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SELK-Aktuell

Entscheidungspraxis ist ein Skandal


Die Tatsache, dass die Bundesrepublik Deutschland durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zum Christentum konvertierten ehemaligen Moslems in letzter Zeit die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft immer häufiger verweigere, sei ein Skandal, schreibt Hans-Jörg Voigt D.D. (Hannover), Bischof der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), in einer Stellungnahme.

Bischof Voigt

Der leitende Geistliche wird deutlich: „Kein Werktag vergeht derzeit in diesem Land, an dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht Verfassungsbruch begeht und bei konvertierten Flüchtlingen, die ihren christlichen Glauben als Asylgrund geltend machen, deren Glauben völlig willkürlich bewertet und sich in diesem Zusammenhang immer wieder auch Urteile über Glaubenslehren und Glaubenspraxis der Kirchen anmaßt.“

Durch die im Grundgesetz Artikel 140 aufgenommenen Bestimmungen des Artikels 137 der Weimarer Reichsverfassung werde die religiöse und weltanschauliche Neutralität des Staates im Grundgesetz selber festgehalten, heißt es in der Stellungnahme weiter. Der Staat habe nicht das Recht, über den persönlichen Glauben von Christen und erst recht nicht über Glaubensinhalte Entscheidungen zu treffen. Bischof Voigt: „Das ist Verfassungsbruch! Wo bleibt der Aufschrei des Entsetzens in diesem Land darüber, dass eine Behörde den Glauben von Menschen bewertet und ihnen mit einem Federstrich zumutet, ihren Glauben in ihrem Heimatland zu verleugnen?“

Das subjektive Glaubensverständnis eines BAMF-Entscheiders werde zum Maßstab der Anerkennung der Ernsthaftigkeit einer Konversion gemacht. Den pfarramtlichen Bescheinigungen der zuständigen Pfarrer werde dagegen immer wieder diametral widersprochen, oder sie würden völlig ignoriert. Die Kirchen würden gar, zumindest indirekt, der Beihilfe zum Asylbetrug bezichtigt. „Es muss hier offen ausgesprochen werden, dass es mittlerweile Tausende von konvertierten christlichen Flüchtlingen in Deutschland gibt, die nach dem Zeugnis ihrer Seelsorger aus ganz verschiedenen Kirchen ernsthafte, tiefgläubige Christen sind und denen dennoch die Abschiebung droht, weil das BAMF oder auch Verwaltungsrichterinnen und -richter ihnen die Ernsthaftigkeit ihres Glaubens absprechen. Dagegen müssen wir uns zur Wehr setzen“, schreibt Bischof Voigt. Er führt das Beispiel der Dreieinigkeitsgemeinde der SELK in Berlin an, wo die Anerkennungsquote für christliche Flüchtlinge im Verlauf von zwei Jahren von 100 % auf derzeit unter 10 % gesunken ist, obwohl sich an der Arbeit von Pfarrer und Gemeinde nichts geändert hat. „Daran wird erkennbar, dass hier politische Anweisungen und Vorgaben durch das BAMF umgesetzt werden, die die derzeit amtierende Bundesregierung zu verantworten hat“, so Voigt. Eine latent fremdenfeindliche Stimmung in diesem Land treibe die politische, behördliche und immer wieder auch die gerichtliche Entscheidungsfindung in Deutschland an.


Kirche wird weiterhin lehren, taufen und Menschen in ihrer Not helfen

Die Kirche tue das, womit Christus sie beauftragt habe, so Voigt mit dem Hinweis auf das Matthäus-Evangelium: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ (Matth.28,18-20) Das tue die Kirche mit Respekt vor anderen Religionen und in Achtung der Freiheit, die ein Mensch zum Menschsein brauche und die immer die Freiheit derer sei, die anders denken.

Der Bischof weist auf eine Umfrage der Kirchenleitung der SELK in ausgewählten Gemeinden der SELK im Jahr 2017 zur Qualität des Taufunterrichts mit erwachsenen Flüchtlingen hin. Die habe ergeben, dass die Dauer des Unterrichts durchschnittlich 6 Monate (jeweils 2 Wochenstunden) beträgt. Vor einer Taufe finde in allen Gemeinden eine Glaubensprüfung statt. „Das werden wir weiter tun, weil Christus selbst es seiner Kirche geboten hat, aller Fremdenfeindlichkeit zum Trotz“, so der Bischof. „Und wo immer der deutsche Staat christlichen Flüchtlingen, denen in ihren muslimischen Heimatländern Verhaftung und Tod drohen, seinen Schutz verwehrt oder sie gar abzuschieben droht, werden wir diesen Menschen beistehen, ihnen in unseren Kirchen Zuflucht gewähren und sie unterstützen.“

Der komplette Text der Stellungnahme ist hier abrufbar.

Mit Gott reden

 
„Wann ist ein Christ ein Christ?“ In der Januar-Ausgabe von „Lutherische Kirche“, dem Kirchenblatt der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) macht sich unter anderem die Journalistin Juliane Moghimi dazu ihre Gedanken – und überlegt, wie sie selbst ihren Glauben lebt.

Mit Gott reden

Dieser Text beginnt mit einem Geständnis: Ich bin nicht besonders gut im Beten, jedenfalls nicht, wenn es um die Regelmäßigkeit geht. Als Spätgetaufte bin ich völlig ohne christliche Rituale aufgewachsen, und so oft ich mir auch vornehme, künftig vor jedem Essen, an jedem Abend zu beten: Ich vergesse es doch immer wieder. Überhaupt bete ich außerhalb der Kirche eher selten – aber wenn, dann aus vollster Überzeugung und in dem festen Glauben, dass ich damit etwas bewege.

So wie neulich, als ich bei einem kurzen beruflichen Abstecher nach Wien in der Touristen-Straßenbahn saß, die einmal komplett um den Ring fährt. Auf der etwa halbstündigen Tour bekommt man über Kopfhörer ein bisschen Mozartmusik und in einer von fünf Sprachen die wichtigsten Fakten zu den Sehenswürdigkeiten eingespielt, an denen die Bahn vorbeifährt. Mittendrin, irgendwo zwischen all den Prachtbauten, Denkmälern und Parkanlagen, wurden wir Zeugen eines gerade gewesenen Verkehrsunfalls. Ein Mann mittleren Alters war wohl auf dem Nachbargleis vor eine Straßenbahn gelaufen und lag nun dort, wenige Meter von uns entfernt, verletzt, aber zumindest ansprechbar. Er hatte sichtbare Wunden am Kopf und an einer seiner Hände. Es waren schon Sanitäter vor Ort, um ihn zu versorgen. In meinen Ohren tönte Mozarts Kleine Nachtmusik, unsere Touri-Bahn fuhr nach wenigen Augenblicken weiter … und ich faltete die Hände zum Gebet. Ich redete zu Gott, was mir gerade einfiel: Er möge dem Mann in seinen Schmerzen beistehen, ihn nach Seinem Willen wieder gesund werden lassen, bei seinen Angehörigen sein, wenn sie von dem Unfall erfahren, und auch bei dem armen Straßenbahnfahrer, der mit diesem Erlebnis klarkommen muss. Über dem Gebet verpasste ich die Ausführungen zur Hofburg, aber danach ging es mir besser. Das Bild des Verletzten hatte ich immer noch vor Augen, aber ich wusste, dass er nicht allein ist und dass sich derjenige um ihn kümmern wird, der das ohnehin am allerbesten kann.

