Pfarrer kritisiert Verwaltungsgerichte in Asylverfahren | 08.05.2019

Der Staat als "Glaubenswächter"
SELK-Pfarrer kritisiert Verwaltungsgerichte in Asylverfahren

Berlin, 8.5.2019 - selk - Immer häufiger kommt es vor, dass Klagen gegen negative Asylbescheide von zum Christentum konvertierten ehemaligen Muslimen von Verwaltungsgerichten abgewiesen werden. Pfarrer Dr. Gottfried Martens D.D., der in der Dreieinigkeits-Gemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) in Berlin-Steglitz vornehmlich unter Geflüchteten aus dem Iran, Afghanistan und Pakistan arbeitet, berichtete am gestrigen Dienstag auf der Facebook-Seite seiner Gemeinde erneut über einen aktuellen Fall, in dem "nicht weniger als drei treue Glieder unserer Gemeinde die Ablehnung ihrer Klage vom Verwaltungsgericht erhalten" hätten. Die Begründung in einem der Urteile spreche Bände: Darin vertrete das Gericht die Ansicht, es spreche gegen eine "tiefe Verwurzelung" des Klägers im christlichen Glauben, "dass er in seiner Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben überhaupt keine kritischen Punkte bezüglich des Christentums oder für ihn fragwürdige Glaubensinhalte gefunden hat, obwohl er nun schon über drei Jahre getauft ist." Auf die entsprechende Frage des Gerichts hin habe er "lediglich erläutert, dass er bei Unverständnis nach Antworten suche und im Rahmen von Schulungen nachdenken könne. Eine kritische Auseinandersetzung oder Reflexion seines neuen Glaubens, die jedenfalls Indiz für eine Verfestigung sein können, vermochte das Gericht beim Kläger demgegenüber nicht zu erkennen." Der Steglitzer Seelsorger resümiert, wer seinen christlichen Glauben nicht in "volkskirchlicher Distanziertheit" lebe, "sondern einfach die Heilige Schrift als Wort Gottes ernst nimmt und sich an die Lehre der Kirche hält", dem sei es nach Ansicht des Gerichtes offenbar zuzumuten, "in seinem islamischen Heimatland seinen christlichen Glauben zu verleugnen und wieder als Muslim zu leben." So bestimme der Staat als "Glaubenswächter", was "wirklicher, echter Glaube" sei und was nicht.

SELK-Bischof Hans-Jörg Voigt D.D. (Hannover) hatte schon im Vorjahr Glaubensprüfungen durch staatliche Stellen kritisiert (https://selk.de/download/Stellungnahme-Bischof-Voigt_30-01-2018.pdf). "Die Tatsache, dass die Bundesrepublik Deutschland durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zum Christentum konvertierten ehemaligen Moslems in letzter Zeit die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft immer häufiger verweigert, ist ein Skandal, der sich in aller Stille mitten unter uns abspielt", so der leitende Geistliche seinerzeit.

Der Glaube bei konvertierten Flüchtlingen werde durch das BAMF immer wieder willkürlich bewertet. Voigt warf dem BAMF "Verfassungsbruch" vor. Es bewerte "bei konvertierten Flüchtlingen, die ihren christlichen Glauben als Asyl¬grund geltend machen, deren Glauben völlig willkürlich" und maße sich "in diesem Zusammenhang immer wieder auch Urteile über Glaubenslehren und Glaubenspraxis der Kirchen" an. Das BAMF oder auch Verwaltungsrichterinnen und -richter sprächen tiefgläubigen Christeninnen und Christen die Ernsthaftigkeit ihres Glaubens ab. "Dagegen müssen wir uns zur Wehr setzen."

Im Iran, Afghanistan und Pakistan droht beim Glaubenswechsel vom Islam zum Christentum die Todesstrafe.

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