Im Namen Jesu Wellen schlagen!


125 Jahre Lutherische Kirchenmission (Bleckmarer Mission)

Die Lutherische Kirchenmission (Bleckmarer Mission) der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) schaut in diesem Jahr auf eine 125-jährige Geschichte zurück. Anlässlich des Jubiläums hielt Dr. Karl Böhmer, Dozent am Lutherischen Theologischen Seminar Pretoria/Tshwane (Südafrika), am 8. März 2017 einen Festvortrag im Rahmen der Tagung des Missionskollegiums in Bleckmar.

Mission

In seinem Vortrag zitierte Dr. Karl Böhmer aus einem bewegenden Brief, in dem 1892 zwei Gemeinden aus Südafrika die von Theodor Harms gegründete Hannoversche Evangelisch-Lutherische Freikirche (HELF) in Bleckmar um Hilfe baten. „Wie soll es weiter mit uns und unseren Gemeinden werden?“, schrieben die Bittsteller, „verschiedene Gründe nöthigen uns, keine Independentenstellung einzunehmen, sondern sobald es uns Gott möglich macht, Anschluß an einen echt lutherischen Kirchenkörper zu suchen. (…) Von unserer Seite wird von der lutherischen hannoverschen Freikirche gewünscht, unsere Gemeinden mit Pastoren und Lehrern zu versorgen, wenn dies nöthig wird, und uns mit Rath respective Entscheid in schwierigen Fällen beizustehen, und wir bitten um Antwort, ob Sie diese Verpflichtung übernehmen können.“

Die Antwort von Pastor Friedrich Wolff, Präses der HELF, sei damals ebenso herzlich wie folgenschwer gewesen, so Böhmer.  Durch die Zusage, der Bitte zu entsprechen, entstand „ein Dreiecksverhältnis zwischen der jungen Freien Evangelisch-Lutherischen Synode in Südafrika (FELSISA), der HELF und ihrer Mission“. Dieses Verhältnis habe sich über die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) als Nachfolgekirche mittlerweile 125 Jahre lang bewährt. Wenn neben Höhen auch Tiefen zu durchleben waren, wie die Spannung durch unterschiedliche Positionen zur Apartheid, die Weltkriege, einen Zusammenbruch der Arbeit in Botswana, so gäben die Höhen in all den Jahren doch viel mehr Grund zur Dankbarkeit, sagte Karl Böhmer.

Der Referent appellierte in seinem Vortrag eindringlich, trotz der finanziell angespannten Situation in der Kirche, die Auslandsmission nicht zur Disposition zu stellen. Natürlich sei es richtig, die Strukturen zu überprüfen, und es sei auch verständlich, wenn hier in Deutschland gefragt werde, ob die verbleibenden Ressourcen nicht besser im Inland eingesetzt würden, angesichts der Tatsache, dass Deutschland mittlerweile selbst Missionsland und die Partnerkirchen in Südafrika ohnehin längst selbstständig geworden seien. Auch langjährige alte Bündnisse wären da noch kein hinreichender Grund, diese Auslandsmission weiterzuführen. Böhmer: „Natürlich wäre es immer unmittelbarer und womöglich auch kostengünstiger, sich ganz der Inlandsmission zu widmen und der Auslandsmission zu entziehen. Doch diesen Schritt kann eine Kirche nicht guten Gewissens tun, denn dann entzieht sie sich dem Missionsbefehl ihres Herrn: „Gehet hin in alle Welt“ (Markus 16,15) und „machet zu Jüngern alle Völker“ (Matthäus 28,19). Ja, nicht nur dem Missionsbefehl, sondern auch der Missionsverheißung: Ihr „werdet meine Zeugen sein […] bis an das Ende der Erde.“ (Apostelgeschichte 1,8).“

Der Referent zitierte Louis Harms, der bei seinem letzten Missionsfest 1865 in Anlehnung an das Brotvermehrungswunder Jesu gesagt hatte: „Wer solcher Anstalt [d.h. einer Kirchenmission] vorsteht, der muß niemals sehen nach den Broten, sondern nur nach den Brocken, die überbleiben, nicht die Rechnung von vorne anfangen, sondern immer von hinten. Also die umgekehrte Rechnung wie die hochberühmten Kaufleute in den Städten. Meine Rechnung ist kurz und übersichtlich. Wenn ich von hinten anfange und sehe Brocken, so schließe ich: Also habe ich ausgereicht, sehe ich aber auf die vorräthigen Brote, so werde ich muthlos: Wie soll ich auskommen?“ Harms habe eine andere Rechnungsweise gehabt, sagte Karl Böhmer, er habe betont, dass nicht Geld die Mission treibe, sondern das Gebet. Ja mehr noch, Harms habe zugespitzt: „Umgekehrt, wo das Geld die Hauptsache ist, wo man immer nur schreit: Gebt Geld her, da treiben Menschen die Mission, die fällt bald um.“

