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SELK-Aktuell

Hartwig Neigenfind überfallen


Pfarrer a.D. Hartwig und Almut Neigenfind, Kirchglieder der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), sind im Dienst des Christliche Fachkräfte International e.V. im Entwicklungsdienst in Uganda tätig, um dort die Bildungsarbeit zu fördern. Während seine Frau Almut zu Besuch in Deutschland war, wurde Hartwig Neigenfind in Kampala Opfer zweier Verbrechen. Am 11. Juli hat er darüber mit einer Rundmail an einen größeren Verteiler informiert. Mit seiner Genehmigung veröffentlicht selk.de den Wortlaut an dieser Stelle.

Neigenfind

Der Herr ist mein Hirte. Mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue. – So weit, so gut. Aber manchmal wandert man auf seinem Lebensweg plötzlich und unerwartet durch ein finsteres Tal und fürchtet sich vor einem Unglück:

Vor etwa drei Wochen bin ich nachts in unserem Haus bei Kampala überfallen worden: Ein junger Mann hatte sich am frühen Abend unbemerkt ins Haus geschlichen. Und als ich spätabends das Haus von innen verriegelt und verrammelt hatte und ins Bett gehen wollte, kam er plötzlich maskiert und mit einem Messer bewaffnet unter unserem Bett hervorgekrochen. Ich wurde von ihm mehrere Stunden gefesselt und geknebelt, musste auf dem Boden kauern, während er das Haus von oben bis unten durchsuchte und mit mir verhandelte, bevor er mit ein paar elektronischen Geräten und ein wenig Bargeld morgens um halb drei über die Mauer verschwand.

Ich bin – Gott sei es gedankt – körperlich völlig unverletzt geblieben. Aber nachdem wohl derselbe Mann zwei Nächte später mit zwei Kollegen wiederkam und unser auf dem Grundstück geparktes Auto ausschlachtete, bin ich nun doch ziemlich mitgenommen. Beim zweiten Besuch der Ganoven habe ich zwar tief und fest geschlafen, aber diesmal wurde unser Wachmann/Gärtner bedroht und zuletzt mit Gas betäubt. Almut war während dieser Zeit in Deutschland, sodass sie glücklicherweise nur indirekt betroffen ist.

Eine direkte Gegenüberstellung einige Tage später mit einem Dutzend Verdächtiger in einem kleinen, dunklen Raum, bei dem ich dem Täter noch einmal Auge in Auge gegenüberstand, ihn identifizieren und beschuldigen musste, war auch recht belastend.

In den Nächten nach den Überfällen wurden wir auf dem Grundstück von schwerbewaffneten Polizisten bewacht, weil die Situation vor Ort leider nicht mehr sicher war. Eine Fortsetzung unserer Tätigkeit war vorerst leider nicht mehr möglich. Mein ugandischer Vorgesetzter, meine Kollegen, die Schuldirektoren und Leute aus unserem Hausbibelkreis waren enorm hilfreich, freundlich und schlossen uns in ihre Fürbittgebete ein.

Wir haben unsere Arbeit in Uganda nur äußerst ungern unterbrochen, weil wir liebe Kollegen und Nachbarn in einer furchtbaren Situation in Afrika zurücklassen mussten: Wegen einer zeitweise leicht erhöhten Zahl an positiven PCR-Testen hat der Präsident einen bis heute andauernden, katastrophalen Lockdown verhängt. Alle Schulen wurden urplötzlich wieder geschlossen. Die Lehrer stehen wieder völlig ohne Gehalt da. Alle Gottesdienste im Land wurden für sieben Wochen verboten. Niemand darf seinen eigenen Landkreis mit einem Auto verlassen, um Lebensmittel von seinen Feldern und Gärten zu holen. Die Lebensmittelpreise sind enorm gestiegen. Die Menschen sind wütend, verzweifelt und hungrig.

Aber auf ärztlichen Rat haben wir das Haus verlassen müssen, in dem die Taten verübt wurden, und sind nun kurzfristig nach Deutschland zurückgekehrt: Ich werde mich in den nächsten Wochen einer speziellen Behandlung unterziehen und von dem Schrecken hoffentlich gründlich erholen.

Unser Ziel ist es, so bald wie möglich fröhlich und optimistisch nach Uganda zurückzukehren und unsere Arbeit fortzuführen. Aber bis dahin liegt noch ein Stückchen Arbeit und Geduld vor uns. Und wir werden sehen, welche Wege uns Gott führen wird – ob und wie schnell wir unser Ziel erreichen.

Wir sind sehr dankbar,
- dass unser Heiland meinem Leben noch eine Spanne hinzugesetzt hat und ich noch Zeit auf dieser Welt habe,
- dass unsere Organisation und meine Projektmanagerin uns mit langer Erfahrung und christlicher Gelassenheit in dieser Ausnahmesituation begleiten. Alle Kosten für Behandlung und Unterhalt werden dankenswerterweise weiter übernommen,
- dass wir sonntags wieder deutsche Choräle singen und Christi Leib und Blut unter Brot und Wein in der Oberurseler Gemeinde empfangen können, wo wir lange Gemeindeglieder waren, wo einer unserer Söhne getauft wurde, wo ich Aushilfsorganist war und Almut in die SELK aufgenommen wurde,
- dass wir nun unsere Kinder, Almuts Mutter und mehrere Geschwister in der Nähe haben,
- dass ich zeitnah einen Behandlungsmöglichkeit gefunden habe, wo mir auf alle Fälle spezialisierte Fachleute bei der Bewältigung der Folgen zur Seite stehen,
- dass wir in einem Vorbereitungskurs vor unserer Ausreise sehr gründlich und sehr realitätsnah von deutschen Sicherheitsfachleuten auf genau die eingetretene Situation vorbereitet wurden, sodass ich bei dem Überfall jederzeit ganz genau wusste, was ich zu tun und was ich zu lassen hatte,
- dass wir diese unerfreuliche Erfahrung dankbar aus Gottes Hand nehmen können und weiter in Christus leben, bleiben und wachsen,
- dass Gott bei uns ist, und ob ich schon wandert im finstern Tal, fürcht´ ich kein Unglück, sein Stecken und Stab trösten uns.

