Lesepredigten: 25. Jahrgang


Andreas Schwarz ist Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Baden (ELKiB), die mit der SELK seit 1981 in Kirchengemeinschaft steht. Er gibt seit 1999 die Reihe „Lesepredigten“ in gedruckter und digitaler Form heraus, die eine wertvolle Sammlung von Predigten für Lektorinnen und Lektoren in der SELK, aber auch für andere Interessierte darstellt. Mit dem aktuellen 97. Band der Lesepredigten startet die Serie in ihren 25. Jahrgang – ein Grund zum Feiern! Wir haben Pfarrer Andreas Schwarz für ein Interview befragt.


Lesepredigten

selk.de-Redaktion:
Herzlichen Glückwunsch, lieber Andreas Schwarz, zu 25 Jahrgängen der „Lesepredigten“. Wie feiern Sie diese beständige und wichtige Arbeit, die Sie für die SELK leisten und was war Ihre schönste Erfahrung in all den Jahren?

Andreas SchwarzAndreas Schwarz: Danke für die Glückwünsche, die ich gerne annehme. Ehrlicherweise gab und gibt es keine Feier aus dem Anlass, mir war das gar nicht so bewusst. Wichtig waren meine Gedanken, als die vierte 6-Jahres-Beauftragung in diesem Jahr zu Ende ging. Denn es galt für die Kirchenleitung der SELK und mich zu entscheiden, ob es noch einmal 6 Jahre und damit deutlich in meinen Ruhestand hinein weitergehen soll. Wir haben das gemeinsam so entschieden. Meine größte Freude ist, einen sichtbaren Teil unserer Kirchengemeinschaft zwischen der SELK und der ELKiB darstellen zu dürfen. Denn es tragen Verfasser aus der ELKiB mit zu den Predigten bei und in den Gemeinden unserer Kirche werden die Predigten fleißig genutzt. Eine schönste Erfahrung kann ich nicht benennen. Aber wenn ich sehe, wer 1999 zum Kreis der Verfasser gehörte und wie sich dieser Kreis heute zusammensetzt, dann freut es mich, dass viele junge Prediger dazu gekommen sind. Und von denen gibt es zum Teil wundervolle Predigten, die so sind, wie ich sie mir persönlich wünsche.

selk.de-Redaktion:
Sie sind seit 2001 Pfarrer der ELKiB in Pforzheim und waren zuvor für die SELK in Witten, Saarbrücken/Walpershofen und Uelzen aktiv. Was schätzen Sie besonders an unserer Kirche und wie gestaltet sich Ihre derzeitige Verbindung zur SELK? Sie halten doch sicherlich nach wie vor einen aktiven Kontakt zu Pfarrern unserer Kirche, oder?

Andreas Schwarz:
Die Frage möchte ich gern wieder ausdehnen darauf, was ich an unseren Kirchen (Plural) schätze. Es ist die Stärke großen persönlichen Engagements von Gemeindegliedern, denen ihre Kirche wichtig ist, die sich gern mit ihrer Kraft und Zeit für den Gottesdienst einsetzen wollen und dazu begleitet werden möchten. Die Selbständigkeit unserer Kirchen, die in besonderer Weise von den Gemeinden und ihren Gliedern nicht nur finanziert, sondern eben auch inhaltlich getragen wird. Mündigkeit und die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen, schätze ich. Meine Beziehung gestaltet sich auf drei Ebenen. Zum einen gehören unsere Familien und Freunde weiterhin zur SELK, wenn auch zum Teil mit zunehmender Sorge. Als Zweites sind da alle die Menschen, mit denen ich zusammen studiert und musiziert habe und zu denen der Kontakt auch freundschaftlich lebendig geblieben ist. Und drittens leben wir hier im Bereich Nordbaden die Kirchengemeinschaft so eng, dass es im Grund genommen kirchlich eines ist. Gemeinsame Gottesdienste, Urlaubs- und Krankheitsvertretungen, Kanzeltausch zwischen unseren Kirchen sind selbstverständlich bzw. anders gar nicht denkbar oder möglich. Auf dem Wege, Predigten zu bekommen, ist der Kontakt natürlich ebenfalls unverzichtbar. Viele der Verfasser kenne ich persönlich, im Lauf der Jahre sind viele dazu gekommen, die ich nicht mehr selbst in meiner Zeit in der SELK erlebt habe. Da beschränkt sich der Kontakt auf die digitale Kommunikation.

