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SELK-Aktuell

Schatz und Acker


Zum Verhältnis von Judentum und Kirche

In einer Betrachtung zum 10. Sonntag nach Trinitatis im evangelischen Kirchenjahr, dem sogenannten „Israel-Sonntag“ gibt der leitende Geistliche der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), Bischof Hans-Jörg Voigt D.D. (Hannover) Anteil an einer biblischen Neuentdeckung zu Jesu Gleichnis: „Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude geht er hin und verkauft alles, was er hat, und kauft den Acker.“ (Matthäusevangelium, Kapitel 13, Vers 44)

Schatz - Acker

Am 10. Sonntag nach Trinitatis denkt die Kirche über das Verhältnis zwischen Judentum und Kirche nach. Neulich machte mich ein Freund auf eine für mich völlig neue Auslegung des kurzen Gleichnisses Jesu vom Schatz im Acker aufmerksam. Solche Momente sind nicht so häufig, dass man einen völlig neuen Gedanken hört, der unmittelbar überzeugt und bisherige Auffassungen an die Seite treten lässt: Könnte es sein, dass Jesus mit seiner Beispielgeschichte nicht auf unseren ungeteilten Einsatz für das Himmelreich zielt, sondern dass er vielmehr von seinem Vater im Himmel spricht?

Hans-Jörg VoigtGott findet mit seinem Volk Israel einen Schatz im Acker. Er liebt sein Volk durch die Jahrhunderte. Er will sein Volk Israel auf ewig erlösen und in seiner Liebe halten. Also „verkauft“ er alles, was er hat, seinen geliebten Sohn Jesus Christus. Er opfert ihn am Kreuz in den Tod, um sein Volk Israel freizukaufen und zu erwerben. Und weil es nicht anders geht, kauft er den ganzen Acker – nämlich die ganze Welt – gleich mit.

Hannah Arendt, die jüdische Denkerin aus Hannover, arbeitet in ihrem Lebenswerk heraus, dass eine totalitäre Diktatur mit ihrem Terror entweder ganz oder gar nicht herrscht. Als Michael Gorbatschow 1985 unter dem Stichwort „Glasnost“ auch die Pressefreiheit einführte, diskutierten wir in unserem Leipziger Studentenkreis, dass dies nach Hannah Arendt notwendig das Ende des Sowjetimperiums bedeuten müsse.

Während ich diese Zeilen schreibe kann man dieses Phänomen in Weißrussland hochaktuell studieren: Entweder Lukaschenko, der letzte Diktator Europas, herrscht ganz und unterdrückt alle brutal oder er wird in wenigen Monaten von der Bühne der Geschichte verschwunden sein. Die chinesische Diktatur hat mich vor diesem Hintergrund mit der Behauptung „Ein Land, zwei Systeme“ lange Zeit irritiert. Seit kurzem hat Hannah Arendt auch in China wieder recht: Entweder China herrscht im ganzen Land, auch in Honkong, oder es wird bald aus sein mit der roten Diktatur.

Zurück zum Gleichnis vom Schatz im Acker: Die Diktatur der Unfreiheit von Sünde, Tod und Teufel herrscht entweder auf der ganzen Erde oder gar nicht. Um sein Volk Israel von dieser Diktatur zu retten, hat Gott gleich die ganze Welt durch Jesus Christus mit befreit. Anders ging es nicht, denn die göttliche Freiheit in Christus ist grenzenlos. Gott kauft den ganzen „Acker“ dieser Welt gleich mit und befreit uns als Nichtjuden gleich mit vom Totalitarismus der Sünde, des Teufels und des Todes. Dass es auch in Bezug auf die durch Jesus Christus geschenkte Freiheit zu viele Menschen gibt, die noch am „alten System“ hängen, schmälert diese Erlösung nicht.

Dem entspricht, was der Apostel Paulus der Gemeinde in Rom über das Schicksal des Gottesvolkes schreibt: „Denn Gottes Gaben und Berufung können ihn nicht gereuen. Denn wie ihr zuvor Gott ungehorsam gewesen seid, nun aber Barmherzigkeit erlangt habt wegen ihres Ungehorsams, so sind auch jene jetzt ungehorsam geworden wegen der Barmherzigkeit, die euch widerfahren ist, damit auch sie jetzt Barmherzigkeit erlangen. Denn Gott hat alle eingeschlossen in den Ungehorsam, damit er sich aller erbarme“ (Römerbrief, Kapitel 11, Verse 29–32).

Also wird die Erlösung auch das Volk Israel noch erreichen. Wie Gott das macht, wissen wir nicht. Dass er den „Kaufpreis“ für diesen „Schatz“ mit seinem Sohn Jesus Christus schon bezahlt hat, daran ist kein Zweifel. Also sind wir bis dahin dem Volk Israel das Glaubenszeugnis von Jesus Christus schuldig: mit Hochachtung und Respekt, denn sie sind der eigentliche Schatz, das auserwählte Volk, mit tiefer Demut vor dem Hintergrund unserer deutschen Geschichte und mit Klarheit.


© Gemälde: Rembrandt/Gerard Dou - Yelkrokoyade - wikimedia.org

Der Theologe Hermann Sasse


Kürzlich ist der Reihe der „Oberurseler Hefte. Ergänzungsbände“ der Lutherische Theologischen Hochschule Oberursel der SELK als Band 24 das Buch „Der Theologe Hermann Sasse (1895–1976) Einblicke in seine internationale Wirkung als Exeget, Kirchenhistoriker, Systematiker und Ökumeniker“ erschienen, herausgegeben von SELK-Prof. i.R. Dr. Werner Klän D.Litt. (Lübeck). Anlass war die 125. Wiederkehr des Geburtstages von Hermann Sasse. Das Team von SELK.de hat den Herausgeber zu dem 278 Seiten starken Buch mit 13 Aufsätzen befragt.

Buch

SELK.de: Ein Sammelband als Geburtstagsgabe für Hermann Sasse. Was war Ihre Motivation, als Herausgeber eine solche Festgabe zu initiieren?

Klän: Hermann Sasse gehört zu meinen theologischen Lehrern, obwohl ich nie eine seiner Vorlesungen besucht habe. Aber aus seinen Schriften habe ich unendlich viel über den Zusammenhang von klarer konfessioneller Einstellung und bleibendem Wissen um die Einheit der Christenheit gelernt. Der Gedanke an einen Gedenkband entsprang einem Forschungsseminar an der Lutherischen Theologischen Hochschule Oberursel, bei dem einige der künftigen Verfasser von Beiträgen zur Festschrift anwesend waren.