Neue LuKi-Homepage


Seit dem 1. Mai 2021 ist die neugestaltete Homepage des Kirchenblattes „Lutherische Kirche" (kurz: LuKi) der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) am Start: www.lutherischekirche.de. Neben einer erhöhten Benutzerfreundlichkeit bietet sie die Möglichkeit, online einzelne digitale Ausgaben zu erwerben sowie neue Abonnements für die Druckausgabe abzuschließen. Ein Bereich mit Fotos und Videos (der nach und nach noch wachsen wird) und ein Blog, der mindestens einmal wöchentlich um einen neuen Eintrag ergänzt wird sowie einige Seiten zum Probelesen der aktuellen Ausgabe laden dazu ein, die Seite regelmäßig zu besuchen. SELK.de befragte die Chefredakteurin von LuKi, Pastoralreferentin Dr. Andrea Grünhagen (3. von links), zu den Neuerungen.

LuKi

SELK.de: Andrea, als Chefredakteurin behältst du die LuKi-Homepage genau im Blick. Konntest du bereits beobachten, dass sich etwas verändert hat durch die Neugestaltung?


Grünhagen: Auf jeden Fall konnte ich dabei zusehen, wie die Zahl der Abonnementbestellungen auf diese Weise zugenommen hat, was außerordentlich erfreulich ist. Als wir es im vorigen Jahr unternommen haben, den bisher üblichen Sammelbezug durch Einzelabonnements zu ersetzen, hat das offensichtlich einige der möglichen Leser und Leserinnen vor die Frage gestellt, wie sie denn nun so etwas einzeln bestellen könnten. Und, das fand ich recht lustig, gerade nicht die etwas Älteren hatten das Problem, sondern diejenigen, die sonst alles digital regeln und nicht auf die Idee gekommen sind, dass man ja auch die im Impressum angegebene Telefonnummer anrufen könnte. Die neue Möglichkeit wird also jetzt gerne genutzt.

SELK.de: Da schließt sich gleich die Frage an, ob die Erweiterung des digitalen Angebots auch negative Reaktionen hervorgerufen hat?

Grünhagen: Na ja, im Grunde haben wir ja durch die ganzen Notwendigkeiten im Lockdown Eulen nach Athen getragen. Wer sowieso schon gefühlt pausenlos das ganze computergestützte christliche Angebot nutzt, hat wahrscheinlich nicht gerade auch noch auf uns gewartet. Das heißt aber nicht, dass sich deshalb jemand beschwert hätte. Zumal ja völlig klar ist, dass es die Druckausgabe weiter geben wird, einfach, weil alle sie lesen können und manche auch lieber so lesen wollen.

SELK.de: Und welchen Sinn macht es, dass man auch einzelne Ausgaben digital kaufen kann?

Grünhagen: Das trägt in dem bescheidenen Maße, das uns möglich ist, dazu bei, dass Leser und Leserinnen gezielt das erwerben können, was sie als Thema interessiert. Und dass sie es spontan per Mausklick tun können. Gerade die jüngere Zielgruppe ist es gewohnt, stärker auszuwählen und nichts nur zu konsumieren, weil es „doch von unserer Kirche“ ist.

SELK.de: Wie ist das überhaupt mit der Kirchlichkeit der LuKi? Wäre sie als Magazin eigentlich auch für Christen anderer Konfessionen interessant?

Grünhagen: Was die Themen als solche angeht, auf jeden Fall. Aber sie ist keine Verteilschrift, die so eine Art Schaufenster der SELK darstellt. Neulich las ich von einer anderen Kirche, in der innere Spannungen öffentlich eskalierten, was jemanden so sinngemäß zu dem Kommentar bewegte, dass manche Familien sich eben hinter verschlossenen Türen und manche lauthals im Garten streiten würden. Bei uns ist Letzteres der Fall. Es wird schon deutlich in der LuKi, dass auch die SELK ein gewisses Meinungsspektrum besitzt. Das ist ja schon allein in der Redaktion samt den uns unterstützenden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen so. Was allerdings feststeht und wofür ich persönlich stehe, ist, dass in der LuKi die theologischen Positionen der SELK vertreten werden, wie sie nach Schrift, Bekenntnis und den geltenden kirchlichen Ordnungen ausgewiesen sind. Außerdem ist die LuKi auch das offizielle Amtsblatt der SELK.

SELK.de: Was bedeutet das?

Grünhagen: Wir haben schon verwunderte bis verärgerte Reaktionen bekommen, weil besonders nach Kirchensynoden auf diesem Wege rechtsverbindlich Ordnungsänderungen und Wahlergebnisse mitgeteilt werden. Oder auch regelmäßig amtliche Bekanntmachungen zu Personen sowie zu Ordnungs- und Strukturänderungen zu lesen sind. Das liegt nicht daran, dass wir irgendwas brauchten, um die Seiten zu füllen, sondern weil jede Kirche ein offizielles Amtsblatt haben muss.

SELK.de: Was wird denn bei der neuen Homepage noch besonders gerne genutzt?

Grünhagen: Die digitalen Einzelausgaben sind auf jeden Fall eine große Freude und Erleichterung für Leser und Leserinnen aus unseren Schwester -und Partnerkirchen weltweit. Es hat auch, aber nicht nur, mit der Pandemie zu tun, dass in einigen Ländern dieser Erde nichts mehr auf dem Postweg zugestellt wird momentan. Ich hätte auch nicht gedacht, dass ich das mal erleben würde, dass wir im Kirchenbüro Briefe mit dem Stempel „Postzustellung eingestellt“ zurückbekommen würden. Da ist es natürlich viel einfacher, wenn jemand digitale Ausgaben kaufen kann. Das ist ja auch immer eine Möglichkeit in Kontakt zu bleiben oder aktuell zu lesen, was uns hier grade so beschäftigt. Dazu dient übrigens auch der Blog.

SELK.de: Der Blog stammt aus deiner Feder, oder?

