. Weil der Mensch von Gott getrennt ist, ist er eben „in sich selbst verkrümmt“, wie Martin Luther dies formuliert, bezieht er alles, was er haben kann, auf sich selber und lässt sich nicht umerziehen zu einem Menschen, dem beispielsweise Egoismus und Habgier fremd sind.
4. Sünde kann vergeben werden
Die Antwort, die der christliche Glaube darauf gibt, dass der Mensch ein Sünder ist, besteht also nicht darin, dass der Mensch versuchen muss, sich zu bessern, oder dass er durch irgendwelche Erziehungsmaßnahmen ein besserer oder gar sündloser Mensch wird. Sondern die Antwort des christlichen Glaubens besteht darin, dass Sünde vergeben werden kann, ja ganz konkret vergeben wird, wo die Kirche tut, was Christus ihr befohlen hat: „Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen.“ Gott selbst bringt die Beziehung zwischen sich und dem Menschen in Ordnung; Er bindet sich selber an das Wort der Vergebung, das uns in der Beichte zugesprochen wird, und verspricht, nie mehr das zur Sprache zu bringen, was dort vergeben worden ist. Weil Gott mir meine Sünden  ganz und gar vergibt, stehe ich in Seinen Augen richtig da, bin „gerecht“, wie es die Heilige Schrift nennt, habe mit Gott wieder Gemeinschaft. Das heißt nicht, dass ich deshalb ein sündloser Mensch wäre. In mir bleibt dieser „alte Mensch“, wie ihn der Apostel Paulus nennt, der weiterhin Gott und Seinem Wort widerstrebt und mit Ihm nichts zu tun haben will. Doch dieses Streben des „alten Menschen“ und das, was daraus erwächst, wird von Gott selber immer wieder durch die Vergebung „zugedeckt“, wie es das Alte Testament formuliert: Gott sieht es nicht mehr als meine Schuld an. Darum bin ich als Christ stets „gerecht und Sünder zugleich“, wie es die lutherische Theologie ausdrückt.
Das heißt: Ich brauche meine Sünde nicht zu leugnen und mich nicht selbst zu rechtfertigen vor Gott: Ich kann und darf zu meiner Sünde, zu meinem Versagen stehen, weil ich weiß: Gott hat es mir doch schon vergeben und vergibt es mir immer wieder. Und das heißt zum andern: Diese Vergebung schenkt mir die Kraft, immer wieder neu an Gott zu glauben und Ihm zu vertrauen. Und sie schenkt mir damit auch die Kraft, gegen diesen „alten Menschen“ in mir anzukämpfen, ihn nicht zum Zug kommen zu lassen und gerade gegen meine „Lieblingssünden“ immer wieder anzugehen. Nein, sündlos werde ich dadurch nie. Aber ich weiß: Ich kann in diesem Kampf vorankommen, und ich werde ihn am Ende auch gewinnen – weil Christus ihn für mich gewinnt durch Seine Vergebung.


Superintendent
Von lat. superintendens, wörtlich „Aufseher“, Lehnübersetzung von griechisch ἐπίσκοπος episkopos = Bischof.
In der Reformationszeit schlossen sich in Deutschland die bisherigen (röm.-kath.) Bischöfe der Reformation weitestgehend nicht an. (Anders in Skandinavien) Luther und die Reformatoren setzten daher sog. Superintendenten als geistliche Oberhirten ein, denen die geistlichen Vollmachten der Bischöfe, insbesondere Visitation, Ordination und Lehraufsicht übertragen wurde. Für die administrativen und kirchenrechtlichen Funktionen der bisherigen Bischöfe sah Luther die Landesherren als „Notbischöfe“ vor.
In der SELK sind die Superintendenten die leitenden Geistlichen ihrer Kirchenbezirke und nehmen darin die klassischen bischöflichen Aufgaben wahr.
Zusammen mit dem Bischof und den Pröpsten bilden sie das Kollegium der Superintendenten, das zu den kirchenleitenden Gremien der SELK gehört.


Symbolik
Symbola (σύμβολα, Singular: Symbolon) waren bei den Griechen Berechtigungs-, Eintritts- oder Erkennungsmarken.
S. bezeichnet die theologische Disziplin, die sich mit der Geschichte und den theol. Inhalten der Glaubens-Symbole, also der Bekenntnisse befasst.
In der SELK bzw. der Lutherischen Theologischen Hochschule Oberursel hat die Symbolik als theol. Disziplin –im Unterschied zu den staatl. theol. Fakultäten- einen hohen Stellenwert. Die Studienordnung der SELK sieht vor, dass die Theologiestudierenden als angehende Pfarrer oder Pastoralreferentinnen der SELK die Bekenntnisse der luth. Kirche kennen und verstehen und in diesem Fach auch entspr. Leistungsnachweise erbringen.


