SELK-Reformationsgedenken
„Was bleibt, ist Freude in Christus“
Im zentralen Gottesdienst der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) zum 500. Reformationsgedenken predigte am 24. Juni Bischof Hans-Jörg Voigt D.D. (Hannover) in der Stadtkirche in Wittenberg über das Jesaja-Wort: „Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat …“.
In der gut gefüllten Stadtkirche St. Marien in Wittenberg nahm Bischof Hans-Jörg Voigt die Zuhörenden bildlich auf eine Bergwanderung mit. Von Jesaja, dem Propheten, der dem Volk Israel das mächtige Trostwort zusprach, wies er auf den nächsten „Berg“, der dahinter am Horizont sichtbar werde: Johannes der Täufer, der seinerseits auf Christus verwies. „Johannes, der Täufer, steht vor den Menschen und weist auf Jesus Christus hin“, sagte Voigt, „zu Jesus Christus hin will er den Weg bereiten und weist mit seinem Finger auf diesen Christus: „Siehe, dass ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!“
Der höchste Berg dieser Welt sei nicht der Mount Everest, so Bischof Voigt, sondern „es ist der Berg Golgatha, auf dem das Kreuz Jesu dann steht.“ Dieser Berg sei gemacht aus allen Irrtümern, aller Schuld, allem Leid dieser Welt, so Voigt. Jesus Christus habe sie weggetragen. Bischof Voigt: „Er hat selbst diesen Müllhaufen menschlicher Sünde eben gemacht durch seinen Tod und durch seine Auferstehung.“
Das berühmte Altarbild von Lukas Cranach in der Wittenberger Stadtkirche aufnehmend, das Martin Luther predigend auf der Kanzel zeigt, wie er auf den gekreuzigten Christus deutet, verwies der leitende Geistliche der SELK auf diesen Prediger Martin Luther, der wie Johannes der Täufer auf Jesus Christus zeigte.
Der Berg, der vor Luther lag, sei ebenfalls unüberwindbar groß erschienen, so Bischof Voigt. Dieser Berg habe aus innerkirchlicher Korruption und einer fehlgeleiteten Theologie und Frömmigkeit bestanden. Bischof Voigt: „Da stand der kleine Priestermönch und fragt hier in dem Provinzstädtchen Wittenberg mit den Worten des Jesaja: ‚Was soll ich predigen? Was soll ich den Leuten bloß sagen, die hier in dieser Kirche mit den Ablassbriefen aus Jüterbog ankamen und dachten, sie hätten etwas ganz Großartiges gekauft’. Und er bekommt die Antwort: ‚Tröste, tröste mein Volk!’ und ‚Das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich.’“
Es war das Evangelium, das hier von Wittenberg aus die Welt verändert habe, sagte der Bischof, und so gelte es heute, an den Anfang der Reformation zu erinnern, wo es um nichts anderes ging als um die Frage, wie die Sünde und die Sündenstrafe vergeben wird. Auf diesen Trost der Vergebung folge die Freude in Christus, so Bischof Voigt: „Mit der Beichte nimmt die Versöhnung in unseren Familien ihren Anfang. Mit Beichte und Vergebung beginnt auch die Versöhnung der Kirchen. Mit der Beichte beginnt Reformation. Was bleibt ist Freude in Christus!“
Im Anschluss an die Predigt konnten sich alle anwesenden getauften Christen diese Vergebung unter Handauflegung zusagen lassen. Dass die Kirche, die aus dem in der Reformation wiederentdeckten Evangelium lebt, keine bloß deutsche Angelegenheit ist, war außer an der Anwesenheit internationaler Gäste auch daran erkennbar, dass an einem der Absolutionsorte die Vergebung den vielen anwesenden farsisprechenden Christen in ihrer Muttersprache zugesagt wurde.
Am Gottesdienst wirkten neben Bischof Voigt Propst Klaus-Peter Czwikla (Spiesen-Elversberg), Propst Gert Kelter (Görlitz), Propst Johannes Rehr (Sottrum), Pfarrer Dr. Gottfried Martens (Berlin-Steglitz), Prof. Dr. Christoph Barnbrock (Oberursel) und Vikar Diedrich Vorberg (Görlitz) sowie Jugendliche aus verschiedenen SELK-Kirchenbezirken mit, die an diesem Wochenende am „Luther 500-Festival“ teilnehmen.
Musikalisch wurde der Gottesdienst von Kantor Georg Mogwitz (Leipzig) gemeinsam mit dem Chor „Ostinato“ ausgestaltet. Auch ein spontan gebildeter Bläserchor unter der Leitung von Ulrich Schroeder (Dresden) wirkte mit: mit Luther-Chorälen vor und nach dem Gottesdienst und begleitend auch im Gottesdienst selbst.
Als Auftakt zu dem Festwochenende anlässlich des 500. Reformationsgedenkens hatte am Freitag, 23. Juni, eine Podiumsdiskussion in Berlin-Wilmersdorf stattgefunden zum Thema „Chancen und Herausforderungen für die lutherische Kirche im 21. Jahrhundert“. Und am Samstag, 24. Juni, wurde in der Kirche der SELK-Gemeinde Berlin-Mitte von rund 80 Sängerinnen und Sängern, Solisten und Orchester die h-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach aufgeführt.
Als Zeichen der weltweit verbundenen lutherischen Bekenntniskirchen legten am Sonntag, 25. Juni – dem Tag des Augsburger Bekenntnisses (CA) – internationale Festprediger in den Gottesdiensten der Berliner SELK-Gemeinden einen Artikel des Bekenntnisses aus.