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SELK-Aktuell

Kirchengemeinschaft neu durchdacht


Prof. Dr. Werner Klän (Lübeck), emeritierter Professor für Systematische Theologie an der Lutherischen Theologischen Hochschule Oberursel, war als Referent zum Treffen des skandinavischen „Netzwerks für Zusammenarbeit evangelisch-lutherischer Kirchen“ eingeladen. selk.de sprach mit ihm über seinen Einsatz:



selk.de: Professor Klän, Sie haben im Februar an einer Tagung des „Netzwerks für Zusammenarbeit evangelisch-lutherischer Kirchen“ in Norwegen teilgenommen. Was ist das für eine Konferenz gewesen?

Klän: Dieses Netzwerk wird von verschiedenen konfessionell-lutherischen Kirchen, Gemeinden und Gruppierungen in den nordischen Ländern gebildet. Ihnen allen geht es um die Bewahrung des apostolischen Glaubens und lutherisch-reformatorischen Erbes in ihrem Kontext

selk.de: Schildern Sie uns doch bitte die gegenwärtigen Verhältnisse der entstehenden konfessionellen lutherischen Kirchen in Nordeuropa!

Klän: Die Verhältnisse sind sehr unterschiedlich: Neben selbständigen Kirchen, die schon länger als ein Jahrhundert bestehen, handelt es sich um kirchliche Gruppen, die sich im Prozess einer Kirchwerdung befinden, aber auch um einzelne Gemeinden mit ihren Pastoren. Die Gründe für ihre eigenständigen, teils auch einsamen Wege sind ebenfalls unterschiedlich, je nach Land, Region und Zeitpunkt ihres Aufbruchs.
selk.de: Sie haben über die lutherische Auffassung von Kirchengemeinschaft referiert. Was war Ihnen dabei besonders wichtig?
Klän: Mir ging es darum herauszustellen, was nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift und dem Bekenntnis der lutherischen Kirche die Grundlagen für Kirchengemeinschaft im Sinn von Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft sind. Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem, was diese Grundlagen sind und wie sie praktiziert werden, auf der einen Seite, und dem, was bisher als trennend wahrgenommen wird; schließlich ist zu erörtern, welchen Stellenwert diese – scheinbar oder wirklich – trennenden Momente haben und wie sie ggf. überwunden werden können.

selk.de: Was war das besondere Interesse, das Sie bei Ihren Zuhörern wahrgenommen haben?

Klän: Die anwesenden Brüder waren besonders an den Entwicklungen interessiert, die zur Gründung der SELK als eines Zusammenschlusses von verschiedenen konkordienlutherischen Kirchen in Deutschland führten. Auch hier gab es ja im 19. Jahrhundert unterschiedliche Profile, die sich der jeweiligen kirchengeschichtlichen Lage, den politischen Umständen der Entstehungszeit und den führenden Persönlichkeiten und ihrer theologischen Überzeugungen verdanken. Es bedurfte eines langwierigen Lernprozesses, bis die Vorgängerkirchen der SELK erkannten, dass die gemeinsamen Grundüberzeugungen, ihr Bekenntnisstand von weitaus größerem Gewicht waren (und sind) als die zeitweise trennend scheinenden Unterschiede. In gründlicher theologischer Arbeit wuchs die Gewissheit, dass die große Übereinstimmung im Glauben, Lehren und Bekennen die geschichtlich gewordenen Ausprägungen und Besonderheiten bei weitem überwog, so dass die Feststellung von Kirchengemeinschaft im Sinn von Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft möglich wurde. Und schließlich wurde sogar der Zusammenschluss zur SELK 1972 Wirklichkeit.

selk.de: Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie für das zukünftige Miteinander von diesen Kirchen und der SELK?

Klän: Unsere Kirche steht bei den Brüdern in diesen nordischen Kirchentümern in hohem Ansehen. Gegenüber manchem, was in unseren Reihen diskutiert wird, gibt es auch Bedenken, etwa der Frage der Ordination von Frauen zum Amt der Kirche. Diese ist für alle Brüder aus dem nordischen Kontext undenkbar: Es ist zu bedenken, dass diese Frage und das Problem der Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften in den bisherigen nordischen Staatskirchen, für die Bildung der jüngeren Gruppierungen, wie der Missionsprovinzen, der Anlass zu ihrer Entstehung war und ist. Zugleich besteht eine große Hochachtung für den Weg, den wir in den letzten zweihundert Jahren gegangen sind, und für die Bewahrung des konkordienlutherischen Erbes in kirchlicher Verbindlichkeit.

selk.de: Gibt es etwas, das Sie in diesen Tagen neu gelernt oder entdeckt haben?

Klän: Es besteht bei diesen Glaubensgeschwistern eine außerordentlich große Sehnsucht nach größerer kirchlicher Gemeinschaft, zunächst dieser Kirchen untereinander, dann aber auch in der größeren konkordienlutherischen Kirchenfamilie in Europa und im Internationalen Lutherischen Rat. Ihnen allen ist bewusst, dass die Erreichung dieses Zieles gründlicher theologischer Arbeit bedarf und zugleich von großer Dringlichkeit für die Glaubwürdigkeit unseres Zeugnisses gegenüber unserer kirchlichen Umgebung und der nachchristlichen Mentalitäten in unseren Gesellschaften ist. Besonders bewegend waren in diesen Tagen die gemeinsamen Gebetszeiten, in denen die Gemeinschaft, die wir schon miteinander haben, zugleich erbeten und gelebt wurde und um die Ausräumung der Hindernisse, die eine völlige kirchliche Gemeinschaft derzeit noch hindern, gebetet wurde. Ich habe darin einen Spiegel der Herausforderungen gesehen, vor denen auch die SELK in unserer Zeit und Welt steht.


Norwegen

Zum 200. Geburtstag von Friedrich Brunn (1819 – 1895)


Brunn

Am 15. Februar 2019 jährt sich der Geburtstag von Friedrich Brunn zum 200. Mal. Er gilt als Begründer der evangelisch-lutherischen Zionsgemeinde in Steeden, die heute zur Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) gehört. Brunn zählt zu den geschichtlich und theologisch entscheidenden Persönlichkeiten bei der Entstehung selbständiger evangelisch-lutherischer Kirchen in Deutschland im 19. Jahrhundert.

WeingartenPropst i.R. Manfred Weingarten (Verden/Aller) skizziert im Kirchenblatt der SELK, „Lutherische Kirche“, wesentliche Lebensstationen und erläutert, warum es sich lohnt, sich auch noch heute an Brunn zu erinnern. Dieser Beitrag wird auch hier veröffentlicht.


Die Zionsgemeinde Steeden geht zurück auf das Wirken von Pfarrer Friedrich August Brunn, der vor 200 Jahren, am 15. Februar 1819, auf Schloss Schaumburg bei Balduinstein als Sohn des dortigen reformierten Hofpredigers Friedrich August Brunn geboren wurde.

Der Vater war von dem damals vorherrschenden Rationalismus, dem „Vernunftglauben“ der Aufklärungszeit, geprägt und entsprechend war auch die Erziehung seiner Kinder. Friedrich Brunn berichtet in seiner Selbstbiographie „Mitteilungen aus meinem Leben, dass er in seinem Elternhaus kein Gebet gelernt und keine Beziehung zu Gott und dem Glauben gefunden habe.

