Fachgespräch: Schutz für Minderheiten | 12.04.2016
Flüchtlingsheime: Schutzräume für Minderheiten gefordert
SELK-Pfarrer an Fachgespräch beteiligt
Berlin, 12.4.2016 - selk - Am gestrigen Montag fand im Sitzungssaal der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag in Berlin ein Fachgespräch zur Frage der Religionsfreiheit in Flüchtlingsheimen statt. Besonders religiöse Minderheiten in Flüchtlingsheimen, wie Christen und Jesiden, sind mitunter Gewalt und Ausgrenzung ausgesetzt. Volker Kauder, Vorsitzender der CDU/CSU- Fraktion, sprach sich gegen eine getrennte Unterbringung von Flüchtlingen nach Religionen aus. Vielmehr gelte es, die Religionsfreiheit mit rechtsstaatlichen Mitteln durchzusetzen.
Pfarrer Dr. Gottfried Martens von der Dreieinigkeits-Gemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) in Berlin-Steglitz erklärte, dass wenigstens Schutzräume für drangsalierte Minderheiten in den Flüchtlingsheimen eine Möglichkeit sein könnten, wenn Minderheiten wegen ihres Glaubens schikaniert würden. Es könne während eines Brandes wohl kaum darum gehen, sich über Brandschutzbestimmungen zu unterhalten. Vielmehr gehe es darum, zunächst die Menschen konkret zu retten und zu schützen. Schutzräume könnten daher neben anderen Überlegungen eine Maßnahme sein.
Eine getrennte Unterbringung sei dann nicht nötig, wenn es solche Schutzräume gebe, so Martens. Ebenso sei zu überdenken, die Zahl von Christen, Jesiden und anderen Minderheiten in den Flüchtlingsheimen zu erhöhen, um ein ausgewogeneres Zahlenverhältnis zu erzielen. Auch ein funktionierendes Beschwerdemanagement müsse aufgebaut werden.
Dr. Heiner Koch, Erzbischof des römisch-katholischen Erzbistums Berlin, sieht für seine Diözese in der Flüchtlingskrise eine Herausforderung, dankte aber auch den zahlreichen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern für ihr Engagement. Auf Anfrage, wie es Christinnen und Christen in den Unterkünften gehe, habe er wahrnehmen müssen, dass sie Angst vor Diskriminierung hätten.
Diese Angst brächten christliche Flüchtlinge aus ihren Herkunftsländern mit.
Auch seien ihre Erfahrungen geprägt durch Erlebnisse der Ausgrenzung und Abweisung in ihrer Heimat. "Wir dachten, wir kommen in ein christliches Land", wusste der Erzbischof aus Gesprächen mit geflüchteten Christen zu berichten. Die Drangsalierung von christlichen Minderheiten in Flüchtlingsheimen sei keine flächendeckende Erscheinung, gleichwohl müsse eine deutliche Zunahme von Übergriffen verzeichnet werden. Eine getrennte Unterbringung nach Religionen hält Koch nicht für sinnvoll. Vielmehr seien klare Hausregeln, Qualifikationen für Heimbetreiber und Sicherheitspersonal nötig. Auch ein funktionierendes Beschwerdemanagement, kleinere Unterkünfte und eine Sensibilisierung der Heimleitungen seien Instrumente gegen Übergriffe.
Dr. Stefan Meining vom ARD-Format "Report München" hat sich intensiv mit der Thematik befasst. Meining machte darauf aufmerksam, dass neben Christen auch Jesiden zu den Opfern gehören. Er stelle bei seinen Recherchen fest, dass Betroffene oftmals kein Vertrauen in Polizei und Behörden hätten, da diese in ihren Herkunftsländern Teil des Unterdrückungssystems seien. Auch offen mit den Medien zu kommunizieren falle manchen schwer, weil sie Furcht hätten, dass zurückgebliebene Angehörige in den Heimatländern benachteiligt werden könnten. Nicht allein Enge und Stress seien für Mobbing verantwortlich, wusste Meining aus Berichten von schikanierten Minderheiten zu berichten. "Wo beginnt der Hass? Wo das Mobbing Christen gegenüber?" Der Vorsitzende des DITIB-Sehitlik Türkisch Islamische Gemeinde zu Neukölln e.V., Ender Cetin, verwies hingegen darauf, dass es weniger religiöse, sondern vielmehr soziale Probleme seien, die in den Unterkünften für Probleme sorgten. Gleichwohl setzt er sich für Religionsfreiheit ein. Ebenso bot er seine Mitarbeit und Mithilfe an. Stefan Mayer, Vorsitzender der "Arbeitsgruppe Innen" der CDU/CSU-Fraktion, hält den Vorschlag von Schutzräumen für eine Möglichkeit, die weiter Gegenstand von Beratungen sein könne.
Link zur Veranstaltung:
https://www.cducsu.de/themen/innen-recht-sport-und-ehrenamt/christen-fluechtlingsheimen-besser-schuetzen
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