Online-Vortrag des Löhe-Seminars zum Umgang mit Angst | 11.05.2021

"Fürchte Dich nicht - gefangen in Deiner Angst"
SELK: Online-Vortrag des Wilhelm-Löhe-Seminars

Korbach/Oberursel, 11.5.2021 - selk - Das Wilhelm-Löhe-Seminar des der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) zugeordneten Diakonissenwerks Korbach veranstaltete am vergangenen Samstag einen digitalen Seminarvormittag zum Thema "Fürchte Dich nicht - gefangen in Deiner Angst" mit Professor Dr. Achim Behrens von der Lutherischen Theologischen Hochschule der SELK in Oberursel als Referenten.

Der Referent stieg mit der Frage ein: "Was macht uns eigentlich Angst?" Es seien Kontingenz (das Zufällige, Unberechenbare, das, was menschliche Sicherheit ins Wanken bringt) und Ambivalenz (die Zwiespältigkeit, die dunkle Seite der Medaille, das Wissen, dass nicht immer alles gut ist). In seinem Vortrag wurde deutlich, dass die Angst unvermeidlich zum Leben gehöre. Er brachte ein Zitat von Fritz Riemann: " . Wir können nur versuchen, Gegenkräfte zu entwickeln: Mut, Vertrauen, Erkenntnis, Macht, Hoffnung, Demut, Glaube und Liebe. Die können uns helfen Angst anzunehmen, uns mit ihr auseinanderzusetzen, sie immer neu zu besiegen."

Im Alten Testament werde Angst als körperlich empfunden, so Behrens, wie Zittern, Beben, Enge. Angst sei Enge und Gefangenschaft. Das Gegenteil davon sei Freiheit. Auch die Gottesfurcht wurde thematisiert - im Blick auf Ehrfurcht, Religion, Glaube. In der Bibel habe Gott auch eine abgewandte Seite.

Behrens benannte viele Beispiele der Bibel, in denen es um Angst und um den Umgang mit der Angst geht. Abraham, der seinen Sohn Isaak opfern sollte, Hiob, dem alles genommen wurde - und Gott ließ es zu -, um nur zwei zu nennen. Dabei wurde deutlich, dass es wichtig sei, nicht die Emotionen zu verbieten, sondern die Stärkung und den Umgang mit der Angst zu betonen. Gott sei da, auch in schweren Zeiten: "In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden", so ein biblisches Jesus-Wort (Evangelium nach Johannes, Kapitel 16, Vers 33).

Unter der Überschrift "Kirche und Angst" wurde die Historie betrachtet. Im Mittelalter hatten die Menschen Angst, auch vor Gott! Angst wurde zu einem kirchlichen Machtmittel und führte zum Missbrauch. Erst die Entdeckung Luthers, dass das Evangelium zur Befreiung führt, brachte die Wende im Denken. Es führte zur Bildung, neuen Medien und dem langsamen Verstehen des verborgenen Gottes. Christen sind gerecht und Sünder zugleich.

Behrens betrachtete auch die Angst in der Gegenwart. Es gelte: Angst sei ein schlechter Ratgeber. Die Menschen hätten das Bedürfnis nach Eindeutigkeit und Klarheit. Die gebe es jedoch nicht immer. Im gesellschaftlichen Blickfeld stünden Liberalität und Vielfalt gegen vermeintliche Eindeutigkeit, Multikulturalität stehe gegen Nationalismus, immer schnellere, aber sehr kurze Informationen stünden gegen differenzierte Wahrnehmung. Hier gelte es Ambivalenzen (Zwiespältigkeiten) zu erkennen und zu bewältigen, sich gegen empfundene und geschürte Ängste zu stellen. Das "Fürchte dich nicht" gelte aller Welt.

Der Referent beleuchtete auch die individuellen Aspekte. Glaube sei immer zuerst eine persönliche Angelegenheit. Statt Angst zu verdrängen, helfe Integration und Bewältigung, das Wissen darum, angenommen zu sein, Vergebung und Liebe. Der Selbstwert hänge nicht an der eigenen Leistung, sondern daran, von Gott bejaht worden zu sein und sich selbst zu bejahen. Glaube mache nicht angstfrei, aber gelassen.

Behrens ging auch auf die Ängste in der Coronapandemie ein und lenkte den Blick auf die Kirche heute. Beschäftigen wir uns zu sehr mit uns selbst, mit Hygienekonzepten und Verboten, so seine Frage, "oder bekommen wir den Blick frei, diese Zeit als Chance für die Kirche und Gemeinden zu nutzen?" "Suchet der Stadt Bestes .", laute die Aufforderung im biblischen Buch des Propheten Jeremia (Kapitel 29, Vers 7). Behrens brachte praktische Beispiele wie Kirche, gerade in dieser Zeit, geöffnet werden könne. Künstler in einen Gottesdienst einzuladen, Menschen, die zurzeit nicht arbeiten können oder dürfen, mit in die Gemeinschaft zu holen, kreativ zu werden und zu  schauen, was Kirche in diesen Zeiten tun kann, gegen die Verzweiflung und Angst der Menschen, Stärkung und Ermutigung weiterzutragen ... Dabei gelte immer. "Wir sind allein aus Gnaden selig! Nicht durch Leistung." Corona werde diese Gesellschaft nachhaltig verändern, so die Meinung des Referenten.

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