Er besuchte von 1833 bis 1837 das Gymnasium in Weilburg. Er wurde auch dort, wie er in seinen Mitteilungen schreibt, in religiöser Hinsicht nicht gefördert. Trotzdem entschloss Brunn sich auf Wunsch des Vaters zum Studium der Theologie und ging nach Leipzig an die Universität. Dort lernte er den späteren Direktor der Leipziger Mission, Karl Graul, kennen und kam durch den Kontakt mit ihm und in der Beschäftigung mit dem Wort Gottes zum lebendigen Glauben an Jesus Christus. Von Leipzig aus ging er nach Bonn und dann an das theologische Seminar in Herborn. So war sein Weg als Pfarrer in der seit 1817 unierten Kirche in Hessen und Nassau festgelegt. Am 19. Oktober 1842 wurde ihm von dem Fürsten, Herzog Adolf von Nassau, eine Berufung als Kaplan nach Runkel ausgestellt, nachdem er in Wiesbaden die Ordination zum Amt der Kirche erhalten hatte. Zu dem Kirchspiel Runkel gehörten auch die Dörfer Ennerich, Hofen und Steeden.

Durch seine vom Glauben geprägten Predigten und seine intensive seelsorgerliche Tätigkeit gewann er immer mehr Anhänger. Das wirkte sich auch bald im Besuch der Gottesdienste aus. Der Raum der Kirche reichte nicht mehr aus, so dass er auch im Freien predigte, z.B. von der Runkeler Schlosstreppe.

Als Brunn sich in dieser Zeit immer intensiver mit dem lutherischen Bekenntnis beschäftigte, weil er auch für sich selbst die Stärkung des Glaubens und der Heilsgewissheit suchte, kam er zu ganz neuen Erkenntnissen. Die unierte Kirche stand für ihn nicht im Einklang mit der Lehre Martin Luthers und dem Augsburger Bekenntnis von 1530.

In seiner Predigt am 2. Pfingstfeiertag 1846 sprach er unverhohlen aus, dass nach seiner Erkenntnis die nassauische Kirche vom schriftgemäßen Bekenntnis abgewichen sei. Dies brachte ihm einen Verweis der Kirchenoberen ein. Pfarrer Brunn und 32 Familien aus Steeden, Hofen und Ennerich erklärten ihren Austritt aus der Landeskirche mit der Absicht, eine freie Gemeinde mit klarem lutherischem Profil zu gründen. Brunn selbst war zu diesem Entschluss gekommen durch ein Gutachten von Prof. von Harless aus Leipzig und einen Brief von Wilhelm Löhe aus Neuendettelsau. Beide hatten Brunn zum Austritt und zur Bildung einer eigenständigen lutherischen Gemeinde geraten.

In der Folgezeit kam es zur Auseinandersetzung mit der Regierung, die schließlich zur Ausweisung Brunns aus dem Herzogtum führte mit der klaren Untersagung jedweder Amtshandlungen. Brunn folgte dem und ging nach Neuendettelsau zu Löhe und später nach Saarbrücken. Er kehrte aber heimlich und oft bei Nacht und unter Lebensgefahr zurück, um die Glieder der neugegründeten Gemeinde geistlich zu versorgen.

Nach der Zeit der Verfolgung trat nach der Revolution 1848 eine Änderung ein: Die bisherigen Beschränkungen der Religionsfreiheit wurden aufgehoben, und Brunn konnte zurück zu der neugegründeten Gemeinde. Das Staatsministerium bescheinigte in einem Dekret vom März 1848 formal die Freiheit des Gottesdienstes und bestätigte Pfarrer Brunn als Seelsorger der Zionsgemeinde Steeden. Jetzt ging die Gemeinde an den Bau einer Kirche. Die Kirchweihe war am Fest der Himmelfahrt Christi im Jahre 1849.

In der Folgezeit entstanden durch das Wirken von Brunn auch an anderen Orten freie lutherische Gemeinden: Gemünden im Westerwald, Usingen, Allendorf/Lumda bei Gießen, Allendorf/Ulm, Wiesbaden. Für die Gemeinde in Usingen wurde im Oktober 1850 ein junger Mann aus Sachsen von Pfarrer Löhe empfohlen und von ihm in Steeden ordiniert. Das Wirken von Brunn ging über die Landesgrenzen hinaus, und ein Großteil der neu entstandenen Gemeinden existiert noch heute (in der SELK), wie auch die Zionsgemeinde in Steeden heute mit ca. 400 Gliedern. Im Jahre 1952 konnte sogar in Aumenau eine Kapelle für die dortigen Gemeindeglieder gebaut werden.

Als Friedrich Brunn im Jahre 1895 starb, konnte er auf ein bewegtes und segensreiches Leben zurückblicken, wobei ihm am Ende auch in der Öffentlichkeit Anerkennung zuteilwurde.

Das Grab von Friedrich Brunn und seiner Frau ist bis auf den heutigen Tag erhalten geblieben: ein großes steinernes Marmordenkmal mit einem Kreuz. Dabei ist die Inschrift auf der Rückseite bemerkenswert: „gestiftet von seinen früheren Schülern“. Das erinnert an eine Tätigkeit von Brunn, die weitreichende, ja weltweite Wirkung hatte.

Friedrich Brunn pflegte eine intensive Beziehung zu lutherischen Pastoren, die im 19. Jahrhundert zu neuer Erkenntnis des lutherischen Glaubens und Bekenntnisses gekommen waren. So kam er auch in Kontakt zur Ev.-Luth. Missouri-Synode in Nord-Amerika.

Der Präses dieser Synode Friedrich Wyneken hatte in einem Brief an die lutherischen Kirchen in Deutschland auf die Nöte der amerikanischen lutherischen Kirchen verwiesen. Sie hatten zu wenige Pastoren und Lehrer. Und so bat er in dieser Sache um Hilfe und Unterstützung.

Dieser Aufruf fand Gehör und erreichte schließlich auch Friedrich Brunn. 1862 richtete Brunn in Steeden ein so genanntes Pro-Seminar ein. Er unterrichtete junge Männer aus ganz Deutschland, um sie in ca. 2 Jahren auf ein Studium in Amerika vorzubereiten. Sie sollten dort als Pastoren und Lehrer zum Einsatz kommen. So haben in den Jahren 1862 bis 1886 etwa 250 junge Männer bei Friedrich Brunn in Steeden eine Vorbereitung für das Studium erhalten. Unter den Ausgesandten waren auch vier aus der Steedener Gemeinde, darunter zwei Söhne von Brunn.

Manfred Weingarten (gekürzt)

Einsatz in Weißrussland und Moldawien ein Herzensanliegen


Der in der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) beheimatete Verein Humanitäre Hilfe Osteuropa e.V. schickt Hilfstransporte nach Weißrussland und Moldawien. Aktuell wird eine Krankenhausküche aus Deutschland nach Moldawien gebracht. Für den Vorsitzenden des Vereins, Bischof i.R. Dr. Diethardt Roth, ist das Engagement ein Herzensanliegen.

Bischof Roth

selk.de: Herr Bischof Roth, vor kurzem ist ein weiterer Hilfstransport vom Verein Humanitäre Hilfe Osteuropa nach Weißrussland (Belarus) gestartet. Was wird dort am dringendsten benötigt?


Roth: Bei einer Vorstandsreise im September 2018 nach Weißrussland wurde  aus allen Gemeinden und den mit ihnen verbundenen Institutionen um humanitäre Hilfe gebeten, vor allem um gut erhaltene Kleidung für Kinder und Erwachsene, Schuhe, Kinderspielzeug, Musikinstrumente, Handys mit Spielen, neue PCs. Für ein Heim mit psychisch kranken Menschen besonders Schränke und Nachttische. In Moldawien werden zusätzlich Ausstattungen für Schulen, Heime und Kindergärten erbeten.

selk.de: Wie funktioniert vor Ort dann die Verteilung der Hilfsgüter?

