Christi Himmelfahrt


„Jesus führte seine Jünger hinaus bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete sie. Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel. Sie aber beteten ihn an und kehrte zurück nach Jerusalem mit großer Freude und waren allezeit im Tempel und priesen Gott.“ (Lukas 24,50-53)

Himmelfahrt


Wie beschreibt man etwas – in diesem Fall die Himmelfahrt Christi –, das eigentlich jenseits aller menschlichen Vorstellungskraft liegt und darum auch mit unseren Worten kaum auszudrücken ist?

Abschiedsszenen bleiben oft lange im Gedächtnis. Was hat er oder sie zuletzt gesagt oder was war die letzte Geste? Ein Händedruck? Eine Umarmung, ein Lächeln? Ein Blick? Als Jesus von seinen Jüngern Abschied nimmt, um als Auferstandener wieder seinen Platz zur Rechten Gottes in der ewigen, unsichtbaren Welt einzunehmen, ist seine letzte Geste das segnende Ausstrecken der Hände. Und während er das tut, entfernt er sich von ihnen und „fährt auf gen Himmel.“

Dieses kleine Wörtchen „gen“ ist sehr passend an dieser Stelle. Denn es drückt eine Richtungs- oder Zielangabe aus, was das Gemeinte wirklich trifft. Der Himmel ist nicht ein lokal begrenzter Ort, sondern eine andere, für uns noch unsichtbare Welt oder Dimension. In den 40 Tagen, in denen sich Christus nach seiner Auferstehung seinen Jüngern zeigte, wurden sie gewahr, dass er keineswegs als körperloser Geist erschien, ganz im Gegenteil, sein Körper wies ja sogar noch die Spuren der Kreuzigung auf und tut dies bis in Ewigkeit, aber gleichzeitig war er Zeit und Raum nicht mehr unterworfen. Christus ist wahrer Gott und wahrer Mensch, beides ungetrennt verbunden und unvermischt nebeneinander bestehend. Und darum kann er, um es ganz bruchstückhaft menschlich auszudrücken, problemlos zwischen den Dimensionen von himmlischer und irdischer Welt wechseln. Und das tut er mit dem, was wir „Himmelfahrt“ nennen. Die Jünger sehen ihn danach nicht mehr so, wie sie ihn während seiner Erdenzeit und auch nicht mehr so, wie sie ihn punktuell nach der Auferstehung sahen.

Insofern ist es also tatsächlich eine Art Abschied gewesen. Ist es nicht wunderbar, dass das Letzte, was sie von ihm sehen, ist, wie er sie segnet? Den Jüngern ist klar, dass sie in diesem Moment die Göttlichkeit ihres Herrn zu sehen bekommen und darum werfen sie sich nieder, im Deutschen ist das mit „anbeten“ übersetzt. Der Abschied erfüllt sie mit Freude. Christus ist nicht weggegangen, nur die Art seiner Gegenwart hat sich geändert, und zwar nicht im Sinne von weniger, sondern von mehr. Er kann gleichzeitig überall sein.

AbendmahlZeugen dieses Wunders werden wir übrigens in jeder Abendmahlsfeier. Christus kann mit seinem geopferten Leib und seinem vergossenen Blut gleichzeitig real in Brot und Wein überall gegenwärtig sein, wo das heilige Mahl gefeiert wird, weil er „aufgefahren gen Himmel sitzend zur Rechten Gottes“ ist. „Die Rechte Gottes ist allenthalben“ hat Martin Luther formuliert und darauf bestanden, dass derjenige, der die wirkliche Gegenwart von Leib und Blut Christi im Abendmahl nicht glaubt, damit gleichzeitig auch nicht an seine Himmelfahrt glaubt und auch nicht, dass er wahrer Gott und wahrer Mensch ist.

Umgekehrt gilt mit Sicherheit, dass uns im Altarsakrament Christus wirklich begegnet und uns nahekommt. Was für ein großer Segen! Und auf diesen Segen reagieren wir wie die Jünger bei der Himmelfahrt und knien nieder und beten Gott an und preisen ihn.

So gesehen ist es also keine Abschiedsgeschichte, sondern eine Deutungsgeschichte, die uns hilft, die bleibende Gegenwart Christi zu verstehen. Na ja, verstehen ist vielleicht zu viel gesagt, denn unsere Worte reichen eben zur Erklärung nur bedingt aus. Aber was wir ausdrücken, ist unbeschreiblich und wunderbar genug, Grund zu großer Freude!

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