Benjamin Haupt: Gastvorlesung an SELK-Hochschule | 06.06.2019

"Die Kreuzestheologie Tertullians für eine nachkonstantinische Zeit"
Prof. Benjamin Haupt hielt Gastvorlesung an SELK-Hochschule

Oberursel, 6.6.2019 - selk - Zu einer Gastvorlesung konnte am gestrigen Mittwoch die Campusgemeinschaft der Lutherischen Theologischen Hochschule Oberursel (LThH) der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) Prof. Benjamin Haupt vom Concordia Seminary in St. Louis (Missouri, USA) begrüßen. Haupt, der vor gut fünfzehn Jahren selbst als Austauschstudent in Oberursel studiert hatte, ist inzwischen Professor für Praktische Theologie am Seminar in St. Louis.

In seinen Ausführungen setzte Haupt bei Überlegungen des Soziologen Peter Berger an, der noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts dem säkularen Europa ein religiöses Amerika entgegensetzen konnte. Dieser Unterschied, so Haupt, lasse sich heute so nicht mehr festhalten. Vielmehr sei auch in den USA inzwischen ein starker Säkularisierungsschub wahrnehmbar, der auch die Schwesterkirche der SELK, die Lutheran Church-Missouri Synod (LCMS), mit voller Wucht getroffen habe.

In Aufnahme von Überlegungen der LThH-Professoren Dr. Christoph Barnbrock über das Verstehen kirchlicher Praxis in ihrer Zeit und Dr. Christian Neddens zur Kriteriologie von Kreuzestheologie fragte Haupt danach, was die christliche Kirche - bei allen Unterschieden - von einem Theologen aus der Frühzeit des Christentums, Tertullian, lernen könne, der sich ebenfalls in einer Situation befunden habe, in der das Christentum nicht die tonangebende Kraft gewesen ist.

Im Gegensatz zu Beobachtungen des lutherischen Theologen Hermann Sasse, der behauptet hatte, eine Theologie des Kreuzes sei in den ersten Jahrhunderten der christlichen Kirche unterentwickelt gewesen, vermochte Haupt zu zeigen, dass sich schon bei Tertullian eine Kreuzestheologie nachweisen lässt. Von einer solchen Theologie her, die sich auf die Selbsterschließung Gottes am Kreuz Jesu, auf die Rechtfertigung des Gottlosen aus Gnade und auch auf die Bereitschaft zum  "Erleiden" von Gottes Handeln an den Menschen konzentriere, ergäben sich auch für die Gegenwart Impulse - etwa den, sich nicht in der Illusion zu verlieren, durch ein paar einfache Lösungsansätze könne der Trend der Säkularisierung umgekehrt werden. Vielmehr gelte es, die Minderheitssituation als solche anzunehmen und geistlich zu interpretieren.

Dabei maß Haupt auch der interkontinentalen Zusammenarbeit eine große Bedeutung zu, da lutherische Theologen von beiden Seiten des Atlantiks voneinander lernen könnten, wie mit den Phänomenen der Säkularisierung verantwortlich umzugehen sei.

An die Gastvorlesung schloss sich eine ausgesprochen lebendige Aussprache an, in der unter anderem zur Sprache kam, wie konkret sich aus vergangenen Zeiten für die Gegenwart lernen lasse (und wie auch nicht) und wie es gekommen sei, dass die Kirche über Jahrhunderte gerne die Rolle einer gesellschaftlich dominierenden Kraft übernommen habe, obwohl das biblische Zeugnis durchaus auch andere Rollenverständnisse nahegelegt hätte.

Der Rektor der LThH, Prof. Barnbrock, drückte seine Dankbarkeit dafür aus, dass auch mit diesem Besuch und der Gastvorlesung die Verbindungen zwischen den beiden bekenntnislutherischen Hochschulen gestärkt worden sei.

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