Roth: Nachdem der Zoll in Weißrussland bzw. in Moldawien die Hilfstransporte frei gegeben hat – ein manchmal schwieriger Vorgang –, werden die Hilfsgüter an die Gemeinden zur weiteren Verteilung, oder an Institutionen weitergegeben, die es ebenfalls zu Hilfsbedürftigen bringen. Der Vorgang ist in den verschiedenen Gemeinden und Orten sehr unterschiedlich, aber vielfach mit Kontrollen der Hilfsbedürftigkeit verbunden.

selk.de: Die Transporte mit den gespendeten Kleidern, Decken, Möbeln, Spielsachen etc. aus Deutschland sind sehr aufwändig. Wäre es nicht sinnvoller, mit Geldspenden den Kauf der benötigten Dinge vor Ort zu ermöglichen?

Roth: Es werden gute Sachspenden aus Deutschland erbeten, da sie u.a. von der Qualität her besser seien. Die einheimische Wirtschaft kann auch vieles nicht liefern. Lebensmittel zum Beispiel für Kindergärten kaufen wir aber natürlich vor Ort.

selk.de: Der Verein steht in engem Kontakt zu den Gemeinden der Selbständigen Evangelisch-lutherischen Kirche der Republik Belarus. Wie ist deren Situation derzeit?

Roth: Da muss in Weißrussland differenziert werden. Es gibt Hoffnungslosigkeit und Aufbruchsstimmung. Es fehlen Pastoren und Diakone. Es fehlt an Geld, sie zu besolden. Die Gemeindehäuser benötigen eine Sanierung. Aber es gibt auch die Zeichen der Zuversicht in den Gemeinden und bei Pastoren, von denen keiner hauptamtlich tätig ist. Sie wollen lutherische Kirche sein und mit Gottes Hilfe bauen.

selk.de: Das zweite Land, das der Verein unterstützt, ist Moldawien. Aktuell plant der Verein, eine Krankenhausküche, gespendet vom Klinikum Lahn-Dill in Wetzlar, nach Moldawien, konkret dort in drei verschiedene Einrichtungen, zu bringen. Sie brauchen für Ab- und Aufbau und Transport rund 50.000 Euro an Spendengeldern. Das ist sehr viel Geld; ist dieses Ziel schon erreicht?

Roth: Der Abbau der Küche in Wetzlar beginnt am 14. Januar 2019. Zehn Personen aus den Krankenhäusern und Heimen in Moldawien, die die Hilfslieferungen erhalten, werden dabei sein. Eine beauftragte Firma aus Deutschland und der Auslandsdienst der Freien evangelischen Gemeinden werden uns beim Abbau unterstützen. Anschließend erfolgt der Transport nach Moldawien und der Aufbau.
Dank der Diakoniekollekte 2018, die die Kirchenleitung zum Teil diesem Küchenprojekt zugesprochen hat, dank vieler Sonderspenden und dank der Entnahme von Mitteln aus der Rücklage des Vereins, sind wir guter Zuversicht, diese Herausforderung zu schaffen. Auch Herr Horst Biemer, Projektleiter im Verein, kann uns nach seinem Schlaganfall wieder mit Rat zur Seite stehen, wofür wir sehr dankbar sind.

selk.de: Auch hier die Frage: Wie ist die Situation der evangelisch-lutherischen Gemeinden in Moldawien, mit denen der Verein zusammenarbeitet?

Roth: Die staatlich anerkannte Evangelisch-Lutherische Kirche in Moldawien hat einen nebenamtlich tätigen Pastor für drei Gemeinden, die in der Diaspora sind. Dank des Einsatzes des Pastors und seiner Frau ist viel Leben in den Gemeinden. Durch die diakonische Arbeit ist die Lutherische Kirche gut bekannt – bis in Regierungskreise.

selk.de: Sie waren persönlich schon oft in Weißrussland und in Moldawien: Was bewegt Sie besonders, wenn Sie mit den Menschen dort reden?

Roth: Mir ist der Einsatz in und für Weißrussland und Moldawien zusammen mit den anderen Vorstandsmitgliedern ein Herzensanliegen. Es bewegt uns die Frage nach der geistlichen Ermutigung der Pastoren, Diakone und der Gemeinden. Wir planen ein Programm, um monatlich auf Kosten des Vereins einen möglichst russisch sprechenden Pastor für einige Tage in eine Gemeinde zu entsenden und nach Absprache mit der Gemeinde – und den staatlichen Gesetzen – in ihr zu wirken. Ein Visum ist für solche Kurzreisen nicht mehr erforderlich.
Es bewegt uns immer die Frage nach Mission im Zusammenhang mit Diakonie – ein weites Feld. Und schließlich: Nur den Betern kann es noch gelingen …


Die Fragen stellte Doris Michel-Schmidt

Unser Bekenntnis – Artikel 4: Über die Rechtfertigung


Das Augsburger Bekenntnis (Confessio Augustana) ist die grundlegende Bekenntnisschrift der im Konkordienbuch (1580) abgedruckten verbindlichen Bekenntnisse der Kirche der lutherischen Reformation. In loser Folge lesen Sie hier Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln von Pfarrer Dr. Gottfried Martens D.D. (Berlin-Steglitz).

Bekenntnis

Weiter wird gelehrt, dass wir Vergebung der Sünde und Gerechtigkeit vor Gott nicht durch unsere Verdienste, Werke und Gott versöhnenden Leistungen (wörtl.: Genugtun) erreichen können. Vielmehr empfangen wir Vergebung der Sünde und werden vor Gott gerecht aus Gnade um Christi willen durch den Glauben, wenn wir glauben, dass Christus für uns gelitten hat und dass uns um seinetwillen die Sünde vergeben, Gerechtigkeit und ewiges Leben geschenkt wird. Diesen Glauben will Gott als Gerechtigkeit, die vor ihm gilt, ansehen und zurechnen – wie Paulus im 3. und 4. Kapitel des Römerbriefes sagt.


Nach den Artikeln über Gott, den Menschen (bzw. die Sünde des Menschen) und Christus muss es nun im Verlauf des Augsburger Bekenntnisses um die Frage gehen, auf welche Weise das, was Christus getan hat, denn nun das Verhältnis zwischen Gott und dem Menschen bestimmt und verändert. Genau damit befasst sich der vierte Artikel des Augsburger Bekenntnisses, der die „Rechtfertigung“ behandelt.

Das Thema „Rechtfertigung“ war im 16. Jahrhundert die zentrale Streitfrage zwischen den „Altgläubigen“ und den Anhängern der Reformation. Mitunter hört man heutzutage den Einwand, es habe sich dabei um ein „Spezialthema“ gehandelt, das den heutigen Menschen, ja selbst die heutigen Christen eigentlich gar nicht interessiere. Doch wer dies behauptet, hat noch nicht einmal ansatzweise verstanden, worum es bei dem Thema „Rechtfertigung“ eigentlich geht: Es geht um nicht weniger als um das Verhältnis zwischen Mensch und Gott – um die Frage, ob und wie das Leben des Menschen in der ewigen Gemeinschaft mit Gott endet oder nicht. Diese Frage ist deshalb so dringlich, weil der Mensch – wie Artikel 2 beschrieben hat – sich von Gott getrennt hat und in der Trennung von Gott lebt und sein Leben eben damit gerade nicht automatisch in die Gemeinschaft mit Gott mündet. Die Zukunft des Menschen lässt sich eben nicht unabhängig von der Bestimmung seines Verhältnisses zu Gott beschreiben – als ob etwa alle Menschen automatisch nach ihrem Tod in einem Zustand höherer Glückseligkeit weiterleben. Glückseligkeit ohne Gott kann es für den Menschen auch und gerade jenseits der Todesgrenze nicht geben. Und eben damit wird die Frage nach der „Rechtfertigung“ die wichtigste Frage des Menschen überhaupt: die Frage, ob und wie er mit seinem Leben in Gottes Augen bestehen kann.