SELK.de: Wie lässt sich die bleibende Bedeutung des Theologen Sasse für die Gegenwart beschreiben?

Werner KlänKlän: Hermann Sasse gehört zu den konfessionellen Lutheranern, die im 20. Jahrhundert die Bedeutung des lutherischen Bekenntnisses wiederentdeckt und zu kirchlicher Geltung gebracht haben. Er hatte eine klare lutherische Überzeugung und zugleich ein ausgeprägtes ökumenisches Bewusstsein – im besten Sinn des Wortes. Außerdem gehört er zu den wenigen Lutheranern, die frühzeitig die gottlose und menschenverachtende Natur der nationalsozialistischen Ideologie erkannt und öffentlich kritisiert haben. Auch sein Nachdenken über das Verhältnis Gotteswort und Menschenwort in der Heiligen Schrift oder von christlicher Gemeinde und kirchlichem Dienstamt halte ich immer noch für bedenkenswert.

SELK.de: Welche besondere Bedeutung kommt der konkordienlutherischen SELK als Erinnererin an den „Landeskirchler“ Sasse zu?

Klän: Nun, Hermann Sasse ist ja den Weg von einem persönlich überzeugten Lutheraner innerhalb der Kirche der altpreußischen Union über den Kirchenkampf in den dreißiger und vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts in die Evangelisch-Lutherische Kirche Preußens (die „altlutherische“ Kirche) gegangen, bevor er schließlich nach Australien auswanderte und dort unermüdlich für die Vereinigung der damals zwei lutherischen Kirchen zu heutigen Lutherischen Kirche von Australien wirkte. An diesem Werdegang ist abzulesen, wie einer persönliche Bekenntnishaltung sich zur Entdeckung ihrer kirchlichen Bedeutung reift und was daraus – auch an schwierigen und schwerwiegenden Entscheidungen – folgt.

SELK.de: Skizzieren Sie für unsere Leserinnen und Leser bitte kurz Charakter und Vielfalt der Festgabe!

Klän: In diesem Band finden sich Beiträge aus (fast) allen „klassischen“ Fächern der evangelischen Theologie – Auslegungswissenschaft, Kirchengeschichte, Dogmatik, Ökumenik und Praktische Theologie. Darin spiegelt sich die Vielfalt von Hermann Sasses Wirken in Forschung, Lehre und kirchlicher Publizistik. Die Beiträge kommen aus der SELK, auch aus einer Landeskirche und aus unseren Partnerkirchen in Australien, Kanada, den USA und Brasilien. In dieser internationalen Zusammensetzung zeigt sich die breite Wirkung, die Hermann Sasse auf konkordienlutherische Kirche und Theologie in der Welt ausgeübt hat und noch ausübt.

SELK.de: An welches Lesepublikum richtet sich der Band?

Klän: Menschen, die sich für solide Theologie interessieren, die lutherische Kirche schätzen und bei aller bewussten lutherischen Ortsbestimmung noch die Sehnsucht nach der Einheit der Christenheit in der Wahrheit hegen.

SELK.de: Zum Schluss: Gibt es irgendeinen Aspekt / einen Satz / einen Wesenszug … an/von Hermann Sasse, den Sie abschließender in besonderer Weise hervorheben möchten?

Klän: In der Tat finde ich mich in Hermann Sasse Dictum wieder: „Die großen Grunderkenntnisse der Reformation sind nicht das Eigentum einer religiösen Richtung oder einer theologischen Schule, sondern sie gehören, auch wenn sie von einer einzelnen Konfessionskirche gehütet werden, der ganzen Kirche Christi, der einen, heiligen, katholischen Kirche.“

SELK.de: Vielen Dank für dieses Interview!

 

Glaubenszuversicht


Interview mit Prof. Dr. Christoph Barnbrock

Professor Dr. Christoph Barnbrock, Lehrstuhlinhaber für Praktische Theologie an der Lutherischen Theologischen Hochschule der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) in Oberursel, hat in den Sozialen Medien mit einem neuen Projekt begonnen, das den Namen „glaubenszuversicht“ trägt und der persönlichen Praxis des Glaubens gewidmet ist. Das Team von SELK.de hat ihn dazu befragt.
 

Glaubenszuversicht

SELK.de: Herr Professor Barnbrock, Sie haben ein neues Projekt in den Sozialen Medien gestartet: „glaubenszuversicht“. Bevor wir zu der Idee des Projektes kommen: Was bedeutet für Sie „Glaubenszuversicht“?

Barnbrock: Glaubenszuversicht ist für mich etwas anderes als platter Optimismus oder eine Unbekümmertheit, dass alles schon immer gut gehen wird. Sondern für mich schwingt darin mit, dass sich aus dem Glauben an Jesus Christus immer wieder neue Perspektiven ergeben, selbst dann, wenn ich schwere Zeiten durchmache. Die Gewissheit, dass er für mich da ist und er bei mir ist, schenkt mir selbst dann noch Zuversicht, also einen Ausblick, der mich über die Probleme und Sorgen hinwegschauen lässt.

SELK.de: Welche Konzeption liegt dem neuen Projekt zugrunde?

LogoBarnbrock: Jetzt hätte ich beinahe geantwortet: Gar keine! Aber das ist natürlich nicht ganz richtig – völlig ohne eigene Überlegungen und Gedanken kommt so ein Projekt natürlich nicht zustande. Es ist allerdings so, dass das Ganze keinen riesengroßen Vorlauf gehabt hat. Ich nehme wahr, dass gerade junge Menschen sich von denjenigen, die auf den Sozialen Plattformen unterwegs sind, einiges abschauen. Da habe ich gedacht: Warum sollte man nicht auch ein Projekt anbieten, bei dem man sich was vom Leben eines Christenmenschen, in diesem Fall mir, abschauen kann. (Wohlgemerkt ohne den Anspruch, dass ich ein perfekter oder auch nur besonders vorbildlicher Christ wäre – aber eben ein Christ.)

SELK.de: Welche Hoffnungen verbinden Sie mit diesem Projekt?