Synode
Von griechisch σύνοδος synodos ‚Versammlung, Treffen‘; wörtl. ‚gemeinsamer Weg‘
In der alten Kirche waren Synoden Bischofsversammlungen. Synoden, die aus Ordinierten und Nichtordinierten zusammengesetzt sind und als oberstes kirchenleitendes Organ parlamentsartig arbeitet, entstanden bereits im 16. Jahrhundert als typisch calvinistisch-reformiertes Phänomen, während dort, wo es im Luthertum schon früh Synoden gab, diese im altkirchlichen Sinne Bischofssynoden waren.
In lutherischen Kirchen entstehen Synoden aus Ordinierten und nichtordinierten Gemeindevertretern erst im 19. Jahrhundert. Zu dieser Zeit in Deutschland nur in den selbständigen lutherischen Kirchen und in den aus diesen hervorgegangenen überseeischen Auswandererkirchen (z.B. „Missouri-Synode“ in den USA).
In den Landeskirchen entstehen Synoden als oberste Leitungsgremien erst nach 1918 mit dem Zerbrechen der „unheiligen Allianz“ zwischen Thron und Altar.
Während die Synoden in den deutschen Landeskirchen sich strukturell erkennbar am weltlichen demokratischen Parlamentarismus orientieren, mehrheitlich aus Nichtordinierten bestehen, teilweise „Fraktionen“ bilden, in Wahlkämpfen um Zustimmung für bestimmte kirchenpolitisch-theologische Richtungen werben (vor allem in Württemberg), auch geistliche und Lehrfragen nach parlamentarischen Mehrheitserfordernissen entscheiden, unterscheiden sich (Kirchenbezirks- und Kirchen-) Synoden der SELK hiervon bewusst und deutlich:
1. Die Synoden in der SELK setzen sich aus 51% ordinierten und 49% nichtordinierten Mitgliedern zusammen: synodale und episkopale Strukturen werden in den Synoden in Entsprechung zu den sonstigen Strukturprinzipien der Kirche abgebildet. (Das bedeutet freilich keineswegs, dass bei Abstimmungen die ordinierten Synodalen deshalb automatisch immer die Stimmenmehrheit  auf sich vereinigten, da die Grenzlinien der Positionen, Meinungen und theologischen Prägungen quer zu der Linie „ordiniert/nichtordiniert“ verläuft.)
2. Während synodale Geschäftsordnungen der SELK in weiten Teilen denen vergleichbarer weltlicher Gremien ähneln oder gleichen, also z.B. für bestimmte Entscheidungen einfache oder Zweidrittelmehrheiten erforderlich sind, gilt grundsätzlich das Prinzip und Desiderat der Einmütigkeit für alle Abstimmungen, Entscheidungen und Beschlüsse. Das heißt: Auch wenn kirchenrechtlich auch knappe Mehrheiten zulässig sind, regeln die entspr. Ordnungen selbst, dass „Einmütigkeit anzustreben“ sei, also ein geistlicher großer Konsens jeder Mehrheitsentscheidung vorzuziehen sei.
3. Obgleich die Kirchensynode der SELK das letztinstanzliche Entscheidungsremium ist, ist es ausgeschlossen, dass die Kirchensynode in Fragen der Lehre, des Gottesdienstes und der kirchlichen Praxis aus sich heraus Beschlüsse fasst. In diesen Fragen hat auch die Kirchensynode nur die Möglichkeit, zu darüber gefassten Beschlüssen des Allgemeinen Pfarrkonventes (APK) „Stellung zu nehmen“ (Grundordnung der SELK  Art. 25.5b).
Sie kann solchen Beschlüssen zustimmen, sie auch ablehnen. Sie muss ihnen auch zustimmen, damit sie bindende Wirkung für die Kirche haben. Aber sie kann in diesen Fragen keine eigenen Beschlüsse ohne den APK fassen.


