Gestartet: Wintersemester in Oberursel

Professor Barnbrock im Interview

An der Lutherischen Theologischen Hochschule (LThH) der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) in Oberursel hat die Vorlesungszeit des Wintersemesters begonnen. Zum Start hat selk.de bei Professor Dr. Christoph Barnbrock, Lehrstuhlinhaber für das Fach „Praktische Theologie“ an der LThH, frische Informationen zu Lehre und Leben an der Hochschule eingeholt.

Oberursel

selk.de: An der LThH hat die Vorlesungszeit des Wintersemesters 2024/25 begonnen. Wie war der Start?


Barnbrock: Ein bisschen ist es zum Semesterbeginn und besonders zu Beginn eines neuen Studienjahrs wie am Anfang einer Jugendfreizeit. Einige kennt man schon, andere sind neu dazugekommen. Ein bisschen Nervosität ist auf Seiten der Lernenden und Lehrenden auch dabei, ob alles so klappt, wie man sich das vorgenommen hat. Ansonsten ist es reizvoll, wieder ins gemeinsame theologische Arbeiten zu kommen. Denn dafür sind wir ja hier.

selk.de: Gibt es bei den Veranstaltungen des neuen Semesters besondere Highlights?

Barnbrock: Es gibt etliche Veranstaltungen, in die ich mich auch selbst gerne noch einmal reinsetzen würde. In den biblisch-exegetischen Fächern kann man ja ohnehin nicht auslernen, weil das Wort Gottes nie auszuschöpfen ist. Da geht es im Alten Testament um das eher unbekannte Buch des Prediger Salomo und die Weisheitsliteratur. Im Neuen Testament werden die großen Reden Jesu im Matthäusevangelium ausgelegt. In der Kirchengeschichte ist der Fokus in diesem Semester auf die Reformationsgeschichte und die Entstehungsgeschichte der SELK gelegt. Und passend dazu bietet unser Professor für Systematische Theologie eine Übung zur jüngsten Bekenntnisschrift der lutherischen Kirche, der Konkordienformel, an.
Auch die Veranstaltungen, die unsere Lehrbeauftragten einbringen, sind eigentlich immer Highlights. In diesem Semester sind es eine Übung mit unserem Bischof Hans-Jörg Voigt D.D. und Dr. Anke Barnbrock zu „Kommunikation in schweren Lebenssituation“, ein Lehrangebot von Pastoralreferentin Dr. Andrea Grünhagen zur Biografie Martin Luthers und eine Lehrveranstaltung von Missionsdirektor Roger Zieger, die sich mit dem Phänomen der „Kontextualisierung“ von Kirche und Theologie befasst. Bei allen Veranstaltungen ist dabei das konfessionell-lutherische Profil das „Vorzeichen vor der Klammer“.

selk.de: Wie viele Studierende gibt es derzeit an der LThH?

Barnbrock: Derzeit sind 21 Studierende eingeschrieben, darunter 4 Gast- und 1 Nebenhörer.

selk.de: Bei so wenigen Studenten an einer Hochschule, ist es ja fast wie in einer Familie. Welche Vor- und Nachteile hat das?

Barnbrock (lacht): Die, die es in jeder Familie gibt: Man bildet eine recht enge Gemeinschaft, in der jeder Einzelne im Blick ist und wo sich bei Problemen und Notlagen auch vergleichsweise passgenaue Lösungen finden lassen. Und andersherum ärgert man sich leicht mal über die kleinen Macken der anderen – wie eben in der Familie, wenn jemand das Geschirr nicht in die Spülmaschine, sondern daneben stellt.
Ich selbst genieße aber das Leben und Arbeiten in dieser Hochschulgemeinschaft und würde es nicht gegen ein anonymeres Arbeitsumfeld eintauschen wollen.

selk.de: Gibt es auch Vorlesungen, in denen nur ein oder zwei Studierende anwesend sind?