Grünhagen: Ja. Was nicht heißt, dass nicht auch andere da mal was verfassen könnten. Deshalb heißt er ja auch einfach „LuKi-Blog“. Ich glaube, dieses sehr kleinteilige, lockere Format gefällt vielen ganz gut. Ich erzähle einfach, was mich bzw. uns so beschäftigt, worüber wir gerade reden oder was passiert. Meiner Wahrnehmung nach besteht meine Arbeit vor allem aus Kommunikation. Das bezieht eigentlich alle, die an der Entstehung der LuKi beteiligt sind, mit ein. Die Redaktion stellt nur deren Kern dar. Eigentlich ist jeder Text, jede Bildauswahl, jede Meldung oder Rezension ein mit vielen Personen abgestimmtes Produkt. An der Endgestalt einer Ausgabe arbeiten noch viel mehr Menschen mit, was zum Beispiel die Korrekturphase, das Layout, den Druck und den Versand angeht. Und mit allen stimme ich mich ab, bekomme Rückmeldungen und wir treffen gemeinsame Entscheidungen. Ich habe schon gelegentlich zu hören bekommen, wir seien ja so homogen in unserer Zusammensetzung. Um mit diesem Vorurteil aufzuräumen, will ich beim Blog demnächst mal so nach und nach alle vorstellen, die an der LuKi beteiligt sind.

SELK.de: Man darf also gespannt sein. Vielen Dank für das Gespräch.

Junge Erwachsene im Blick

SELK in Hessen-Süd startet Angebot

Die Synode des Kirchenbezirks Hessen-Süd der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) hat im Mai beschlossen, – zunächst zur Erprobung – ein Projekt auf den Weg zu bringen, durch das Junge Erwachsene erreicht werden sollen. Isabell Clermont (Grünberg) wurde mit der Projektleitung beauftragt. Für SELK.de hat sie sich für ein Interview zur Verfügung gestellt.

Isabell Clermont

SELK.de: Frau Clermont, Sie sind kürzlich von der Synode des Kirchenbezirks Hessen-Süd der SELK mit einer Gruppe junger Leute beauftragt worden, ein Bezirksangebot für Junge Erwachsene zu koordinieren, zu planen und durchzuführen. Wie kam es dazu?

Clermont: Dass Angebote für Junge Erwachsene in unserer Kirche eher eine Seltenheit darstellen, ist kein Geheimnis. Das erste Mal habe ich den Wunsch danach in einem Workshop auf einem Jugendfestival (JuFe) vor einigen Jahren gehört. Je älter ich wurde, desto häufiger hörte ich diesen Wunsch. „Wir sollten mal ein Oldie-JuMiG-Treffen machen!“ „Lass uns mal eine Freizeit für die Oldies machen!“ Auch in mir wurde der Wunsch immer stärker (gerade auch je näher mein Ausstieg aus der Jugendarbeit kam). Der eigene Wunsch an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen, förderte die Bereitschaft meinerseits, sich für ein solches Angebot einzusetzen.

Wirklich ausschlaggebend waren verschiedene Gespräche mit Bernhard Daniel Schütze, in denen wir über möglichen Strukturwandel unserer Gemeinde/unseres Bezirkes/unserer Kirche fantasierten, z.B. auf Bezirksebene hauptamtliche Mitarbeiter einzusetzen, die in immer kleiner werdenden Gemeinden Kinder-, Jugend-, und Junge Erwachsenen-Arbeit koordinieren könnten. Daraus entstand eine Wortmeldung auf der Bezirkssynode Hessen-Süd im Herbst 2020. Die Synode sah die Chance und steckte Bernhard Daniel Schütze, Jaira Hoffmann, Miriam Salzmann und mich in eine Arbeitsgruppe, um Möglichkeiten zu prüfen und auf der darauffolgenden Synode ein Konzept vorzulegen.

Relativ schnell war uns klar: wir wollen das Angebot und halten es trotz einiger Stolpersteine für gut durchführbar. Unser Konzept wurde vorgestellt und auf der Bezirkssynode Ende Mai 2021 mit großer Zustimmung beschlossen. Da ist es!


SELK.de: Warum ist Ihnen dieser Arbeitsbereich so wichtig, dass Sie sich an dieser Stelle engagieren?

LogoClermont: Ich glaube, der Arbeitsbereich Junge Erwachsene ist nicht wichtiger als der für Kinder, Jugend oder Senioren. Allerdings gibt es in den meisten Gemeinden häufig Angebote für Kinder, Jugendliche oder ältere Erwachsene. Das macht ihn so wichtig! Wir wollen mit unserem Angebot eine Lücke schließen, um unsere Kirche auch in diesem Bereich wieder neu aufleben zu lassen.

Zugleich weiß ich von mir selbst, aber auch von den mich umgebenden Jungen Erwachsenen, dass die Sehnsucht nach Austauschmöglichkeiten rund um den Glauben und auch der Wunsch nach Gemeinschaft im Glauben (und in der Kirche) bei vielen nicht abbricht.

Es gibt dann oft keinen Raum mehr, ungezwungen Fragen zu stellen. Für den Jugendkreis ist man zu alt, für den Seniorenkreis zu jung, und im Bibelkreis findet man keinen Anschluss, denn auch dort senkt man den Altersschnitt durch sein Beiwohnen. Hier wollen wir ansetzen.

Mir persönlich ist es wichtig, im Austausch zu bleiben. Ich genieße die Gemeinschaft mit anderen Christen, besonders mit anderen SELKies. Wir alle kommen an Belastungsgrenzen oder fragen nach dem Warum. Ich möchte mit diesem Angebot einen Raum für die Diskussion solcher Fragen schaffen, sodass wir alle – in gemeinsamem Gebet und Austausch – weiter im Glauben wachsen können.

Denn ich glaube mit Gott im Rücken lebt es sich einfach besser, und wenn wir es schaffen sollten, auch nur einem mit unserem Angebot Gemeinschaft im Glauben, Trost durch Gebet und Zuversicht schenken zu können, dann hat es sich gelohnt.


SELK.de: Erste Angebote sind schon angeplant. Können Sie uns schon einen kleinen Einblick geben, was an Veranstaltungen stattfinden wird?

Clermont: Da die Gruppe der Jungen Erwachsenen sehr heterogen ist – Schicht- und Wochenenddienste, Singles oder junge Familien, viel beschäftigt, wenig freie Kapazitäten, schlecht abzugrenzende Altersspanne – haben wir uns für zwei Formate entschieden.