Barnbrock: Ich hoffe, dass meine Beiträge dem einen oder der anderen für ihr geistliches Leben mitten im Alltag des 21. Jahrhunderts helfen. Dass einer sagt: „Ach, so kann man das als Christ auch sehen.“ Oder: „In diesen Worten finde ich mich wieder.“ Oder: „Das macht mir Mut, das hilft mir, Vertrauen zu Gott zu fassen.“ Ich schiele dabei nicht auf große Zahlen oder Erfolge. Wenn es eine Handvoll Menschen gibt, die sagen würden, dass das für sie hilfreich ist, würde sich der Aufwand, glaube ich, schon lohnen.

SELK.de: Welche Frequenz für neue Beiträge haben Sie sich vorgenommen?

Barnbrock: Wenn es mir gelingt, würde ich gerne jeden Tag irgendeinen Impuls auf Instagram, Facebook und Twitter veröffentlichen. In den ersten Wochen ist mir das mehr oder weniger gelungen. Ein besonderes Format sind die Videos, die zusätzlich auch auf YouTube hochgeladen werden. Da ist der Aufwand größer. Hier habe ich es bisher nicht viel öfter als einmal pro Woche geschafft. Aber vielleicht ändert sich das auch noch.

SELK.de: Sie wechseln in Ihrem neuen Format zwischen eigenen Texten und Fremdanleihen. Wie kommen Sie auf die Ideen zu eigenen Beiträgen und wie zu den Wortlauten aus anderen Quellen?

Barnbrock: Grundsätzlich handelt es sich auch bei den fremden Texten oder Impulsen, die ich veröffentliche, immer um etwas, was mich selbst angesprochen hat und auch einmal durch mich hindurch gegangen ist. Das war in den ersten Wochen mal ein Gedanke aus einer Predigt, die ich gehört habe, oder ein Anstoß aus einem Buch, in dem ich gerade gelesen habe. Meist sind es dann gar keine direkten Zitate, sondern das Ergebnis, was die fremden Gedanken bei mir ausgelöst und angeregt haben. Und das versuche ich dann in Worte zu fassen. Trotzdem möchte ich natürlich gerne auch festhalten, dass ich den Impuls jemand anderem verdanke. Die eigenen Texte ergeben sich oft einfach. Ein neues Tischgebet habe ich verfasst, weil wir in der Familie das Gefühl hatten, dass die Gebete, die wir bisher verwendet haben, schon etwas „abgebetet“ sind (was ja grundsätzlich etwas sehr Schönes ist) und wir in eine leere Routine verfallen (was dann nicht ganz so schön ist). Andere Texte fließen mir in die Feder beziehungsweise in die Tasten, wenn ich darüber nachdenke, was das Erleben des jeweiligen Tages mit meinem Glauben zu tun hat.

SELK.de: Das Projekt ist frisch gestartet. Gibt es schon erste Beobachtungen, die sich darstellen lassen?

Barnbrock: Ja, ich bin dankbar für eine ganze Reihe von wertschätzenden Rückmeldungen. Offensichtlich gibt es einige Menschen, die an einem solchen Format Interesse haben und mir auch liebevoll kritische Rückmeldungen geben. Das ist wertvoll. Ansonsten merke ich – wie in vielen anderen Bereichen auch –, dass es wichtig ist, fehlerfreundlich mit sich selbst umzugehen und ein Lernender zu bleiben. Längst nicht alles läuft (schon) rund. Manches kann sicher noch verbessert und angepasst werden. Und „Rückschläge“ und Irritationen wird es sicher auch geben. Aber das Schöne ist ja: Das geht vielen anderen, die sich im Netz tummeln, auch so. Und wenn ich warten würde, bis alles perfekt läuft, dann würde ich so etwas nie angehen. Und das wäre ja vielleicht auch schade!

SELK.de: Vielen Dank! Und herzliche Segenswünsche für immer neue Glaubenszuversicht!



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Für die Würde eines jeden Menschen


Das Naëmi-Wilke-Stift in Guben ist die größte diakonische Einrichtung im Bereich der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK). In einer am 3. Juli 2020 veröffentlichten Stellungnahme unterstützt das Stift ein von Vielfältigkeit, Respekt und Wohlwollen getragenes Miteinander in der Stadt Guben. Am 17. Juni 2020 hatte Bürgermeister Fred Mahro vor der Stadtverordnetenversammlung der Stadt eine Erklärung abgegeben, die sich auf offensichtlich fremdenfeindliche Vorfälle im Mai in Guben bezog. Das Stift begrüßt die Erklärung von Bürgermeister Mahro und unterstützt seinen Aufruf, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus nicht zu tolerieren und sich für die demokratische Grundordnung und eine tolerante Gesellschaft einzusetzen. Zugleich unterstreicht das Stift, dass die Stadt Guben auf vielfältige Weise geprägt ist von Humanität, christlicher Nächstenliebe, Offenheit und Toleranz. Der weitere Wortlaut des Textes, den Rektor Pfarrer Markus Müller für den Stiftsvorstand unterzeichnet hat, wird im Folgenden dokumentiert.
 
Guben
 
Seit über 140 Jahren lebt das Naëmi-Wilke-Stift, was Stifter Friedrich Wilke in der Satzung als Stiftungszweck festgelegt hat: „… den Dienst christlicher Liebe in der Betreuung kranker und hilfsbedürftiger Menschen ohne Ansehen der Rasse (meint: Menschen unabhängig ihrer ethnischen Herkunft), Konfession und Weltanschauung auszurichten und damit in Wort und Tat das Evangelium von Jesus Christus zu bezeugen.“ Im Rückblick auf die eigene Geschichte zeigt sich, wie wichtig es ist, sich für die Würde eines jeden Menschen einzusetzen. Menschenwürde kann man sich nicht durch Gesundheit, Leistungsfähigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion oder Ethnie verdienen. Menschenwürde ist uns durch Gott verliehen. Sie gilt allen Menschen gleich. Wie sehr wir von der Vielfalt unterschiedlichster Menschen profitieren, zeigt sich jeden Tag in unserem Stift. Hier setzen sich Menschen aus vielen Nationalitäten gemeinsam mit großem Erfolg dafür ein, dass Menschen aus der ganzen Region geholfen wird und dass das Leben wieder neue Lebensqualität erhält. Dies gilt nicht nur in der Versorgung von Kranken, sondern ebenso für den Dienst in unseren Beratungsstellen, unserem Kindergarten, der Eltern-Kind-Gruppe und dem Netzwerk Gesunde Kinder, wo ehrenamtliche Familienpaten mit großem Engagement unterschiedlichste Familien begleiten.

