SELK-Pfarrerkonferenz (1) | 14.06.2021
Digitale Möglichkeiten und Grenzen gottesdienstlicher Praxis
Stefan Kopp als Referent bei SELK-Pfarrerkonferenz
Hannover/Paderborn, 14.6.2021 - selk - Am ersten Tag der Pfarrerkonferenz der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), die heute und morgen als virtuelles Angebot anstelle des für diese Woche geplanten 14. Allgemeinen Pfarrkonvents der SELK stattfindet, stand ein Referat des Paderborner Liturgiewissenschaftlers Prof. Dr. Stefan Kopp im Mittelpunkt der gemeinsamen Arbeit. Unter dem Thema "Gottesdienst in der Spannung von Inkarnation, Leiblichkeit und Digitalisierung" führte Kopp aus, welche Schwierigkeiten, aber auch welche Möglichkeiten virtueller Teilnahmeformen an Gottesdiensten sich ergeben könnten. Neben skurrilen Fehlformen, die in den letzten Monaten wahrnehmbar gewesen seien, seien die neuen Möglichkeiten eben auch konstruktiv-kritisch zu bedenken. Dabei könne es an manchem Punkt auch zu einer Veränderung der Beurteilung theologischer Fragen kommen.
In seinem Vortrag setzte der Referent bei "Historischen Formen der ,Virtualität' in der Liturgie" an, indem er etwa darauf hinwies, dass schon das Medium des Briefes oder des Buches in neutestamentlicher Zeit als Vergegenwärtigung von Abwesendem verstanden werden könne - so wie auch in späterer Zeit Kirchengebäude oder Kunstwerke. Aus römisch-katholischer Perspektive habe sich dann mit dem Blick auf die neuen technischen Medien die Einschätzung durchgesetzt, dass etwa Fernsehgottesdienste ein geistlich wertvolles Angebot darstellten, dieses aber die Feier vor Ort nicht ersetzen könne.
Im Zusammenhang der Behandlung gegenwärtiger Fragestellungen stellte der Paderborner Liturgiewissenschaftler fest, dass sich beobachten lasse, dass beispielsweise die Fernsehgottesdienste eine große Reichweite erzielten und die neuen Videoformate sich auch als Demokratisierungsprozess (mit allen Vor- und Nachteilen, die damit verbunden seien) greifen ließen. In dem Zusammenhang müsse aber die Frage gestellt werden, wie in den virtuellen Gottesdienstfeiern gerade auch die Aktivität der Gemeinde und die Überzeugung, dass die Gemeindeglieder Subjekt der Gottesdienstfeiern seien, zum Ausdruck kommen könnten.
Mit Blick auf die sich ergebenden Perspektiven zu Liturgie, Digitalität und Virtualität knüpfte Kopp an Überlegungen Walter Benjamins an, der den Verlust von Aura, Einmaligkeit und Authentizität durch die Möglichkeiten technischer Reproduzierbarkeit betonte. Dass die Fragen nach virtuellen Angeboten der Kirche relevant blieben, sei offenkundig. Dabei sei es aber bedeutsam, reale und virtuelle Angebote nicht gegeneinander auszuspielen. Es sei immer eine Stärke der Kirche gewesen, dass sie die jeweils neuen Medien auch genutzt habe. Gleichwohl sei der inkarnatorische Aspekt, dass der Gottesdienst insbesondere auch in seiner sakramentalen Dimension mit echter Gemeinschaft und leiblicher Präsenz zu tun hat, nicht komplett durch virtuelle Angebote zu ersetzen. Virtuelle Angebote zur Glaubensstärkung seien eher als Ergänzung und nicht als Ersatz für Gottesdienste zu verstehen.
Der 36 Jahre alte Theologe ist Lehrstuhlinhaber für Liturgiewissenschaft an der Theologischen Fakultät Paderborn und seit 2019 deren Rektor. Gemeinsam mit Benjamin Krysmann hat er im vergangenen Jahr den Band "Online zu Gott?! Liturgische Ausdrucksformen und Erfahrungen im Medienzeitalter", der im Herder-Verlag als Band 5 der Reihe "Kirche in Zeiten der Veränderung" erschienen ist, herausgegeben.
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Ein Bericht von selk_news /
Redaktion: SELK-Gesamtkirche /
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