Neubau der Trinitatiskirche in München


Modern, klar und schlicht

München

Die Trinitatisgemeinde der Selbständigen Evangelischen-Lutherischen Kirche (SELK) in München ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Nun baut sie an ihrem bisherigen Standort eine neue, größere Kirche und ein barrierefreies Gemeindezentrum. Pfr. Frank-Christian Schmitt erläutert im Interview das Bauvorhaben.

selk.de: Herr Pfr. Schmitt, die Trinitatisgemeinde der SELK in München hat sich entschieden, ihre sanierungsbedürftige Kirche abzureißen und am gleichen Standort eine neue Kirche zu bauen. Was waren die Beweggründe für diesen Schritt?

SchmittSchmitt: Zunächst einmal ist die Gemeinde in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen und ganz besonders die Zahl der Kinder. Unser Kirchbau und die Gemeinderäume aus dem Jahr 1978 waren deshalb zu vielen Anlässen einfach zu klein, besonders die winzige Küche; weitere Toiletten und Räumlichkeiten für die Kinder fehlten. Ein wenig Entspannung brachte der Kauf des Nachbarhauses vor sechs Jahren (das wir aufgrund einer Erbschaft erwerben konnten!), sodass wir seitdem dort neben meinem Büro auch ein schönes Besprechungszimmer für kleinere Gruppen, Unterricht und Kirchenvorstandssitzungen haben.

selk.de: Was hat schließlich den Ausschlag gegeben für einen Neubau anstelle von Umbau und Sanierung der bisherigen Räumlichkeiten?

Schmitt: Das ist das Ergebnis langjähriger Diskussionen und auch misslungener Planungen, z.B. zuerst auf dem noch kleinen Grundstück vor dem Kauf des Nachbarhauses. Am Ende des Prozesses hat sich die Gemeinde klar gegen eine reine Sanierung des Gebäudes (Erneuerung des Daches, neue Heizung statt der bisherigen Gasöfen sowie der unbedingt notwendigen Sanierung der Toiletten; barrierefreier Zugang zum Gebäude etc.) ausgesprochen, weil die Sanierung schon mindestens 400.000 € gekostet hätte, uns aber keinen Zentimeter mehr Raum, weder in der Kirche noch im Gemeindesaal, gebracht hätte.

Deshalb war am Ende nur noch die Alternative zwischen Um- und Erweiterungsbau oder Neubau auf dem Tisch. Wir haben aus diesem Grunde von einer Architektin verschiedene Erweiterungsmaßnahmen durchplanen lassen, um genauere Zahlen zu haben. Die Ergebnisse dieser Planungen und der Vorschlag für den Neubau von Kirche und Gemeindesaal auf Holzständerbauweise haben wir in einem über 30-seitigen Infoheft zusammengestellt und drucken lassen und allen Gemeindegliedern zur Information und Vorbereitung auf die Entscheidung zugeschickt.

Schließlich ist mit deutlicher Mehrheit für den Neubau votiert worden, weil die Erweiterung nur geringfügig weniger gekostet hätte und aus vielen Kompromissen bestanden hätte. So hätten wir konkret weiter einen Gemeindesaal im Keller gehabt und nicht wesentlich viel mehr Platz für Küche und Toiletten. Im Kirchraum hätten Säulen gestört, die aus statischen Gründen notwendig gewesen wären usw.

selk.de: Heutzutage kommt es eher selten vor, dass eine Kirche komplett neu gebaut wird. Welche Anforderungen sollte der Bau erfüllen, was war der Gemeinde dabei wichtig?

Schmitt: Das war genau der Grund, warum es wohl zur Entscheidung für den Neubau kam: Das neue Gebäude ist völlig barrierefrei. Es wird in der Kirche und im Gemeindezentrum nur noch eine einzige Stufe geben, und das ist die Altarstufe! Außerdem wird es als Niedrigenergiegebäude erstellt, sodass auch die Folgekosten für den Energieverbrauch positiv sind. Es gibt ein Foyer für die Kommunikation nach dem Gottesdienst, was für eine Diasporagemeinde wie München – in der manche Gemeindeglieder Wege von weit über 100 km zurücklegen müssen – von großer Wichtigkeit ist. Wir werden endlich eine große Küche und genügend Toiletten haben und einen schönen großen Gemeindesaal, aus dem man direkt in den Garten treten kann. Auch wird das Gebäude durch einen Glockenturm endlich als Kirche erkennbar sein und wahrgenommen werden können.

selk.de: Wie würden Sie die Architektur des Neubaus beschreiben?

Schmitt: Die Architektur der neuen Kirche und des Gemeindesaals kann ich durchaus als modern, klar und schlicht bezeichnen, ohne Extravaganz und architektonische Mätzchen, aber deutlich kirchlich geprägt. Uns war wichtig, dass es nicht darum gehen soll, dass ein/e Architekt/in sich mit diesem Bau einen Namen machen will. Dabei haben auch die Kosten eine ganz wichtige Rolle gespielt.

selk.de: Wie wird der Innenraum gestaltet werden? Worauf achten Sie dabei besonders?