Seit Jahren setzt sich das Naëmi-Wilke-Stift dafür ein, dass gute gesundheitliche Versorgung allen Menschen grenzüberschreitend verlässlich zur Verfügung steht. Hierbei kann es nicht allein um politische Grenzen gehen, sondern auch um kulturelle und sprachliche. Wie sehr uns geschlossene Grenzen belasten und behindern, haben wir gerade während der Corona-Krise erfahren. Noch mehr belasten Grenzen in unseren Köpfen das Miteinander und den gemeinsamen Erfolg. Wir merken täglich, dass wir unserem Stiftungsziel am besten dienen, wenn wir die unterschiedlichen Gaben, Fähigkeiten und Kompetenzen aller Mitarbeitenden auf Basis unseres christlichen Werteprofils zusammenbringen. Nur gemeinsam können wir die bestmöglichen Ergebnisse erreichen. Wir machen natürlich auch die Erfahrung, dass das Überwinden von Grenzen im Denken und Handeln Kraft kostet. Wir werden aber viel mehr belohnt durch das gemeinsam Erreichte. Darum ist es uns auch wichtig, dass sich unsere Mitarbeitenden – unabhängig davon, welcher Nation und Weltanschauung sie sich zuordnen – in unserer Stadt wohlfühlen, gerne hier leben und arbeiten. Die Loyalität gegenüber den gelebten Werten in unserer Stiftung kommt letztlich sowohl Mitarbeitenden als auch den Menschen, die uns anvertraut sind, zugute. Darum setzen wir uns für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung ein und für ein von Respekt und Wohlwollen getragenes Miteinander.

Jahrbuch Mission


Das „Jahrbuch Mission 2020“ (www.demh.de/jahrbuch-mission) erschienen. Superintendent Markus Nietzke (Hermannsburg) von der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) hat daran mitgewirkt. Grund genug für das Team von SELK.de, bei ihm nach dieser Publikation zu fragen.

Mission

SELK.de: Was ist das „Jahrbuch Mission“?

Nietzke: Das Jahrbuch Mission erscheint seit 1951 im Verlag der Deutschen Evangelischen Missionshilfe. Das Jahrbuch und die Inhalte darin reflektieren das Missionsverständnis vergangener Jahrzehnte und der Gegenwart. Markus NietzkeDer seinerzeit berühmte Missionswissenschaftler Walter Freytag schrieb 1951 in einem Geleitwort zu dem Jahrbuch von der „notwendigen Neubesinnung über das Wesen der Mission nach der Schrift und im Blick auf die gegenwärtige Lage der Christenheit“ nach dem Zweiten Weltkrieg um dem nach wie vor geltenden „Ruf zur Mission“. Das „Jahrbuch Mission“ (damals hieß es noch „Jahrbuch Deutsche Evangelische Weltmission“) war andererseits auch das Publikationsorgan verschiedener evangelischer Missionskonferenzen, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts in verschiedenen Regionen und Ländern Deutschlands gebildet hatten. Im Laufe der Jahrzehnte fielen bestimmte Worte weg, die ihrerseits auch deutlich machen, wie sich das Missionsverständnis wandelte. 1957 entfällt das Wort „Deutsche“ im Titel des Jahrbuchs, 1986 auch das Wort „evangelisch“. Seither heißt es nur noch „Jahrbuch Mission“, weil es prinzipiell ökumenisch ausgerichtet ist. Wiederum wendete sich dieses: Seit 1995 ist der Titel nur noch eine Marke. Seither wird von der Redaktionskonferenz für jeden Jahrgang ein bestimmtes Thema festgelegt. Während das Jahrbuch Anfang der 1990ger Jahre in einer Auflage von knapp 10.000 erschien, liegt die Auflage gegenwärtig bei etwa 3.000 Exemplaren. Gegenwärtig wird das „Jahrbuch Mission“ in vielen längst ökumenisch und partnerschaftlich orientierten Missionswerken und Landeskirchen gerne als Jahresgabe für eine interessierte Leserschaft zu Verfügung gestellt. Überhaupt: Das Thema „Mission“ in Büchern oder Zeitschriftenartikeln trifft nur auf eine sehr kleine Gruppe von Interessierten. Dass es das „Jahrbuch Mission“ also (noch) gibt, ist an sich schon bemerkenswert.

SELK.de: Was haben „wir“ (aus dem Bereich der SELK) damit zu tun?

Nietzke: Solange ich Missionar der Lutherischen Kirchenmission der SELK mit Sitz in Bleckmar und später deren Missionsdirektor war, haben wir das „Jahrbuch Mission“ allen Mitarbeitenden in Deutschland und aller Welt nahezu jährlich zukommen lassen. Ganz im Sinne einer Jahresgabe. Als Vereinbarungspartner des EMW (Evangelisches Missionswerk) haben wir nicht nur den Großteil unserer Finanzüberweisung in alle Welt über „Hamburg“ (Sitz des EMW) abgewickelt, sondern durften als Missionsdirektoren und Missionare an verschiedenen Konferenzen und Veranstaltungen teilnehmen. Sichtbar wurde dieses gute Miteinander in aller Regel auch bei einer Amtseinführung eines Missionsdirektors, wenn der Direktor des EMW zu Gast war. Diese doch recht engen und ausgesprochen guten Beziehungen gehen zurück auf die Zeit von Missionsdirektor Friedrich Wilhelm Hopf, aber auch auf die Herausgeber des Missionsblatts der Bleckmarer Mission seit 1892. Unsere Kirche verdankt dem EMW als Dienstleister für Missionsfragen aller Art erheblich mehr, als gemeinhin bedacht wird oder bekannt ist.

SELK.de: Was sind Ihre Verbindungen zu dem Periodikum „Jahrbuch Mission“?

Nietzke: Ich lese dieses Periodikum also schon seit knapp 40 Jahren. Meine Verbindung dahin möchte ich vielleicht mit einem kleinen Bild umschreiben: Es war schon immer das geöffnete Fenster mit Blick in die weltweite Mission verschiedenster Kirchen und Organisationen. Seit etwa zehn Jahren wirke ich als Mitherausgeber dieses Periodikums mit. Während ich sonst Rezensionen schrieb, durfte ich für dieses Buch (Jahrbuch Mission: Fokus Schöpfung. Klimawandel. Umweltverantwortung. Öko-Theologie.) erstmals einen eigenen Beitrag schreiben.