„Rechtfertigung“ ist ein juristischer Begriff; er beschreibt ein Geschehen in einem Gerichtsverfahren. In der Tat stellt sich die Frage nach der „Rechtfertigung des Sünders“ nur da in letzter Ernsthaftigkeit, wo nicht geleugnet oder verdrängt wird, dass ein jeder Mensch sich einmal mit seinem Leben vor Gott dem Richter zu verantworten hat. Nur dann stellt sich auch die Frage, was oder wer uns in diesem letzten Gericht Gottes retten, unseren Freispruch herbeiführen kann. Es ist bezeichnend, dass die angebliche ökumenische Verständigung in der Frage der Rechtfertigung zwischen evangelischer und römisch-katholischer Kirche, die 1999 in der sogenannten „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ behauptet wurde, eben dadurch erzielt wurde, dass beide Seiten konsequent die Frage danach, wer oder was uns im letzten Gericht rettet, ausblendeten und damit den entscheidenden Punkt schlicht und einfach umgingen.

Dagegen hält der 4. Artikel des Augsburger Bekenntnisses ganz konsequent fest: Entscheidend für das letzte Urteil über das Leben eines Menschen ist nicht, ob er moralisch anständig gehandelt hat, „ein guter Mensch war“, von seinen – unbestritten vorhandenen – Fähigkeiten, sich an Regeln des menschlichen Miteinanders zu halten, auch Gebrauch gemacht hat. Sondern im letzten Gericht Gottes geht es einzig und allein um die Frage des Verhältnisses zwischen Mensch und Gott – das sich natürlich dann auch auf sein Verhalten gegenüber seinen Mitmenschen auswirkt. Und dieses durch die Schuld des Menschen zerbrochene Verhältnis zwischen Mensch und Gott kann nicht durch Bemühungen des Menschen, nicht durch ethisch korrektes Verhalten, nicht durch Frömmigkeitsübungen, erst recht nicht durch irgendwelche Formen von „Wiedergutmachung“ in Ordnung gebracht und wiederhergestellt werden. Dies ist vielmehr allein möglich und geschieht auch in der Tat durch „Vergebung der Sünde“, so betont es das Augsburger Bekenntnis. Diese Vergebung der Sünde ist keine allgemeine religiöse Wahrheit oder Selbstverständlichkeit, sondern gründet sich einzig und allein im stellvertretenden Kreuzestod Christi für uns, so führt es der Artikel aus. Gottes Handeln im Leiden und Sterben Christi allein schafft Vergebung der Sünden und damit die Wiederherstellung des zerbrochenen Verhältnisses zwischen Mensch und Gott.

Und diese Wiederherstellung des zerbrochenen Verhältnisses zwischen Mensch und Gott wird Realität im Leben des einzelnen Menschen durch die Zueignung der Vergebung der Sünde im sakramentalen Zuspruch des Absolutionswortes, in der Heiligen Taufe und im Heiligen Mahl. Wenn das Augsburger Bekenntnis eine Formulierung aus Römer 4,3-5 aufgreift und davon spricht, dass Gott dem Menschen Gerechtigkeit „zurechnet“, dann ist nicht damit gemeint, dass Gott irgendwo im Himmel eine einsame Entscheidung über den Menschen trifft, die aber letztlich völlig losgelöst bleibt von dem, was er hier auf Erden erfährt. Sondern Rechtfertigung, also Vergebung der Sünden, geschieht hier und jetzt auf Erden in den sakramentalen Vollzügen der Kirche: in der Predigt, in der Beichte, in der Taufe und im Altarsakrament. Was sich dort ereignet, hat einen unmittelbaren Bezug zu Gottes Urteil im letzten Gericht – ja mehr noch: ist mit diesem Urteil identisch.

Genau darum ging es damals auch bei Martin Luthers sogenanntem „reformatorischem Durchbruch“. Immer wieder hatte sich Luther mit der Frage gequält, ob und wie er seines Heils, der Teilhabe am ewigen Leben in der Gemeinschaft mit Gott, gewiss werden könne. Schließlich wurde ihm die Antwort klar in der Beschäftigung mit den Stiftungsworten des Beichtsakraments: „Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen.“ (St. Johannes 20, 23) Die Absolution, der Zuspruch der Sündenvergebung in der Beichte, ist identisch mit Gottes Urteil über mein Leben – und zwar nicht bloß mit einem vorläufigen Zwischenurteil, sondern mit seinem endgültigen Urteil über mein Leben. Hier und jetzt findet in der Beichte schon das letzte Gericht Gottes statt, und ich darf sein abschließendes Urteil vernehmen: „Dir sind deine Sünden vergeben. Du bist in meinen Augen gerecht.“ Es geht nicht darum, dass ich mit göttlicher Hilfe versuche, mich zu einem moralisch guten und in diesem Sinne gerechten Menschen zu entwickeln, um dann am Ende darauf zu hoffen, dass Gott diese Entwicklung mit einem Freispruch honoriert. Meine Gerechtigkeit vor Gott ist nicht begründet in dem, was ich tue, sondern besteht einzig und allein in dem, was Gott mir in seinem Wort zuspricht: Wenn Gott sagt: „Dir sind deine Sünden vergeben. Du bist in meinen Augen gerecht“, dann bin ich gerecht, weil Gottes Wort diese neue Realität setzt und hervorruft.

„Rechtfertigung“ ist also nicht ein langer Prozess, zu dem Gott und Mensch gleichsam als Partner je ihren Beitrag leisten, indem Gott den Menschen mit seiner Gnade eine Fähigkeit schenkt, die der Mensch mithilfe der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten in die Tat umsetzen soll. Wäre die Rechtfertigung ein solcher Prozess, dann könnte ich in der Tat meines Heils niemals gewiss sein – es sei denn, dass ich die Möglichkeit einer Verurteilung im letzten Gericht von vornherein entgegen dem klaren Zeugnis der Heiligen Schrift ausschlösse. Sondern im sakramentalen Zuspruch der Sündenvergebung bricht die Ewigkeit schon hier und jetzt in die Zeit hinein, verschränken sich Zukunft und Gegenwart, sodass ich hier und jetzt schon höre, was zugleich am Ende meines Lebensweges Gott über mich urteilen wird.

Das heißt aber auch zugleich: Ich brauche als Christ nicht auf mich, meine Fähigkeiten, meine Fortschritte in einem Prozess der Heiligung zu schauen. Sondern ich darf ganz von mir selbst wegschauen hin auf das, was Christus für mich am Kreuz erwirkt hat und was er mir in der Vergebung der Sünden austeilt. Meine Gerechtigkeit liegt nicht in mir selbst, sondern außerhalb von mir selbst in Christus und seinem Wort. Und „außerhalb“ von mir bleibt diese Gerechtigkeit auch und gerade da, wo Christus in mir Wohnung nimmt und mir gerade so seine Vergebung zueignet. Denn Christus und seine Vergebung lassen sich nie irgendwie „verrechnen“ mit dem, was ich tue oder auch empfinde.