Schmitt: Die Innenraumgestaltung war uns von Anfang an eigentlich das Wichtigste. Wir wollten eine betont lutherische Kirche in unserer Zeit bauen. Das gottesdienstliche Geschehen sollte deshalb zum Ausgangspunkt der Gestaltung werden. Was feiern wir wie und wie kann dieser praktizierte Glaube sich Ausdruck in der Innengestaltung eines Sakralraumes verschaffen? Der Altarraum – eine Altarinsel, in der der Altar (übrigens der unserer „alten“ Kirche) mittig angeordnet wird und umschreitbar sein wird, damit vor und hinter dem Altar amtiert werden kann – bildet das Zentrum des Kirchraumes. Hier wird Christus unter den Gaben von Brot und Wein gegenwärtig und empfangen. Gleichermaßen zentral wird ein mittig vor dem Altarraum von der Decke her schwebendes Kreuz deutlich machen: Wir verkündigen Christus, den Gekreuzigten. Oben in der Altarwand wird es ein 750 cm langes und 120 cm hohes „Trinitatisfenster“ geben, das vom bekannten Münchner Künstler Helmut Kästl entworfen wurde. Es stellt die Dreifaltigkeit Gottes in drei ineinander übergehenden symbolischen Bildern dar und macht den Bezug zum Namen der Gemeinde und Kirche deutlich.

Ansonsten wird der helle Innenraum geprägt durch das vom gefalteten Kirchendach einfallende, blendfreie Nordlicht. Eine schöne Idee unserer Architekten, die uns von Anfang an begeistert hat.

selk.de: Wie wird der Neubau finanziert?

Schmitt: Natürlich wie immer in unserer Kirche überwiegend aus Spenden und natürlich auch aus Krediten, die wir aufnehmen müssen. Die momentane Tiefzinsphase macht das möglich. Wir mussten bisher ein Darlehen von 700.000 € aufnehmen, das wir uns bei 2% oder gar 3% mehr Zinsen nie und nimmer hätten leisten können.

Wir sind allerdings aber auch dankbar für Zuschüsse, z.B. vom Bugenhagenverein in Hamburg, der unseren Kirchbau mit 25.000 € unterstützt hat. Auf weitere Zuschüsse der Kirche hoffen wir – auch wenn diese immer nur im übersichtlichen Rahmen möglich sind. Außerdem haben wir mit großer Hoffnung die Bausteinsammlung für das Jahr 2020 beantragt. Geprüft haben wir auch die Möglichkeit staatlicher Zuschüsse oder der EU, allerdings waren dabei Auflagen für z.B. soziale/diakonische Arbeit an das neue Gebäude so kostspielig, dass wir uns das, mit aller dazugehörigen nötigen Organisation, nicht auch noch aufbürden wollten.
Ansonsten hat unsere Gemeinde schon fleißig gespendet, und wir hoffen, dass der nun erfolgte Baubeginn nochmals einen Schub zur Spendenbereitschaft bewirkt.

selk.de: Eine Kirche ist zwar nur ein Gebäude – aber eben ein besonderes: es ist ein Gotteshaus. Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach der Ort, der Raum, in dem Gottesdienst gefeiert wird?

Schmitt: Die Kirche ist der zentrale „Raum“ für unsere Gemeinde. Als Diasporagemeinde ist der Gottesdienst überhaupt der zentrale Punkt des Gemeindelebens. Hier treffen sich Alt und Jung und feiern miteinander die Gegenwart des auferstandenen HERRN. Außerdem prägt ein Kirchenraum immer auch die Art und Weise wie Liturgie und auch Predigt wirkt: Inhalte werden über eine äußere Form transportiert, das sollte man nicht vernachlässigen.

selk.de: Die Trinitatisgemeinde ist in den letzten Jahren gewachsen: Was würden Sie sagen, wirkt in Ihrer Gemeinde anziehend auf Außenstehende? Was ist für den Gemeindeaufbau – außer ansprechende Räumlichkeiten – noch von Bedeutung?

Schmitt: Ich denke, dass eine klare und biblisch fundierte Verkündigung auch heute immer noch anziehend ist und bleibt. Menschen suchen Orientierung und Halt im Glauben. Wenn das auch noch eingebettet ist in einer mit dem Herzen gefeierten Liturgie von Pfarrer und Gemeinde, dann ist das einladend! Zumindest höre ich das immer wieder von Menschen die sowohl aus der EKD wie auch aus der Röm.-kath. Kirche zu uns kommen. Des Weiteren haben wir das große Glück, so viele Kinder in der Gemeinde zu haben, die den Gottesdienst mit ihren Eltern und damit auch den Kindergottesdienst besuchen, der bei uns jeden Sonn- und Feiertag in zwei Gruppen angeboten wird. Auch dieses Angebot hat immer wieder junge Familien zu uns geführt. Insgesamt freuen wir uns in unserer Gemeinde und in den Gottesdiensten über einen relativ jungen Altersdurchschnitt.

Mit den neuen Räumlichkeiten verbinden wir natürlich auch den Wunsch, Menschen zu uns einzuladen. Auch die Vermietung unseres Gemeindesaals für private Feiern kann dazu dienen, „Schwellenangst“ zu nehmen und Kontakte zu knüpfen.

Ich freue mich, dass wir in Zukunft auch die Platzkapazität haben -  z.B. am Heiligabend oder zu anderen Festen - die Nachbarn in unseren Gottesdienst einzuladen.


Die Fragen stellte Doris Michel-Schmidt

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