Solche spontanen Stoßgebete schicke ich nicht nur in der Not nach oben. Manchmal halte ich einfach kurz inne und sage danke. Das ist mir wichtig – nicht, weil ich Gott für eitel oder leicht kränkbar halte und denke, dass Er sauer wird, wenn ich mich nicht bedanke. Schließlich ist der Schöpfer keine alte Tante, die die mitgebrachte Schokolade nur mit einem strengen „Wie sagt man?!“ loslässt. Das Danken ist mir wichtig, weil es mir selbst wieder klarmacht, wie viel Segen auch über meinem kleinen Leben liegt.


Was würde Jesus tun?

Bei jungen evangelikalen Christen, vor allem in Nordamerika, sieht man mitunter Armbänder mit den Buchstaben W.W.J.D. Das steht für „What would Jesus do?“, also: Was würde Jesus tun? Die Frage geht auf den Roman „In seinen Fußstapfen“ von Charles M. Sheldon aus dem Jahre 1896 zurück. Dort richten die Mitglieder einer Kirchgemeinde ein Jahr lang ihr Handeln komplett danach aus. Seit den 1990er Jahren signalisieren junge Evangelikale mit diesem Armband, dass sie der fiktiven Gemeinde nacheifern und sich bei allem fragen, wie unser Herr Jesus Christus sich verhalten würde. Ein bisschen Bauchschmerzen macht mir das schon, denn auch der Messias war in Seinem Handeln mitunter widersprüchlich und provozierend – etwa bei Seinem Wutanfall im Tempel oder wenn Er Hilfesuchende zunächst brüsk zurechtwies. Genau wissen zu wollen, wie Jesus handeln würde, möchte ich mir deshalb nicht anmaßen – aber im Grunde finde ich diese Bewegung doch gut, denn sie ist ja nichts anderes, als das eigene Tun mit den Zehn Geboten und damit mit dem Verhaltenscodex Gottes abzugleichen. Nun ist mir selbst das Evangelikale ziemlich fern, deshalb würde ich ein solches Armband nicht tragen. Aber der Gedanke, meine Absichten einmal gegenzuchecken, wie man heute so modern sagt, ist gut. Es hat in meinem Leben schon so manche Situation gegeben, in der ich mich aktiv mit der Frage auseinandersetzen musste, wie mein Handeln vor Gott bestehen würde. Da waren nicht nur große, wichtige Entscheidungen, sondern auch viele kleine Momente und Gelegenheiten. Wie gehe ich mit dem aufdringlichen Bettler um? Was antworte ich der unfreundlichen Servicekraft? Soll ich einer Organspende zustimmen? Mich für einen Auftrag bewerben, auch wenn ich das Thema überhaupt nicht mag und mir dadurch weniger Zeit für angenehme Dinge (und Texte) bleibt? Wo sind die Grenzen der modernen Medizin? Wie ist das mit der Sterbehilfe für todkranke Menschen – aber auch mit der Euthanasie von Tieren? Nicht immer ist die Lage eindeutig, aber überraschend oft hilft mir dieses Hinterfragen doch ein ganzes Stück weiter.


Nicht, was ich will

An anderen Stellen wiederum erspart mir der Glaube die ewige Fragerei nach dem Sinn. Wenn Dinge anders laufen, als ich sie mir gewünscht habe, dann denke ich an das Gebet Jesu in Gethsemane: „Abba, Vater, alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir; doch nicht, was ich will, sondern was du willst!“ (Mk 14,36). Ich liebe diese Stelle der Bibel. Sie hat eine für mich extrem wichtige Botschaft: Was ich will, ist das eine. Was Gott für mich will, ist etwas anderes. Und auch, wenn es sich im Augenblick schmerzlich anfühlt, darf ich gewiss sein, dass es etwas Gutes ist. Diese Gewissheit hatte ich schon früh in meinem Leben. Das Umfeld, in dem ich aufgewachsen bin, war ganz und gar kein religiöses. Und trotzdem hat mich etwas – jemand! – gerufen. Das Gefühl, dass alles einen höheren Sinn und vor allem Sinnstifter haben muss, kannte ich schon als Kind. Als ich etwa 11 Jahre alt war, habe ich mir bei einer Kinderchorfreizeit das Vaterunser beibringen lassen. Ich wollte endlich wissen, wie man „richtig“ mit Gott redet. Aufschreiben wollte ich den Text nicht, aus Angst, dass man den Zettel findet oder ich ihn verliere. Also habe ich bei einem Spaziergang im Park hinter der Jugendherberge das Gebet Zeile um Zeile wiederholt, bis ich es auswendig konnte. In jenem Kinderchor habe ich auch die ersten (und lange Zeit die einzigen) Begegnungen mit biblischen Texten gehabt, und man kann wohl ohne Übertreibung sagen, dass die Einstudierung der Matthäuspassion mein Leben nachhaltig verändert hat. Damals war ich zwölf, und es sollte noch fast zwei Jahrzehnte dauern, bis ich einsah: Ich brauche es, in einer Kirche und einer Gemeinde zu sein. Denn der Glaube allein trägt zwar auch, aber es fühlt sich auf Dauer irgendwie unvollständig an – wie in der Musik, wo erst das Zusammenspiel vieler Instrumente oder Stimmen etwas wirklich Großes schafft.


Der Christ – der Versager?

Sechs Jahre nach meiner Taufe schließlich bin ich per Konfirmation in die SELK übergetreten – wohlüberlegt, vor allem wegen des durch die Leuenberger Konkordie so veränderten Abendmahlsverständnisses (und -bekenntnisses!) der lutherischen Landeskirchen. Bei meiner Ankunft in der Leipziger Gemeinde traf ich auf eine Gruppe Iraner, unter ihnen mein jetziger Ehemann. Sie waren die ersten Konvertiten, die wir in der SELK hatten, lange vor der Flüchtlingswelle von 2015. Ich, die ich ebenfalls nicht in dieser Kirche groß geworden war, fühlte mich diesen Neulingen nahe. Aber ich sah mich auch vielen kritischen Fragen ausgesetzt, die bei mir landeten, weil ich nun mal näher dran war an den „Zugereisten“. Diese jungen Menschen waren einem Regime entronnen, in dem man – auch wenn man vielleicht gar nicht glaubte – vorgeben musste, ein Hundertprozentiger zu sein. Ansonsten drohten Peitschenhiebe und Schlimmeres. Nun trafen sie auf uns, die wir ganz ohne Zwang behaupteten zu glauben und trotzdem im biblischen Sinne so viel falsch machten. Wir Christen benehmen uns mitunter wie die Axt im Walde und treten die Gebote mit Füßen. Selbst unsere Geistlichen sind keine Gottgleichen, sondern gehen genau wie der Basis-Christ zur Beichte und zum Abendmahl. Also ist es uns nicht ernst mit dem Glauben? Suchen wir uns gar – auch diese Frage kam – aus der Bibel nur die Rosinen heraus, die in unser modernes Leben passen?

Meine Antworten lauten heute wie vor fünf Jahren: Doch. Es ist mir ernst mit dem Glauben. Und ja, ich mache Fehler. Andauernd. Manchmal, weil ich es nicht bemerke, manchmal aber auch, weil ich nicht anders kann. Ich vergesse das Tischgebet und gebe patzige Antworten, obwohl ich weiß, dass Freundlichkeit ein kleines Wunder vollbringen würde. Glaube und Wissenschaft schließen sich für mich ebenso wenig aus wie Glaube und modernes Leben. Irgendwann werde ich vor meinem Schöpfer stehen und mich verantworten müssen. Die Liste meiner Verfehlungen wird lang sein, in vielem werde ich mich geirrt haben. Aber Er wird mir doch gnädig sein. Das glaube ich jedenfalls!


Juliane Moghimi ist Gemeindeglied der Bethlehems-Gemeinde der SELK in Hannover.