Und auf diesem Hintergrund wird nun auch verständlich, was der 4. Artikel des Augsburger Bekenntnisses meint, wenn er formuliert, wir würden vor Gott gerecht „durch den Glauben“, oder Gott wolle den Glauben als Gerechtigkeit, die vor ihm gilt, ansehen: Der Glaube ist gerade nicht Tun des Menschen, eine besondere Form der guten Werke, die wir vollbringen müssen, um von Gott als gerecht angesehen zu werden. Das Augsburger Bekenntnis sagt nicht: Die „Altgläubigen“ verlangen zu viel als Bedingung für die Seligkeit; wir ermäßigen diese Bedingung ein wenig und verlangen etwas weniger, eben nur den Glauben. Sondern der Glaube ist gerade das Gegenteil allen menschlichen Tuns; er ist reines Empfangen – oder noch einmal anders ausgedrückt: Er ist die Art und Weise, wie Gott seine Gerechtigkeit, seine Vergebung, sein Heil bei uns ankommen lässt. Die Rechtfertigung „durch den Glauben“ schränkt also das „allein aus Gnaden“ gerade nicht ein, sondern ist letzter und tiefster Ausdruck des „allein aus Gnaden“: Gott macht mich dadurch gerecht, dass er mich mit Christus verbindet. Diese Christusgemeinschaft ist der Glaube, der staunend wahrnimmt, was Gott an mir schon gewirkt hat – ohne meine Mitwirkung, ohne mein Zutun.

Glaube ist Gemeinschaft mit Christus – eben darum lässt er sich aber eben auch nicht loslösen von den sakramentalen Vollzügen der Kirche, von der Predigt, der Beichte, der Taufe, dem Heiligen Mahl. Der vierte Artikel des Augsburger Bekenntnisses ist gleichermaßen von römisch-katholischer wie von protestantischer Seite immer wieder so missverstanden worden, als ob das „allein durch den Glauben“ gegen die Gnadenmittel der Kirche gerichtet sei: Ich brauche Wort und Sakrament nicht; Hauptsache, ich glaube! Doch Glaube ist eben keine unverbindliche Gläubigkeit, sondern bezieht sich auf die Vergebung der Sünden, die mir in ganz konkretem Geschehen zugeeignet wird. Es geht in dem Glauben, von dem der 4. Artikel des Augsburger Bekenntnisses spricht, nicht darum, dass ich glaube, dass es Gott gibt (das tun die Teufel auch und zittern, bemerkt St. Jakobus 2,19 dazu treffend). Es geht auch nicht bloß darum, dass ich „an Gott glaube“. Sondern es geht, so betont es das Augsburger Bekenntnis, darum, dass wir glauben, dass uns um Christi willen „die Sünde vergeben, Gerechtigkeit und ewiges Leben geschenkt wird.“ Glaube bezieht sich also auf ein Geschehen, das mich selber betrifft, und blickt doch dabei zugleich gerade nicht auf sich, sondern von sich weg auf den Zuspruch der Vergebung. Der Glaube, von dem das Augsburger Bekenntnis spricht, ist damit auch nicht abhängig von irgendwelchen Gefühlsregungen des Menschen. Er besteht auch und gerade dann, wenn der Mensch von seinem eigenen Glauben nichts zu fühlen vermag. Denn er gründet sich ja in Christus und seinem Wort und nicht in meinen eigenen Emotionen.

Weil die Rechtfertigung dadurch geschieht, dass Gott selber das Verhältnis zwischen sich und mir neu bestimmt und setzt, ist die Rechtfertigung immer eine „Totalbestimmung“. Ich kann niemals bloß zu 80% oder 90% in Gottes Augen gerecht sein. Sondern entweder bin ich gerecht – oder ich bin es nicht. Und weil Gott sagt: Du bist es, dir sind deine Sünden vergeben, darum ist die entscheidende Frage meines Lebens geklärt: „Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus.“ (Römer 5,1)


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Neue Ordnung der gottesdienstlichen Lesungen


Lesungen

Zum 1. Advent 2018 wird im Raum der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) eine neue Ordnung der gottesdienstlichen Lesungen und Predigttexte eingeführt.

Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) hat durch ihren Allgemeinen Pfarrkonvent und durch die diesjährige Kirchensynode beschlossen, sich an diese neue Ordnung in ihrer Praxis eng anzulehnen. So werden Gottesdienstbesucherinnen und -besucher an manchen Sonn- und Festtagen im Kirchenjahr auf neue Lesungen stoßen. Es handelt sich allerdings um eine äußerst moderate Revision, sodass es zumeist beim Bekannten bleibt.

Die Ordnung der evangelischen Landeskirchen, nach der die Predigttexte für die jeweiligen Sonn- und Festtage ausgesucht werden, war in der Vergangenheit nicht verbindlich für die Pfarrer der SELK. Trotzdem hat es sich als gute Praxis erwiesen, den Textvorschlägen aus dem Raum der EKD zu folgen, ohne eine andere Textwahl auszuschließen. Entsprechend gibt es auch in der Zukunft keine verbindliche Festlegung, über welchen Bibeltext zu predigen ist. Aber kirchlicherseits wird empfohlen, sich auch in Zukunft an der jeweils geltenden, in diesem Fall also an der neuen Ordnung der Predigttexte aus dem Raum der EKD zu orientieren.

Hier sind die Veränderungen schon wahrnehmbarer. So steigt der Anteil alttestamentlicher Bibelworte auf 1/3 der Predigttexte insgesamt. Dahinter steht die Überzeugung, dass nicht nur das Neue Testament für Christen von Bedeutung ist, sondern auch das Alte Testament. Außerdem gibt es keine Kirchenjahre mehr, in denen ausschließlich über die jeweiligen Evangelientexte gepredigt wird – oder Kirchenjahre, in denen nur Episteltexte ausgelegt werden. Sondern alttestamentliche Perikopen, Evangelien- und Episteltexte wechseln sich von Sonntag zu Sonntag ab. Damit verbindet sich die Erwartung, dass thematische Wiederholungen eher vermieden werden und der Reichtum des Wortes Gottes in seiner Fülle besser erkennbar wird.

An einigen Stellen hat sich die SELK für Sonderregelungen entschieden. Bestimmte Texte, die bisher die Sonntage geprägt haben, sollen ihrer Meinung nach nicht entfallen. Weiterhin hat die SELK beschlossen, die neueste Revision der Lutherbibel (aus dem Jahr 2017) zwar offiziell für den liturgischen Gebrauch freizugeben, allerdings für die Lesungen an bestimmten Sonn- und Feiertagen bei der oftmals verständlicheren und an mancher Stelle auch theologisch präziseren Revision der Lutherbibel aus dem Jahr 1984 zu bleiben.

Diese Sonderregelungen bringen das Erfordernis mit sich, dass die SELK ein eigenes Lektionar, in dem die biblischen Lesungen für den gottesdienstlichen Gebrauch enthalten sind, erarbeitet. Dieses soll nach derzeitiger Planung am 1. Advent 2019 und damit zeitgleich zum neuen Gesangbuch in den Gebrauch genommen werden. Es legt sich nahe, dass die Gemeinden der SELK mit der Umstellung der Lesungsordnung in ihrer Praxis bis dahin warten. Allerdings steht es den Gemeinden auch frei, den Wechsel zur neuen Leseordnung schon jetzt vorzunehmen.

Louis-Harms-Konferenz


Seit 40 Jahren gibt es, beheimatet im landeskirchlichen Luthertum und in der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche, die „Louis-Harms-Konferenz“ (LHK): Seit 1978 wird alljährlich eine Konferenz durchgeführt – als Tagesveranstaltung mit verschiedenen Referaten und Impulsen aus Theologie und Kirche.  In einem Interview für selk.de erläutert Pastor i.R. Dr. Hartwig Harms (Hermannsburg) aus dem Vorbereitungskreis, früher als Dozent im Dienst der Mekane-Yesus-Kirche in Äthiopien, dann im Evangelisch-lutherischen Missionswerk in Hermannsburg tätig, was es mit der LHK auf sich hat.

