Seminar mit Werner Klän in Zehlendorf | 17.02.2022
Widerstandsrecht und Gehorsamspflicht
SELK: Seminar mit Werner Klän in Zehlendorf
Berlin, 17.2.2022 - selk - Am 10. Februar traf sich der Kirchenvorstand Mariengemeinde Berlin-Zehlendorf der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) zu einem Seminar mit SELK-Prof. i.R. Dr. Werner Klän (Lübeck).
Thematisch stand das Seminar unter der Überschrift "Das Verhältnis von Kirche und Staat. Widerstandsrecht und Gehorsamspflicht". Das Seminar fand coronabedingt hybrid als präsentische und als internetgestützte Veranstaltung statt.
Die Obrigkeit hat nach Paulus (Die Bibel: Römerbrief, Kapitel 13) ordnende Funktion mit dem Ziel, ein möglichst friedvolles Miteinander in der Gesellschaft aufzurichten, zu erhalten und zu schützen. Das Recht muss geschützt werden, um dem Missbrauch von Macht sowie der Gesetzlosigkeit zu wehren. Recht und Gesetz sind notwendig, da angesichts der gefallenen und sündigen Welt zur Aufrechterhaltung des Zusammenlebens unter den Menschen eine solche Notordnung geboten ist.
Neben dem schon bei Paulus im Römerbrief genannten Gottesbezug, ist für Petrus (1. Petrusbrief, Kapitel 2) die Freiheit leitendes Motiv. Hierbei meint die Freiheit aber nicht Bindungslosigkeit. vielmehr hält der Christ die Gesetze, weil er in Christus ein freier Mensch ist. Es ist Freiheit in der Bindung an Christus.
Nach der Beschäftigung mit den Bibelworten, die sich vornehmlich mit der Gehorsamspflicht gegenüber dem Staat beschäftigten, wurde mit einem Bibelwort aus der Apostelgeschichte - Kapitel 5, Vers 29 - das Widerstandsrecht in den Blick genommen. In welchem Fall muss man Gott mehr gehorchen als den Menschen? Das Wort des Petrus gilt dort, wo die Verkündigung von Jesus Christus durch staatliche Instanzen verboten oder eingeschränkt wird.
Im zweiten Teil beschäftigte sich der Kirchenvorstand unter der Leitung von Klän mit den Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche. Der 16. Artikel des Augsburgischen nimmt das Verhältnis von Kirche und Staat in den Blick. Gott regiert sowohl im geistlichen Bereich (Kirche) als auch im weltlichen Bereich (Staat). Beide Bereiche sollen jedoch nicht miteinander vermischt werden. Mit der so genannten Zwei-Regimenten-Lehre wollte die lutherische Reformation einer solchen Fehlentwicklung entgegenwirken. Ein Christ nimmt verschiedene Rollen ein: als Familienmitglied, als Bürger in Gesellschaft und Staat, als Glied der Kirche. Es ist nun stets zu fragen, in welcher Eigenschaft er selbst gefordert und angesprochen ist. Gleichwohl gilt, dass ein Christ dem Willen Gottes in allen Bereichen verpflichtet ist.
Die Kirche hat jedoch gegenüber dem Staat ein Wächteramt. So ist die Kirche kritischer Begleiter des Staates und ihrer Organe. Sie weist auf Fehlentwicklungen hin und tritt als Mahnerin auf.
Im dritten Teil des Seminars referierte Klän über den lutherischen Theologen Hermann Sasse. Er machte deutlich, dass die Obrigkeit das Recht heilighalten und schützen müsse. Die Obrigkeit hat Autorität, solange sie Recht und Gerechtigkeit schützt, die letztlich auf Gott zurückgehen. Wird das Recht in Unrecht verkehrt, ist unter Umständen die Möglichkeit zum Widerstand gegeben. Gleichwohl hat die Kirche kein politisches Mandat, hat aber den unwandelbaren Willen Gottes dem Staat anzusagen. Darum gibt es keine Neutralität im Gegenüber zum Staat.
Im weltlichen Bereich müssen Entscheidungen vernunftgeleitet getroffen werden, im Abgleich mit den Einstellungen anderer. Es zählt der gute, rechenschaftsfähige Grund, wenn der Staat Maßnahmen - immer im Rahmen des Rechts - verfügt.
Artikel 4 des Grundgesetzes schützt die Religionsfreiheit. Diese ist ein hohes Gut, das der Staat zu respektieren hat. Gottesdienstverbote, die es 2020 flächendeckend gegeben hat, sind klar als Übergriff des Staates in den Verantwortungsbereich der Kirche zu werten, ebenso ist die Be- und Verhinderung der seelsorglichen Begleitung Kranker und Sterbender. Im Zusammenhang mit den herausfordernden Zeiten stellte Klän fest, dass die Achtung vor der Gewissensentscheidung des Einzelnen im Blick zu behalten sei. Gott stelle mit den Herausforderungen unserer Tage die Kirche auf die Probe. Kirche habe zuweilen das Kreuz zu tragen.
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Ein Bericht von selk_news /
Redaktion: SELK-Gesamtkirche /
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