Einmal im Monat sind alle Jungen Erwachsenen zu einem Online-Zoom-Call eingeladen, in dem wir gemeinsam ins Gespräch kommen möchten. Eröffnet wird die Veranstaltung durch eine Andacht und im Anschluss darf über die Andacht, die letzten fünf Jahre seit dem vergangenen Treffen oder die aktuellen politischen Themen diskutiert werden. Mit dieser Veranstaltung soll vor allem Gemeinschaft geschaffen werden, sodass man wahrnimmt: Ich bin mit meinem Glauben in einer Gemeinschaft. Und die Menschen sind auch noch richtig cool. Vielleicht fahren wir ja mal zusammen weg, z.B. zum nächsten SELK-Kirchentag ...

Das Schöne an Online-Veranstaltungen ist, dass wir zu diesen Treffen auch alle ehemaligen Hessen-Südler oder alle anderen Jungen Erwachsenen einladen können.

Darüber hinaus möchten wir in regelmäßigen Abständen auch Präsenztreffen veranstalten. Diese werden sich immer mit einem bestimmten Thema beschäftigen. Das nächste Treffen am 17. Juli wird in Oberursel stattfinden und sich mit dem Thema „Zukunft“ beschäftigen. Wir freuen uns, Prof. Dr. Christoph Barnbrock als Workshopleiter mit dabei zu haben.

Mit diesen beiden Formaten wollen wir starten. Mit welchen wir in fünf Jahren arbeiten, wird sich mit den Teilnehmenden entwickeln und auch von den mithelfenden Menschen abhängen. Ich könnte mir auch gut Freizeiten für junge Familien oder für junge Menschen ohne Kinder oder einen Chor vorstellen!


SELK.de: Welche Herausforderungen sehen Sie für die Junge-Erwachsenen-Arbeit? Welche Hindernisse müssen noch überwunden werden?

Clermont: Ich glaube, die größte Herausforderung ist es, ein passendes Angebot für diese heterogene Gruppe anzubieten. Der erste Schritt ist nun sicherlich, einen kleinen Teilnehmer-Stamm aufzubauen, mit dem das Angebot weiterläuft, um dann mit dem nötigen Feingefühl auf die Wünsche aus diesem Stamm eingehen zu können. Diesen Teil sehe ich persönlich aber als durchaus machbar.

Zugleich hat dieses Angebot keine übergeordneten Strukturen, die es unterstützen, wie es bspw. einen Hauptjugendpastor im Bereich der Jugendarbeit gibt. Ich wünsche mir sehr, dass das Angebot auch ohne uns vier als „Leithammel“ weiterlaufen kann, wenn wir mal durch familiäre Veränderungen oder jobbedingt das Angebot nicht aufrechterhalten können. Hier müsste sich ein gutes Nachrückerprogramm entwickeln.

Allen voran brauchen wir Teilnehmer. Bei dem Werben gilt es nun, Möglichkeiten zu finden, um auch die Jungen Erwachsenen zu erreichen, die nicht mehr regelmäßige Gottesdienstbesucher sind oder/und wegen fehlender Veranstaltungen in den Gemeinden nicht zu erreichen sind.


SELK.de: Was wünschen Sie sich von den Gemeinden, vom Kirchenbezirk und von der Gesamtkirche an Unterstützung?

Clermont: Zuallererst wünsche ich mir von allen Genannten die Begleitung unserer Arbeit in Gebet und Fürbitte.

Von den Gemeinden in Hessen-Süd wünschen wir uns insbesondere die Weitergabe von Informationen über unser neues Angebot an Junge Erwachsene, die daran Interesse haben könnten – auch, wenn diese womöglich nicht sonntäglich im Gottesdienst sitzen und die Abkündigungen hören mögen. Ebenso erhoffen wir uns offene Türen und Unterstützung für die Durchführung unserer Präsenztermine.

Wir haben uns bewusst dafür entschieden, das Angebot auf der Bezirksebene anzusiedeln, da ein Treffen auf Gemeindeebene vermutlich zu wenig Zulauf finden würde und wir so auch übergemeindliche Kontakte stärken und ausbauen können. Der Kirchenbezirk Hessen-Süd hat dort hineinwirkend schon einiges getan: Arbeitsgruppe gebildet, den Posten für die Bezirksbeauftragung geschaffen und besetzt. Dafür bin ich sehr dankbar!

Weiterhin sehe ich es als die Aufgabe des Bezirkes, die Vorhaben dieser Gruppe unterstützend voranzutreiben, zugleich dieser ehrenamtlichen Arbeit wertschätzend zu begegnen und das neue Angebot als gemeinsames Angebot – und nicht nur als „Privatvergnügen“ Einzelner – wahrzunehmen.

Ich persönlich wünsche mir von der Gesamtkirche, dass wir – die Jungen Erwachsenen – wahrgenommen werden und Möglichkeiten, uns zu beteiligen und einzubringen, bewusst ausgelotet und/oder ausgeweitet werden. Dies könnte bei Terminen, an denen auch junge Arbeitnehmer problemlos teilnehmen können, beginnen, sollte bei entsprechenden Angeboten auf Kirchentagen sowie in den Bezirken etc. weitergehen und könnte sich in einer noch stärkeren und bewussten Berücksichtigung Junger Erwachsener bei der Besetzung von Kommissionen und Arbeitsgruppen niederschlagen.

Ich wünsche mir, dass Projekte und Ideen in der Gesamtkirche besser bekannt gemacht werden (Stichwort: Vernetzung/Digitalisierung). So könnte etwa unsere Idee für Junge Erwachsene in anderen Bezirken aufgegriffen werden oder es gibt woanders bereits gute Vorhaben, die wir übernehmen könnten.

Ich träume vorsichtig von einer flexiblen Kirche, in der wir gerade auf Bezirksebene Ressourcen der einzelnen Gemeinden gemeinsam nutzen; in der wir durch dafür passende Strukturen im Haupt- oder Nebenamt fröhliche, gesund ausgelastete Mitarbeiter haben; in der wir alte eingefahrene Wege verlassen, um neue und das darin liegende Potenzial zu entdecken. Wie können wir unsere Kirche gestalten?

Gerne wäre ich auch einfach mal nur Teilnehmer und nicht gleich der Veranstalter. Wenn ich das Angebot, an dem ich teilnehmen möchte, erst selbst ins Leben rufen muss – macht uns das attraktiv?


SELK.de: Vielen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen Gottes Segen – beruflich, persönlich, ehrenamtlich!