Zeit für Gott


Viel zu viele Termine? Hektik im Alltag und keine Zeit mehr für das Wesentliche? Adventsstress statt Besinnlichkeit? „Ich habe heute viel zu tun“, hat Luther einmal gesagt, „darum muss ich heute viel beten“. Materialien aus dem Amt für Gemeindedienst der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) können dabei helfen, das tägliche Reden mit Gott nicht zu vergessen.

Mappe

„Wenn zwei Menschen sich lieben, wollen sie viel zusammen sein und miteinander reden. Würden sie nicht mehr miteinander reden und sich aus dem Weg gehen, dann wäre das ein Zeichen dafür, dass ihre Beziehung gestört ist.“ Eigentlich ist das, was das Amt für Gemeindedienst (AfG) der SELK im Flyer zur Hausandacht schreibt, selbstverständlich. Eine Liebesbeziehung braucht das regelmäßige Gespräch. Das gilt auch für den christlichen Glauben: Wer an Jesus Christus glaubt, wer ihn liebhat, wird die Gemeinschaft mit ihm suchen. Aber da sind die vielen Termine, da ist der Stress an der Arbeit, da sind Ansprüche von allen Seiten. Tausend Dinge verlangen ihr Recht und füllen den Tag aus. Und wo bleibt die Zeit für Gott? Die Ruhe zum Gebet?

Die Mappe „Aus der Taufe leben – Zeit für Gott“, die das AfG erarbeitet hat, enthält ganze konkrete kurze Anleitungen für die Gestaltung der täglichen Andacht. Zum Beispiel die schön gestalteten Postkarten mit je einem Gebet. Man kann sie auf dem Schreibtisch aufstellen, an den Kühlschrank pinnen oder in den Kalender legen; man kann sie auch verschenken. Sie ziehen den Blick auf sich und erinnern an IHN. MappeEin paar Minuten am Tag Zeit für Gott: Es hilft, wenn man diese Zeit bewusst gestaltet. Dafür bietet die Mappe verschiedene konkrete Vorschläge. Für je eine Andacht am Morgen, am Mittag, am Abend sind ausgearbeitete Vorlagen da, die sich leicht allein, zu zweit, in der Familie oder einer Gruppe einsetzen lassen. Weitere Vorschläge zur Gestaltung von kurzen Andachten sind aufgeführt: vom einfachen Vaterunser mit anschließender Segensbitte bis zur ausführlicheren Gestaltung mit einer Lesung aus dem Feste-Burg-Kalender. Man kann ausprobieren, was einem hilft, sich zu konzentrieren, still zu werden, um auf Gottes Wort zu hören. Auch die äußeren Bedingungen sind schließlich nicht unwichtig. Daher werden auch solche Hilfestellungen beschrieben: das Kreuzzeichen zum Beispiel, die brennende Kerze, ein Kruzifix vielleicht, das aufgestellt wird, bestimmte Gebetshaltungen. In einer separaten vierseitigen Broschüre findet sich zudem eine kleine Gebetsschule, die sich auch gut als Gesprächsimpuls für Gemeindekreise eignet. Und schließlich enthält die Mappe noch eine Vorlage, die dazu anregt, allein oder in der Familie des Tauftages zu gedenken. Denn daraus leben wir: aus der Taufe.

„Ich habe heute viel zu tun, darum muss ich heute viel beten“: Gegen Hektik, Stress, Überforderung hilft nur, Abstand zu nehmen von den scheinbaren Zwängen und mit Gott zu reden.


Die Mappe „Aus der Taufe leben – Zeit für Gott“ ist für 6,00 Euro erhältlich im Kirchenbüro der SELK,
Tel. 0511 557808, bei Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder über die Internetseite des AfG: www.AfG-SELK.de

UEK/SELK: Gemeinsames Wort


Die Union Evangelischer Kirchen (UEK) und die SELK haben in einem bilateralen Prozess zum 200-Jahre-Gedenken „Evangelische Unionskirchen und selbstständige evangelisch-lutherische Kirchen 1817-2017“ gearbeitet. Der Prozess mündete in einen Gottesdienst, in dem zwei gemeinsam verantworte Dokumente unterzeichnet wurden.

UEK - SELK

„Herr Jesu Christ, dich zu uns wend, dein‘ Heilgen Geist du zu uns send“: Mit diesem Choralworten wurde ein ökumenischer Buß- und Dankgottesdienst eröffnet, der am Buß- und Bettag, 22. November, in Berlin stattfand. Zu diesem Gottesdienst hatten der leitende Geistliche der Union Evangelischer Kirchen (UEK) in der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kirchenpräsident Christian Schad (Speyer), und der Bischof der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), Hans-Jörg Voigt D.D. (Hannover), eingeladen. Der Gottesdienst fand in der Kirche der SELK-Gemeinde in Berlin-Mitte statt. Anlass war das 200-Jahre-Gedenken „Evangelische Unionskirchen und selbstständige evangelisch-lutherische Kirchen 1817-2017“, in dessen Rahmen eine bilaterale Arbeitsgruppe aus Vertretern der UEK und der SELK zwei Dokumente erarbeitet hatte, die dann in innerkirchlichen Prozessen in der UEK und in der SELK beraten und verabschiedet wurden.

Es war ein bewegender Moment, als Schad und Voigt als Predigt abwechselnd den „Brief an die Gemeinden“ beider Kirchen verlasen, der einige Tage zuvor mit einem ausführlicheren „Gemeinsamen Wort“ durch die Vollkonferenz der UEK und den Allgemeinen Pfarrkonvent der SELK verabschiedet worden war. UEK - SELKDarin heißt es: „Beide Kirchen, SELK und UEK, nehmen die ausgesprochene Bitte um Vergebung an und sprechen einander unter dem Kreuz Christi solche menschliche Vergebung zu.“ Dieser Satz nimmt Bezug auf die teilweise von Schuld und Leid belastete Geschichte beider Kirchen. Es heißt dann aber weiter: „Beide Kirchen lassen sich dankbar an die geistliche Nähe erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus entstand, als Gemeinden der Bekennenden Kirche in altlutherischen Kirchen Aufnahme fanden. Nach Flucht und Vertreibung waren es altlutherische Gemeinden, die solche Hilfe von Gemeinden der Union erfuhren. Dankbar sind wir auch für die ökumenische Nähe und Nachbarschaft vieler unserer Gemeinden in der Gegenwart.“ Im Anschluss an das Bläserstück „Hoffnung“ von Dieter Wendel, gespielt durch den Bläserkreis Berlin-Brandenburg unter Leitung von Rainer Köster, unterzeichneten Bischof Voigt und Kirchenpräsident Schad das „Gemeinsame Wort“ und den „Brief an die Gemeinden“.

In dem nachfolgenden Empfang in der nachbarschaftlich gelegenen St. Thomas-Kirche Berlin, die zur Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) und damit auch zur UEK gehört, grüßte unter anderen auch Bischof Dr. Markus Dröge als leitender Geistlicher der EKBO.

