Heinz Zickler wird 100 | 23.03.2020

Heinz Zickler wird 100
Renommierter Musiker ist SELK-Kirchglied in Wiesbaden

Wiesbaden, 23.3.2020 - selk - Heinz Zickler, ehemaliger Kirchenmusiker der Christuskirchengemeinde Wiesbaden der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), wird am Mittwoch 100 Jahre alt. Er wurde am 25. März 1920 in Naundorf bei Schmiedeberg im Erzgebirge (Sachsen) geboren. Der Trompeter, Organist, Kantor und Bachforscher ist weit über die SELK hinaus bekannt und genießt hohes Ansehen.  Als lutherischer Christ widmete er sein Leben hauptsächlich der geistlichen Musik.

Bereits mit vier Jahren begann Zickler mit dem Klavierunterricht und machte eine Ausbildung zum Chorknaben. Eine harte Schule: Verspielen wurde prompt mit Schlägen auf die Finger quittiert. Konfirmiert wurde Heinz Zickler in Dippoldiswalde. Dann kam die Berufsschule. Der Fabrikant, bei dem Heinz Zickler arbeitete, überzeugte dessen Vater davon, dass der Sohn Musiker werden müsse. So lernte der Jubilar Trompete. Das Geld dafür verdiente er sich am Wochenende, wenn er auf den Dörfern Tanzmusik spielte.

Mit vierzehn Jahren, nachdem er sich zuvor das Flügelhorn beigebracht hatte, begann er mit Trompetenunterricht in der Dresdner Philharmonie, wo die berühmte "Dresdner Schule" unterrichtet wurde. Der junge Zickler erhielt Orgelunterricht von Hans Ander-Donath, dem letzten Organisten der Dresdner Frauenkirche vor deren Zerstörung. Zickler spielte hier die Silbermann-Orgel bei Hochzeiten, Beerdigungen, Taufen und in Vespern. Mit 20 Jahren spielte Heinz Zickler Orgelkonzerte in der Dresdner Sophienkirche.

Der Musikunterricht wurde durch die Zerstörung der Frauenkirche und anderer Dresdner Kirchen im Zweiten Weltkrieg unterbrochen. Danach nahm Zickler sein Studium an der staatlichen Musikschule in Leipzig wieder auf.  Sein Lehrer, den er besonders in Ehren hält, war Thomaskantor Karl Straube. Zickler gehörte zu dessen drei letzten Orgelschülern.

1945 wurde Zickler Solotrompeter im Rundfunk-Tanz-Orchester Dresden, bis die russische Militärregierung das Orchester auflöste.  Die nächsten sechs Jahre verbrachte er als Chorleiter, Kirchenmusiker und Religionslehrer. Während dieser Zeit wurde Heinz Zickler von der Semperoper engagiert. Von 1953 bis 1955 war er Solotrompeter beim Staatlichen Sinfonieorchester der Stadt Halle an der Saale. 1955 gewann er das Vorspiel für die Position der Solotrompete im weltberühmten Gewandhausorchester Leipzig unter der Leitung von Franz Konwitschny. Bereits zu dieser Zeit war Zickler einer der besten Trompetensolisten, der die anspruchsvollsten Trompetenstücke aus Bachs Kompositionen aufführte. Er durfte für Konzertauftritte nach Westdeutschland reisen. Zu dieser Zeit gab es nur sehr wenige Trompeter, die diese Art von Musik spielten.

1956 flohen Heinz Zickler und seine Familie aus der DDR. In Westdeutschland erhielt Zickler ein Engagement als Solotrompeter beim Orchester des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden und blieb dort bis zu seiner Pensionierung 1983.

Als Dozent für Trompete unterrichtete Zickler Studenten - vor seiner Flucht in Leipzig, später an der Musikfakultät der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität und am Peter-Cornelius-Konservatorium Mainz.

Zusammen mit dem Bach-Chor sowie dem Bach-Orchester Mainz spielte der Jubilar unter der Leitung von Diethard Hellmann die erste Trompete in Bachs h-Moll-Messe fast einhundertmal. Der Südwestrundfunk nahm 136 Bach-Kantaten mit ihm auf, die in einer wöchentlichen Kantatenreihe im Radio gesendet wurden. Im Jahre 1970 spielte er in der allerersten Aufführung des Weihnachtsoratoriums Johann Sebastian Bachs in Israel. Bei einer Fernsehübertragung des Zweiten Deutschen Fernsehen im Jahr 1963 begleitete Heinz Zickler auf einer hohen G-Trompete den berühmten Bariton Dietrich Fischer-Dieskau (youtube.com/watch?v=OQXDRuRcU6c). Viele weitere Aufnahmen entstanden auf Langspielplatte, später als CD und Stream. Insbesondere spielte Zickler das Konzert Servizio di Tavola von KG von Reutter (youtube.com/watch?v=kmEmQ0GNVus), das innerhalb der barocken Trompetenliteratur extreme Anforderungen stellt und als erste Aufnahme dieses Werkes überhaupt gilt.

Parallel war Zickler Organist und Chorleiter in Wiesbaden, ab 1983 für die lutherische Christuskirchengemeinde. Hier fand er auch mit seinem Übertritt in die SELK seine geistliche Heimat. Die Kompositionen von Johann Sebastian Bach bestimmten weiterhin sein Leben als Kirchenmusiker, Organist und Trompetensolist. Unter seiner Leitung gelang es in den Jahren 1985 bis 1987 mit dem Kirchenchor und dem von ihm gegründeten erweiterten Orchesterkreis drei Bach-Oratorien aufzuführen: mehrfach wiederholt das Weihnachtsoratorium, das Osteroratorium und das Himmelfahrtsoratorium. Lange Zeit bereicherte er einmal im Monat den Gottesdienst der Christuskirchengemeinde um die für den jeweiligen Sonntag geschriebene Bach-Kantate. Auch als Organist fand Zickler über die Gemeindegrenzen hinaus mit großen Orgelwerken viel Interesse und Anerkennung. Die Hauptaufgabe eines Kirchenmusikers jedoch sieht Zickler in der musikalischen Verkündigung und Mitgestaltung des Gottesdienstes.

Sein Herzensanliegen war es in aktiven Zeiten, die vielen theologischen Ausdeutungen in Bachs kanonischen Veränderungen von Luthers Weihnachtslied "Vom Himmel hoch" zu erforschen und den Menschen nahe zu bringen. In vielen Vorträgen konnte er seine Entdeckungen auch Laien verständlich machen. Er sieht diese Variationen über "Vom Himmel hoch ...", wie er in einer Buchveröffentlichung äußerte, als "Explikation der Heilsgeschichte anhand eines Weihnachtsliedes".

Seine Frau Helene, die ihm immer zur Seite stand und die Organisation seiner Künstlerkarriere im Griff hatte, verstarb im Jahr 2017. Heute bewohnt der Jubilar sein Haus zusammen mit einer seiner drei Töchter. Bei altersgemäß guter körperlicher und geistiger Gesundheit ist er gut eingebunden im Kreise seiner Töchter, Enkel und Urenkel. Ungebrochen bleibt seine Begeisterung für Bach, die sich aus dem theologischen "Hintergrund" nährt, der Durchdringung von Glauben und Musik bei Bach. Darum geht es ihm.

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