Kritik an Beigaben zur Lutherbibel | 06.12.2018
Erklärung durchstreichen lassen
SELK-Pfarrer kritisiert Beigaben zur Lutherbibel
Berlin, 6.12.2018 - selk - Zu der neuesten Revision der Bibel in der Übersetzung Martin Luthers ("Lutherbibel 2017") nimmt Pfarrer Dr. Gottfried Martens D.D. von der Dreieinigkeits-Gemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) in Berlin-Steglitz im aktuellen "Pfarrbrief" seiner Gemeinde Stellung. Die Revision wurde auch in der SELK zum Gebrauch freigegeben.
Zunächst würdigt Martens die Lutherbibel im Gegenüber zu anderen Übersetzungen: "Die Prägekraft dieser Übersetzung für unsere heutige deutsche Sprache, aber gerade auch für die Sprachwelt unserer lutherischen Kirche kann kaum überschätzt werden." Von daher lasse sich die Übersetzung der Bibel durch Martin Luther auch durch keine noch so gelungene Übersetzung einer Kommission ersetzen, "und wir tun gerade als lutherische Kirche gut daran, diese sprachlich so gelungene und zugleich so eng an den Urtext angelehnte Übersetzung nicht schnell einmal durch eine scheinbar leichter eingängige Übertragung der Bibel zu ersetzen."
Der schwerpunktmäßig unter Geflüchteten arbeitende Seelsorger stellt Grundsätze der neuen Revision der Lutherbibel dar und zeigt an Beispielen auf, wie diese umgesetzt wurden. Natürlich könne man seine Fragezeichen an die eine oder andere Übersetzung eines Verses setzen. Die "vollkommene" Übersetzung der Bibel werde es aber ohnehin niemals geben. Darum sei auch die Lutherbibel 2017 kein Ersatz für das Theologiestudium der Pfarrer, das ja ganz wesentlich auch das Studium der Ursprachen Hebräisch und Griechisch mit einschließe. "Und vor allem wissen wir gerade auch als lutherische Kirche darum, dass wir die Heilige Schrift immer in der Gemeinschaft der Kirche lesen und uns von dieser Gemeinschaft in unserem Verstehen der Heiligen Schrift helfen und leiten lassen. Gerade unter diesem Vorzeichen halte ich es allerdings für gut und richtig, dass sich unsere SELK entschieden hat, die Lutherbibel in der Revision von 2017 für den kirchlichen Gebrauch zu übernehmen."
Sehr kritisch äußert sich der promovierte Theologe zu den "Sach- und Worterklärungen", die in den Bibelausgaben dem eigentlich biblischen Textbestand als Anhang beigegeben sind. Hier finde sich zum Teil "Haarsträubendes". Als Beispiel zitiert Martens die Erläuterung zum Stichwort "Abendmahl". Es sei "unfasslich, wie viele Häresien hier auf wenigen Zeilen zusammengefasst sind". Das Abendmahl werde in dieser Erläuterung von vornherein als Erinnerungsmahl beschrieben und Seite an Seite mit heidnischen Gemeinschaftsmahlen gestellt. Es sei nicht "von Christus selbst eingesetzt" (Kleiner Katechismus Martin Luthers), habe auch keinen Bezug zum Passamahl, sondern sei "Ergebnis von verbindenden Erinnerungen der Christen an Mahlzeiten von Jesus während seines irdischen Wirkens und liturgischen Überformungen, aus denen offenbar nur noch eines zu erkennen ist: Dass die Einsetzungsworte nur etwas ,deuten', aber nicht etwas bewirken - und dass sie sich darüber hinaus auch gar nicht auf die Elemente, sondern nur auf die Handlungen beziehen." Es sei nicht zu begreifen, so Martens, dass in einer Bibel, die den Namen Martin Luthers trage, ein Verständnis des Abendmahls beschrieben werde, das dem, was Martin Luther so wichtig gewesen sei, diametral widerspreche und das Verständnis der lutherischen Kirche vom Abendmahl offen als unbiblisch darstelle. Martens: "Ich habe meine Konfirmanden dieses Sammelsurium von Häresien im Konfirmandenunterricht bewusst in ihrer Bibel durchstreichen lassen."
Blättere man dann weiter durch die Sach- und Worterklärungen, fährt der Pfarrer fort, müsse man dort dann beispielsweise auch lesen, dass es im Neuen Testament angeblich in der Schwebe bleibe, "wie sich Jesu Abstammung von Gott und seine irdische Abstammung von David zueinander verhalten." Die Aussage, dass Jesus von einer Jungfrau geboren sei, werde mit entsprechenden Aussagen über Herakles oder Alexander den Großen gleichgesetzt, und erklärt, dies sei "nicht als biologisches Wunder" zu verstehen. Zum Thema des Opfertodes Christi werde forsch erklärt, "das Motiv der Stellvertretung" stehe "nach neuerer Forschung nicht im Zentrum des Interesses" im Neuen Testament. Und zum Thema Taufe erkläre man: "Die Taufe wurde wohl nur an Erwachsenen vollzogen". Zugleich fehle jeder Hinweis auf die Bedeutung der christlichen Taufe; es werde nur darauf verwiesen, dass das Vorbild der christlichen Taufe die Taufe Johannes des Täufers sei, die aufgrund einer freiwilligen Entscheidung des Taufbewerbers vollzogen werde. "Es ist nicht zu fassen, dass sich solche Aussagen einer baptistischen Tauftheologie in einer Bibel finden, die den Namen Martin Luthers trägt", erklärt der Theologe und resümiert, dass er zwar die Verwendung der Übersetzung der revidierten Lutherbibel 2017 in den Gottesdiensten seiner Kirche befürworte; er könne aber "den Gebrauch der Lutherbibel 2017 als Buch nur mit einer deutlichen Einschränkung beziehungsweise Warnung vor so manchen Aussagen in den Erklärungen am Ende der Lutherbibel empfehlen." Doch aus diesen Erklärungen werde im Gottesdienst ja glücklicherweise nichts vorgelesen.
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Ein Bericht von selk_news /
Redaktion: SELK-Gesamtkirche /
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