Kirchenpräsident Schad hatte auch schon auf dem Allgemeinen Pfarrkonvent der SELK, der vom 6. bis zum 10. November in Rehe stattfand, in Bezug auf die Vergebungsbitte gesagt: „Diese Bitte und dieses Versprechen möchte ich als Vorsitzender der Vollkonferenz der UEK heute auch persönlich an Sie richten: die Bitte, dass Sie als Pfarrer und Gemeinden der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche Ihre Wahrnehmung der Union und der Unierten nicht mehr von früheren Verfehlungen belastet sein lassen; und das Versprechen, dass wir als Union und als Unierte zu einer weiteren Verständigung in den Fragen, die uns heute noch trennen, beitragen wollen, im Licht der Heiligen Schrift, die Grund und Richtschnur aller Lehre und allen Bekenntnisses ist, und in der Verantwortung vor der Welt, der wir als Christen ein gemeinsames Bekenntnis zu Jesus Christus schulden.“ Bischof Voigt dankte für diese Worte und erinnerte daran, dass er selbst als junger Pfarrer in Greifswald die Gastfreundschaft der Pommerschen Evangelischen Kirche erfahren habe, die die altlutherische Flüchtlingsgemeinde seit 1946 bis zum Bau einer Kirche beherbergt habe. Damals habe er noch nichts von der vorausgegangenen Gastfreundschaft altlutherischer Gemeinden für Pfarrer und Gemeinden der Bekennenden Kirche während der NS-Zeit gewusst. „Ökumene als Gasthaus – das ist ein schönes Paradigma!“, sagte Voigt und dankte für die Gastfreundschaft der St. Thomasgemeinde.

Die UEK/SELK-Dokumente sind abrufbar unter:
www.selk.de/download/UEK-SELK-2017_Gemeinsames-Wort.pdf
www.selk.de/download/SELK-UEK-2017_Brief-an-die-Gemeinden.pdf

Grund-Sätze aus den evangelisch-lutherischen Bekenntnisschriften


„Wir glauben, lehren und bekennen“: so formulierten die Reformatoren im 16. Jahrhundert ihr Bekenntnis. Prof. Dr. Werner Klän (Oberursel) arbeitet in seinem neuen Buch heraus, dass die Antworten der lutherischen Bekenntnisschriften auch heute noch in hohem Maße überzeugen.

Buch

Was ist christlicher Glaube, was bedeutet christliches Leben? Wer als Christ heute danach gefragt wird (was vermutlich selten genug vorkommt), gerät wahrscheinlich bald in Erklärungsnöte. Wie antworten, wenn jemand fragt: Glaubst du wirklich, dass Gott einen Sohn hat und mit ihm – und dem heiligen Geist – eins ist? Glaubst du wirklich, dass die Bibel Gottes Wort ist und dass Gott in seinem Wort mit dir redet? Glaubst du wirklich, dass Jesus Christus um der Sünden der Menschen willen gestorben ist und dich damit erlöst hat? Wie antworten, wenn grundlegende Glaubenssätze der Kirche laut und lauter in Frage gestellt werden? Können da die Antworten der Reformatoren aus dem 16. Jahrhundert noch helfen? Ist die Sprache der lutherischen Bekenntnisschriften, an die sich die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) gebunden weiß, noch zu verstehen?

Wer nicht vorschnell aufgibt und nicht nur Antworten geben will, die gefällig oder „gefühlt richtig“ erscheinen könnten, der wird – ja natürlich, auch heute noch – mit großem Gewinn in den Bekenntnisschriften lesen und dort Wissen und Erkenntnisse finden, um als Christ auskunftsfähig zu werden. Zugegeben, dabei ist „Übersetzungsarbeit“ zu leisten, wenn die allgemeinen Glaubensaussagen der Christenheit im persönlichen Glauben, Bekennen und Leben relevant sein sollen.

Eine großartige Hilfestellung dazu bietet das neue Buch von Prof. Dr. Werner Klän über die „Grund-Sätze aus den evangelisch-lutherischen Bekenntnisschriften“. Es gruppiert ausgewählte Abschnitte aus den Bekenntnisschriften thematisch entlang der ersten siebzehn Artikel des Augsburgischen Bekenntnisses.

Werner Klän„Dass Gott Gott bleibe, ob der Mensch vor Gott bestehen könne, welche Art von Gemeinschaft mit Gott möglich sei – das sind Fragen, auf die die Reformation Antwort suchte – und fand“, schreibt Klän. Die Fragen sind heute dieselben, nur immer wieder anders formuliert. Wie kann man denn die Einheit Gottes in drei Personen verstehen? Wieso ist der Mensch überhaupt erlösungsbedürftig? Über Rechtfertigung konnte man im 500. Gedenkjahr der Reformation zwar viel lesen und hören, aber was ist damit nun genau gemeint? Was macht Kirche aus und wieso kann ich nicht „allein selig“ werden? Wie versteht lutherische Kirche die Taufe, das Abendmahl, die Beichte?

Von der Dreieinigkeit Gottes bis zur Wiederkunft Christi: Schon durch die thematische Zusammenstellung der Texte entsteht ein Leitfaden in die Welt des christlichen Glaubens. Werner Klän gliedert jedes Kapitel in drei Teile: erstens eine kurze erläuternde Hinführung, die das Thema einordnet; zweitens Zitate aus dem Augsburgischen Bekenntnis, denen kommentierend Auszüge aus den anderen Bekenntnisschriften des Konkordienbuches zugeordnet werden; und schließlich ein dritter Teil, der zum Nachdenken über diese Texte anleitet. Er tut dies, indem er die bekannte Frage Luthers im Kleinen Katechismus, „Was ist das?“, aufschlüsselt in drei Fragen und sie umformuliert: „Wo kommst du darin vor? Was sagt das über mich? Was macht das mit uns?“

Die drei Teile der Kapitel erläutern sich gegenseitig und sind in je eigenem Sprachstil abgefasst. Der einleitende Text eröffnet den Raum, die Bekenntnisschriften setzen den Akzent, und der dritte reflektierende Teil ermöglicht die Verbindung zum eigenen Glauben und Leben.

Man muss das Buch nicht unbedingt von vorn nach hinten durchlesen, wenngleich die Anordnung sinnvoll aufeinander aufbaut. Man kann auch einfach, wenn man eine Frage hat, bei dem entsprechenden Thema einsteigen. Daher eignen sich die „Grund-Sätze“ auch hervorragend für Gemeindekreise, Kleingruppen, Seminare.

„Wir glauben, lehren und bekennen“: Dass die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche davon reden, „wie wir vor Gott bestehen und wie wir vor Gott leben können“, und dass ihre Antworten auch heute in hohem Maße überzeugen, das arbeitet Klän virtuos heraus. Das Buch eröffnet damit tatsächlich nicht nur – wie sein Kollege aus den USA, Prof. Dr. Robert Kolb, in seinem Geleitwort schreibt – „das Gespräch zwischen uns und den lutherischen Bekennern des 16. Jahrhunderts“, sondern geht weiter: „Gerade so eröffnet es uns ein Gespräch mit unserem Gott.“

Doris Michel-Schmidt


Prof. Dr. Werner Klän ist Professor für Systematische Theologie an der Lutherischen Theologischen Hochschule Oberursel. Sein Buch: „Grundsätze aus den evangelisch-lutherischen Bekenntnisschriften“, ist erschienen in der Edition Ruprecht; es ist für 17.90 Euro im Buchhandel erhältlich.

Stellungnahme: 200 Jahre „Kabinettsordre“ Friedrich Wilhelms III.


Genau am heutigen 27. September 2017 jährt sich zum 200. Mal der Erlass der „Kabinettsordre“ durch den preußischen König Friedrich Wilhelm III., die am Anfang eines notvollen Weges der Kirchwerdung selbstständiger evangelisch-lutherischer Kirchen in den damaligen preußischen Landen stand. Für die Entstehung der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) ist dieses Datum von zentraler Bedeutung. Dies gilt auch für die lutherischen Bekenntniskirchen in den anderen deutschen Ländern, deren Gründung in letzter Konsequenz eine Reaktion auf die rigide preußische Religionspolitik war. Alle diese Kirchen gehören zu den Vorgängerkirchen der 1972 gebildeten SELK. SELK-Bischof Hans-Jörg Voigt D.D. (Hannover) greift das historische Datum in einer Stellungnahme auf.