Synoptiker
Von griech σύνοψις [sýnopsis] aus συν syn- ‚zusammen‘ und ὄψις [ópsis] ‚das Sehen‘.
Unter den ‚Synoptikern‘ versteht man in der Theologie die Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas, deren Evangelien in der ‚Synopsis‘ (=Zusammenschau, dargestellt in drei Spalten, die ähnliche und vergleiche oder identische Textteile nebeneinander stellen und unmittelbar vergleichbar machen) Gemeinsamkeiten aufweisen, die sie insgesamt vom Evangelium nach St. Johannes unterscheiden.
Die Frage, weshalb es unter den Synoptikern zu zahlreichen Gleichartigkeiten kommt, wie die Unterschiede zu erklären sind usw. wird unter Theologen seit dem 18. Jhdt. sehr unterschiedlich bis widersprüchlich beurteilt.
Gibt es zwei jüngere Evangelien, die sich als Quelle eines älteren oder ältesten bedient haben? Sind unterschiedliche Augen- oder Ohrenzeugen für die Unterschiede verantwortlich? Gibt es überhaupt ganz unterschiedliche schriftliche Quellen längst vor der Verschriftlichung unserer heutigen drei synoptischen Evangelien, die unterschiedlichen Einfluss darauf genommen haben (z.B. eine schriftliche Sammlung ureigener Worte Jesu) und die die Übereinstimmungen erklären?
Die neutestamentliche Bibelwissenschaft (Exegetik) versucht seit Jahrhunderten, mit mehr oder weniger (hilfs-)wissenschaftlichen Methoden, diese Fragen zu beantworten.
Vieles bleibt dabei im Bereich der Hypothesen, nicht bewiesen und nicht beweisbar.
Die SELK verschließt sich den sog. historisch-kritischen Methoden, die u.a. auch die synoptischen Fragen beantworten möchte, nicht prinzipiell. Der Methodenkanon wird an der Lutherischen Theologischen Hochschule der SELK gelehrt und vermittelt, damit die Theologen der SELK in der Lage sind, der jew. aktuellen wissenschaftlichen Diskussion kompetent zu folgen und sich ein eigenes Urteil zu bilden.
Gleichwohl besteht in der SELK Konsens darüber, dass die sehr vorläufigen, sich auch immer wieder ändernden Positionen historisch-kritischer Methodik die kirchliche Verkündigung des Evangeliums nicht bestimmen darf. Es gilt der textkritisch erhobene sog. griechische oder hebräische Urtext und für die gottesdienstliche Bibellesung die Übersetzung nach Martin Luther.
So ist beispielsweise auch Mk 16, 16 („Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden“) fester Bestandteil der luth. Taufliturgie, obwohl die neutestamentliche Bibelwissenschaft mehrheitlich davon ausgeht, dass der Schluss des Markusevangeliums nicht „echt“, sondern erst später durch einen Überarbeiter des ursprünglichen Markus-Evangeliums „hinzugefügt“ wurde.


Systematik
Häufig auch als Synonym für ‚Dogmatik` verwendet. Die Systematische Theologie ist eine theologische Fachdisziplin, die den christlichen Glauben in seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt (Dogmatik, Symbolik) und seinen Konsequenzen für christliches Handeln (Ethik) systematisch reflektiert und formuliert.

Lexikon - R


Realpräsenz

→ Transsubstantiation → Relicta
Lutherische Christen glauben, dass sie im Heiligen Abendmahl (Altarsakrament, Eucharistie) in, mit und unter dem Brot und dem Wein den wahren Leib und das wahre Blut Jesu Christi mit dem Mund leiblich empfangen, die Glaubenden zur Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit, die Nichtglaubenden zum Gericht (zur „Verstockung“, also der Verfestigung ihres Unglaubens).
Realpräsenz heißt also nicht nur, dass Christus bei (im Sinne von ‚während‘) der Feier des Hl. Abendmahls auf spirituelle Weise nach seiner Verheißung Mt 18, 20 „wirklich gegenwärtig“ sei, wie er „mitten unter uns“ ist, „wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind“. Die Weise seines Gegenwärtigseins bezeichnet man als Spiritual- oder auch Personalpräsenz.
Realpräsenz bedeutet, dass Christus mit den „res“ (lat.= Sache, Gegenstand), den Realien seines wahren Leibes und Blutes in den „res“, den Realien von Brot und Wein und gebunden daran wahrhaft gegenwärtig ist.
Die Wirkursache der Realpräsenz ist das Wort Jesu Christi, ist Christus selbst durch sein Wort.
Christus segnet (weiht) durch sein (Einsetzungs-)Wort Brot und Wein, sodass wir darin, damit und darunter seinen wahren Leib und sein wahres Blut empfangen.
Zur „Dauer“ der Realpräsenz lässt sich nur sagen: Sie ist gewiss, nachdem die Einsetzungsworte gesprochen bzw. gesungen wurden und sie endet, wenn das, was Christus zu tun geboten hat, nämlich „nehmt hin und esst / trinkt“ (die sog. actio sacramentalis), erfolgt bzw. zum Abschluss gekommen ist.
Nonverbale Bekenntnisse zur Realpräsenz sind in der lutherischen Liturgie z.B. das Knien der Gemeinde während der Rezitation der Einsetzungsworte und beim Empfang der Kommunion, die → Elevation (Erhebung, Vorweisung) der Hostie und des Kelches nach den Einsetzungsworten durch den Pastor, die Kniebeugen am Altar, der Empfang der Hostie mit dem Mund aus der Hand des Pastors.
Die luth. Kirche teilt das Bekenntnis zur R. insbesondere mit der röm.-kath. Kirche und den Ostkirchen. Es ist zugleich eine der wesentlichen Unterscheidungslehren zwischen lutherischer Kirche und Kirchen und Gemeinschaften, die calvinistisch (reformiert) geprägt sind und die R. ablehnen.