Zurück im Dienst

Christian Utpatel arbeitet wieder als Gemeindepfarrer

Seit dem 1. Juni 2021 ist Pfarrer Christian Utpatel wieder im hauptamtlichen Dienst der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) tätig und arbeitet – auf eigenen Wunsch zunächst in einem Teildienstverhältnis – im Pfarrbezirk Homberg (Efze)/Berge-Unshausen/Melsungen/Schlierbach. Nachdem er zuvor zehn Jahre als Hauptjugendpastor der SELK tätig gewesen war, ist Utpatel 2007 aus dem hauptamtlichen Dienst ausgeschieden, um sich beruflich anders zu orientieren. Die Rückkehr in den Dienst nahm das Team von selk.de zum Anlass für ein Interview.

Christian Utpatel
 
SELK.de: Herr Pfarrer Utpatel, Sie sind mit dem 1. Juni nach mehr als 13 Jahren zurückgekehrt in den hauptamtlichen Dienst der SELK. Zum 31.10.2007 waren Sie nach 10-jähriger Amtszeit als Hauptjugendpastor ausgeschieden. Was haben Sie seitdem beruflich gemacht?


Utpatel: Ich war zunächst Mitgesellschafter eines Bus- und Reiseunternehmens in Kassel. Dort wurden vor allem Klassenfahrten und Jugendreisen gemacht. Das war eine interessante Zeit, sozusagen meine Umschulung vom Pfarrer zum Geschäftsmann. Nach zwei Jahren habe ich dann ein eigenes Unternehmen gegründet, die Terra Lu Travel & Consult GmbH. Wir organisieren Reisen für Gruppen, die aus dem Ausland nach Europa kommen, vorwiegend aus Nordamerika und Australien. Wir arbeiten für Reiseveranstalter, deren Kunden oftmals Kirchengemeinden sind, die auf den Spuren der Reformation durch „Terra Lutherana“ reisen wollen. Aber daneben gibt es auch Freizeit- und Kulturreisen. Da gehören dann auch Städte wie Prag, Salzburg und Florenz sowie Schloss Neuschwanstein und das Hofbräuhaus zu den Zielen.

SELK.de: Was war der Anlass dafür, jetzt wieder in den hauptamtlichen Dienst zurückzukehren?

Utpatel: Es war ein Fülle von Gesprächen und Ereignissen. Ich bin ja nie wirklich weit weg gewesen. Zu vielen Reisen meiner Firma gehören Gottesdienste und Andachten. Rund ums Reformationsjubiläum haben wir sieben „Luther500 Festivals“ durchgeführt und werden auch 2022 eines in Wittenberg und Worms machen. Ich habe meine Firma immer auch als eine Form von Verkündigung gesehen. In den letzten Monaten kamen persönliche Erlebnisse dazu. Einmal war ich auf einer USA-Reise bei einer katholischen Gemeinde zu Besuch, und der Pfarrer dort hat mich sehr inspiriert. Später waren es Gespräche mit Freunden. Als im Herbst die Gemeinden Homberg und Schlierbach vakant wurden, richteten sich die Augen auf mich. Und dieses Mal habe ich mich auf Gespräche eingelassen. Beim Bischof und der Kirchenleitung traf ich auf offene Arme. Gerade jetzt, nach Corona, braucht unsere Gesellschaft stabile Kirchengemeinden. Außerdem war mir bewusst, dass ich in einem Alter bin, wo ein beruflicher Neubeginn gerade noch möglich ist. Ich hatte immer tiefen Respekt vor den Aufgaben eines Gemeindepfarrers. Woche um Woche die Menschen zu begleiten ist eine große Herausforderung. Aber am Ende kam alles so zusammen, dass ich sagen konnte: So soll es nun sein. Jemand sagte: „Endlich bist du angekommen!“

SELK.de: Zunächst geschieht Ihr Dienst für anderthalb Jahre in einem Teildienstverhältnis („halbe Stelle“): Warum?

Utpatel: Mein Unternehmen hat noch weitreichende Reiseprojekte unter Vertrag, vor allem 2022 rund um die Passionsspiele in Oberammergau. Das wird ein ganz wichtiges Jahr für den Tourismus in Deutschland, besonders nach der monatelangen Pause. Ich habe ein großartiges Team, das diese Reisen plant und durchführt, aber ich werde auch noch im Tagesgeschäft dabei sein. Deswegen erstmal nur eine halbe Stelle im Pfarramt. Das Gute ist, dass der Firmensitz in Homberg nur eine Straße von der Kirche entfernt ist – hier in der romantischen Altstadt können wir alles ganz einfach miteinander verbinden.

SELK.de: Sie sind im seit Langem heimischen Pfarrbezirk tätig – ein Heimspiel, sozusagen, aber auch eine besondere Situation. Wie erleben Sie diese Konstellation?

Utpatel: Pfarrer zu sein ist nochmal etwas ganz anderes. Schon kurz nachdem die Entscheidung öffentlich wurde, habe ich gespürt, dass man mir eine neue Rolle gibt. Natürlich kennen viele Gemeindeglieder mich seit vielen Jahren. Aber die wirklich ernsthaften Gespräche, das, was man nur bei geschlossener Wohnzimmertür bespricht, ist nochmal wie ein neues Kennenlernen. Und damit ging es schon sofort los. Ich bin getragen von einer großen Welle der Sympathie und des Vertrauens. Da ich Stadtverordneter war und nun meine politischen Ämter niedergelegt habe, hat mein beruflicher Wechsel auch im Städtchen für Aufmerksamkeit gesorgt. Menschen auch aus dem Rand der Gemeinde sowie aus der Ökumene haben ihre Freude über diesen Wechsel ausgedrückt. Nun bin ich Pfarrer in der Reformationsstadt Hessens und sehe alles aus einer ganz neuen Perspektive.

SELK.de: Sie haben auch in der Zwischenzeit als aktives Kirchglied und Kirchenvorsteher Ihrer Gemeinde kirchliches Leben wahrgenommen und gestaltet. Worin sehen Sie die Hauptherausforderungen für die SELK in dieser Zeit?