Kabinettsordre

I. Es ist mein Anliegen, den Tag nicht unbemerkt vorübergehen zu lassen, sondern mit dieser Stellungnahme darauf aufmerksam zu machen. Grund zum Feiern gibt es für uns nicht, denn der 27. September 1817 ist der historische Ausgangspunkt für die Unterdrückung lutherischer Gemeinden und ihrer Pfarrer in Preußen. Dieser Tag ist der Ausgangspunkt für Flüchtlingsbewegungen lutherischer Familien zum Beispiel nach Nordamerika oder Australien, die dort lutherische Kirchen gründeten, die heute zu den Schwesterkirchen der SELK zählen.

Wenn kein geringerer als Dr. Martin Luther 1529 in Marburg am Ende der Einigungsgespräche zu Huldrych Zwingli wegen dessen symbolischen Abendmahlsverständnisses mit großem Bedauern sagen muss: „Ihr habt einen anderen Geist!“, so nennt König Friedrich Wilhelm III. in seiner Kabinettsordre dies einen „damaligen unglücklichen Sekten-Geist“, der in der Person Luthers eben „unüberwindliche Schwierigkeiten fand“. Die lutherische und die reformierte Kirche sieht der König dreihundert Jahre später als „nur noch durch äußere Unterschiede getrennte(n), protestantische(n) Kirchen“. Damit beginnt die Marginalisierung der lutherischen Kirche zunächst in Preußen.

Am 27. September 1817 meint der König noch: „Auch hat diese Union nur dann einen wahren Werth, wenn weder Ueberredung noch Indifferentismus an ihr Theil haben, wenn sie aus der Freiheit eigener Ueberzeugung rein hervorgeht, und sie nicht nur eine Vereinigung in der äußeren Form ist, sondern in der Einigkeit der Herzen, nach ächt biblischen Grundsätzen, ihre Wurzeln und Lebenskräfte hat.“ Davon rückt Friedrich Wilhelm III. später ab und gibt 1830 einen „Erlass“ zur Einführung der von ihm selbst verfassten Unionsagende, in der reformierter und lutherischer Gottesdienst zusammengeführt werden.

Eine regelrechte Verfolgung nimmt ihren Anfang: Schlesische Gemeinden erinnern sich an die Verfolgung durch die Habsburger, die damals kaum 100 Jahre zurücklag. So wussten sie noch, was zu tun war und gingen zum Gottesdienst wieder in den Wald. Gemeinden im damaligen Pommern und in den Rheinprovinzen folgten ihrem Beispiel. Es gab Zeiten, in denen dort alle lutherischen Pfarrer im Gefängnis saßen.

Ich möchte an diese Leidensbereitschaft und an den Glaubensmut der Mütter und Väter unserer Kirche erinnern. Sie waren bereit, sich intensiv mit Glaubensfragen zu beschäftigen, ihnen war das Heilige Abendmahl so wichtig, dass sie unter keinen Umständen auf die Gewissheit von Leib und Blut Christi in Brot und Wein verzichten wollten. Sie waren bereit, nach der Legalisierung der lutherischen Kirche ab 1845 weiterhin zu landeskirchlichen Kirchensteuern verpflichtet zu sein und zusätzlich mit eigenen Kirchenbeiträgen zum Bau neuer lutherischer Kirchen und Pfarrhäuser beizutragen sowie für die Zahlung von Pfarrergehältern zu sorgen. Diese Opferbereitschaft in karger Zeit ist beispielhaft. Von dieser Opferbereitschaft lebt unsere Kirche bis heute.

II. Es ist wertvoll, diese Erinnerungen zu bewahren und wachzuhalten. Zugleich ist es für unsere Kirche auch wichtig, nicht in einer Opferrolle zu verharren. So haben wir in den vergangenen Jahren mit der Union Evangelischer Kirchen (UEK) in der Evangelischen Kirche in Deutschland einen Dialog geführt, in dem wir erstmals seit 200 Jahren diese unsere gemeinsame Geschichte betrachtet haben. Ein „Gemeinsames Wort“ und ein „Brief an die Gemeinden“ sind erarbeitet worden, die sich derzeit noch auf dem Weg der Verabschiedung befinden. Beide Papiere sollen in einem ökumenischen Buß- und Dankgottesdienst am Buß- und Bettag, 22. November, in Berlin unterzeichnet und der Öffentlichkeit vorgestellt werden. In diesen Papieren werden bleibende Unterschiede zwischen unseren Kirchen klar benannt, aber auch gemeinsame Blickpunkte dankbar ausgesprochen.

Ausgangspunkt dieser Gespräche war eine sehr bewegende Predigt von Franz-Reinhold Hildebrandt, damals Leiter der Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirche der Union (EKU), die dieser vor 50 Jahren (1967) gehalten hat. In dieser Predigt heißt es: „Mit Kolbenstößen von Soldaten, gewaltsamem Öffnen von Kirchentüren und Verhaftungen von Pfarrern, wie dies damals geschah, lud unsere Kirche eine Schuld auf sich, die noch heute nachwirkt. Damals sind viele Familien aus ihrer Heimat nach Australien und Nordamerika ausgewandert, um ihren lutherischen Glauben rein zu bewahren, den sie in der Union gefährdet sahen. Und wenn Schuld allein durch Vergebung bedeckt werden kann, so wollen wir diesen Tag nicht vorbeigehen lassen, ohne unsere altlutherischen Brüder um solche Vergebung zu bitten.“

Wir Heutigen stehen in einer bleibenden Verantwortung für unsere Geschichte. Weil wir am Segen unserer Kirche teilhaben, tragen wir auch bleibende Verantwortung für das Leid und die Schuld der Geschichte. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, menschliche Vergebung auszusprechen, selbst zu erbitten und zu gewähren.

So erfüllt mich der heutige Tag einerseits mit trauriger Erinnerung und tiefem Respekt vor dem Leid der Mütter und Väter unserer Kirche. Anderseits aber bin ich erfüllt mit großer Dankbarkeit für die lutherische Kirche, in die ich hineingetauft bin, die SELK. Ich bin erfüllt mit Dankbarkeit für die tiefgehenden respektvollen Gespräche mit der UEK, die beiden Kirchen ermöglichen werden, einander in Zukunft anders wahrzunehmen als bisher.

 

Dokumentation:
Kabinettsordre Friedrich Wilhelm III. vom 27.9.1817

Heft„Schon Meine, in Gott ruhende erleuchtete, Vorfahren, der Kurfürst Johann Sigismund, der Kurfürst Georg Wilhelm, der große Kurfürst, König Friedrich 1. und König Friedrich Wilhelm 1. haben, wie die Geschichte ihrer Regierung und ihres Lebens beweiset, mit frommem Ernst es sich angelegen sein lassen, die beiden getrennten protestantischen Kirchen, die reformirte und lutherische, zu Einer evangelisch christlichen in Ihrem Lande zu vereinigen. Ihr Andenken und Ihre heilsame Absicht ehrend, schließe Ich Mich gerne an Sie an, und wünsche ein Gott gefälliges Werk, welches in dem damaligen unglücklichen Sekten-Geiste unüberwindliche Schwierigkeiten fand, unter dem Einflusse eines besseren Geistes, welcher das Außerwesentliche beseitigt und die Hauptsache im Christenthum, worin beide Confessionen Eins sind, festhält, zur Ehre Gottes und zum Heil der christlichen Kirche, in Meinen Staaten zu Stande gebracht und bei der bevorstehenden Säcular-Feier der Reformation damit den Anfang gemacht zu sehen! Eine solche wahrhaft religiöse Vereinigung der beiden, nur noch durch äußere Unterschiede getrennten, protestantischen Kirchen ist den großen Zwecken des Christenthums gemäß; sie entspricht den ersten Absichten der Reformatoren; sie liegt im Geiste des Protestantismus; sie befördert den kirchlichen Sinn; sie ist heilsam der häuslichen Frömmigkeit; sie wird die Quelle vieler nützlichen, oft nur durch den Unterschied der Confession bisher gehemmten Verbesserungen in Kirchen und Schulen.