Harms

selk.de: Worum geht es der LHK? Was sind ihre Ziele?


Harms: Sie möchte helfen, den meist von der lutherischen Tradition geprägten Glauben ihrer Besucher zu stärken, aber auch die Wandlungsprozesse der Gegenwart zu bedenken und hilfreiche Antworten auf neue Herausforderungen zu finden.

selk.de: Ihr Vater Hans-Otto Harms, langjähriger Kondirektor der Hermannsburger Mission, hat die LHK begründet. Was war für ihn der Anlass dazu?

Durch seine frühere Tätigkeit in der Hermannsburger Mission – seit 1972 war er im Ruhestand – hatte er Verbindungen zu landeskirchlichen wie freikirchlichen Kreisen und stellte fest, dass in vielen von ihnen Unsicherheit herrschte im Blick auf die Zukunft des Glaubens und auch besonders der Mission. Da schien es ihm nötig, einen gemeinsamen Ort des Nachdenkens zu finden.

selk.de: Was bedeutet die Festlegung auf den Namen „Louis Harms“ im Namen der Konferenz?

Louis HarmsDer Hermannsburger Pastor Louis Harms – vielen als Ludwig Harms bekannt – hat durch seine Predigttätigkeit in Hermannsburg 1843–1865 die weitere kirchliche Umgebung geprägt. Viele landeskirchliche Gemeinden sind damals von der sogenannten „Erweckung“ neu belebt worden, ebenso wie die sich nach seinem Tod bildenden selbstständigen lutherischen Gemeinden in der Lüneburger Heide, einschließlich der Bleckmarer Mission (heute: Lutherische Kirchenmission). So lag es nahe, durch seinen Namen deutlich zu machen, in welchem Geiste diese Konferenz arbeiten würde.

selk.de: In welchen Strukturen arbeitet die LHK?

Es ist immer ein freier Arbeitskreis gewesen, der die inhaltlichen und organisatorischen Vorbereitungen machte – 8 bis 12 Theologen und Laien, vom Kreis selbst zugewählt, wenn Wechsel nötig werden.

selk.de: Aus welchen Kirchen oder kirchlichen Werken kommen die Verantwortlichen?

Die meisten kommen aus dem Hermannsburger und Bleckmarer Umfeld, aus der Landeskirche Hannovers und der SELK – mal mehr aus der einen, mal mehr aus der anderen Kirche. Wichtig ist uns, dass der ländliche Raum um Stade und Bremervörde vertreten ist, weil viele Besucher von dort kommen.

selk.de: Jährlich wird eine LHK veranstaltet. Wie läuft so eine Veranstaltung ab?

Wir beginnen um 9.30 Uhr mit einer Andacht. Dann gibt es eine Bibelarbeit und einen Vortrag zum Hauptthema – mit Aussprache. Nach dem Mittagessen kommt eine kleine Pause, die zu Gesprächen oder zu einer Gebetsgemeinschaft genutzt werden kann, dann zwei oder drei Erfahrungsberichte, die das Thema von der Praxis und dem täglichen Leben her beleuchten; gelegentlich auch eine Podiumsdiskussion. Wichtig sind dann eine Stunde Gruppengespräche, wo alle zu Wort kommen können. Abgerundet wird fast immer mit einem persönlichen Blick eines Teilnehmers auf den Namensgeber der Konferenz: „Was ich von Louis Harms gelernt habe.“ Gegen 17 Uhr schließen wir.

selk.de: An wen richtet sich die LHK? Gibt es Voraussetzungen für die Teilnahme?

Alle, die sich für unsere Themen interessieren, sind uns herzlich willkommen – ohne Anmeldung. Wir erbitten nur einen kleinen Beitrag zu den Verpflegungskosten und allgemeinen Ausgaben.

selk.de: Die Tagungen der LHK finden immer in Farven statt. Warum Farven?

Als die erste Konferenz geplant wurde, war das dortige schöne Gemeindehaus gerade fertig geworden und der Farvener Pastor lud dahin ein. Und weil nicht nur die Räumlichkeiten sich gut eigneten, sondern auch viele Besucher aus der weiteren Umgebung kamen und schließlich die Gastfreundschaft der Farvener, besonders der Frauen in der Küche, phänomenal ist, blieb man gerne dabei. Viele Besucher von weiter her, etwa aus Hermannsburg und sogar aus Hessen, lassen sich nicht von der Anfahrt schrecken!

selk.de: Gibt es Erinnerungen an bestimmte Höhepunkte bisheriger Tagungen der LHK?

Besondere Höhepunkte zu benennen fällt mir schwer: Eigentlich jede Tagung fand ich bereichernd, und es sind immerhin mehr als 20, bei denen ich dabei war. Und auch aus den Rückmeldungen von Besuchern, die noch mehr erlebt haben, hören wir, dass sie alle Konferenzen als glaubensstärkend erlebt haben – gerade in dem bunten Blumenstrauß, den wir immer zu bieten hatten.

selk.de: Was erwartet die Interessierten auf der diesjährigen LHK?

Es soll vor allem darum gehen, wie der Heilige Geist unser Leben bereichern kann und tatsächlich bereichert. Wir gehen natürlich aus von der Bibel und auch von Luthers Einsichten, fragen aber auch nach den Herausforderungen durch die charismatische Bewegung und ob wir da ausreichende Antworten haben.

selk.de: Zum Schluss – in Kürze: Ludwig Harms ist Ihr Urgroßonkel. Was fasziniert Sie besonders an seiner Person?

An „Onkel Louis“, wie wir in der Familie immer noch sagen, faszinieren mich nicht nur seine Predigt und ihre Wirkungen, sondern auch, wie er selbst durch und durch seinen Glauben lebte. Zwei Beispiele:
Da ist einmal der Wandel seines Charakters durch seine Bekehrung. Er war hoch begabt, aber als junger Mann auch von sich selbst sehr eingenommen und ungeduldig – der Schrecken seiner jüngeren Geschwister. Seit seiner Bekehrung war er geduldig und liebevoll zu den Mitmenschen – ein neuer Mensch.
Das andere ist seine durch und durch demokratische Haltung. Für ihn waren alle Menschen nicht nur vor Gott gleich, sondern verdienten auch gleichen Respekt. Er kannte keine Menschenfurcht und knickte vor Autoritäten nicht ein. Und das, obwohl er eigentlich ein Verteidiger der Monarchie war. So war er einmal in Hannover vom König, der der Hermannsburger Mission wohlgesonnen war und den Gründer kennenlernen wollte, zum Empfang geladen. Aber Louis Harms winkte ab: Er habe zu predigen. Natürlich hätte er jemand anders um die Predigt im Wochengottesdienst bitten können. Doch der Predigtdienst und seine Gemeinde waren ihm wichtiger, als dem König die Ehre zu erweisen. Er kannte, mit Luther gesprochen, „kein Ansehen der Person“.

Deutsche Bibelgesellschaft


Bereits im Juni hat im Haus Villigst in Schwerte die 38. Vollversammlung und die Geschäftsstellenkonferenz der in Stuttgart ansässigen Deutschen Bibelgesellschaft (www.die-bibel.de) stattgefunden. Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) ist Mitglied in der DBG und wird dort durch Pfarrer Dr. Christian Neddens (Saarbrücken) und Pfarrer Stefan Förster (Heidelberg) vertreten. Letzterer berichtet nun von dem Treffen in Schwerte.

