Christian Wulff bei Brunsbrocker Abend | 23.02.2023

SELK: 29. Brunsbrocker Abend mit Christian Wulff
Bundespräsident a.D. trug Gedanken zur Demokratie vor


Kirchlinteln, 23.3.2023 - selk - Gut 130 Gäste waren am gestrigen Mittwoch auf Einladung der St. Matthäusgemeinde Brunsbrock der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) gekommen, um im "Lintler Krug" in Kirchlinteln das Referat zum Thema "Hass und Liebe - Gedanken zur Demokratie" des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff (Großburgwedel bei Hannover) zu hören.

Nachdem Ortspfarrer Dieter Garlich in der Begrüßung die SELK und die "Brunsbrocker Abende" vorgestellt hatte, führte er in das Thema des Abends ein. Auch die Kirchen trügen eine Verantwortung zum Erhalt der Demokratie. "Denn nur in einer freiheitlich demokratischen Grundordnung", so Garlich, seien "die Grundrechte Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und eben auch Religionsfreiheit" garantiert. Es sei "auch aus der Mitte der Gesellschaft heraus notwendig, unsere Demokratie zu stützen." Garlich dankte den anwesenden Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern für ihr Engagement.

Christian Wulff begann seinen Vortrag mit Hinweisen zu Vorteilen der Dezentralität der Demokratie. Dadurch seien die Bürgerinnen und Bürger stärker in das politische System eingebunden. Die Demokratie beruhe auf der Ethik des Protestantismus und der römisch-katholischen Soziallehre. Wulff unterstrich in seinem mit viel Herzblut gehaltenen Vortrag weiter, dass es wichtig sei, Demokratie zu leben. Vom Sofa aus könne man schnell kritisieren, wichtig sei aber das persönliche Engagement in den demokratischen Parteien, Vereinen und Verbänden. Er hob in diesem Zusammenhang die Bedeutung von Vereinen und ehrenamtlichem Engagement für eine funktionierende Demokratie hervor.

Das, was die Generation nach dem Krieg unter vielen Mühen aufgebaut habe, sei es wert, immer wieder gestützt und gestärkt zu werden. Die Demokratie, die soziale Marktwirtschaft, die europäische und die deutsche Einigung seien nicht vom Himmel gefallen, sondern hart erarbeitet. Jede Generation habe ihre Aufgaben, so ginge es jetzt darum, den Zusammenhalt in der Gesellschaft hinzubekommen.

Laut einem Bericht der CIA werde die westliche Mittelschicht schwer unter Druck geraten. Konflikte zwischen den Völkern würden immer größer werde. Dies liegt seiner Meinung nach an Frust und Angst der Bürgerinnen und Bürger. Dies wiederum sei dann der Nährboden von Populismus. Man könne unzufrieden sein mit dem, was in der Europäischen Union (EU) manchmal laufe, aber man solle sich immer bewusst machen, dass die Deutschen in Europa mit allen Nachbarländern friedlich zusammenleben - und dies seit nunmehr 78 Jahren. "Auseinandersetzungen werden in der EU nicht mit Waffen, sondern mit Worten geführt", so Wulff.

Ferner ging der Referent kurz auf die Entwicklung der deutschen Demokratie seit 1848 ein. Im Vergleich zu Frankreich und England sei dies eine relativ junge Demokratie. Große Krisen seien 1923 die Inflation und 1933 Hitlers Machtübernahme gewesen. Es gebe, so Wulff,  24 vollständige Demokratien auf der Welt, die nur 8 Prozent der Bevölkerung repräsentierten.

Ein Kernsatz von Wulff war: "Uns ging es noch nie so gut wie heute, aber die Stimmung war noch nie so schlecht in Deutschland." Dies führt er auf ein Freund- Feind-Denken als größtes Problem der Demokratie in Verbindung mit Hass auf andere zurück. Der Grund hierfür müsse geklärt werden. Die Eigenverantwortung sei gefragt, durch Gespräche und Zuhören von Menschen anderer Meinung diese Eskalation zu stoppen.

Wulff zitierte aus dem Kirchenlied "Wo Menschen sich vergessen" unter anderem die Zeilen "Wo Menschen sich verbünden, den Hass überwinden und neu beginnen, ganz neu, da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns." Ein Patentrezept für die Überwindung der jetzigen Probleme (Hass-, Freund- Feind-Denken) könne er leider auch nicht geben. Er appellierte aber an die Selbstverantwortung der Bürgerinnen und Bürger.

Zum Schluss verwies der Referent auf den ehemaligen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert, der den Text der Europahymne ("Ode an die Freude") auf die aktuelle Situation umformuliert habe. In der Umdichtung heißt es: "Für Europa lasst uns streiten mit Verstand und Mut zur Tat, um den Fortschritt zu begleiten, der noch nicht begriffen hat, was wir können, was wir sollen, unter Nachbarn, alle gleich, die in Eintracht leben wollen, frei und froh durch Vielfalt reich." (Quelle: www.kas.de)

Der Abend schloss mit Gebet und Segen.

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Ein Bericht von selk_news /
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