Dieser heilsamen, schon so lange und auch jetzt wieder so laut gewünschten und so oft vergeblich versuchten Vereinigung, in welcher die reformirte Kirche nicht zur lutherischen und diese nicht zu jener übergehet, sondern beide Eine neubelebte, evangelische christliche Kirche im Geiste ihres heiligen Stifters werden, steht kein in der Natur der Sache liegendes Hinderniß mehr entgegen, sobald beide Theile nur ernstlich und redlich in wahrhaft christlichem Sinne sie wollen, und von diesem erzeugt, würde sie würdig den Dank aussprechen, welchen wir der göttlichen Vorsehung für den unschätzbaren Segen der Reformation schuldig sind, und das Andenken ihrer großen Stifter, in der Fortsetzung ihres unsterblichen Werks, durch die That ehren.

Aber so sehr Ich wünschen muß, daß die reformirte und lutherische Kirche in Meinen Staaten diese Meine wohlgeprüfte Ueberzeugung mit mir theilen möge, so weit bin Ich, ihre Rechte und Freiheit achtend, davon entfernt, sie aufdringen und in dieser Angelegenheit etwas verfügen und bestimmen zu wollen. Auch hat diese Union nur dann einen wahren Werth, wenn weder Ueberredung noch Indifferentismus an ihr Theil haben, wenn sie aus der Freiheit eigener Ueberzeugung rein hervorgeht, und sie nicht nur eine Vereinigung in der äußeren Form ist, sondern in der Einigkeit der Herzen, nach ächt biblischen Grundsätzen, ihre Wurzeln und Lebenskräfte hat.

So wie Ich Selbst in diesem Geiste das bevorstehende Säcularfest der Reformation, in der Vereinigung der bisherigen reformirten und lutherischen Hof- und Garnison-Gemeinde zu Potsdam zu Einer evangelisch christlichen Gemeine feiern, und mit derselben das h. Abendmahl genießen werde: so hoffe Ich, daß dies Mein Eigenes Beispiel wohlthuend auf alle protestantischen Gemeinen in Meinem Lande wirken, und eine allgemeine Nachfolge im Geiste und in der Wahrheit finden möge. Der weisen Leitung der Consistorien, dem frommen Eifer der Geistlichen und ihrer Synoden überlasse Ich die äußere übereinstimmende Form der Vereinigung, überzeugt, daß die Gemeinen in ächt christlichem Sinne dem gerne folgen werden, und daß überall, wo der Blick nur ernst und aufrichtig, ohne alle unlautere Neben-Absichten auf das Wesentliche und die große heilige Sache selbst gerichtet ist, auch leicht die Form sich finden, und so das Aeußere aus dem Innern, einfach, würdevoll, und wahr von selbst hervorgehen wird. Möchte der verheißene Zeitpunkt nicht mehr ferne sein, wo unter Einem gemeinschaftlichen Hirten Alles in Einem Glauben, in Einer Liebe und in Einer Hoffnung sich zu Einer Heerde bilden wird!

Potsdam, den 27. Septbr. 1817.
Friedrich Wilhelm.
An die Consistorien, Synoden und Superintendenturen.“

(Quelle: Klän, Werner / Da Silva, Gilberto (Hrsg.), Quellen zur Geschichte selbstständiger evangelisch-lutherischer Kirchen in Deutschland. Dokumente aus dem Bereich konkordienlutherischer Kirchen, 2. Auflage, Oberurseler Hefte Ergänzungsband 6, Göttingen 2010, S. 33f)

Gemälde: Friedrich Wilhelm III. von Preußen | Mathiasrex - wikimedia.org

Lutherische Kirche und Judentum


Die Theologische Kommission der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) hat in einer Langzeitstudie das Verhältnis zwischen der SELK (und ihrer Vorgängerkirchen) und dem Judentum aufgearbeitet. Sie entspricht damit einem Auftrag der 11. Kirchensynode der SELK 2007 in Radevormwald.

Leuchter

Christliche Kirche hat ihre Wurzeln im Judentum. Jesus Christus war Jude. Die Verbindungen zwischen Kirche und Judentum sind vielfältig. Aber da sind eben auch die Ausgrenzung, die Verfolgung und der Massenmord an Millionen Juden in der Zeit des Nationalsozialismus. Da ist die Schuld, die die christlichen Kirchen – auch die lutherische – auf sich geladen haben. Da sind die judenfeindlichen Äußerungen Martin Luthers, die gerade im Jahr des Reformationsjubiläums verstärkt in den Fokus gestellt wurden. Da tauchen immer wieder Irritationen auf bei der Frage, ob und wie am Karfreitag im Fürbittgebet speziell der Juden gedacht werden soll.

Die Theologische Kommission der SELK geht in ihrer Studie auf alle diese Fragen ein. Sie beginnt mit einer theologischen Grundlegung – den biblischen Grundlagen, systematisch-theologischen und liturgischen Perspektiven. Dabei wird deutlich, wie nah sich Christentum und Judentum stehen: „Keine andere Religion steht dem Christentum näher als das Judentum. Verbunden sind beide miteinander durch denselben geschichtlichen Ursprung, dieselben alttestamentlichen Schriften, dieselben Verheißungen.“ Aber natürlich wird das Trennende auch deutlich: „Gleichwohl unterscheiden sie sich durch ihre Sicht auf den Messias. Die Kirche sammelt sich um Jesus von Nazareth als den Messias, wie er in den alttestamentlichen Verheißungen Israel und den Völkern angesagt wurde. Die Synagoge dagegen lehnt Jesus von Nazareth als die Erfüllung dieser Verheißungen ab und wartet weiterhin auf den für sie noch ausstehenden Messias.“

Gottes Gnadenverheißungen – ebenso wie die Sendung Jesu – galten zuerst Israel. Das, so die Kommission, habe die Kirche „neidlos anzuerkennen“. Und weiter: „Bleibt die Kirche ihren eigenen Grundlagen treu, so hat sie das mehrheitliche jüdische ‚Nein‘ zum messianischen Anspruch Jesu mit dem Apostel Paulus als göttliches Mysterium auszuhalten (Röm 11,25) und nicht aus eigenem ‚frommen‘ Antrieb heraus zu ‚bewältigen‘.“

Von der Einsicht her, dass die Sünde aller Menschen Christus getötet hat, verbiete sich auch die Bezichtigung der Juden als „Gottesmörder“, schreibt die Kommission.