selk.de-Redaktion:
Die Publikationen „Lesepredigten“ hatten schon viele in der Hand, insbesondere Lektorinnen und Lektoren. Wie genau gelangen Sie an die Predigten? Wie entscheiden Sie, welche Predigten sich am besten für das Heft eignen?

Andreas Schwarz: Wenn ich die erste Frage beantworte, hat sich die zweite von selbst erledigt. Als ich 1999 in diese Arbeit eingestiegen bin, hat der Geschäftsführende Kirchenrat Michael Schätzel alle Pfarrer der SELK um Mitarbeit gebeten. Daraus ist ein Pool von ca. 40 Verfassern geworden. Konzipiert ist es so, dass im Jahr 4 Hefte mit je 8 Predigten erscheinen, also 32 Verfasser benötigt werden. Jeder kommt so nach 1 ¼ Jahr wieder dran. Ich erteile konkrete Aufträge, was den Sonn- oder Feiertag und den Bibeltext angeht. Ich entscheide also nicht zwischen mehreren mir vorliegenden Predigten, sondern habe immer genau so viele Predigten, wie benötigt werden. Nach meiner Wahrnehmung eignen sich die Predigten aus der Sicht von Lektoren, für die wir die Arbeit tun, sehr unterschiedlich. Nur zweimal haben wir vorgelegte Predigten nicht abgedruckt. Das war aber keine theologische oder gar persönliche Entscheidung. Es ging und geht grundsätzlich um die Verwendung durch die Lektoren. Wir waren der Überzeugung, dass die entsprechenden Predigten zum Vorlesen im Gemeindegottesdienst nicht geeignet waren. Das waren aber absolute Ausnahmen, grundsätzlich spiegeln die Predigten die Unterschiedlichkeit der Verfasser wieder. So wird in der SELK und der ELKiB gepredigt.

selk.de-Redaktion:

In unserer Kirche sind Lektorinnen und Lektoren wichtige Säulen in der gottesdienstlichen Versorgung unserer Gemeinden. Welche Erfahrungen haben Sie in der Vergangenheit gemacht bzw. machen Sie aktuell in Bezug zum wertvollen Ehrenamt des Lektorendienstes?

Andreas Schwarz: Zunächst halte ich es grundsätzlich für gut und wichtig, dass Gemeinden auch ohne Pfarrer einen Gottesdienst halten können, wenn sie dazu vorbereitet, angeleitet und ausgestattet werden. Unter dem Stichwort des Priestertums der Glaubenden ist das ein angemessenes Zeichen für lebendige Gemeinde der Heiligen. Konkret erlebe ich diesen Schatz hier vor Ort. In meiner Urlaubszeit darf ich mich darauf verlassen, dass Gemeindeglieder in einem Team Gottesdienste mit der Gemeinde feiern, sich dabei das Verlesen der Predigt, die gesungene Liturgie, Lesungen und Gebete untereinander aufteilen. Das stärkt das Selbstbewusstsein der Gemeinde, befördert das Engagement und nimmt ihnen die Sorge vor der Möglichkeit, keinen Pfarrer zur Vertretung zu finden. Und da es hier im Bereich Nordbaden kaum Emeriti gibt, ist das Engagement der Gemeindeglieder für den Gottesdienst ein Schatz und Zeichen göttlichen Segens.

selk.de-Redaktion:

Können Sie sich in der Vergangenheit an eine besonders eindrucksvolle Predigt erinnern, die Ihnen im Gedächtnis geblieben ist und die ihren Weg in die „Lesepredigten“ gefunden hat?

