Begegnungskonvent Hessen-Nord und Hessen-Süd | 15.11.2019
Predigtpraxis als geschwisterliche und kooperative Praxis verstehen
SELK: Begegnungskonvent Hessen-Nord und Hessen-Süd in Marburg
Marburg, 15.11.2019 - selk - Die Pfarrkonvente der Kirchenbezirke Hessen-Nord und Hessen-Süd der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) trafen sich am 13. und 14. November in Marburg zu einem Begegnungskonvent. Begegnungskonvente sollen dazu dienen, inhaltlich-theologische, seelsorgerliche und persönliche Themen besprechen zu können. Die Superintendenten der Kirchenbezirke, Pfarrer Manfred Holst (Marburg) und Pfarrer Theodor Höhn (Oberursel), hatten das Treffen vorbereitet. Zunächst referierte der frühere Datenschutzbeauftragte der SELK, Pfarrer Jörg Ackermann (Melsungen), über das Datenschutzrecht und die damit verbundenen Auswirkungen für die Kirche und die Gemeinden.
In einer weiteren Arbeitseinheit hatte der Konvent Dr. Ulrike Wagner-Rau, seit 2018 emeritierte Professorin für Praktische Theologie an der Philipps-Universität Marburg, zu Gast. Die Referentin hielt einen Vortrag unter dem Titel "Biblisch - existenziell - aufklärend - leicht - anmutend: Fünf homiletische Impulse für die Kommunikation des Evangeliums heute". Zu Beginn ihres Impulses stellte Wagner-Rau aufgrund zahlreicher Untersuchungen fest, dass die Menschen "viel von der Predigt" erwarten würden und nicht auf sie verzichten wollten. Manche Gottesdienstbesucherinnen und -besucher würden in der Predigt das "Herzstück" des Gottesdienstes sehen. Es gehe daher in der Verkündigung darum, "die Predigt mit Lust und Aufmerksamkeit in Angriff zu nehmen".
In fünf Schritten entwickelte Wagner-Rau wichtige Aspekte der Predigt, indem sie unter anderem theologische Entwürfe zur Predigt aufgriff. So sei ein neues Interesse am biblischen Text durch die sogenannte Rezeptionsästhetik zu verzeichnen. Durch diesen Ansatz sei der Blick auf die Auslegungsgeschichte und die Rezeption des Lesenden neu wahrgenommen worden. Der Gewinn für die Predigtpraxis sieht die Referentin darin, dass dem biblischen Text als Text viel zuzutrauen sei. Sie formulierte: "Wenn ich den Text sofort unter einer Verwertungsabsicht anschaue, ihn befrage darauf, welche zentrale Aussage er birgt, die ich predigen kann, nehme ich mir die Chance, mich im Gespräch mit dem Text auf bisher unbegangene Wege führen zu lassen." Weitere Aspekte griff die Referentin auf, wie zum Beispiel die homiletische Situation, die im Anschluss an den Theologen Ernst Lange primär darauf gerichtet sei, dass die Predigt des Textes in Beziehung stehe zu den Fragen und Themen, die den Prediger und die Hörer wirklich umtreiben würden. Ein weiterer Impuls thematisierte den Aspekt, dass Hörerinnen und Hörer auch etwas durch die Predigt lernen wollten. Es gebe das Bedürfnis nach historischer und theologischer Information, die den Zugang zum Predigttext eröffneten. Mit dem Theologen Gerd Theißen stellte Wagner-Rau fest, dass es nicht darum gehen könne, "zwei Wahrheiten" nebeneinander stehen zu lassen: eine eingeschränkte Wahrheit für die Gemeinde, eine aufgeklärte Wahrheit für die Theologen. In diesem Kontext wurden beispielhaft die Schöpfungsberichte thematisiert. In einem weiteren Schritt ging es der Referentin um eine angemessene und "leichte" und zuletzt um eine "anmutende" Sprache, die der Predigt als Gottesrede entspreche.
In der anschließenden Gesprächsrunde mit der Referentin wurden einzelne Aspekte aufgegriffen. Die Diskussion zeigte, dass das Thema "Predigt" weiterhin für den Dienst des Pfarrers von großer Bedeutung ist. Wagner-Rau schloss ihre Impulse mit dem Wunsch und dem Vorschlag, die Predigtpraxis stärker als eine "geschwisterliche und kooperative Praxis zu verstehen", bei der es darum gehe, gemeinsam über Predigten nachzudenken und Rückmeldungen zur eigenen Predigt zu erbitten.
Der Abend des Konventes war der Begegnung gewidmet, indem die Konventualen Zeit und Raum hatten, zum einen darüber zu sprechen, wie es ihnen in ihren jeweiligen Diensten in den Gemeinden und der Kirche geht. Zum anderen konnten auch persönliche und private Themen in einer vertrauensvollen Atmosphäre besprochen werden.
Ein letzter thematischer Block wurde von Superintendent Höhn verantwortet. In einer Arbeitseinheit stellte er die Thesen und Überlegungen zum "Zeitmanagement im Pfarramt" vor, die kürzlich von ihm gemeinsam mit Prof. Dr. Christoph Barnbrock (Oberursel) in einer Weiterbildung der Kirchenleitung und des Kollegiums der Superintendenten der SELK präsentiert worden waren. Es wurde im anschließenden Gespräch deutlich, dass in diesem Themenbereich verschiedene Aspekte berücksichtigt werden müssen. So gebe es eigene Erwartungen und Wünsche ebenso wie die Erwartungen der Gemeinden. Die selbstständige Zeiteinteilung sei für Pfarrer und ihren Dienst eine besondere Herausforderung.
Die Konventualen machten sich nach dieser gemeinsamen Zeit in Marburg direkt im Anschluss nach Oberursel auf, um den Nominierungskonvent zur Propstwahl gemeinsam mit den Konventualen des Kirchenbezirks Süddeutschland zu beginnen.
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Ein Bericht von selk_news /
Redaktion: SELK-Gesamtkirche /
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