SELK.de: Wo kommen die Verbindungen zum „Jahrbuch Mission“ her?

Nietzke: Mein erstes Exemplar des Jahrbuchs schenkte mir der damalige Vikar meines Vaters, Edmund Hohls, auf der Missionsstation Roodepoort bei Ventersdorp in Südafrika 1987. Die Lektüre des Jahrbuchs öffnete schon immer den Horizont weit über das hinaus, was wir als lokales oder regional tätiges kleines lutherisches Missionswerk in Südafrika, Brasilien, zeitweilig in Australien oder jüngst in Deutschland vor Augen hatten und haben. In einer Befragung vor meiner Wahl zum Missionsdirektor der Lutherischen Kirchenmission 2003 wurde mir die Frage nach einer „gewissen ökumenischen Aufgeschlossenheit“ gestellt. Die trage ich schon seit meiner Geburt in mir. Wenn man in einem kleinen Dorf mit knapp 8.000 Einwohnern mit 20 verschiedenen Kirchen und anderen religiösen Gemeinschaften (Animistischen Religionen, Judentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus) in der unmittelbaren Nachbarschaft aufwächst, bleibt das mit einigermaßen offenem Gemüt wohl auch nicht aus. Vor gut zehn Jahren wurde ich eingeladen, Mitglied in der damals noch existierenden „Allgemeinen Hannoverschen Missionskonferenz" (AHMK) zu werden. Diese wiederum war Mitglied im „Verband Evangelischer Missionskonferenzen“ (VEMK), der wiederum den Redaktionskreis des Jahrbuchs Mission berief. Klingt ganz schön kompliziert! Zuerst wurde ich also Mitglied der AHMK, dann der Vorsitzende der AHMK und in dieser Funktion Teil des VEMK. Diese berief mich zum Mitglied der Redaktion des Jahrbuchs Mission. Inzwischen hat die Herausgeberschaft gewechselt und ich bin gespannt, ob ich im nächsten Jahr in einen dann neu zu bildenden Redaktionskreis des Jahrbuchs berufen werde.

SELK.de: Wie gestaltet sich die Mitarbeit am „Jahrbuch Mission“? Was bedeutet das an Arbeit?

Nietzke: Die Redaktionskonferenz tritt zweimal im Jahr für anderthalb Tage zusammen. Dabei werden das Thema und die Konzeption des künftigen Jahrbuchs entwickelt und Rückschau gehalten. Zwischen den beiden Treffen liegt ein halbes Jahr, damit die Gedanken sich sortieren, vertieft oder weitergeführt werden. Es wird auf den Tagungen überlegt, welche Autorinnen und Autoren angefragt werden können. Als Redaktion legen wir großen Wert darauf, dass einerseits möglichst viele jüngere Menschen aus verschiedensten Ländern der Welt und andererseits weit mehr als bisher in der Fachliteratur oft üblich, Frauen und junge Wissenschaftlerinnen zu Wort kommen – aber ausdrücklich ohne Quotengedanken oder ähnlichem Hintergrund. Es geht um die Perspektive. Das Jahrbuch ist keine wissenschaftliche Zeitschrift mit Fußnoten und Ähnlichem, legt aber trotzdem großen Wert auf gut recherchierte und fundierte Artikel. Mit großer Bescheidenheit darf ich sagen, dass ich dabei immer wieder auch auf Referenten oder Rezensentinnen aus dem Bereich der konkordienlutherischen Minoritätskirchen in aller Welt zurückgreifen darf. Ich erinnere beispielsweise an einen Artikel von Professor Dr. Werner Klän vor wenigen Jahren und einige Rezensionen, verfasst von Frauen und Männern aus unserer Kirche und Schwesterkirchen.

SELK.de: Was macht Ihren Beitrag zu Psalm 104 in der aktuellen Ausgabe des Jahrbuchs Mission aus?

Die Welt, die Schöpfung, die uns von Gott geschenkt ist, ist bedroht. Das ist nichts Neues. Nicht nur durch Naturkatastrophen, irgendwelche Kräfte oder Mächte oder sonst wen, sondern öfter, als man denkt, auch durch unser eigenes Zutun oder Handeln. Bitter, aber wahr. In welcher Intensität, darüber kann man bei uns noch streiten – es ändert nichts an der Tatsache, dass die Artenvielfalt kleiner wird, Flüsse verschmutzt sind und und und. Das Buch zeigt auf, wie weit unsere Welt vom Klimawandel und dessen Auswirkungen unter Mitwirkung der Menschheit an unterschiedlichen Stellen auf der Erde bereits vom Wandel geprägt ist. Ich stimme sehr gerne in die biblischen Lobgesänge auf die Natur als Schöpfung Gottes – wie etwa in Psalm 104 pars pro toto vorgegeben – ein. In meinem sehr persönlich gehaltenen Beitrag kommen ein paar dunkle Untertöne zum Klingen. Ich entdeckte in mir Ambivalenzen, ausgelöst durch unvergessliche Begegnungen in Gottes wunderbarer Natur und mit Menschen auf verschiedenen Kontinenten, die ich niemals missen möchte. Weder die Natur noch die Menschen noch die Begegnungen! Aber dann entdecke ich bei näherem Hinschauen beispielsweise den Müll neben der Langlauf-Loipe in den Rocky Mountains, ein verschmutztes Hafenbecken voller Plastik und Öl-Resten in einer Millionenstadt, abgeholzte Urwälder direkt neben einem Naturpark und auf ganz kleiner Ebene immer weniger Bienen, Hummeln und Libellen im eigenen Garten in Hermannsburg. Das hat einerseits eine Nachdenklichkeit in mir erzeugt, andererseits geholfen, meine Zuversicht und Trost darin zu finden, wie es am Ende von Psalm 104 heißt: „... Du machst neu das Antlitz der Erde. Die Herrlichkeit des HERRN bleibe ewiglich, der HERR freue sich seiner Werke!" Mein Beitrag im Jahrbuch 2020 ist so etwas wie ein kleiner Auftakt zu fundierten und sehr lesenswerten Artikeln zu diesem Thema aus aller Welt. Man muss nicht allem zustimmen. Die Betroffenheit über die Umweltzerstörung weltweit, um nur ein Thema zu nennen, überhaupt in ihrer Komplexität wahrzunehmen, das allein ist schon ein kleiner Erkenntnisgewinn.