Rechtfertigung, Rechtfertigungslehre
→ Glaube
Wie erhalte ich einen gnädigen Gott?
Das Thema „Rechtfertigung“ war im 16. Jahrhundert die zentrale Streitfrage zwischen den „Altgläubigen“ (Papstanhängern) und den Anhängern der Reformation. Es geht dabei um nicht weniger als um das Verhältnis zwischen Mensch und Gott – um die Frage, ob und wie das Leben des Menschen in der ewigen Gemeinschaft mit Gott endet oder nicht. Diese Frage ist deshalb so dringlich, weil der Mensch sich von Gott getrennt hat (Sündenfall) und in der Trennung von Gott lebt und sein Leben eben damit gerade nicht automatisch in die Gemeinschaft mit Gott mündet.
Die Zukunft des Menschen lässt sich eben nicht unabhängig von der Bestimmung seines Verhältnisses zu Gott beschreiben – als ob etwa alle Menschen automatisch nach ihrem Tod in einem Zustand höherer Glückseligkeit weiterleben. Glückseligkeit ohne Gott kann es für den Menschen auch und gerade jenseits der Todesgrenze nicht geben. Und eben damit wird die Frage nach der „Rechtfertigung“ die wichtigste Frage des Menschen überhaupt: die Frage, ob und wie er mit seinem Leben in Gottes Augen bestehen kann.
Vor Gericht
„Rechtfertigung“ ist ein juristischer Begriff; er beschreibt ein Geschehen in einem Gerichtsverfahren. In der Tat stellt sich die Frage nach der „Rechtfertigung des Sünders“ nur da in letzter Ernsthaftigkeit, wo nicht geleugnet oder verdrängt wird, dass ein jeder Mensch sich einmal mit seinem Leben vor Gott dem Richter zu verantworten hat.
Nur dann stellt sich auch die Frage, was oder wer uns in diesem letzten Gericht Gottes retten, unseren Freispruch herbeiführen kann. Es ist bezeichnend, dass die angebliche ökumenische Verständigung in der Frage der Rechtfertigung zwischen evangelischer und römisch-katholischer Kirche, die 1999 in der sogenannten „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ behauptet wurde, eben dadurch erzielt wurde, dass beide Seiten konsequent die Frage danach, wer oder was uns im letzten Gericht rettet, ausblendeten und damit den entscheidenden Punkt schlicht und einfach umgingen.
Dagegen bleibt die SELK (mit CA 4) konsequent dabei:
Entscheidend für das letzte Urteil über das Leben eines Menschen ist nicht, ob er moralisch anständig gehandelt hat, „ein guter Mensch war“, von seinen – unbestritten vorhandenen – Fähigkeiten, sich an Regeln des menschlichen Miteinanders zu halten, auch Gebrauch gemacht hat. Sondern im letzten Gericht Gottes geht es einzig und allein um die Frage des Verhältnisses zwischen Mensch und Gott – das sich natürlich dann auch auf sein Verhalten gegenüber seinen Mitmenschen auswirkt.
Und dieses durch die Schuld des Menschen zerbrochene Verhältnis zwischen Mensch und Gott kann nicht durch Bemühungen des Menschen in Ordnung gebracht und wiederhergestellt werden. Dies ist vielmehr allein möglich und geschieht auch in der Tat durch „Vergebung der Sünde“, so betont es das Augsburger Bekenntnis.
Diese Vergebung der Sünde ist keine allgemeine religiöse Wahrheit oder Selbstverständlichkeit, sondern gründet sich einzig und allein im stellvertretenden Kreuzestod Christi für uns, so führt es der Artikel aus. Gottes Handeln im Leiden und Sterben Christi allein schafft Vergebung der Sünden und damit die Wiederherstellung des zerbrochenen Verhältnisses zwischen Mensch und Gott.
Rechtfertigung geschieht heute
Und diese Wiederherstellung des zerbrochenen Verhältnisses zwischen Mensch und Gott wird Realität im Leben des einzelnen Menschen durch die Zueignung der Vergebung der Sünde im sakramentalen Zuspruch des Absolutionswortes, in der Heiligen Taufe und im Heiligen Mahl.
Wenn das Augsburger Bekenntnis eine Formulierung aus Römer 4,3-5 aufgreift und davon spricht, dass Gott dem Menschen Gerechtigkeit „zurechnet“, dann ist nicht damit gemeint, dass Gott irgendwo im Himmel eine einsame Entscheidung über den Menschen trifft, die aber letztlich völlig losgelöst bleibt von dem, was er hier auf Erden erfährt. Sondern Rechtfertigung, also Vergebung der Sünden, geschieht hier und jetzt auf Erden in den sakramentalen Vollzügen der Kirche: in der Predigt, in der Beichte, in der Taufe und im Altarsakrament. Was sich dort ereignet, hat einen unmittelbaren Bezug zu Gottes Urteil im letzten Gericht – ja mehr noch: ist mit diesem Urteil identisch.
Rechtfertigung – kein langer Prozess
„Rechtfertigung“ ist also nicht ein langer Prozess, zu dem Gott und Mensch gleichsam als Partner je ihren Beitrag leisten, indem Gott den Menschen mit seiner Gnade eine Fähigkeit schenkt, die der Mensch mithilfe der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten in die Tat umsetzen soll. Wäre die Rechtfertigung ein solcher Prozess, dann könnte man in der Tat seines Heils niemals gewiss sein – es sei denn, dass man die Möglichkeit einer Verurteilung im letzten Gericht von vornherein entgegen dem klaren Zeugnis der Heiligen Schrift ausschlösse.