Utpatel: Es steht mir nicht zu, „der SELK“ irgendwelche Ratschläge zu geben. Aber die Schäden der Coronabekämpfung sind immens, für die Gemeinden und die gesamte Gesellschaft. Das ganze Ausmaß wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Es ist eine große Herausforderung für alle Kirchen, und natürlich auch für die SELK, wieder Vertrauen zwischen den Menschen zu schaffen. Wir werden große Mühe haben, wenigstens wieder die Kerngemeinde zu aktivieren und alle Gemeindekreise und Chöre neu zu starten. Zugleich leben wir in einer verängstigten Gesellschaft, denn von diesen Schäden ist die ganze Geschäftswelt, jede Schule und jeder Verein betroffen. Der Bischof sprach mal von einer Reha-Phase, wie nach einer schweren Krankheit. Das ist ein gutes Bild. Wir müssen da sein, zuhören, Geduld haben, neue Ideen entwickeln. Bis wir wieder Schulter an Schulter in der Kirchenbank sitzen, bis wir wieder aus voller Kehle singen, bis wir es uns wieder trauen, aus einem Kelch zu trinken, wird es ein langer Weg sein. Ich hoffe, dass unsere Gemeinden für die Menschen wie ein sicherer Hafen sein können.

SELK.de: Zum Schluss noch eine eher persönlich-geistliche Frage: Haben Sie ein Bibelwort, das besonders mit Ihnen geht?

Utpatel: Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch unsere Biografien noch das, worunter wir leiden oder worüber wir uns freuen, noch das, was uns in unserem Leben durcheinander bringt, und auch kein Virus – nichts, aber auch gar nichts uns trennen kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn. (Römer 8, 38 + 39 – mit Einschüben)

SELK.de: Vielen Dank für das Interview und Gottes Segen für Ihren Dienst und für Sie persönlich!

SELKiade-Sommer

Eine coronagerechte Alternative

Die SELKiade, das große bundesweite Spiel- und Sportevent des Jugendwerks der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) muss – wie im Vorjahr – auch in diesem Jahr coronabedingt ausfallen. Aber die Verantwortlichen haben eine Alternative geschaffen. Bezirksjugendpastor Johannes Heicke (Schwenningdorf) stellt sie vor.

SELKiade

Die SELKiade ist das größte Jugendtreffen der SELK. Alle vier Jahre treffen sich rund 500 Jugendliche aus ganz Deutschland, um in sportlichen, geistreichen oder einfach witzigen Disziplinen miteinander und gegeneinander anzutreten. In kleinen Wettkämpfen lernen sich die Jugendkreise oder Einzelkämpfer besser kennen und bestehen auch die größten Herausforderungen. So gilt es, aus Knete einen Eifelturm zu basteln, nur mit den Zähnen Äpfel aus einem Wasserbecken zu fischen oder einen Hindernisparcours mit einem Bobbycar zu überwinden. Leider konnte diese Großveranstaltungen im vorigen Jahr coronabedingt nicht stattfinden, und auch in diesem Jahr sind große Ansammlungen von Menschen noch nicht zu realisieren.

Johannes HeickeMit dem SELKiade-Sommer wurde nun eine Alternative geschaffen. Als Jugendkreis, als Freunde, als Familie, als Hauskreis oder als Seniorenkreis, gerne auch mit mehreren Teams aus einer Gemeinde, treten Teilnehmerinnen und Teilnehmer in einzelnen kleinen Wettkämpfen in ihren jeweiligen Heimatorten gegeneinander an. Dazu wird an jedes angemeldete Team im Sommer eine Spielekiste mit sämtlichen Utensilien verschickt, sodass die Wettkämpfer bei gutem Wetter draußen gleich mit den Spielen starten können. Die Spiele nehmen circa drei Stunden in Anspruch, können aber auch auf mehrere Treffen verteilt werden. Dazu kommt eine 20-minütige Andacht. Eine gemeinsame Mahlzeit und weitere Aktivitäten stehen den Teilnehmenden zur eigenen Planung frei. Der einzig anfallende Aufwand ist somit, das erklärende Begleitschreiben zu lesen und gegebenenfalls die Videos für die Andacht herunterzuladen. Die Spiele funktionieren ab vier Personen, spätestens ab zwölf ist die Aufteilung in zwei Teams sinnvoll.

Die Anmeldung ist ab sofort über selkia.de möglich, Anmeldeschluss ist der 23. Mai 2021. Ein kleiner Teilnehmerbeitrag von 15 Euro pro Team deckt die nötigen Kosten. Dort gibt es unter „FAQ“ auch weitere Informationen. Der Spielzeitraum umfasst ganze sechs Wochen, vom 1. Juni bis zum 17. Juli 2021, in denen gespielt werden kann. Die Ergebnisse der Wettkämpfe werden bei einem gemeinsamen digitalen Live-Event am 7. August bekannt gegeben. „Durch den langen Zeitraum, in dem gespielt werden kann, und die verhältnismäßig kleinen Teams hoffen wir sehr, dass eine Durchführung an den einzelnen Orten für alle möglich sein wird. Wir freuen uns auf Eure Anmeldungen!", kommentiert Lea Milde, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit des SELKiade-Sommers.

Luther auf dem Reichstag in Worms


Vor 500 Jahren – am 17./18. April 1521 – kam es zu dem reformationsgeschichtlich bedeutenden Auftritt Martin Luthers auf dem Reichstag zu Worms. Dr. Andrea Grünhagen, Pastoralreferentin und Referentin für Theologie und Kirche im Kirchenbüro der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) in Hannover, hat dieses Jubiläum in einem Beitrag im Feste-Burg-Andachtsbuch aufgegriffen. Im Folgen dokumentiert selk.de diesen Text.

Luther in Worms

Luther in Worms: Wer hat da nicht wie ein großes Gemälde das Bild vor Augen, wie der arme Mönch sich vor „Kaiser und Reich“ behauptet? Überhaupt erscheint das Leben des Reformators ja wie eine Abfolge eindrücklicher Szenen und jede davon hat, je nach persönlicher Vorliebe allerdings, auf gewisse Weise Vorbildcharakter. Humorvoll könnte man sagen: Also denken nun die einen, Lutheraner müssten singen wie Luther oder heiraten wie Luther oder, so die anderen, eben eine Haltung an den Tag legen wie Luther in Worms: als der bildgewordene Widerspruch sozusagen.