SELK.de: Vielen Dank!

Zum Tod von George Floyd und den Folgen

 
Der Todesfall George Floyd infolge eines gewaltsamen Polizeieinsatzes am 25. Mai 2020 in Minneapolis (Minnesota) löste Proteste in den gesamten Vereinigten Staaten und anderen Teilen der Welt aus. Bei dem Einsatz war der 46-jährige Afroamerikaner George Floyd ums Leben gekommen. Präses Dr. Matthew C. Harrison (St. Louis/Missouri) von der US-amerikanischen Lutherischen Kirche–Missouri Synode, mit der die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) in Kirchengemeinschaft steht, hat zu den Vorgängen eine Stellungnahme abgegeben, die an dieser Stelle in deutscher Übersetzung dokumentiert wird.

Matthew C. Harrison

Diskriminierendes Verhalten gegenüber anderen Menschen aufgrund ihrer Rasse ist ein irrationales Übel und bringt Böses hervor. Es ist eine Dummheit, die nur zu Zorn und Hass führt. „Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, dass alle Menschen gleich erschaffen worden sind, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt worden sind, wozu Leben, Freiheit und das Bestreben nach Glückseligkeit zählen.“ (Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten). Die amerikanische Ursünde des legalen Rassismus, die Verweigerung bürgerlicher Rechte aufgrund der Rasse, erntet nun Sturm.

Gottes Wort verurteil allen Rassismus. „Sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den sie vor Gott haben sollen“ (Die Bibel: Römerbrief, Kapitel 3, Vers 23). „Da ist keiner, der gerecht ist, auch nicht einer“ (Römerbrief, Kapitel 3, Vers 10). „Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt“ (Die Bibel: Johannesevangelium, Kapitel 1 Vers 29). Alle wurden von Gott gleich geschaffen. Alle sind unserm Gott gleich verantwortlich. Und für die Sünden aller hat Christus gesühnt. Alle haben gleichen Wert vor Gott. Auf Rasse beruhende Feindschaft fließt aus der Sünde und ist selbst Sünde. In der Kirche Christi ist Rassismus nicht hinzunehmen. Jesus selbst hat uns angewiesen, unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst (Die Bibel: Markusevangelium, Kapitel 12, Vers 31), und das hat er selbst getan, indem er keine rassischen Vorurteile lebte (wie der Barmherzige Samariter – Die Bibel: Das Lukasevangelium, Kapitel 10, Verse 25–37).

Rechte Einheit in der Kirche wird im Augsburger Bekenntnis in Artikel 7 so definiert: „Denn dies ist genug zu wahrer Einigkeit der christlichen Kirche, dass da einträchtig nach reinem Verstand das Evangelium gepredigt und die Sakramente dem göttlichen Wort gemäß gereicht werden.“ Christus und seine Gaben schenken der Kirche Einigkeit und Gleichheit. Jede rassisch begründete Diskriminierung in oder durch die Kirche ist Sünde. Und die Rassenkonflikte in unserm Lande sollte jeden Christen nachdenklich stimmen. „Denn die Zeit ist da, dass das Gericht beginnt bei dem Hause Gottes.“ (Die Bibel: 1. Petrusbrief, Kapitel 4, Vers 17). Sich selbstgerecht empören ohne Nachdenklichkeit und Buße verfehlt seinen Sinn, oder schlimmer, es ist Heuchelei.

Derjenige, der auf schwerwiegende Weise und zu Unrecht das Leben von George Floyd ausgelöscht hat – was zur Anklage des Mordes 3. Grades führte –, dem wird ironischerweise genau das zugebilligt, was er seinem Opfer verweigert hat: ein Prozess nach Recht und Gesetz. Gerechtigkeit muss gesetzeskonform angewendet werden. Andere könnten da noch angeklagt werden.

Wir weinen um George Floyd, um seine Familie und Nahestehenden, weil ihm sein Leben geraubt wurde. Und wir weinen um unser Land. Wir weinen um diejenigen überall im Lande, die meinen, jetzt nur noch den Weg der Zerstörung gehen zu müssen. Wir weinen um die Polizeibeamten überall, die ihren ehrenvollen Beruf mit Mut und gutem Willen ausführen, aber jetzt ihre Aufgaben als besonders herausfordernd und gefährlich empfinden nach diesen traurigen Ereignissen in Minneapolis. Für sie alle beten wir für ihre Sicherheit und für das Wohlergehen derer, die ihr Eigentum und ihren Lebensunterhalt verloren haben. Wir beten für die Polizisten, die sich den Unruhen entgegenstellen. Und wir unterstützen die Demonstranten, die von ihrem Verfassungsrecht auf friedlichen Protest Gebrauch machen.

Wir verurteilen alle Ungerechtigkeit. Und wir verurteilen alle Zerstörungswut, Raub und leibliche Angriffe auf andere. Das ist ebenso Ungerechtigkeit. Wir appellieren an die Bürger und die Regierenden in unserem Land, dass sie sich um die Kommunen mühen, die von Armut, Verbrechen und Ungerechtigkeit besonders betroffen sind. Wir plädieren für eine Politik, die rational und einigend Ungerechtigkeiten beenden hilft und sich um soziale Umbrüche, Mängel an wirtschaftlicher Teilhabe und andere Faktoren kümmert, die Zorn, Hass und Zwietracht anstacheln.

Wir werden beten, aber wir wollen noch mehr tun. Wir werden dem Mandat von Gottes Propheten folgen: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“ (Die Bibel: Das Buch des Propheten Micha, Kapitel 6, Vers 8).

Und wir wollen Christus verkünden, „zur Zeit oder zur Unzeit“ (Die Bibel: 2. Timotheusbrief, Kapitel 4, Vers 2). „Nun stirbt kaum jemand um eines Gerechten willen; um des Guten willen wagt er vielleicht sein Leben. Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren“ (Römerbrief, Kapitel 5, Verse 7 und 8).