Bibelgesellschaft

Haus Villigst ist immer ein guter Ort zum Tagen – zumal, wenn man selbst aus Westfalen stammt.

Die Vollversammlung folgte dem üblichen Ablauf. Es galt, die Jahresberichte entgegenzunehmen und zu diskutieren und sich über die aktuellen Projekte und Entwicklungen bei der Deutschen Bibelgesellschaft zu informieren. Die sind gekennzeichnet durch einen laufenden Strategie-Entwicklungs-Prozess, der sich an den Formulierungen zu Mission und Vision orientiert, die 2016 vom Aufsichtsrat beschlossen wurden:

- „Mitten ins Leben: Wir bringen die Bibel zu allen Menschen.“
- Die Bibel ist für alle Menschen in Deutschland relevant, als Grundlage des christlichen Glaubens und als unverzichtbarer Teil der Kultur.
- Die Deutsche Bibelgesellschaft wirkt als anerkanntes Bibel-Kompetenzzentrum überkonfessionell und weltweit.
- Die Deutsche Bibelgesellschaft erreicht Menschen, die die Bibel noch nicht kannten oder sie neu entdecken wollen. Sie veröffentlicht innovative zielgruppengerechte Bibelausgaben und bibelerschließende Medien.
- Die Deutsche Bibelgesellschaft fördert weltweit und nachhaltig Bibelübersetzung und Bibelverbreitung.
- Auf Basis ihrer wirtschaftlichen Unabhängigkeit arbeitet sie national und international mit allen Partnern zusammen, die ihre Anliegen teilen.

Die Einführung der revidierten Lutherbibel war natürlich auch wirtschaftlich ein Höhepunkt im Jahr 2017, zugleich aber auch das, was man unter „Sondereffekte“ verbucht, womit markiert werden soll, dass sich diese Entwicklung nicht in den folgenden Jahren fortschreiben lässt. Herausforderungen beim Absatz bestehen insbesondere bei den wissenschaftlichen Ausgaben – hier geht das Interesse spürbar zurück – und im Blick auf die Markteinführung der BasisBibel im Jahr 2020. Seit vielen Jahren wird an dieser Ausgabe gearbeitet; große finanzielle Anstrengungen waren nötig, um dieses Projekt zum Ziel zu bringen. Ob sie auch wirtschaftlich ein Erfolg wird, ist noch nicht abzusehen.

Die Gute Nachricht Bibel feiert in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag. Sprachlich dürfte ihr die BasisBibel wohl den Rang ablaufen, nach wie vor gilt sie aber als die einzige ökumenisch verantwortete Bibelübersetzung in Deutschland.

Besondere Höhepunkte waren die Verleihung der Canstein-Medaille an Dr. Dr. Roland Werner mit einer Laudatio von Dr. Christian Brenner und die Bibelarbeit von Präses Annette Kurschus „Von der Lust zu suchen und vom Glück, gefunden zu werden (zu Lukas 15,1-17). Kurschus war im letzten Jahr in Abwesenheit zur Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Deutschen Bibelgesellschaft gewählt worden. Mit dieser Bibelarbeit hat sie gezeigt, dass das eine gute Wahl war.

Ein weiterer Höhepunkt war der „Landeskirchliche Abend“, zu dem die Evangelische Kirche von Westfalen und die von Cansteinsche Bibelanstalt in Westfalen eingeladen hatten. Mit der Stiftung „Creative Kirche“, die unter anderem hinter dem Lutheroratorium steht, der Evangelischen Pop-Akademie und eben dem Tagungsort „Haus Villigst“ hat die Westfälische Landeskirche einige beeindruckende Leuchtturm-Projekte auf den Weg gebracht.

Praktisch wird es dann immer bei der Geschäftsstellenkonferenz, die ihren besonderen Höhepunkt bei der Vorstellung des Projektes „Genussvoll glauben“ (www.amd-westfalen.de/begegnen-einladen/genussvoll-glauben) fand. Dahinter verbirgt sich ein „biblisches Whisky-Tasting“, von dem nicht nur berichtet wurde, sondern das wir vor Ort gleich erleben konnten. Das Wort Whisky kommt aus dem Gälischen „Uisge beatha“ und bedeutet nichts anderes als „Wasser des Lebens“. Bezüge zur Bibel liegen auf der Hand. Ein Buch führt minutiös durch den kompletten Abend. Es enthält alles, was man für die Durchführung des Projektes an Informationen braucht. Dazu kommt ein Zugang zu den Materialien (Präsentationen, Film etc.) des Projektes. Ein interessantes Projekt, selbst wenn man keinen Whisky mag.

Soeben erschienen ist die aktualisierte Neuauflage des Heftes „Empfehlenswerte Kinderbibeln“, es kann im Kirchenbüro der SELK in Hannover gratis abgerufen werden.


Foto: © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

Neubau der Trinitatiskirche in München


Modern, klar und schlicht

München

Die Trinitatisgemeinde der Selbständigen Evangelischen-Lutherischen Kirche (SELK) in München ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Nun baut sie an ihrem bisherigen Standort eine neue, größere Kirche und ein barrierefreies Gemeindezentrum. Pfr. Frank-Christian Schmitt erläutert im Interview das Bauvorhaben.

selk.de: Herr Pfr. Schmitt, die Trinitatisgemeinde der SELK in München hat sich entschieden, ihre sanierungsbedürftige Kirche abzureißen und am gleichen Standort eine neue Kirche zu bauen. Was waren die Beweggründe für diesen Schritt?

SchmittSchmitt: Zunächst einmal ist die Gemeinde in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen und ganz besonders die Zahl der Kinder. Unser Kirchbau und die Gemeinderäume aus dem Jahr 1978 waren deshalb zu vielen Anlässen einfach zu klein, besonders die winzige Küche; weitere Toiletten und Räumlichkeiten für die Kinder fehlten. Ein wenig Entspannung brachte der Kauf des Nachbarhauses vor sechs Jahren (das wir aufgrund einer Erbschaft erwerben konnten!), sodass wir seitdem dort neben meinem Büro auch ein schönes Besprechungszimmer für kleinere Gruppen, Unterricht und Kirchenvorstandssitzungen haben.

selk.de: Was hat schließlich den Ausschlag gegeben für einen Neubau anstelle von Umbau und Sanierung der bisherigen Räumlichkeiten?

Schmitt: Das ist das Ergebnis langjähriger Diskussionen und auch misslungener Planungen, z.B. zuerst auf dem noch kleinen Grundstück vor dem Kauf des Nachbarhauses. Am Ende des Prozesses hat sich die Gemeinde klar gegen eine reine Sanierung des Gebäudes (Erneuerung des Daches, neue Heizung statt der bisherigen Gasöfen sowie der unbedingt notwendigen Sanierung der Toiletten; barrierefreier Zugang zum Gebäude etc.) ausgesprochen, weil die Sanierung schon mindestens 400.000 € gekostet hätte, uns aber keinen Zentimeter mehr Raum, weder in der Kirche noch im Gemeindesaal, gebracht hätte.

Deshalb war am Ende nur noch die Alternative zwischen Um- und Erweiterungsbau oder Neubau auf dem Tisch. Wir haben aus diesem Grunde von einer Architektin verschiedene Erweiterungsmaßnahmen durchplanen lassen, um genauere Zahlen zu haben. Die Ergebnisse dieser Planungen und der Vorschlag für den Neubau von Kirche und Gemeindesaal auf Holzständerbauweise haben wir in einem über 30-seitigen Infoheft zusammengestellt und drucken lassen und allen Gemeindegliedern zur Information und Vorbereitung auf die Entscheidung zugeschickt.