Sondern im sakramentalen Zuspruch der Sündenvergebung bricht die Ewigkeit schon hier und jetzt in die Zeit hinein, verschränken sich Zukunft und Gegenwart, sodass ich hier und jetzt schon höre, was zugleich am Ende meines Lebensweges Gott über mich urteilen wird.
Das Heil liegt in mir sondern außerhalb: extra nos
Das heißt aber auch zugleich: Ich brauche als Christ nicht auf mich, meine Fähigkeiten, meine Fortschritte in einem Prozess der Heiligung zu schauen. Sondern ich darf ganz von mir selbst wegschauen hin auf das, was Christus für mich am Kreuz erwirkt hat und was er mir in der Vergebung der Sünden austeilt.
Meine Gerechtigkeit liegt nicht in mir selbst, sondern außerhalb von mir selbst (extra nos) in Christus und seinem Wort. Und „außerhalb“ von mir bleibt diese Gerechtigkeit auch und gerade da, wo Christus in mir Wohnung nimmt und mir gerade so seine Vergebung zueignet. Denn Christus und seine Vergebung lassen sich nie irgendwie „verrechnen“ mit dem, was ich tue oder auch empfinde.
Der rechtfertigende Glaube
Und auf diesem Hintergrund wird nun auch verständlich, was der 4. Artikel des Augsburger Bekenntnisses meint, wenn er formuliert, wir würden vor Gott gerecht „durch den Glauben“, oder Gott wolle den Glauben als Gerechtigkeit, die vor ihm gilt, ansehen: Der Glaube ist gerade nicht Tun des Menschen, eine besondere Form der guten Werke, die wir vollbringen müssen, um von Gott als gerecht angesehen zu werden.
Das Augsburger Bekenntnis sagt nicht: Die „Altgläubigen“ verlangen zu viel als Bedingung für die Seligkeit; wir ermäßigen diese Bedingung ein wenig und verlangen etwas weniger, eben nur den Glauben. Sondern der Glaube ist gerade das Gegenteil allen menschlichen Tuns; er ist reines Empfangen – oder noch einmal anders ausgedrückt: Er ist die Art und Weise, wie Gott seine Gerechtigkeit, seine Vergebung, sein Heil bei uns ankommen lässt.
Die Rechtfertigung „durch den Glauben“ schränkt also das „allein aus Gnaden“ gerade nicht ein, sondern ist letzter und tiefster Ausdruck des „allein aus Gnaden“: Gott macht mich dadurch gerecht, dass er mich mit Christus verbindet. Diese Christusgemeinschaft ist der Glaube, der staunend wahrnimmt, was Gott an mir schon gewirkt hat – ohne meine Mitwirkung, ohne mein Zutun.
Glaube ist Gemeinschaft mit Christus – eben darum lässt er sich aber eben auch nicht loslösen von den sakramentalen Vollzügen der Kirche, von der Predigt, der Beichte, der Taufe, dem Heiligen Mahl. Der vierte Artikel des Augsburger Bekenntnisses ist gleichermaßen von römisch-katholischer wie von protestantischer Seite immer wieder so missverstanden worden, als ob das „allein durch den Glauben“ gegen die Gnadenmittel der Kirche gerichtet sei: Ich brauche Wort und Sakrament nicht; Hauptsache, ich glaube! Doch Glaube ist eben keine unverbindliche Gläubigkeit, sondern bezieht sich auf die Vergebung der Sünden, die mir in ganz konkretem Geschehen zugeeignet wird.
Es geht in dem Glauben, von dem der 4. Artikel des Augsburger Bekenntnisses spricht, nicht darum, dass ich glaube, dass es Gott gibt (das tun die Teufel auch und zittern, bemerkt St. Jakobus 2,19 dazu treffend). Es geht auch nicht bloß darum, dass ich „an Gott glaube“. Sondern es geht, so betont es das Augsburger Bekenntnis, darum, dass wir glauben, dass uns um Christi willen „die Sünde vergeben, Gerechtigkeit und ewiges Leben geschenkt wird.“ Glaube bezieht sich also auf ein Geschehen, das mich selber betrifft, und blickt doch dabei zugleich gerade nicht auf sich, sondern von sich weg auf den Zuspruch der Vergebung. Der Glaube, von dem das Augsburger Bekenntnis spricht, ist damit auch nicht abhängig von irgendwelchen Gefühlsregungen des Menschen. Er besteht auch und gerade dann, wenn der Mensch von seinem eigenen Glauben nichts zu fühlen vermag. Denn er gründet sich ja in Christus und seinem Wort und nicht in meinen eigenen Emotionen.
Weil die Rechtfertigung dadurch geschieht, dass Gott selber das Verhältnis zwischen sich und mir neu bestimmt und setzt, ist die Rechtfertigung immer eine „Totalbestimmung“. Ich kann niemals bloß zu 80% oder 90% in Gottes Augen gerecht sein. Sondern entweder bin ich gerecht – oder ich bin es nicht. Und weil Gott sagt: Du bist es, dir sind deine Sünden vergeben, darum ist die entscheidende Frage meines Lebens geklärt: „Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus.“ (Römer 5,1)
Artikel 4 des Augsburgischen Bekenntnisses
„Weiter wird gelehrt, dass wir Vergebung der Sünde und Gerechtigkeit vor Gott nicht durch unsere Verdienste, Werke und Gott versöhnenden Leistungen (wörtl.: Genugtun) erreichen können. Vielmehr empfangen wir Vergebung der Sünde und werden vor Gott gerecht aus Gnade um Christi willen durch den Glauben, wenn wir glauben, dass Christus für uns gelitten hat und dass uns um seinetwillen die Sünde vergeben, Gerechtigkeit und ewiges Leben geschenkt wird. Diesen Glauben will Gott als Gerechtigkeit, die vor ihm gilt, ansehen und zurechnen – wie Paulus im 3. und 4. Kapitel des Römerbriefes sagt.“


