20 Jahre Charta Oecumenica


Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) erinnert an die Ratifizierung der europäischen Charta Oecumenica für Deutschland und startet eine neue Webpräsenz mit Informations- und Arbeitsmaterialien. Am 30. Mai 2003 hatten 16 Mitgliedskirchen der ACK die 12 Selbstverpflichtungen im Rahmen des Ersten Ökumenischen Kirchentages in Berlin angenommen und unterzeichnet. Damit stimmten sie dem vorgelegten Text für ihre Zuständigkeitsbereiche zu und versprachen, sich die enthaltenen Verpflichtungen zu eigen zu machen.

Charta Oecumenica

Für die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) unterzeichnete Bischof Dr. Diethardt Roth bei der besagten Veranstaltung am 30. Mai 2003 in Berlin die Charta Oecumenica. Am 19. August 2003 wandte er sich mit einer Stellungnahme an alle Gemeinden der SELK, in der er Folgendes erläuterte:


Bischof Roth „Grundlegend wichtig war allen, die in unserer Kirche mit dem Entscheidungsprozess befasst waren, dass es sich bei der ‚Charta Oecumenica‘ nicht um ein Dokument mit lehramtlich-dogmatischem oder kirchenrechtlich-gesetzlichem Charakter handelt, sondern um eine Selbstverpflichtung im Rahmen der geltenden Ordnungen der jeweiligen Kirchen. Das bedeutet: Die ‚Charta Oecumenica‘ kann das, was in der SELK Lehrgrundlage oder Ordnung ist, nicht außer Kraft setzen oder Glieder unserer Kirche zum Handeln gegen ihr Gewissen zwingen. Sondern die ‚Charta Oecumenica‘ wird dazu beitragen, da bin ich ganz gewiss, die gesamtkirchliche Verantwortung, zu der wir von Christus gerufen sind, wie es in der ‚Wegweisung für evangelisch-lutherische Christen‘ heißt, auf einer gemeinsamen Basis zu gestalten und die Zusammenarbeit in äußeren Dingen zu ordnen.“


Leitlinien für wachsende Zusammenarbeit der Kirchen in Europa

Der Text der Charta Oecumenica war zwei Jahre zuvor anlässlich der Europäischen Ökumenischen Begegnung in Straßburg von den Präsidenten der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und dem Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) als „Leitlinien für die wachsende Zusammenarbeit unter den Kirchen in Europa“ am 22. April 2001 unterzeichnet worden. Seitdem haben zahlreiche regionale und lokale ACKs die Charta Oecumenica für sich und ihre Arbeit angenommen und konkretisiert.


„Grundgesetz“ der ökumenischen Bewegung

In zwölf Kapiteln führt der Text ökumenische Grundüberzeugungen an und leitet daraus Selbstverpflichtungen der Kirchen ab. „Heute wie damals ist die Charta Oecumenica Auftrag und Selbstverpflichtung, das Miteinander der christlichen Kirchen auf dem europäischen Kontinent zu intensivieren“, sagt der Vorsitzende der ACK, der griechisch-orthodoxe Erzpriester Radu Constantin Miron. „Die Charta Oecumenica kann man getrost als ‚Grundgesetz‘ der ökumenischen Bewegung in Europa bezeichnen!“


Multilaterale Ökumene wird zum Normalfall

Für Dr. Verena Hammes, Geschäftsführerin der ACK, steht der wichtigste Gedanke für das Miteinander der großen und kleinen Kirchen im vierten Abschnitt der Charta Oecumenica: „Wir verpflichten uns, auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens gemeinsam zu handeln, wo die Voraussetzungen dafür gegeben sind und nicht Gründe des Glaubens oder größere Zweckmäßigkeit dem entgegenstehen. Das heißt konkret: Ökumenische Aktionen und Handlungen sind nicht mehr begründungspflichtig, vielmehr muss man sich rechtfertigen, wenn man nicht ökumenisch denkt und handelt,“ so die römisch-katholische Theologin. Fügt aber hinzu: „Hand aufs Herz: In vielen Bereichen des kirchlichen Lebens gibt es immer noch konfessionelles Kirchturmdenken – von einer flächendeckenden ökumenischen Zusammenarbeit in allen Bereichen des kirchlichen Lebens sind wir mancherorts weit entfernt.“

Der leitende Geistliche der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), Bischof Hans-Jörg Voigt D.D. (Hannover) erklärte anlässlich des Jubiläums, dass die Charta Oecumenica in seiner Kirche einen hohen Stellenwert genieße. So sei das Dokument im Bewusstsein der Pfarrerschaft und der ökumenisch aktiven Gemeindeglieder fest verankert. Immer wieder werde es als Grundlagendokument zitiert und sei auch zurecht in den Band „Quellen zur Geschichte selbstständiger evangelisch-lutherischer Kirchen in Deutschland“ (Göttingen, 2010 S.702ff) aufgenommen worden. „Die Charta Oecumenica hält in der SELK das Bewusstsein wach, dass wir zu einer gesamtkirchlichen Verantwortung berufen sind, wie es mein Vorgänger im Bischofsdienst der SELK, Dr. Diethardt Roth, ausgedrückt hat.“


Webpräsenz und Bildungsmaterial

Von der ACK wurde eine Webpräsenz geschaffen, die neben zahlreichen Bild- und Textdokumenten Materialien zum eigenen Reflektieren und Handeln bereithält: www.charta-oecumenica.de.


Weiterarbeit und Kirchentag: Charta Oecumenica wird fortgeschrieben

Derzeit wird auf europäischer Ebene an einer Fortschreibung der Charta Oecumenica gearbeitet. Im Herbst befassen sich die Delegierten der ACK-Mitgliedskirchen bei einem Studientag während ihrer Herbstversammlung mit den Ergebnissen und Versäumnissen der vergangenen zwanzig Jahre.


Zur ACK in Deutschland:

Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) wurde am 10. März 1948 von fünf Kirchen gegründet. Im Jahr 2023 gehören ihr achtzehn Kirchen unterschiedlicher Traditionen an, weitere sieben Kirchen sind Gastmitglieder und fünf ökumenische Organisationen haben Beobachterstatus. Schwerpunkte der Arbeit der ACK sind die theologische Reflexion, das Engagement für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung sowie das gemeinsame Gebet und der Kontakt zu anderen ökumenischen Organisationen. Die ACK gestaltet dazu unter anderem den jährlichen zentralen Gottesdienst zur Gebetswoche für die Einheit der Christen, sie richtet den Ökumenischen Tag der Schöpfung aus, und auch die Vergabe des Ökumenepreises der ACK liegt in ihren Händen. Mitglieder, Gastmitglieder und Beobachter entsenden Delegierte in die Mitgliederversammlung, die zweimal im Jahr zusammenkommt. Derzeit ist Erzpriester Radu Constantin Miron Vorsitzender. Die Geschäftsstelle der ACK in Deutschland, die „Ökumenische Centrale“, hat ihren Sitz in Frankfurtam Main: www.oekumene-ack.de

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