Dabei ging es historisch nicht um einen Widerspruch, als habe Luther sich berufen gefühlt, dem Kaiser mal gehörig die Meinung zu sagen, sondern es war umgekehrt.

Andrea GrünhagenDer junge Karl V hatte im Januar 1521 den Reichstag eröffnet. Es ging um verschiedenste Probleme, das Hl. Römische Reich deutscher Nation betreffend. Um die „Streitfrage Luther“ ging es ursprünglich nicht. Die kam auf Drängen von Luthers Landesherrn, Friedrich dem Weisen, auf die Tagesordnung. Luther hatte gedacht, er dürfte sich auf dem Reichstag verteidigen und seine Lehre vortragen. Freies Geleit war im zugesichert worden. Aber als er dann am 17. April vor der hohen Versammlung steht, geht es nur um die Frage, ob er seine Lehre, seine Schriften widerruft oder nicht. Keine Diskussion. Ja oder Nein. Nach einem Tag Bedenkzeit gibt er seine berühmte Erklärung ab, die mit den Worten endet: „Werde ich nicht durch Zeugnisse der Schrift oder durch klare Vernunftgründe überwunden, denn ich glaube weder dem Papst noch den Konzilien allein, da es am Tage ist, dass sie des Öfteren geirrt und sich selbst widersprochen haben –, so bleibe ich überwunden durch die von mir angeführten Stellen der Schrift und mein Gewissen gefangen durch Gottes Wort. Widerrufen kann und will ich nicht, denn es ist weder sicher noch heilsam, gegen das Gewissen zu handeln. Gott helfe mir, Amen.“ Das hat er also gesagt. „Hier stehe ich …“ ist eine sehr freie Nachdichtung. Es geht auch nicht darum, warum jemand vielleicht meint, nicht anders zu können, sondern es geht um das durch Gottes Wort überwundene Gewissen. Und diese Warnung, nur ja nicht gegen dieses durch die Heilige Schrift gebundene Gewissen zu handeln, muss jeder für sich allein hören und beherzigen. So wie Luther das ganz allein für sich durchkämpfen musste vor Kaiser und Reich.



Gemälde: Anton Werner (1843-1915), Luther auf dem Reichstag zu Worms, 1877
Herzlichen Dank an die Staatsgalerie Stuttgart für das Foto.

 

Als Rektor am Wilke-Stift


Pfarrer Markus Müller im Interview

Seit dem 1. Januar 2019 ist Markus Müller (53), Pfarrer der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), als Rektor des Naëmi-Wilke-Stiftes Guben tätig. Vorher war er Gemeindepfarrer in den Pfarrbezirken Celle/Lachendorf und Hermannsburg (Große Kreuzgemeinde), von 2003 bis 2010 zudem nebenamtlich Superintendent des Kirchenbezirks Niedersachsen-Süd. Für selk.de beantwortete er Fragen zu seinem jetzigen Tätigkeitsfeld.

Wilke Stift

SELK.de: Herr Pfarrer Müller, seit gut zwei Jahren sind Sie Rektor des Gubener Naëmi-Wilke-Stifts, der größten diakonischen Einrichtung der SELK. Vorher waren Sie Gemeindepfarrer. Wie groß war am Anfang die Umstellung und was waren besondere Herausforderungen?

Müller: Neu waren zunächst ganz alltägliche Abläufe. Dienstbeginn ist um 7.00 Uhr mit einer Andacht, in der wir u.a. für die Geburtstagskinder des Tages, das Stift als Ganzes, seine Patienten und Klienten beten. Diese Andacht schätze ich sehr, das frühe Aufstehen weniger.

Ein großer Unterschied zum Pfarramt ist z.B., dass sich in der Kirchengemeinde Gemeindeglieder freiwillig in ihrer Freizeit für das Reich Gottes einsetzen. Im Stift haben wir Mitarbeitende, die mit großer Überzeugung in ihrem Arbeitsfeld wirken. Dennoch stehen sie in einem Dienstverhältnis. Die Mitarbeitenden haben Rechte und Pflichten, die habe ich als Rektor zu kennen und zu beachten. Dies beschreibt außerdem eine veränderte Rolle. Als Pfarrer habe ich mich in der Gemeinde als Mitbruder und Gemeindeglied verstanden. Im Naëmi-Wilke-Stift ist der Rektor Vorsitzender des Vorstands. Er ist damit Vorgesetzter und trägt Verantwortung für die Geschäftsführung. Dieser Rollenwechsel ist im Alltag von großer Bedeutung. Außerdem galt es, sich in die besonderen Grundlagen der unterschiedlichen Wirkungsfelder des Stifts einzuarbeiten. Das Spektrum ist breit, von den gesetzlichen Grundlagen einer Kita über das Beschwerdemanagement im Krankenhaus, von Budgetverhandlungen für eine Erziehungsberatungsstelle bis hin zu Ethikunterricht in unserer Schule für Gesundheits- und Krankenpflegehilfe. Jede Woche lerne ich absolut Neues kennen. Gleichzeitig bin ich aber auch im Stift Pfarrer, Theologe und Seelsorger geblieben. Es bieten sich jede Woche viele Anlässe, geistliche Impulse zu setzen oder mich im Gespräch mit Mitarbeitenden, Patienten, Angehörigen oder auf Ämtern seelsorgerlich einzubringen.

SELK.de: In der Presse ist immer wieder von Kostendruck im Gesundheitswesen zu lesen. Das gilt sicherlich auch für das Naëmi-Wilke-Stift. Gleichzeitig befindet sich die Einrichtung in einem der säkularisiertesten Landstriche Deutschlands. Wie kann es unter solchen Rahmenbedingungen gelingen, der Arbeit ein christliches Profil zu geben?

Naemi-Wilke-StiftMüller: Im Blick auf den Kostendruck geht es dem Naëmi-Wilke-Stift tatsächlich nicht anders als anderen diakonischen Einrichtungen. Wir müssen mit dem auskommen, was in den Verhandlungen mit Krankenkassen und anderen Kostenträgern vereinbart wurde oder gesetzlich geregelt ist. Für uns gibt es auch keine kirchlichen Zuschüsse. Dennoch wollen wir als kirchliches Haus erkennbar sein. Patienten merken schon, ob ihre Behandlung rein gewinnoptimierend verläuft oder ob menschliche Kriterien auch eine Rolle spielen. Leider wird das von unserer aktuellen Gesundheitspolitik nicht unterstützt. Hier müsste ein politisches Umdenken erfolgen.