Reformation
vgl. auch → Reformationstag → Luther→ Exklusivpartikel→ Reformkatholiken


Reformationstag
Einer der kleinen kirchlichen Gedenktage (wie z.B. der 25. Juni, Gedenktag des Augsburgischen Bekenntnisses), der am 31. Oktober als Erinnerung an den Anschlag der 95 Thesen zu Buße, Beichte und Ablass in Wittenberg durch Dr. Martin Luther begangen wird.
Die gelegentlich zu findende Bezeichnung „Reformationsfest“ ist unangemessen und sollte vermieden werden. Im liturg. Kalender ist der Begriff ‚Fest‘ den Hochfesten wie Weihnachten, Oster oder Pfingsten vorbehalten.
Inhalt und Gegenstand des Reformationstages ist auch nicht die Person des Reformators  Martin Luther, sondern die Erneuerung der Kirche auf der Grundlage des Wortes Gottes, die Vergewisserung des Heils, ausgedrückt in den luth. Bekenntnissen.
Liturgische Farbe des R.s ist Rot. (Farbe der Kirche, des Hl. Geistes, der Glaubenszeugen)
In der SELK wird am R. als Evangelium Joh 2, 13-22 verlesen („Tempelreinigung“), nicht die in der EKD übliche Evangeliumslesung des Gedenktages der Heiligen (1.11.) Mt 5, 1-12 (Seligpreisungen).