Zum Nebeneinander von Kirche und Synagoge heißt es in der Studie unter anderem: „Da die Kirche ihrem Selbstverständnis nach freilich zum Gott Israels nur über das Heilswerk Jesu Christi (Apg 4,12) und die geistgeleitete Verkündigung seiner Apostel gefunden hat, ergeht ihr Gebet zum himmlischen Vater ausschließlich im Namen Jesu (Gal 4,4; Röm 8,15). Ein gemeinsames Beten von Kirche und SHeft 12ynagoge ist daher nicht möglich, ohne dass dies zu gegenseitigen Vereinnahmungen führen würde, wohl aber die Fürbitte für den anderen (…).“ Zu der Frage des Israel-Gedenkens am Karfreitag empfiehlt die Studie, die bisherige Praxis zu ändern: „Am Karfreitag sollte das Israel-Gedenken im Fürbittengebet vollständig umformuliert werden. (…) Die Gefahr, dass hier Fehlverständnisse befördert werden bzw. Missverständnisse bleiben oder neu entstehen, ist zu groß.“

Ausführlich dokumentiert die Studie die Geschichte des Verhältnisses von Christen und Juden bzw. der lutherischen Kirche und dem Judentum. Sie fasst auch die Debatte um die Judenmission zusammen, erläutert das messianischen Judentum und endet mit Ausführungen zu den Begriffen Chiliasmus und Zionismus.

Die Studie wird dem 13. Allgemeinen Pfarrkonvent der SELK im November vorgelegt. Sie ist als Heft 12 der SELK-Schriftenreihe „Lutherische Orientierung“ erschienen und im Kirchenbüro der SELK in Hannover (für 3 Euro zzgl. Versandkosten) erhältlich.

Unser Bekenntnis - Artikel 3: Vom Sohn Gottes


Das Augsburger Bekenntnis (Confessio Augustana) ist die grundlegende Bekenntnisschrift der im Konkordienbuch (1580) abgedruckten verbindlichen Bekenntnisse der Kirche der lutherischen Reformation. In loser Folge lesen Sie hier Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln von Pfarrer Dr. Gottfried Martens D.D. (Berlin-Steglitz).

Bekenntnis

Confessio Augustana, Artikel 3: Vom Sohn Gottes

Ferner wird gelehrt, dass Gott der Sohn Mensch geworden ist, geboren aus der reinen Jungfrau Maria. Die zwei Naturen, die göttliche und menschliche, sind also in einer Person untrennbar vereinigt: ein Christus, wahrer Gott und wahrer Mensch, wahrhaftig geboren, gelitten, gekreuzigt, gestorben und begraben; so ist er ein Opfer nicht nur für die Erbsünde, sondern auch für alle anderen Sünden und hat Gottes Zorn versöhnt; dieser Christus ist niedergefahren zur Hölle, am dritten Tage wahrhaftig auferstanden von den Toten und aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, herrscht ewig über alle Geschöpfe und regiert sie; alle, die an ihn glauben, heiligt, reinigt, stärkt und tröstet er durch den Heiligen Geist, teil ihnen auch Leben und allerlei Gaben und Güter aus, schützt und beschirmt sie gegen Teufel und Sünde; dieser Herr Christus wird am Ende öffentlich kommen, zu richten die Lebendigen und die Toten – wie es im Apostolischen Glaubensbekenntnis heißt.

Nach den Artikeln und über Gott und über den Menschen bzw. die Sünde muss nun sachlogisch von Christus die Rede sein – vom Sohn Gottes, der Mensch geworden ist um unserer Sünde bzw. um unserer Seligkeit willen.

Über die Inhalte des dritten Artikels gibt es zwischen den Bekennern von Augsburg und der Gegenseite keine kontroversen Ansichten, so stellt es auch die Erwiderungsschrift der Gegenseite, die „Confutatio“, fest. Im Gegenteil: Melanchthon setzt auch im dritten Artikel alles daran, deutlich zu machen, dass die Bekenner von Augsburg in der Tradition der katholischen Kirche aller Zeiten stehen. Ganz ausdrücklich nimmt er darum Formulierungen altkirchlicher Bekenntnisse und Konzilsentscheidungen auf, um deutlich zu machen, dass im Augsburger Bekenntnis nichts Neues über Christus gelehrt wird. So finden wir in dem deutschen und dem lateinischen Text des 3. Artikels Formulierungen aus dem Apostolischen, dem Nizänischen und dem Athanasianischen Glaubensbekenntnis ebenso wie aus dem Entscheid des ökumenischen Konzils von Chalcedon aus dem Jahr 451, bei dem es um die Frage ging, wie man das Geheimnis, dass Christus wahrer Mensch und wahrer Gott ist, angemessen umschreiben und in Worte fassen kann.

Deutlich wird im Augsburger Bekenntnis zunächst einmal: In der Lehre von Person und Werk Jesu Christi geht es nicht um eine philosophische Spekulation, sondern es geht um die Heilsfrage – genau wie dies auch schon in der Alten Kirche gesehen wurde: Ist Gott nicht wirklich Mensch geworden, ist das Wort nicht wirklich Fleisch geworden, dann sind wir verloren. „Was nicht angenommen ist, ist nicht geheilt; was mit Gott vereint ist, das wird auch gerettet“, schreibt der heilige Gregor von Nazianz.

Wenn es um die Person Christi geht, muss sehr genau formuliert werden, um dem biblischen Befund wirklich gerecht zu werden: Der Sohn Gottes hat die menschliche Natur angenommen bzw. ist Mensch geworden, heißt es im deutschen und lateinischen Text. Das heißt: Es gab niemals einen Menschen Jesus, dessen „Ich“, dessen Subjekt nicht der ewige Sohn Gottes gewesen wäre. Der Sohn Gottes hat nicht einen Menschen, sondern die menschliche Natur angenommen, und zwar so, dass göttliche und menschliche Natur untrennbar in einer Person vereinigt sind. Das Augsburger Bekenntnis übernimmt damit, ebenso wie die römisch-katholische Kirche und die orthodoxen Kirchen Osteuropas, die Lehre des Konzils von Chalcedon von den zwei Naturen Christi, die zum Beispiel von der syrisch-orthodoxen Kirche abgelehnt wird, weil sie befürchtet, dass damit die Vereinigung der beiden Naturen in Christus und das „Ungleichgewicht“, dass der ewige Sohn Gottes die menschliche Natur, nicht aber ein Mensch die göttliche Natur angenommen hat, nicht angemessen ausgedrückt wird. Schaut man genau hin, setzt Melanchthon hier aber schon einen Akzent: Aus den vier Adjektiven, mit denen das Verhältnis von göttlicher und menschlicher Natur in Christus im Konzil von Chalcedon beschrieben wird – unvermischt, unverwandelt, ungetrennt, ungesondert – übernimmt er nur den Begriff „ungetrennt“ bzw. „unzertrennlich“, also den Begriff, der gegen die Irrlehre der Nestorianer gerichtet war, die behaupteten, Maria habe nicht den ewigen Gottessohn, sondern nur den Menschen Jesus zur Welt gebracht und dürfe darum auch nicht als Mutter Gottes bezeichnet werden.

Genau diese Irrlehre der Nestorianer feierte in der Reformationszeit fröhliche Auferstehung in der Theologie des Schweizer Reformators Ulrich Zwingli, dessen Statue noch heute im Berliner Dom auf die versammelte gottesdienstliche Gemeinde herabblickt: Wenn Jesus ein Wunder tut, dann ist es nur der Sohn Gottes, der dies Wunder vollbringt; wenn Jesus am Kreuz stirbt, dann ist es nur der Mensch Jesus und nicht der Sohn Gottes, der dort stirbt. Und genau gegen diese rationalistische, unbiblische Lehre Zwinglis betont Melanchthon das „untrennbar vereinigt“: Ich kann keine Aussage über Person und Werk Jesu machen, die nicht für beide Naturen zugleich gilt. Das Anliegen der mia-physitischen Kirchen wie der syrisch-orthodoxen Kirche, die von der einen „aus Gottheit und Menschheit zusammengesetzten Natur“ Jesu Christi sprechen, liegt dem lutherischen Bekenntnis also sehr viel näher als das der Nestorianer.

