Luther auf dem Reichstag in Worms


Vor 500 Jahren – am 17./18. April 1521 – kam es zu dem reformationsgeschichtlich bedeutenden Auftritt Martin Luthers auf dem Reichstag zu Worms. Dr. Andrea Grünhagen, Pastoralreferentin und Referentin für Theologie und Kirche im Kirchenbüro der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) in Hannover, hat dieses Jubiläum in einem Beitrag im Feste-Burg-Andachtsbuch aufgegriffen. Im Folgen dokumentiert selk.de diesen Text.

Luther in Worms

Luther in Worms: Wer hat da nicht wie ein großes Gemälde das Bild vor Augen, wie der arme Mönch sich vor „Kaiser und Reich“ behauptet? Überhaupt erscheint das Leben des Reformators ja wie eine Abfolge eindrücklicher Szenen und jede davon hat, je nach persönlicher Vorliebe allerdings, auf gewisse Weise Vorbildcharakter. Humorvoll könnte man sagen: Also denken nun die einen, Lutheraner müssten singen wie Luther oder heiraten wie Luther oder, so die anderen, eben eine Haltung an den Tag legen wie Luther in Worms: als der bildgewordene Widerspruch sozusagen.

Dabei ging es historisch nicht um einen Widerspruch, als habe Luther sich berufen gefühlt, dem Kaiser mal gehörig die Meinung zu sagen, sondern es war umgekehrt.

Andrea GrünhagenDer junge Karl V hatte im Januar 1521 den Reichstag eröffnet. Es ging um verschiedenste Probleme, das Hl. Römische Reich deutscher Nation betreffend. Um die „Streitfrage Luther“ ging es ursprünglich nicht. Die kam auf Drängen von Luthers Landesherrn, Friedrich dem Weisen, auf die Tagesordnung. Luther hatte gedacht, er dürfte sich auf dem Reichstag verteidigen und seine Lehre vortragen. Freies Geleit war im zugesichert worden. Aber als er dann am 17. April vor der hohen Versammlung steht, geht es nur um die Frage, ob er seine Lehre, seine Schriften widerruft oder nicht. Keine Diskussion. Ja oder Nein. Nach einem Tag Bedenkzeit gibt er seine berühmte Erklärung ab, die mit den Worten endet: „Werde ich nicht durch Zeugnisse der Schrift oder durch klare Vernunftgründe überwunden, denn ich glaube weder dem Papst noch den Konzilien allein, da es am Tage ist, dass sie des Öfteren geirrt und sich selbst widersprochen haben –, so bleibe ich überwunden durch die von mir angeführten Stellen der Schrift und mein Gewissen gefangen durch Gottes Wort. Widerrufen kann und will ich nicht, denn es ist weder sicher noch heilsam, gegen das Gewissen zu handeln. Gott helfe mir, Amen.“ Das hat er also gesagt. „Hier stehe ich …“ ist eine sehr freie Nachdichtung. Es geht auch nicht darum, warum jemand vielleicht meint, nicht anders zu können, sondern es geht um das durch Gottes Wort überwundene Gewissen. Und diese Warnung, nur ja nicht gegen dieses durch die Heilige Schrift gebundene Gewissen zu handeln, muss jeder für sich allein hören und beherzigen. So wie Luther das ganz allein für sich durchkämpfen musste vor Kaiser und Reich.



Gemälde: Anton Werner (1843-1915), Luther auf dem Reichstag zu Worms, 1877
Herzlichen Dank an die Staatsgalerie Stuttgart für das Foto.

 

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