Andreas Schwarz: Das kann und möchte ich so nicht sagen. Aber zuletzt gab es einen erfreulichen Austausch mit einem meiner theologischen Begleiter bei der Korrektur der Lesepredigten. Der sagte: Ich habe eine Predigt lesen dürfen, die hätte ich genauso übernehmen und selbst auch halten können. Wir waren uns in der Wahrnehmung einig.

selk.de-Redaktion:
Wir gehen nun ins 25. Jahr der „Lesepredigten“, der 25. Jahrgang startet derzeit mit Band 97. Wie sehen die kommenden 5 oder 25 Jahre aus? Was bleibt bestehen, weil es sich bewährt hat, und wird sich das Heft verändern?

Andreas Schwarz: Für mich geht es tatsächlich um fünf Jahre. Da wird sich nicht viel ändern, voraussichtlich. Der Stamm an Verfassern sieht stabil aus. Auch bei denen, die mir helfen, Predigten zu korrigieren – zwei Theologen und fünf Gemeindeglieder – sieht es verheißungsvoll aus. Die sind alle motiviert und hilfsbereit, selbst aktive Prediger oder Hörer. Und nicht zuletzt wird die ganze Arbeit am Ende von einer professionellen Lektorin bearbeitet. Das ist mir eine riesengroße Hilfe und bis zum Ende der aktuellen Beauftragung zugesichert. Was sich ändern wird, ist womöglich der Bedarf an gedruckter Predigt, vermutlich wird das digitale Angebot zunehmen. Aber auch das wird aktuell schon wunderbar geleistet. Wenn in fünf Jahren ein Nachfolger gefunden wird, gibt es aber vielleicht auch völlig neue Ideen.

selk.de-Redaktion:
Derzeit sind Sie als ELKiB-Pfarrer in Pforzheim eingesetzt und gelten als Predigtliebhaber und -experte. Was macht für Sie - ganz persönlich - eine gute Predigt aus?

Andreas Schwarz: Ich persönlich halte die theologisch saubere, wissenschaftlich-fundierte Vorbereitung für unerlässlich. Mit den uns zur Verfügung stehenden Methoden und Hilfsmitteln gilt es, den Text zu erschließen: Wer hat wann was warum zu wem gesagt? Ein Verständnis des Textes in seinem historischen Umfeld, in seiner Bedeutung für die, die das zuerst gehört haben. Dann braucht es ebenso sauber homiletische Arbeit; also wo sind die Bezüge zu uns und unserem Leben in unseren Lebensumständen? Grundsätzlich gilt für mich, eng am biblischen Text zu bleiben. Bilder und Beispiele engen die Weite des Textes oft unnötig ein, legen ein Verständnis nahe und blenden vieles andere aus. Wichtig ist, dass Menschen hören, dass sie mit ihrem Leben im Blick sind und vorkommen, dass sie angesprochen, getröstet und gestärkt werden. In zunehmend schwierigen Zeiten umso mehr.
Ich erlebe Predigthörerinnen und -hörer in unseren Kirchen als sehr aufmerksam und mit viel Erwartung. Die benötigen keine Geschichten für Kinder, sondern wollen als erwachsene und mündige Christen ernstgenommen werden. Viele von ihnen wissen auch einfach richtig gut Bescheid und hoffen auf qualifizierte, gut vorbereitete Predigten. Und dann liegt mir Sprache am Herzen. Ich freue mich an klarer und sauberer Sprache, damit genau das gesagt wird, was gemeint ist. Außerdem sollten aus meiner Sicht Predigten inhaltlich nicht besserwisserischen, bevormundenden oder von oben herab belehrenden Charakter haben. Es braucht nicht den Erweis von Wissen, Fremdworte helfen auch wenig. Verständlich und ‚normal‘ vom Heiligen und Fremden reden. Als Prediger immer auch selbst vom Wort angesprochen zu sein. Das sind nur ein paar Stichworte.

Lieber Andreas Schwarz, wir möchten Ihnen herzlich für das Interview danken und wünschen Ihnen Gottes Segen bei Ihrer Tätigkeit als Herausgeber der Reihe „Lesepredigten“.
Bleiben Sie stets behütet!


Das Interview führte Daniel Soluk für die selk.de-Redaktion

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