„Seid ihr nun mit Christus auferweckt, so sucht, was droben ist, wo Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem, was auf Erden ist. Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott. Wenn aber Christus, euer Leben, offenbar wird, dann werdet ihr auch offenbar werden mit ihm in Herrlichkeit. So tötet nun die Glieder, die auf Erden sind, Unzucht, Unreinheit, schändliche Leidenschaft, böse Begierde und die Habsucht, die Götzendienst ist. Um solcher Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Ungehorsams. In dem allen seid auch ihr einst gewandelt, als ihr noch darin lebtet. Nun aber legt auch ihr das alles ab: Zorn, Grimm, Bosheit, Lästerung, schandbare Worte aus eurem Munde; belügt einander nicht; denn ihr habt den alten Menschen mit seinen Werken ausgezogen und den neuen angezogen, der erneuert wird zur Erkenntnis nach dem Ebenbild dessen, der ihn geschaffen hat. Da ist nicht mehr Grieche oder Jude, Beschnittener oder Unbeschnittener, Nichtgrieche, Skythe, Sklave, Freier, sondern alles und in allen Christus. So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld; und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr! Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit. Und der Friede Christi, zu dem ihr berufen seid in einem Leibe, regiere in euren Herzen; und seid dankbar. Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: Lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit; mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen. Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.“ (Die Bibel: Kolosserbrief, Kapitel 3, Verse 1–17).

Online-Unterricht an der Lutherischen Theologischen Hochschule


Coronabedingt musste die Lutherische Theologische Hochschule Oberursel, eine staatlich anerkannte kirchliche Hochschule in Trägerschaft der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), wie alle Hochschulen und Universitäten in Deutschland im Sommersemester online unterrichten. Der Rektor, Prof. Dr. Christoph Barnbrock, berichtet von den gewonnenen Erfahrungen.
 
Online-Unterricht 
Wenn ich mich in diesen Tagen mit verschiedenen Gesprächspartnern über die Situation an der Hochschule und unseren Unterricht unterhalte, höre ich häufig die Frage „Und, ist der digitale Unterricht jetzt das Modell der Zukunft für euch?“

Ich gestehe, es fällt mir gar nicht so leicht, auf diese Frage zu antworten. Denn einerseits haben wir richtig gute Erfahrungen gemacht. Nicht ohne Sorgen haben wir dem Sommersemester entgegengefiebert, das wir als digitales Semester gestalten mussten. Neben dem, was an der Hochschule ohnehin aus Gründen des Arbeits- und Infektionsschutzes zu organisieren war, war nun zu entscheiden, mit welcher Plattform und wie der Unterricht gestaltet werden konnte, und sicherzustellen, dass alle Beteiligten (Dozierende wie Studierende) mit der nötigen Technik ausgestattet und auch in der Lage waren, mit alldem umzugehen. Wir sind dankbar, dass wir hier großzügige Unterstützung vom Freundeskreis unserer Hochschule erfahren haben. Technisch funktionierte am Ende das Allermeiste besser als gedacht. Sowohl unter den Studierenden als auch unter den Dozentinnen und Dozenten gab es eine große Bereitschaft, sich auf die neuen Formate (Unterricht per Videokonferenz bzw. über aufgezeichnete Videos und per E-Mail-Austausch) einzulassen und sich auch gegenseitig zu unterstützen. So ist es uns gelungen, auch diejenigen Studierenden mit dem Lehrangebot zu versorgen, die sich noch im Ausland aufhalten und wegen der Reisebestimmungen nicht nach Oberursel zurückkehren konnten oder die aus anderen Gründen wegen der gegenwärtigen Krise nicht auf dem Campus sein können. Die digitalen Angebote haben es ermöglicht, flexibel auf die ganz unterschiedlichen Bedürfnisse und Herausforderungen zu reagieren. Dass die Formate gut angenommen worden sind und gegenwärtig als hilfreich wahrgenommen werden, zeigt sich auch daran, dass nur wenige Lehrveranstaltungen jetzt, wo eine Aufnahme des Präsenzunterrichts wieder möglich wäre, in dieses Format zurückkehren.

Online-UnterrichtGleichzeitig tue ich mich schwer damit, mir den gegenwärtigen Unterricht als „Modell der Zukunft“ vorzustellen. Theologie zu lehren und zu lernen hat für mich auch mit Weggemeinschaft zu tun. Man ist gemeinsam unterwegs, tauscht sich aus. Meinungen werden diskutiert. Fragen werden gestellt. Und manchmal ergeben sich die wichtigen Gespräche gar nicht in der Lehrveranstaltung selbst, sondern beim Zusammenräumen der Unterlagen nach dem Unterricht. Das ist schließlich auch eine besondere Stärke unserer Hochschule, dass solche Begegnungen auch jenseits des Unterrichts möglich sind. Vieles davon entfällt derzeit. Mindestens eine Dimension der Kommunikation entfällt. Das Miteinander ist distanzierter. Und die Gefahr von Missverständnissen wächst. Und gerade für Studierende, die den ganzen Tag Lehrveranstaltungen haben, kann es ermüdend sein, immer auf einen Bildschirm zu starren.

Auch wenn ich meine Lehrveranstaltungen, bei denen die Hälfte der Teilnehmer nicht auf dem Campus sein kann, in diesem Semester online zu Ende bringen werde, freue ich mich deswegen auf das Wintersemester, in dem wir dann hoffentlich wieder zum Präsenzunterricht als Regelbetrieb zurückkehren können. Einiges wird aber gewiss bleiben. Die Erfahrungen dieses Semesters haben gezeigt, dass die verfügbaren technischen Möglichkeiten manche Vorteile bieten, die wir auch für die Zukunft nicht aus dem Blick verlieren sollten.

Warum sollten wir es nicht Interessierten Außenstehenden ermöglichen, die eine oder andere Lehrveranstaltung digital mitverfolgen zu können? Digitale Möglichkeiten könnten außerdem eine Hilfe sein, dass Studium flexibel zu gestalten. Und auch für die Kirche bieten sich eine Reihe von Möglichkeiten: Warum sollte eine Gemeinde nicht einen Professor von der Hochschule zu einem bestimmten Thema als Experten zum Frauenkreis „dazuschalten“, ohne dass dieser 12 bis 24 Stunden unterwegs ist und Reisekosten produziert?