Reformkatholiken
Der Begriff R. kann für die im 16. Jhdt. in Opposition zum Papst und der päpstl. Hierarchie stehenden, später „Lutheraner“ genannten Christen verwendet werden, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass Luther und seine Anhänger, römische Katholiken, mit der Reformationen keine neue Kirche gründen, sondern die bestehende römisch-katholische Kirche des Abendlandes auf der Grundlage der Hl. Schrift re-formieren, also zu ihren rechtgläubigen Wurzeln zurück bringen wollten.
So heißt es z.B im Abschluss des 1. Teils des → Augsburgischen Bekenntnisses über die durch die Reformkatholiken (=Lutheraner) vorgetragene Lehre: „Weil nun diese Lehre in der Heiligen klar begründet ist und außerdem der allgemeinen christlichen, ja auch der der römischen Kirche (lat. ecclesia catholica vel ab ecclesia romana), soweit das aus den Schriften der Kirchenväter festzustellen ist, nicht widerspricht, meinen wir, dass unsere Gegner in den oben aufgeführten Artikeln mit uns nicht uneinig sein können.“
Dieses Selbstverständnis der ev.-luth. Kirche als innerkatholischer Reformbewegung bzw. als Fortsetzung der rechtgläubigen katholischen Kirche findet seinen Ausdruck auch in Artikel 1 der Grundordnung der SELK, in dem es (1.1) heißt: „Die SELK steht in der Einheit der heiligen, christlichen und apostolischen Kirche, die überall da ist, wo das Wort Gottes rein gepredigt wird und die Sakramente nach der Einsetzung Christi verwaltet werden.“


Relicta
R. – lat. „Übriggebliebenes, Reste“. Unter den R. versteht man die nach Ende der Abendmahlsfeier ggf. nicht verzehrten Reste des konsekrierten (gesegneten) Brotes und Weines.  
Da die Elemente (Brot und Wein) mit dem Ziel der Kommunion („…nehmt hin und esst/trinkt“) konsekriert werden, ist die Frage, ob es sich nach Abschluss der sakramentalen Handlung (actio sacramentalis) bei den R. um Leib und Blut Christi oder (wieder nur) um Brot und Wein handelt, nicht mit absoluter und letzter Gewissheit zu beantworten, solange das Ziel der Kommunion nicht erreicht bzw. noch nicht erreicht wurde.
Weder lässt sich theologisch verbindlich behaupten, die R. seien definitiv nicht (mehr) Leib und Blut Christi, wenn sie z.B. für die Krankenkommunion bestimmt wären, noch lässt sich theologisch verbindlich das Gegenteil behaupten.
Auszuschließen ist allerdings, Brot (und Wein) nur zu dem Zweck der Aufbewahrung und Anbetung zu konsekrieren, um gewissermaßen der Gegenwart Christi mit seinem Leib und Blut in den Elementen „habhaft“ zu werden, Christus „dingfest“ zu machen.
In der SELK ist ein würdiger Umgang mit den R. verbindlich und selbstverständlich, um durch unangemessene Behandlungsweise (wie z.B. Zurückgegen und Vermischen konsekrierter und unkonsekrierter Hostien) keine Zweifel an der Gewissheit der Gegenwart des wahren Leibes und Blutes Jesu Christi in, mit und unter dem Brot und Wein aufkommen zu lassen und alle diesbezüglichen Fragen abzuschneiden, bevor sie zu Ungewissheit, Verwirrung und Ärgernis in der Gemeinde führen.
In der Regel verzehrt der Pastor die R. noch vor Ende des Gottesdienstes,  ggf. auch mit Unterstützung z.B. des Küsters oder von Kirchenvorstehern unmittelbar nach Ende des Gottesdienstes. Um möglichst keine oder nur wenig R. zu erhalten, dient die Sakramentsanmeldung u.a. auch dazu, einen Überblick über die zu konsekrierenden Elemente zu erhalten.