Schließlich ist mit deutlicher Mehrheit für den Neubau votiert worden, weil die Erweiterung nur geringfügig weniger gekostet hätte und aus vielen Kompromissen bestanden hätte. So hätten wir konkret weiter einen Gemeindesaal im Keller gehabt und nicht wesentlich viel mehr Platz für Küche und Toiletten. Im Kirchraum hätten Säulen gestört, die aus statischen Gründen notwendig gewesen wären usw.

selk.de: Heutzutage kommt es eher selten vor, dass eine Kirche komplett neu gebaut wird. Welche Anforderungen sollte der Bau erfüllen, was war der Gemeinde dabei wichtig?

Schmitt: Das war genau der Grund, warum es wohl zur Entscheidung für den Neubau kam: Das neue Gebäude ist völlig barrierefrei. Es wird in der Kirche und im Gemeindezentrum nur noch eine einzige Stufe geben, und das ist die Altarstufe! Außerdem wird es als Niedrigenergiegebäude erstellt, sodass auch die Folgekosten für den Energieverbrauch positiv sind. Es gibt ein Foyer für die Kommunikation nach dem Gottesdienst, was für eine Diasporagemeinde wie München – in der manche Gemeindeglieder Wege von weit über 100 km zurücklegen müssen – von großer Wichtigkeit ist. Wir werden endlich eine große Küche und genügend Toiletten haben und einen schönen großen Gemeindesaal, aus dem man direkt in den Garten treten kann. Auch wird das Gebäude durch einen Glockenturm endlich als Kirche erkennbar sein und wahrgenommen werden können.

selk.de: Wie würden Sie die Architektur des Neubaus beschreiben?

Schmitt: Die Architektur der neuen Kirche und des Gemeindesaals kann ich durchaus als modern, klar und schlicht bezeichnen, ohne Extravaganz und architektonische Mätzchen, aber deutlich kirchlich geprägt. Uns war wichtig, dass es nicht darum gehen soll, dass ein/e Architekt/in sich mit diesem Bau einen Namen machen will. Dabei haben auch die Kosten eine ganz wichtige Rolle gespielt.

selk.de: Wie wird der Innenraum gestaltet werden? Worauf achten Sie dabei besonders?

Schmitt: Die Innenraumgestaltung war uns von Anfang an eigentlich das Wichtigste. Wir wollten eine betont lutherische Kirche in unserer Zeit bauen. Das gottesdienstliche Geschehen sollte deshalb zum Ausgangspunkt der Gestaltung werden. Was feiern wir wie und wie kann dieser praktizierte Glaube sich Ausdruck in der Innengestaltung eines Sakralraumes verschaffen? Der Altarraum – eine Altarinsel, in der der Altar (übrigens der unserer „alten“ Kirche) mittig angeordnet wird und umschreitbar sein wird, damit vor und hinter dem Altar amtiert werden kann – bildet das Zentrum des Kirchraumes. Hier wird Christus unter den Gaben von Brot und Wein gegenwärtig und empfangen. Gleichermaßen zentral wird ein mittig vor dem Altarraum von der Decke her schwebendes Kreuz deutlich machen: Wir verkündigen Christus, den Gekreuzigten. Oben in der Altarwand wird es ein 750 cm langes und 120 cm hohes „Trinitatisfenster“ geben, das vom bekannten Münchner Künstler Helmut Kästl entworfen wurde. Es stellt die Dreifaltigkeit Gottes in drei ineinander übergehenden symbolischen Bildern dar und macht den Bezug zum Namen der Gemeinde und Kirche deutlich.

Ansonsten wird der helle Innenraum geprägt durch das vom gefalteten Kirchendach einfallende, blendfreie Nordlicht. Eine schöne Idee unserer Architekten, die uns von Anfang an begeistert hat.

selk.de: Wie wird der Neubau finanziert?

Schmitt: Natürlich wie immer in unserer Kirche überwiegend aus Spenden und natürlich auch aus Krediten, die wir aufnehmen müssen. Die momentane Tiefzinsphase macht das möglich. Wir mussten bisher ein Darlehen von 700.000 € aufnehmen, das wir uns bei 2% oder gar 3% mehr Zinsen nie und nimmer hätten leisten können.

Wir sind allerdings aber auch dankbar für Zuschüsse, z.B. vom Bugenhagenverein in Hamburg, der unseren Kirchbau mit 25.000 € unterstützt hat. Auf weitere Zuschüsse der Kirche hoffen wir – auch wenn diese immer nur im übersichtlichen Rahmen möglich sind. Außerdem haben wir mit großer Hoffnung die Bausteinsammlung für das Jahr 2020 beantragt. Geprüft haben wir auch die Möglichkeit staatlicher Zuschüsse oder der EU, allerdings waren dabei Auflagen für z.B. soziale/diakonische Arbeit an das neue Gebäude so kostspielig, dass wir uns das, mit aller dazugehörigen nötigen Organisation, nicht auch noch aufbürden wollten.
Ansonsten hat unsere Gemeinde schon fleißig gespendet, und wir hoffen, dass der nun erfolgte Baubeginn nochmals einen Schub zur Spendenbereitschaft bewirkt.

selk.de: Eine Kirche ist zwar nur ein Gebäude – aber eben ein besonderes: es ist ein Gotteshaus. Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach der Ort, der Raum, in dem Gottesdienst gefeiert wird?

Schmitt: Die Kirche ist der zentrale „Raum“ für unsere Gemeinde. Als Diasporagemeinde ist der Gottesdienst überhaupt der zentrale Punkt des Gemeindelebens. Hier treffen sich Alt und Jung und feiern miteinander die Gegenwart des auferstandenen HERRN. Außerdem prägt ein Kirchenraum immer auch die Art und Weise wie Liturgie und auch Predigt wirkt: Inhalte werden über eine äußere Form transportiert, das sollte man nicht vernachlässigen.

selk.de: Die Trinitatisgemeinde ist in den letzten Jahren gewachsen: Was würden Sie sagen, wirkt in Ihrer Gemeinde anziehend auf Außenstehende? Was ist für den Gemeindeaufbau – außer ansprechende Räumlichkeiten – noch von Bedeutung?

Schmitt: Ich denke, dass eine klare und biblisch fundierte Verkündigung auch heute immer noch anziehend ist und bleibt. Menschen suchen Orientierung und Halt im Glauben. Wenn das auch noch eingebettet ist in einer mit dem Herzen gefeierten Liturgie von Pfarrer und Gemeinde, dann ist das einladend! Zumindest höre ich das immer wieder von Menschen die sowohl aus der EKD wie auch aus der Röm.-kath. Kirche zu uns kommen. Des Weiteren haben wir das große Glück, so viele Kinder in der Gemeinde zu haben, die den Gottesdienst mit ihren Eltern und damit auch den Kindergottesdienst besuchen, der bei uns jeden Sonn- und Feiertag in zwei Gruppen angeboten wird. Auch dieses Angebot hat immer wieder junge Familien zu uns geführt. Insgesamt freuen wir uns in unserer Gemeinde und in den Gottesdiensten über einen relativ jungen Altersdurchschnitt.

Mit den neuen Räumlichkeiten verbinden wir natürlich auch den Wunsch, Menschen zu uns einzuladen. Auch die Vermietung unseres Gemeindesaals für private Feiern kann dazu dienen, „Schwellenangst“ zu nehmen und Kontakte zu knüpfen.

Ich freue mich, dass wir in Zukunft auch die Platzkapazität haben -  z.B. am Heiligabend oder zu anderen Festen - die Nachbarn in unseren Gottesdienst einzuladen.


Die Fragen stellte Doris Michel-Schmidt

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