Auch grammatisch bindet Melanchthon im lateinischen und deutschen Urtext des Augsburger Bekenntnisses Person und Werk Jesu Christi und dessen Heilsbedeutung ganz eng zusammen: Alles zielt darauf, dass er, der wahre Gott und wahre Mensch Jesus Christus, „ein Opfer“ für unsere Sünden ist und Gottes Zorn versöhnt hat: Sein Weg hat nur ein Ziel: das zerbrochene Verhältnis zwischen Gott und den Menschen wiederherzustellen. Wenn das Augsburger Bekenntnis hier formuliert, dass Christus Gottes Zorn versöhnt hat, meint es nicht, dass Christus sich gleichsam in eigener Initiative einem blutrünstigen, rachehungrigen Gott entgegengestellt hat: Die Sühne unserer Schuld, die Christus mit seinem Kreuzesopfer vollzogen hat, bleibt immer Initiative Gottes des Vaters: Er versöhnt die Welt mit sich selbst durch dieses Opfer; er lenkt seinen Zorn aus Liebe zu uns Menschen auf Christus, damit dieser Zorn uns nicht trifft: Es geht bei der Versöhnung ganz wesentlich um ein Geschehen in Gott selbst: „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber.“ (2. Korinther 5,19)
Nicht gleich verständlich scheint die Formulierung, dass das Opfer Christi am Kreuz nicht nur für die Erbsünde, sondern auch für alle anderen Sünden der Menschen gilt. Diese Formulierung wendet sich gegen die damals weit verbreitete Auffassung, dass der Kreuzestod Christi in der Tat nur die Erbsünde der Menschen gesühnt habe, dass aber für die Sühne der „Tatsünden“ der Menschen immer wieder neu das Messopfer im Gottesdienst dargebracht werden müssten, also Leib und Blut Christi im Sakrament geopfert und als Opfergabe Gott dargebracht werden müssten. Die Erwiderungsschrift der römischen Seite, die „Confutatio“, weist dies zwar als Unterstellung zurück, doch formuliert einige Zeit später das Konzil von Trient in der Tat, dass das Messopfer im Gottesdienst ein „wahres Sühnopfer“ sei, ohne allerdings das Verhältnis zwischen Kreuzesopfer und Messopfer genau zu bestimmen oder die Wirkung von Kreuzesopfer und Messopfer auf verschiedene „Sündenarten“ zu verteilen. Dennoch verweist Melanchthon hier an dieser Stelle schon auf ein strittiges Thema, das er dann im 24. Artikel des Augsburger Bekenntnisses noch ausführlicher behandelt: Weil der Tod Christi das einzige Opfer ist, das vor Gott gilt, kann dieses Opfer nur ausgeteilt, aber nicht noch einmal vollzogen oder gar ergänzt werden.

Ein doppeltes Ziel des Weges Christi benennt der dritte Artikel des Augsburger Bekenntnisses sodann: Er, Christus, herrscht über alle Geschöpfe und regiert sie. Noch bleibt diese Herrschaft dem menschlichen Auge verborgen – und doch dürfen wir sie als Christen jetzt schon bekennen. Diejenigen, die an ihn, Christus, glauben, regiert er allerdings auch noch auf eine andere Weise: Er „heiligt, reinigt, stärkt, tröstet“ sie „durch den Heiligen Geist“. Wir finden im Augsburger Bekenntnis keinen eigenständigen Artikel „Vom Heiligen Geist“. Und das hat einen guten und wichtigen theologischen Grund: Das Augsburger Bekenntnis und mit ihm die lutherische Kirche betont, dass der Heilige Geist und sein Wirken ganz an Jesus Christus gebunden sind: Es gibt kein Wirken des Geistes und keine Erfahrungen des Heiligen Geistes, die von Christus losgelöst werden könnten. Dies ist gerade heutzutage eine ganz wichtige und aktuelle Aussage: Immer weiter verbreiten sich heute kirchliche Gruppierungen, die das vermeintliche Wirken des Heiligen Geistes in ihrer Mitte nicht mehr erkennbar an die Verkündigung des gekreuzigten Christus rückbinden, sondern es an Gefühlen oder mehr oder weniger sensationellen Erlebnissen festmachen. Doch wo auf diese Weise das vermeintliche Wirken des Heiligen Geistes verselbständigt wird, ist eben nicht mehr klar zu erkennen, ob es sich hierbei tatsächlich noch um den Heiligen Geist oder um einen sich fromm gebärdenden menschlichen Geist handelt, der sich als Stimme Gottes ausgibt. Wo auch immer Menschen behaupten, der Heilige Geist habe ihnen dieses oder jenes gesagt, ist von daher Vorsicht angesagt. Eindeutig identifizieren lässt sich das Wirken des Heiligen Geistes nur da, wo es direkt und eindeutig auf den gekreuzigten Christus und sein Wort verweist.

Eben darum wird der Heilige Geist hier schon und vor allem im Artikel vom Sohn Gottes behandelt. Dieser handelt durch den Heiligen Geist und bleibt selber derjenige, der Leben, dazu allerlei Güter und Gaben austeilt. Als Christen sollten wir zunächst und vor allem nach den Gaben Christi und nicht nach davon losgelösten Geistesgaben streben.

Neben dem Heiligen Geist findet auch der Teufel im dritten Artikel des Augsburger Bekenntnisses seine Erwähnung. Auch er ist im Augsburger Bekenntnis nicht Gegenstand eines eigenen Artikels, ja noch nicht einmal „Glaubensgegenstand“, denn Christen glauben nicht an den Teufel, sondern an den dreieinigen Gott. Sie wissen jedoch sehr wohl um den Widersacher Gottes, der sie lebenslänglich in einen Kampf zwingt. Aber sie wissen vor allem darum, wer in diesem Kampf der Stärkere ist, eben Christus, der erhöhte Herr. Darum wird der Teufel hier in diesem Artikel von vornherein gleichsam als Verlierer geschildert, als einer, der keine Chance hat, wo Menschen im Glauben unter dem Schutz und Schirm ihres Herrn Jesus Christus stehen.

Ausdrücklich erwähnt wird am Ende des Artikels auch die Wiederkunft Christi, die im 17. Artikel noch einmal als eigenständiges Thema behandelt wird. Ein Bekenntnis zu Christus, das dessen Wiederkunft ausblendet oder gar leugnet, bleibt notwendigerweise defizitär. Wo Menschen sich nicht mehr nach dem wiederkommenden Herrn Jesus Christus sehnen, lassen sie sich stattdessen von anderem bestimmen und treiben: von Weltverbesserungsideologien oder von mancherlei Ängsten oder mehr oder weniger offenem Zynismus. Auch kirchliche Verkündigung, die die Wiederkunft des Herrn verdrängt, bleibt von solchen Gefahren nicht verschont.

Betont wird im Augsburger Bekenntnis, dass sich die Wiederkunft Christi „öffentlich“ vollziehen wird, also so, dass kein Zweifel bestehen wird, dass er, Christus, der Herr und Richter der Welt, es ist, der da kommt. Diese Aussage ist gerade heute wieder ganz aktuell angesichts so mancher Sekten, die entweder wie die Zeugen Jehovas eine „unsichtbare Wiederkunft“ Christi lehren, um damit ihre irrtümliche Ankündigung der Wiederkunft Christi im Jahr 1914 aufrechterhalten zu können, oder die gar ihren Sektenführer als wiedergekommenen Christus verehren. Die Identität des wiederkommenden Christus wird jedoch niemand in Frage stellen können – vor ihm werden einmal alle ihre Knie beugen: vor ihm, der Mensch geworden und am Kreuz gestorben ist um unsertwillen, „auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ (St. Johannes 3,16)


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