Mir scheint, hier gibt es viele Möglichkeiten, die wir für die Zukunft noch entdecken und ausloten können – genauso, wie es auch noch einige Herausforderungen und offene Fragen zu bewältigen gibt. Dabei wird es immer darum gehen zu entscheiden, wo wir mit dem traditionellen Unterricht mehr gewinnen und wo wir mit neuen, digitalen Formaten besser dem dienen können, was unsere Aufgabe ist. Das lässt sich dann nur von Fall zu Fall entscheiden.

Und ganz neu ist die Fragestellung, wie mit „neuen Medien“ umzugehen ist, auch nicht. Schon bei der Durchsetzung des Telefons war es nicht anders. Manches lässt sich am Telefon gut besprechen. Aber es gibt Situationen, da möchte ich dem anderen von Angesicht zu Angesicht gegenübersitzen. Bei den Chancen und Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, ist es nicht anders. Und ich sehe freudig-gespannt dem entgegen, was sich da in den nächsten Monaten und Jahren noch entwickeln wird.

Ein unerwarteter Besuch


75 Jahre Kriegsende

Vor 75 Jahren ging der bis dahin schrecklichste aller Weltkriege in Europa zu Ende. Der leitende Geistliche der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), Bischof Hans-Jörg Voigt D.D. (Hannover), hat aus diesem Anlass eine persönliche Stellungnahme verfasst.


Bischof Voigt

In Groß Oesingen besteht eine der Heidegemeinden der heutigen Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK): Wenige Monate nach der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht saßen wenige Pfarrer der damaligen Evangelisch-Lutherischen Freikirche zusammen. Man schrieb den 1. November des Jahres 1945. Der Ortspfarrer Martin Hein und Pfarrer Hans Kirsten (damals Hannover) waren unter den Anwesenden. Der bis dahin schrecklichste aller Kriege, der je von deutschem Boden ausgegangen war, war gerade wenige Monate mit einer Niederlage und der Unterzeichnung der Kapitulation zu Ende gegangen.

Die Ratlosigkeit der Pfarrer war mit Händen zu greifen. All überall befanden sich Flüchtlinge auf den Bauernhöfen, in Notunterkünften in den Städten. Noch gab es Lebensmittel vor allem aus Wehrmachtsreserven, aber der Hunger und der erste Nachkriegswinter standen bereits vor der Tür.

BehnkenPlötzlich klopfte es mitten in der Sitzung an die Tür des Bauernhauses, bei Käppels, neben der Kirche. Pfarrer Martin Hein stand auf, um die Tür zu öffnen. Vor der Tür stand ein hagerer, hochgewachsener Mann. Anzug und Hut und nicht zuletzt die Uniform des GI, der die amerikanische Militär-Limousine gefahren hatte, verrieten den US-Amerikaner. Er stellte sich auf Deutsch mit texanischem Akzent als Präses der kirchlich verbundenen Lutherischen Kirche–Missouri Synode (LCMS) vor. „Wie können wir euch helfen? Was können wir für euch und eure Gemeinden tun?“ Sein Name: John William Behnken (1884-1968), er war von 1935 bis 1962 Präses der LCMS. Präses Behnken war damals der erste US-amerikanische Kirchenvertreter, der die Erlaubnis bekam, deutsche Kirchen zu besuchen. Er berichtete nach seiner Reise dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, Harry S. Truman, persönlich.

Die Bewegung dieses Moments lässt sich heute noch nachspüren. Gerade noch hatten die US-amerikanischen Truppen gemeinsam mit ihren Alliierten einen furchtbaren Blutzoll gezahlt, seit sie in der Normandie in Nordfrankreich gelandet waren, um dem Schrecken des Krieges mit Gewalt ein Ende zu breiten. Wenige Wochen später dann die Frage: „Wie können wir euch helfen?“. Das hatten die deutschen Pfarrer nicht erwartet.

Tatsächlich hat dann die LCMS bei Hilfslieferungen und bei Wiederaufbau und Neustrukturierung der selbstständigen lutherischen Bekenntniskirchen in Deutschland erhebliche Hilfe geleistet. Die Gründung der Lutherischen Theologischen Hochschule (LThH) der SELK in Oberursel geschah mit Unterstützung der LCMS. Gemeinden der Missouri–Synode beteiligten sich massiv an der Care-Paket-Aktion, die bald nach Kriegsende in Gang kam. Der 75. Jahrestag der Befreiung Deutschlands ist Anlass, an diese zwischenkirchliche Hilfe mit tiefer Dankbarkeit zu erinnern.

Szenenwechsel: Im Jahr 2018 war ich zu Besuch in einer Londoner lutherischen Gemeinde. Mein Freund, Rev. John Ehlers, hatte mich eingeladen, im Gottesdienst die Predigt zu halten. Nach dem Gottesdienst stellte mich Pfarrer Ehlers einer älteren Dame vor und erklärte mir, dass sie während des Zweiten Weltkrieges Krankenschwester in London gewesen sei, wo sie immer wieder die Opfer der deutschen Bombenangriffe versorgen musste. Sie sagte mir dann: „Sie sind der erste Deutsche, der hier in der Kirche gepredigt hat. Es ist gut, dass unsere Völker und Kirchen so eng verbunden sind.“ Ich werde diese Begegnung niemals vergessen.

Ohne Zweifel war jener 8. Mai 1945 ein Tag der Befreiung, und alles Leid, das auch deutsche Flüchtlinge, Bombenopfer und Soldaten zu erdulden hatten, hat seine Ursache im Beginn jener ideologischen Diktatur und dieses schrecklichen Krieges, nicht in seinem Ausgang.
Damals, im Jahr 1945, stand das Ausmaß des Schreckens und die Ungeheuerlichkeit des Massenmords an den Juden noch nicht als Gesamtbild vor Augen, wenngleich alle gewusst haben, was geschehen ist.

Von dem US-amerikanischen Philosophen spanischer Herkunft George Santayana (1863-1952) stammt der Satz: „Wer aus der Geschichte nichts lernt, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“ Ob dieser Satz wirklich in jedem Fall stimmt, sei dahingestellt. Aber es muss geradezu als Stärke der deutschen Erinnerungskultur gelten, die Scham der Verbrechen nicht zu verdrängen, sondern wach zu halten.

Der Besuch Präses Behnkens und die Vergebungsbereitschaft der Londoner Krankenschwester sind für mich viel mehr noch ein Zeichen für die Kraft christlicher Versöhnung, die letztlich im Kreuzesopfer Jesu Christi gründet.

 

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