5 Tage Weigersdorf | 02.10.2019

Biblisches Christentum in einer globalisieren Welt
SELK: 5 Tage Weigersdorf

Hohendubrau-Weigersdorf, 2.10.2019 - selk- Nach einer zweijährigen Pause fand kürzlich der Neustart des in der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) beheimateten Angebotes "5 Tage Weigersdorf" statt. Die 23 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die aus Deutschland und aus Südafrika angereist waren, beschäftigten sich in den Räumen der Weigersdorer St. Trinitatisgemeinde der SELK mit dem Thema "Biblisches Christentum in einer globalisierten Welt".

Pastor Dr. Karl E. Böhmer, hauptamtlicher Mitarbeiter der Lutherischen Kirchenmission (Bleckmarer Mission) der SELK und seit 2015 als Dozent am Lutheran Theological Seminary in Tshwane (Pretoria)/Südafrika im Bereich Kirchengeschichte und Mission tätig, hielt den Hauptvortrag in drei Teilen:

Im ersten Teil bearbeitete Böhmer das Thema "Globalisierung" - ausgehend von dem markanten Satz von Thom Renzie: "Wenn sich alles globalisiert, ist es hohe Zeit, dass der Einzelne sich individualisiert." Böhmer fragte: Geht diese Rechnung auf? Einleitend ging er dem Begriff "Globalisierung" nach (ein breitgefächertes, tendenzielles Schwinden von Einschränkungen, zunehmende globale Wechselwirkung und Vernetzung). Das Phänomen der Globalisierung wurde sodann aus biblischer Perspektive kritisch beleuchtet, um positive und negative Aspekte derselben hervorzuheben. Anschließend zeigte Böhmer auf, dass die Globalisierung zwar einerseits auf Standardisierung und Homogenisierung hinauslaufe, andererseits aber profitbedingt zu einem höheren Maß an Selbstverwirklichung, Wahlfreiheit und (in diesem Sinne) Individualisierung führen solle. Christen gehe es seit der Taufe jedoch nicht um Selbstverwirklichung, sondern um Christusverwirklichung. Mit der Globalisierung einhergehende Tendenzen stellten die Kirche vor neue Herausforderungen, böten zugleich aber auch neue Chancen. Man dürfe heute neu lernen und ein Stückweit erleben, dass Christus global unterwegs sei und heute noch durch globale Mission globale Kirche baue.

Im zweiten Teil nahm Böhmer das Thema unter dem Stichwort "Martyrium" von seiner kirchengeschichtlichen Seite unter die Lupe. Er brachte den Teilnehmenden Geschichten von christlichen Märtyrern aus der Alten Kirche nahe und brachte sie in Verbindung zu heutigen Geschichten der Christenheit, die in einer Verfolgungssituation lebe. Zeitgleich zur Globalisierung des 20. Jahrhunderts habe ein markanter Anstieg an Martyrien von christlich Glaubenden stattgefunden, der dazu Anlass gebe, über die Wechselwirkung zwischen Globalisierung und christlichem Martyrium nachzudenken. Obwohl sich pauschalisierende Kausalitätsberechnungen verbieten würden, lohne es sich, Auswirkungen der digitalen Übertragung von christlichen Martyrien im Internetzeitalter (Stichwort: Nachahmungseffekt) und Vergeltungsmaßnahmen an christlich Glaubenden als Gegenreaktion gegen eine in der Wahrnehmung Dritter als von "christlich" eingestuften Ländern ausgehende Globalisierung ins Auge zu fassen. Überhaupt sei sich die Christenheit im Informationszeitalter verstärkt aktueller Verfolgungslagen und Martyrien in der globalen Kirche bewusst. Böhmer rief im Sinne von Artikel XXI der Apologie des Augsburgischen Bekenntnisses zur Wiedergewinnung der Märtyrerehrung auf. Abschließend wies er darauf hin, dass Gott durch die Erhörung der siebenten Bitte der Vaterunser-Gebetes ("Sondern erlöse uns von dem Bösen") sowohl den Tod seiner Christen als auch das kommende Weltende unter ein positives Zeichen stelle.

Im dritten und letzten Teil entfaltete Böhmer das Thema unter der Fragestellung, welchen Stellenwert der Gottesdienst und die Liturgie in einer globalisierten und wandelsüchtigen Welt habe. Er hob anhand einiger Beispiele hervor, dass viele Kirchen sich heute verstärkt um milieuspezifische und zeitgemäße Gottesdienstformen bemühten, was einerseits einen enormen Aufwand fordere, andererseits jedoch nicht das Problem der zunehmenden Kirchenaustritte und der Säkularisierung im Abendland zu lösen scheine. Fraglich sei aus Sicht der Bibel der Ansatz von Kirchen, die globalisierten Menschen den Eindruck vermitteln würden, das christliche Leben drehe sich schwerpunktmäßig um Individuen und ihre gefühlten Bedürfnisse. Stattdessen gehe es darum, Menschen zu allen Zeiten in Christi Tod und Leben einzubinden, ihnen die Sünden zu vergeben und sie immer wieder neu auf Gott und den Nächsten hin auszurichten. Bleibende Aufgabe der Kirche Jesu Christi sei es, durch die Gestaltung des Gottesdienstes die Inhalte der Bibel zu kommunizieren und Gesetz und Evangelium auf die versammelte Gemeinde in gelebter Gemeinschaft anzuwenden. Böhmer hob im Angesicht der schnelllebigen globalisierten Welt das Grundbedürfnis der Menschen nach Ritualen als strukturiertes, zweckmäßiges und berechenbares Verhalten hervor, dessen Wert insbesondere dort hervortrete, wo Menschen an Grenzsituationen im Leben kommen würden. Böhmer plädierte für Gottesdienstformen, die das Beste und Bewährteste aus 21 Jahrhunderten Kirche zum Ausdruck bringen würden. Solche Formen seien bedingt durch das Bekenntnis der Kirche, durch die Treue zur Bibel in ihren Urtexten, durch die Notwendigkeit der Verständlichkeit im jeweiligen Kontext und durch die seelsorgerlicher Eignung.

Neben den Hauptvorträgen gab es weitere Seminar-Einheiten, die sich mit den Themen "Gebet" (Jonathan Rehr), "Christentum in globalisierter Welt - wie alles begann" (Michael Wenz) und "Thesen zum 4. Gebot" (Pfarrer Johann Hillermann) beschäftigten.

Wie in jedem Jahr, so wurde auch diesmal die Veranstaltung durch Andachten geprägt, die in Form der klassischen Tagzeitengebete gehalten wurden. Daneben gab es das Angebot zur Einzelbeichte, einen von SELK-Ost-Kantor Georg Mogwitz geleiteten und aus den Teilnehmenden gewonnenen Chor und Freizeitangebote wie Sport, Spiel und Baden sowie Zeit zum Ausruhen und für persönliche Gespräche.

Im kommenden Jahr ist "5 Tage Weigersdorf" für die Zeit vom 19. bis zum 23. August geplant. Als Hauptredner konnte Pastor Dr. Jacob Corzine gewonnen werden. Er ist Assistant Professor für Systematische Theologie an der Concordia University Chicago (USA).

Nähere Informationen zu der Arbeit und dem nächsten Treffen von "5 Tage Weigersdorf" sind zu erhalten bei Pfarrer Hinrich Brandt, Pestalozzistr. 2, 17489 Greifswald, Tel. (0 38 34) 50 04 22, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

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