Barnbrock: Ja, das gibt es auch, glücklicherweise nicht so oft. An den englischen Eliteuniversitäten ist ja der Unterricht mit einem Professor und einem Studenten ein besonders privilegiertes Lehr-/Lernformat. Mir selbst sind die Veranstaltungen aber lieber, in der wir in einer überschaubaren Gruppe mit fünf, sechs Studierenden zusammen sind. Das ist klein genug, dass jeder sich traut, etwas zu sagen. Und andersherum sind auch genügend Menschen im Raum, um verschiedene Meinungen und Perspektiven einzutragen.

selk.de: Sind für manche Studenten auch die schöne Lage der Hochschule, das moderne Hauptgebäude und die kleinen Gruppen ein Entscheidungsargument für Oberursel?

Barnbrock: Die kleinen Lerngruppen waren gerade für den Sprachunterricht lange Jahre für viele Studierende ein wichtiges Argument, um das Theologiestudium an der LThH zu beginnen. Inzwischen sind die Theologiestudierendenzahlen aber an allen theologischen Fakultäten derart stark zurückgegangen, dass es kleine Lerngruppen leider auch andernorts gibt.
Wie schön unser Campus ist und wie gut es sich hier studieren lässt, erfahren viele, glaube ich, erst, wenn sie hierhergezogen sind. Wo hat man schon an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr Zugang zur Bibliothek? Und natürlich sind auch die kurzen Wege zwischen Appartements und Unterrichtsräumen hier unschlagbar.
Die moderne technische Ausstattung ermöglicht es uns regelmäßig, Fachleute von außen zuzuschalten oder auch die Teilnahme am Unterricht bei leichterer Krankheit zu ermöglichen. Auch das sind alles Pluspunkte, die sich in den letzten Jahren ergeben haben.

selk.de: Wie weit ist die Digitalisierung bei der Theologie angekommen? Sitzen die Studierenden heute alle mit ihrem Laptop in der Vorlesung? Wird noch in der Bibel geblättert oder nur noch am Bildschirm gelesen? Wird noch mitgeschrieben?

Barnbrock: Ja, da hat sich wirklich vieles verändert. Der Laptop ist das normale Arbeitsinstrument geworden. Manches an Unterrichtsorganisation erfolgt heute auch über die Cloud. Und auch beim Unterrichten nutze ich Videoclips oder Umfragetools. Und trotzdem sind die anlogen Medien nicht einfach verschwunden. Gerade Bibeln liegen oft noch mit auf dem Tisch. Und ich merke es auch an mir selbst, dass ich in „echten“ Büchern sorgfältiger und gründlicher lese als in digitalen.

selk.de: Gibt es etwas, was Sie sich von der SELK als Trägerkirche der Hochschule wünschen?

Barnbrock: Vieles muss ich mir gar nicht mehr wünschen, weil es längst geschieht. Ich bin dankbar und auch etwas stolz, dass meine Kirche diese theologische Ausbildungsstätte unterhält, Menschen treu für die Arbeit hier beten und das, was wir hier tun, auch wertgeschätzt wird.
Ich würde mir wünschen, dass das weiterhin so bleibt und Pfarrer, Pastoralreferentinnen und Gemeindeglieder junge Leute ermutigen, das Theologiestudium aufzunehmen. Wir brauchen dringend Nachwuchs für die Leitung unserer Gemeinden.
Und gleichzeitig lade ich dazu ein, die Angebote, die wir über das theologische Tagesgeschäft an der Hochschule auch noch machen, in Anspruch zu nehmen: Seminare und Hochschultage in den Gemeinden, Vorlesungsreihen und Studientage, zu denen man sich auch digital zuschalten kann, Fortbildungsangebote für ganz verschiedene Personengruppen. So versuchen wir, ganz viel von der Unterstützung, die wir aus der Kirche erfahren, auch sehr praxisnah an die Gemeinden zurückzugeben.
Denn meiner Meinung nach gehört beides zusammen: Die Hochschule braucht die Kirche und die Kirche braucht die Hochschule. Zusammen sind wir stark!

selk.de: Das Team von selk.de wünscht allen Lehrenden und Lernenden für das neue Semester neue und vertiefende Erkenntnisse, vor allem aber reichlich Gewinn für die persönliche Vernetzung mit Jesus Christus. Er lege seinen Segen auf dieses neue Hochschulsemester.

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