Rüstgebet
Das Wechselgebet zwischen Liturgen und Gemeinde, das die martialisch klingende Bezeichnung „Rüstgebet“ trägt, ist eigentlich ein Gebet der Liturgen, das noch in der Sakristei vor Beginn des Gottesdienstes gebetet wird. Das ist auch der Grund dafür, dass es nicht mit dem gottesdienstlichen Votum „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ begonnen, sondern mit Psalm 124, 9 eröffnet wird („Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn...“; nach den lateinischen Anfangsworten „Adiutorium nostrum“ genannt.)
In der lutherischen Agende findet sich noch das vollständige Rüstgebet für die Sakristei, das dort mit einem Bittlied um den Heiligen Geist beginnt. Es folgt die Eröffnung „Im Namen des Vaters...“ und ein Psalmgebet mit Versen des 43. Psalms unter dem Leitvers „Ich will hintreten zum Altar Gottes, zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist“. (Psalm 43, 4a)
Erst danach respondieren die Liturgen das Adiutorium nostrum, woran sich das Sündenbekenntnis mit der Bitte um Gottes Erbarmen anschließt.
Das Sakristei-Rüstgebet endet nach einem aus Psalmversen bestehenden Wechselgebet mit einer Schlusskollekte.
Nur der mittlere Teil dieses ausführlichen Vorbereitungsaktes ist in unsere Gottesdienstordnungen als Rüstgebet aufgenommen worden und findet dann zwischen Liturgen und Gemeinde nach dem Eingangslied statt.
Es darf als öffentlicher Rüstakt zum Auftakt des Gottesdienstes entfallen, wenn dem Hauptgottesdienst eine Beichte vorangegangen ist, ersetzt aber ansonsten die Beichte nicht, da beim Rüstgebet nicht die Absolution (Lossprechung), sondern „nur“ eine Bitte um Vergebung den Schluss bildet.
Das Rüstgebet enthält zunächst die Aufforderung an die Gemeinde, sich bewusst zu machen, was das eigentlich bedeutet, dass wir sündige, sterbliche, vergängliche Menschen im Gottesdienst in die Gegenwart des lebendigen Gottes treten, dass wir IHN in Gebeten und Lobliedern anrufen dürfen, den Leib und das Blut SEINES Sohnes Jesu Christi empfangen werden. Es ist Gottes alles Verstehen und Begreifen übersteigende Gnade, die es ermöglicht hat, dass Himmel und Erde zueinanderfinden, dass sich irdische und himmlische Lobgesänge zu einem großen Jubellied vereinigen.
Die rechte Haltung für einen Menschen in Gottes Gegenwart ist die des Zöllners im Tempel, der sich an die Brust schlägt und spricht: Gott, sei mir Sünder gnädig. (Lukas 18)

Lexikon - Q


Quia-Bindung
Quia = lat. „weil“. Unter der Quia-Bindung der SELK (an die Bekenntnisschriften der ev.-luth. Kirche / Konkordienbuch)  versteht man die Überzeugung, dass die Bekenntnisse die schriftgemäße Lehre nicht bezeugen, insofern dies zutrifft, sondern weil dies zutrifft. Art. 1.2 der Grundordnung besagt: Die SELK „bindet sich daher an die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, weil in ihnen die schriftgemäße Lehre bezeugt ist, nämlich an die drei ökumenischen Symbole (das Apostolische, das Nicänische und das Athanasianische Bekenntnis), an die ungeänderte Augsburgische Konfession und ihre Apologie, die Schmalkaldischen Artikel, den Kleinen und Großen Katechismus Luthers und die Konkordienformel.“
Im Unterschied zur Quia-Bindung der SELK (und aller → konkordienlutherischen Kirchen) gilt dies z.B. für die sich als lutherisch verstehenden und bezeichnenden Gliedkirchen der → EKD nicht.  Sie binden sich faktisch an die Bekenntnisschriften lediglich, „insofern“ (lat. quatenus) die Bekenntnisse die schriftgemäße Lehre bezeugen, sodass die Bekenntnisse dort im Sinne des quatenus nur eine, durch andere bekenntnisähnliche Bindungen und Verbindlichkeiten (z.B. die → Leuenberger Konkordie oder die → „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“) eingeschränkte Geltung haben. Die Quia-Bindung ist eine der Voraussetzungen dafür, dass die SELK bekenntnisgebundene Kirche ist und bleibt.



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