Neu: Gemeindeadministrator


Interview mit Bernhard Daniel Schütze


Die Trinitatisgemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) in Frankfurt am Main erlebt zurzeit eine Doppelvakanz. Der Gemeinde wurde angesichts dieser Situation für die Dauer von einem Jahr eine Teildienststelle gewährt, auf der ein Gemeindeadministrator vielfältige Aufgaben übernimmt - ein neues Berufsbild in der SELK. SELK.de hat mit dem Stelleninhaber, Bernhard Daniel Schütze, ein Interview geführt.

Schütze

SELK.de: Herr Schütze, Sie sind seit dem 1. September für die Dauer von einem Jahr mit einem Teildienstverhältnis („halbe Stelle“) im Dienst der SELK tätig. Stellen Sie sich unseren Leserinnen und Lesern bitte kurz vor.


Schütze: Ich bin 28 Jahre alt und komme ursprünglich aus Niedersachsen. Nach Stationen in Hermannsburg und Farven bin ich im Anschluss an mein Abitur nach Hessen gezogen. In Oberursel/Taunus wohnend habe ich 2011-2012 ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in der Frankfurter SELK-Gemeinde absolviert und anschließend in Frankfurt am Main Gymnasiallehramt für die Fächer „Ev. Religion“ und „Politik & Wirtschaft“ studiert. Im Herbst 2018 zog ich nach Gießen und habe dort mein Referendariat begonnen. Da ich feststellen musste, dass der Lehrerberuf für mich persönlich doch nicht der richtige Beruf ist, habe ich mein Referendariat Anfang dieses Jahres abgebrochen und bin inzwischen erneut in der SELK-Gemeinde Frankfurt tätig.

SELK.de: Ihr Dienst in der Trinitatisgemeinde Frankfurt am Main ist der eines „Gemeindeadministrators“. Das ist ein neues Berufsbild in unserer Kirche. Was sind Ihre Aufgaben?

Schütze: Als Gemeindeadministrator übernehme ich zahlreiche organisatorische und administrative Aufgaben, die in der Gemeinde anfallen. Es handelt sich also insbesondere um eine Tätigkeit im Pfarrbüro. So führe ich die Gemeindekartei und die Kirchenbücher, stelle die Erreichbarkeit der Gemeinde sicher und unterstütze die Gottesdienstleitenden im Vorfeld durch Zusammenstellung von Bekanntmachungen, Erstellung der Gottesdienstblätter sowie Hinweise auf Besonderheiten.

SELK.de: Es handelt sich also um einen Bürojob.

Schütze: Auch. Aber nicht nur: Ich bin als Gemeindeadministrator auch für die Räumlichkeiten zuständig und habe beispielsweise sicherzustellen, dass diese für Gottesdienste und andere Veranstaltungen angemessen vorbereitet sind. Das geht vom Antependienwechsel über die Kerzenpflege bis zur Sicherstellung von geheizten Räumen und der Getränkebereitstellung. Grundsätzlich soll ich mit offenen Augen und Ohren präsent sein, wahrnehmen und anfallende Arbeiten erledigen oder aber an die dafür Zuständigen weiterleiten. Insbesondere das vielfältige ehrenamtliche Engagement in der Gemeinde soll durch den Gemeindeadministrator sichergestellt und unterstützt werden. Vielleicht lässt sich die Stelle beschreibend als „koordinierende Tätigkeit zur Gemeindeorganisation, Mitarbeiterunterstützung und Gebäudebetreuung“ umreißen. Auch Aufgaben in Ökumene, Öffentlichkeitsarbeit sowie die Leitung der Gemeindebriefredaktion gehören zu meinem vielfältigen Tätigkeitsfeld.

SELK.de: Wie ist die Gemeinde darauf gekommen, für ein Jahr solch eine Stelle zu beantragen?

