Stellungnahme zur „Ehe für alle“
Am Freitag, 30. Juni 2017, wurde im Bundestag die sogenannte „Ehe für alle“ beschlossen. Damit können nun auch homosexuelle Lebenspartnerschaften „verheiratet“ sein, was auch das Adoptionsrecht einschließt. Bislang konnten sie sich nur verpartnern.
Der leitende Geistliche der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), Bischof Hans-Jörg Voigt D.D. (Hannover), hat im Vorfeld der Beschlussfassung mit Datum vom 29. Juni die folgende Stellungnahme abgegeben:
„Man muss Gott mehr gehorchen, als den Menschen.“ (Ökumenischer Monatsspruch für den Monat Juni 2017): Stellungnahme des Bischofs der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), Hans-Jörg Voigt D.D. (Hannover), zur „Ehe für alle“
Nun kommt sie womöglich doch noch, die sogenannte „Ehe für alle“. Als Christinnen und Christen im Land können wir zu diesem womöglich letzten großen Projekt des Bundestages vor der Bundestagswahl nicht schweigen.
Die geplante Beschlussfassung durch Änderung eines Paragrafen im Bürgerlichen Gesetzbuch verstößt gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, wo es in Artikel 6 heißt: „(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“ Die unmittelbare Verbindung von Ehe und Familie mit Pflege und Erziehung von Kindern durch ihre Eltern zeigt klar und eindeutig, dass die grundsätzliche Möglichkeit zur Zeugung von Kindern (Generativität) zur Definition von Ehe durch das Grundgesetz gehört. Dies wurde durch mehrere Urteile des Bundesverfassungsgerichts bestätigt.
Dabei steht außer Zweifel, dass der Staat die Pflicht hat, für die Gleichberechtigung seiner Bürgerinnen und Bürger zu sorgen, was auch für homosexuell lebende Menschen gilt. Bei der „Ehe für alle“ wird jedoch Ungleiches gleich gemacht, da eine homosexuelle Partnerschaft eben nicht die grundsätzliche Möglichkeit zur Zeugung von Kindern in einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft eines Mannes und einer Frau darstellt, wie diese durch das Grundgesetz definiert wird. Deshalb ist die Definition einer Ehe als lebenslange Verbindung von Mann und Frau keine Diskriminierung von homosexuellen Frauen und Männern.
In der Präambel des Grundgesetzes der Bundesrepublik heißt es: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“ Gerade in Wahrnehmung dieser Verantwortung vor Gott und den Menschen ist der Bezug auf die „Grundordnung“ des Christentums, die Heilige Schrift, immer wieder notwendig und geboten. Auch dort wird in der „Präambel“ des christlich-jüdischen Kulturkreises, nämlich in der Genesis definiert: „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch.“ (1. Mose 1,27-28). Keine Gesellschaft setzt diese „Präambel“ außer Kraft, ohne schweren Schaden zu nehmen.
Es mag kein Zufall sein, dass der Monatsspruch der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen für den Monat Juni an seinem letzten Tag eine Bedeutung bekommt, von der wir noch vor einer Woche nichts ahnten: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ (Apostelgeschichte 5,29) Ja, demokratisch beschlossene Gesetze haben natürlich auch für lutherische Christinnen und Christen eine unbedingte Gültigkeit. Jedoch hat jede staatliche Ordnung ihre Grenze an der Gewissensbindung des Einzelnen an Gott. Auch Mehrheiten können irren, dies sollten wir nicht vergessen. So wird die sehr einfache Wahrheit, dass bis zum Ende der Zeit ein Mann und eine Frau zusammenkommen und ein Kind zeugen, am besten natürlich in lebenslanger Liebe und Verantwortung füreinander, durch kein Gesetz der Welt abzuschaffen sein.