Ostern 2019 in Sri Lanka
Gedanken von Dr. Johannes Otto
Dr. Johannes Otto (Wandlitz) arbeitet als Mitglied der Missionsleitung für die Lutherische Kirchenmission (Bleckmarer Mission) e.V. und ist Projektleiter für Sri Lanka. Die LKM unterstützte dort in den vergangenen Jahren mehrere Initiativen wie den Erwerb von Bibeln in tamilischer Sprache und anderer christlicher Literatur. Sie finanzierte den Kauf von Dächern nach einem tropischen Wirbelsturm und von Schuhen für arme Kinder. Zusammen mit Matthias Heger, einem Unterstützer des Sri Lanka-Projekts, besuchte Johannes Otto am Ostersonntag 2019, dem Tag, an dem durch islamistische Terroranschläge auf Kirchen und Hotels über 250 Menschen, zumeist Christen, ermordet wurden, einen lutherischen Ostergottesdienst.
Es ist Ostersonntag. Wir sind zu einem Regionalgottesdienst in Hatton zusammengekommen, um gemeinsam Gottesdienst zu feiern. Hatton liegt im Hochland Sri Lankas, ca. 1.200 m über dem Meeresspiegel, und wir möchten mit den lutherischen Tamilen der Ceylon Evangelical Lutheran Church (CELC) die Auferstehung Jesu feiern.
Uns europäischen Gästen kommt dieser Ostergottesdienst trotz der Freude über eine Taufe und über die Auferstehung Jesu doch recht unruhig vor. Bei unserem Grußwort nach dem Gottesdienst erfahren wir dann von den zunächst sechs Anschlägen auf Kirchen und Hotels. Die meisten davon haben in Colombo stattgefunden, der 125 km entfernt gelegenen Hauptstadt, aus der wir vor wenigen Tagen aufgebrochen sind. Es wird für uns schnell klar: Dieser Anschlag mit mehreren hundert Toten und Verletzten hat nicht nur die Christen der attackierten katholischen und freien Kirchengemeinden getroffen, sondern alle Christen im Land, in dem sie mit ca. 7% eine Minderheit darstellen. Wurde Hatton aufgrund buddhistischer Feierlichkeit in der Karwoche vor allem mit ohrenbetäubender Musik mittels Lautsprechern von morgens bis abends beschallt, so haben Anhänger des Islam mit den sechs Anschlägen, denen zwei weitere folgen werden, eine ganz andere Drohkulisse geschaffen. Innerhalb weniger Stunden verändert sich ein Land: Einführung der Sperrstunde ab Mittag, verstärkte Polizeikontrollen, Abschalten der sozialen Medien und vor allem die steigende Angst vor dem, was noch passieren kann.
Eine ganz andere, weitaus größere Sprengkraft als die der selbstmörderischen Islamisten, die dem „Islamischen Staat“ (IS) anhingen, aber hat die Auferstehung Jesu Christi gebracht, die den Tod vernichtet hat. Man darf es auch einmal in solch einer lähmenden Situation wie am Ostersonntag in Sri Lanka in aller Offenheit formulieren: Für einen Christen kann es eigentlich nichts Schöneres geben als aus dem Ostergottesdienst in die Herrlichkeit zu Gott gerufen zu werden!
Aber: Was ist mit den Hinterbliebenen, mit den traumatisierten Verletzten, mit den Helfern, die die weit verstreuten Körperteile der Opfer bergen? Welche Spätfolgen körperlicher und seelischer Art werden folgen? Wer einmal ein Opfer eines solchen Terroranschlags kennengelernt hat, kann nur erahnen, inwieweit selbst Überlebende danach noch zerbrechen können.
Die Gedanken gehen zurück zu Karfreitag. Im Hochland Sri Lankas hatten wir an einer Prozession einer anderen lutherischen Gemeinde teilgenommen. Obwohl wir des Tamilischen nicht mächtig sind, erkennen wir Paul Gerhardts „O Haupt voll Blut und Wunden“. Und in diesem alten Kirchenlied liegt dann doch der Trost für Opfer und Hinterbliebene der Terroranschläge:
„Wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir, wenn ich den Tod soll leiden, so tritt du dann herfür; wenn mir am allerbängsten wird um das Herze sein, so reiß mich aus den Ängsten kraft deiner Angst und Pein.“
Ein besseres Sterben gibt es nicht, eine größere Zuversicht besteht nicht – auch nicht für die Attentäter und ihre Gesinnungsgenossen.