Natürlich hätten sich die Missionsfelder verändert, sagte Karl Böhmer, in der Auslandsmission sei heute öfter eine Zusammenarbeit zwischen Partnerkirchen gefragt und hilfreich. Aber die Mission Gottes sei nicht mit den Aposteln zu Grabe getragen. „Gottes Mission lebt, und zwar auch in Ihrer Kirche, weil Ihre Kirche von Gottes Gnadenmitteln lebt und er eben diese Gnadenmittel für missionarische Zwecke eingesetzt hat“, so der Referent. Er erinnerte an ein Bild, das Martin Luther in einer Predigt formulierte: „Es ist eben um diese Botschaft der Predigt, als wenn man einen Stein ins Wasser wirft, der macht Wellen, Kreise oder Wogen um sich, und die Wellen drängen sich immer fort und fort, eine treibt die andere, bis sie an das Ufer komme; auch wenn es in der Mitte stille wird, ruhen die Wellen nicht, sondern fahren vor sich.“ Böhmer führte das Bild weiter aus: „Um das mal auf uns zu beziehen: Das ist dann so, dass Gott der Herr den Stein in Jerusalem ins Wasser wirft, und die Wellen gehen aus von Jerusalem nach Damaskus, und von Damaskus nach Ephesus, und von Ephesus über Philippi nach Athen und Korinth, und von dort aus nach Rom, so jagen sich die Wellen und ziehen ihre Kreise durch die Welt, von Rom nach England, und von England und Rom nach Irland, und von Irland nach Schottland, und von Schottland und England zu den Angelsachsen nach Deutschland, und von Deutschland nach Skandinavien und Südafrika und Amerika und Indien und Australien und Neuseeland, und von dort bis an alle Enden der Welt. Und letztlich hat die Mission des Wortes Gottes immer Erfolg.“

Das Bild mache deutlich, so Böhmer, dass sich diese Wellen nicht aufhalten ließen: „Man kann zwar versuchen, Gottes Mission auszulöschen oder zu unterdrücken, sie als Ketzerei oder Kolonialismus oder was weiß ich verdammen, wie es ja heute im Abendland zur Genüge geschieht, ja, man kann sogar die Boten Gottes töten und mundtot machen, und dennoch geht die Mission weiter und wird endlich ihr Ziel – Gottes Ziel – erlangen.“

Deshalb sei es wichtig, nicht nur von Gottes Missionsbefehl zu reden, sondern auch von Gottes Missionsverheißung. Die Kirche habe keine Wahl: „Entweder sie beteiligt sich an der Welle und ist dadurch Kirche, oder sie beteiligt sich nicht daran und gerät in die Gefahr, nicht mehr Kirche zu sein, weil sie sich Gottes Willen widersetzt und seinem Wort und Willen widerspricht.” Die Anklage, die man heute gegen Mission anbringe – von Neokolonialismus, Patriarchalismus oder Bevormundung, sei daher letztlich an Gott gerichtet.

Auch wenn viele das im Abendland nicht mehr wahrhaben wollten, sagte Böhmer, gebe es global weit mehr missionarische Anstrengungen als je zuvor. Dabei habe sich die geographische Mitte des globalen Christentums zahlenmäßig einmal mehr dramatisch verlagert. „Rein statistisch ist der durchschnittliche Christ heute weder weiß noch abendländisch, noch wohlhabend, noch überaltert. Ganz im Gegenteil, er oder sie lebt in der Dritten Welt, vornehmlich in Afrika, ist Mestize oder auch schwarz, arm und verhältnismäßig jung.“

Die LKM trage mit ihren Projekten dazu bei, im Namen Jesu Wellen zu schlagen bis an die Enden der Erde, sagte Böhmer abschließend: „Auch nach 125 Jahren dürfen wir, ‚eines Sinnes an dem großen Werke arbeiten’.“

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