Schütze: Die Trinitatisgemeinde Frankfurt ist mit rund 800 Gemeindegliedern eine recht große Gemeinde der SELK mit zwei Pfarrstellen. Im letzten Jahr ist Pfarrer Michael Zettler in den Ruhestand gegangen und eine der beiden Pfarrstellen ist seitdem unbesetzt. Am 27. September hatten wir nun den Abschiedsgottesdienst von Pfarrer Christian Hildebrandt, der zum 1. Oktober nun ebenfalls in den Ruhestand getreten ist. Da bisher noch keine neuen Pfarrer berufen werden konnten, steht der Gemeinde eine Zeit bevor, in der erstmals beide Pfarrstellen gleichzeitig vakant sind. Bei den Überlegungen, wie in dieser Situation zum einen die Ehrenamtlichen der Gemeinde nicht überlastet, zum anderen die anfallenden Aufgaben dennoch gut bewältigt werden können, entstand die Idee zur Schaffung der Stelle eines Gemeindeadministrators, der zumindest viele der organisatorischen und administrativen Aufgaben, die bisher beide oder einer der Pfarrer übernommen haben, übernehmen kann. Gemeinsam mit den entscheidenden Gremien von Bezirk und Gesamtkirche wurde die Stelle in den letzten Monaten eingerichtet. Sie ist bei der Gesamtkirche angesiedelt – die Gesamtkirche ist also mein Arbeitgeber, in der alltäglichen Arbeit bin ich jedoch dem Kirchenvorstand der Trinitatisgemeinde zugeordnet.

SELK.de: Was hat Sie gereizt, diese Stelle anzunehmen?

Schütze: Ich bin ein recht strukturierter Mensch, der gerne organisiert und den Überblick hat. Zugleich arbeite ich gerne für und mit Menschen. Da ich mich gerne in der Kirche einbringe und auf verschiedene Weise das kirchliche Leben und die Glaubenspraxis im kirchlichen Rahmen mitgestalte, handelt es sich bei der Stelle des Gemeindeadministrators durchaus um eine attraktive Stelle für mich. Nicht bestreiten kann ich zudem, dass ich den Bedarf in meiner ehemaligen Gemeinde gesehen habe und ich dieses neue Berufsbild als durchaus zukunftsorientiert ansehe. Wir haben in unserer Kirche einen immer größeren Pastorenmangel. Aus diesem Grund müssen wir neue Wege gehen, wobei ich keinesfalls an der Qualifikation und Ausbildung der Pastoren sparen möchte. Allerdings halte ich es für notwendig, Konzepte für die zunehmenden Vakanzen zu entwickeln und unsere Pastoren von vielen administrativen Aufgaben möglichst zu entlasten, damit sie sich auf ihren Hauptauftrag der Verkündigung und der Seelsorge – in Verantwortung für immer mehr Gemeinden je Pastor – konzentrieren können. In dieser Gesamtlage das neue Berufsbild des Gemeindeadministrators selbst mit „auszuprobieren“ hatte und hat – trotz der Befristung und der Teilzeitregelung – für mich einen besonderen Reiz.

SELK.de: Wie sind Ihre ersten Eindrücke nach knapp vier Wochen Ihrer neuen Tätigkeit?

Schütze: Zuallererst bemerke ich eine große Erleichterung und Dankbarkeit in der Gemeinde, dass es auch in der Zeit der Doppelvakanz eine Person gibt, die als Ansprechpartner und Schnittstelle für Außenstehende sowie Gemeindeglieder und -gruppen koordiniert und sich gemeinsam mit den ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern um vieles kümmert. Zugleich stelle ich wieder einmal fest, wie viele Aufgaben unsere Pastoren – neben der Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung sowie den anderen in der Pfarrerdienstordnung aufgeführten Aufgaben – wahrnehmen. Hierbei handelt es sich nicht nur um eine Vielzahl, sondern auch um eine zeitintensive Fülle von Aufgaben. Auch ist festzustellen, dass es viel Wissen gibt, das weitergegeben werden muss, um zu verhindern, dass es bei Pfarrerweggängen verloren geht. Somit ist der Einarbeitungsmonat bis zur Verabschiedung von Pfarrer Hildebrandt recht schnell vergangen. Dadurch, dass in den letzten Wochen in der Frankfurter Trinitatisgemeinde zudem sowohl die Konfirmation als auch der Verabschiedungsgottesdienst von Pfarrer Hildebrandt lagen, haben sich direkt einige Mehrarbeitsstunden angesammelt – ich bin sehr gespannt, wie sich Arbeitsweise und Arbeitszeitverteilung in den kommenden Wochen, wenn sich die Arbeit „normalisiert“, darstellen werden. Durch das ganz neue Berufsbild sind wir auch in diesem Bereich in einem spannenden Experimentierfeld. Ich muss aber sagen, dass mein erster Eindruck ein sehr positiver ist: Die Gemeinde hat mich sehr freundlich willkommen geheißen, die Zusammenarbeit mit dem Kirchenvorstand verläuft sehr gut und meine Tätigkeit mit all den neuen Aufgaben ist abwechslungsreich und bereitet mir viel Freude. Ich habe den Eindruck, einen sinnvollen und für die Gemeindepraxis möglicherweise auch zukunftsweisenden Beruf auszuüben.

SELK.de: Sie sind auch ehrenamtlich in der Kirche unterwegs. In welchen Bereichen?

Schütze: Ehrenamtlich bin ich in der SELK insbesondere in der Jugendarbeit aktiv und arbeite in einigen Arbeitsgruppen (AG) des Jugendwerkes der SELK mit. So betreue ich etwa als Mitglied der Öffentlichkeitsarbeits-AG die facebook-Seite des Jugendwerkes. Auch in der AG, die das in der Regel jährlich stattfindende Jugendfestival (JuFe) als gesamtdeutsche Jugendveranstaltung mit ca. 320 Teilnehmern organisiert, bin ich engagiert. Zudem darf ich die AG zur Erstellung eines neuen, vierten Bandes der CoSi-Jugendliederbuchreihe leiten. In der Jugendarbeit „vor Ort“ konnte ich in den letzten anderthalb Jahren die Gemeinde Dreihausen bei dem Neuaufbau eines Jugendkreises unterstützen. Auch als Synodaler bei Kirchen- und Bezirkssynoden bringe ich mich gerne ein. Ein weiterer Bereich, in dem ich aktiv bin, ist die Kirchenmusik. In den letzten Monaten habe ich mehrfach unseren Gottesdienst in Grünberg auf der Trompete musikalisch mitgestalten dürfen. Im Kirchenmusikalischen Arbeitskreis Süd (KAS) bin ich Bläserdelegierter für den Kirchenbezirk Hessen-Süd und seit 2015 darf ich in der Gesangbuchkommission der SELK an der Erstellung des neuen Evangelisch-Lutherischen Kirchengesangbuches (ELKG) mitarbeiten.

SELK.de: Nun handelt es sich bei der Stelle des Gemeindeadministrators um ein Teildienstverhältnis mit 19,5 Std./Woche. Was machen Sie mit dem Rest der Zeit? Üben Sie noch einen weiteren Beruf parallel aus?

Schütze: Bisher noch nicht. Zwar ist das geplant, doch hat sich das leider noch nicht ergeben. Langweilig ist mir dennoch bislang nicht geworden: Da ich Ende Oktober von Gießen nach Frankfurt umziehen werde, gibt es einiges dafür vorzubereiten und insbesondere nach den zahlreichen Veranstaltungsverschiebungen aufgrund der Corona-Pandemie gibt es nun zahlreiche Termine und Aufgaben in verschiedenen Ehrenämtern wahrzunehmen. Somit nutze ich die aktuelle Zeit, den Umzug vorzubereiten, Unerledigtes nachzuholen und vieles ehrenamtlich zu erarbeiten – und hoffe, nach meinem Umzug eine weitere Teilzeitbeschäftigung aufnehmen zu können, die sich gut mit der Tätigkeit als Gemeindeadministrator kombinieren lässt.

SELK.de: Vielen Dank für das Interview und herzliche Segenswünsche für Ihre Arbeit als Gemeindeadministrator!

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