Als Stift versuchen wir dennoch auf vielfältige Weise Akzente zu setzen, etwa, um zunächst nur ein Beispiel zu nennen, in dem wir ein Ehe- und Lebensberatungsangebot aus eigenen Mitteln finanzieren.

SELK.de: Das Naëmi-Wilke-Stift war immer auch mit dem Gubener Diakonissenmutterhaus verknüpft. Diakonissen gibt es in Guben derzeit nicht mehr. Was kann das Stift und was können wir als Kirche gleichwohl aus dem Erbe der Diakonissenbewegung für Gegenwart und Zukunft mitnehmen?

Müller: Unsere Diakonissen lebten nach den Werten, die von Pfarrer Theodor Fliedner, Kaiserswerth, geprägt waren. Auch heute noch engagiert sich das Stift im Kaiserswertherverband (KWV). Viele Mitgliedshäuser des KWV nehmen eine ähnliche Entwicklung wie Guben. Die Diakonissen alter Prägung haben kaum Nachwuchs. Es gibt neue Ansätze, diakonische Gemeinschaften zu fördern oder das Selbstverständnis der Diakonisse neu zu interpretieren.

Was uns im Stift seit mehr als 140 Jahren antreibt, ist auch der Wille, diakonische Bildung an die Mitarbeitenden weiterzugeben. Diakonische Bildung war ein wichtiger Bestandteil des täglichen Dienstes der Diakonissen. Heute sind viele Mitarbeitende ohne christliche Wurzeln. Wir wollen niemanden zur Teilnahme an Gottesdiensten, Andachten oder Bibelstunden vergattern. Aber wir machen Angebote, um sich auf freiwilliger Basis mit den Grundlagen des christlichen Glaubens und unserer diakonischen Grundwerte zu beschäftigen. Bei Einführungstagen für neue Mitarbeitende führen wir in die Grundwerte ein, stellen sie im Schulunterricht vor, bieten diakonische Grundlagenkurse und Begegnungswochenenden an. Zukünftig wollen wir die Vorstellung und den Austausch über diakonische Grundwerte auch in der Fortbildung von Führungskräften und Ärzten berücksichtigen.

Nicht zu unterschätzen ist die christliche geprägte Gestaltung von Räumen und Zimmern, z.B. durch christliche Symbole wie das Kreuz des Stifts. Wichtig bleiben Gottesdienste und Andachten, die für Patienten, Besucher und Mitarbeitende erlebbar und begreifbar sind. Sie haben eine Wirkung, auch wenn nur wenige teilnehmen. Sie werden dennoch von vielen wahrgenommen.

SELK.de: Seit letztem Jahr bestimmt die Corona-Pandemie das Leben in Deutschland – für das Stift und für Ihre Arbeit als Rektor gilt das sicherlich noch einmal in besonderer Weise. Was haben Sie im letzten Jahr als beschwerlich erlebt und was haben Sie vielleicht auch an Ermutigendem wahrnehmen können?

Müller: Die Corona-Pandemie hat auch im Stift alle Lebensbereich durcheinandergebracht. Beschwerlich waren die sich ständig verändernden Voraussetzungen, die von außen an uns herangetragen wurden und dann sehr schnell, ohne dass dafür genaue Vorgaben existierten, umgesetzt werden mussten. Das hat Mitarbeitende aber auch Patienten und Klienten stark beansprucht. Das Verständnis für die angeordneten Maßnahmen musste im Laufe der Zeit bei den Betroffenen wachsen. Das sorgte hier und da für belastende Diskussionen innerhalb der Abteilungen. Ermutigend war das Miteinander von Mitarbeitenden und Führungskräften, die sich gemeinsam für das Stift einsetzten. Zu Beginn der Pandemie haben wir Führungskräfte mehrmals in der Woche zu gemeinsamen Lagebesprechungen eingeladen. So konnte ein neues Miteinander und ein abteilungsübergreifendes Denken vertieft werden.

SELK.de: Zum Schluss: Was wünscht sich der Rektor des Naëmi-Wilke-Stifts von seiner Kirche für seine Arbeit und die vielfältigen Arbeitsbereiche des Stifts?

Müller: Wir sind im Stift, aber auch in der örtlichen SELK-Gemeinde Des Guten Hirten immer sehr dankbar, wenn sich Fachkräfte aus der SELK bewusst im Stift bewerben und bereit sind, mit ihren Gaben und Fähigkeiten, aber auch als Christin oder Christ hier in Guben zu wirken.

Für unsere Kirche wünsche ich mir das Bewusstsein, dass diakonische Arbeit nicht nur auf ehrenamtliches Engagement in Kirchengemeinden beschränkt ist. Ich wünsche mir eine gute Verzahnung von ehrenamtlicher und hauptamtlicher Diakonie. Aus meiner Erfahrung weiß ich zwar, dass die Themen, die Fachleute aus diakonischen Einrichtungen vertreten, Gemeindegliedern manchmal eher fern erscheinen. Sie sind es aber dennoch wert, in der Gemeinde diskutiert zu werden. Ich habe den Eindruck, das gelingt gut beim Thema „Geflüchtete“ aufgrund vieler persönlicher Kontakte. Aktuell könnten wir auch über das Thema: „Wie wollen wir sterben?“ diskutieren oder über das Thema „Armut und Existenzsicherung“ oder die sozialen Folgen des Klimawandels oder des Lieferkettengesetzes.

Für unsere Kirche ist es meines Erachtens wichtig, dass sie auch zukünftig Ihre Verantwortung in der Seelsorge an Patienten, Mitarbeitenden und Kindern im Stift sieht und wahrnimmt und darum weiter für die Seelsorge im Krankenhaus und Stift sorgt. Darüber hinaus ist es auch für unsere Kirche gut, eine diakonische Einrichtung in ihrer Mitte zu haben und die entsprechenden Kompetenzen zu nutzen.
Ich wünsche mir darum weiterhin ein segensreiches Miteinander von Kirche und Diakonie.

SELK.de: Vielen Dank für dieses Interview und herzliche Segenswünsche für Ihren weiteren Dienst in Guben.

Neues Lektionar in Gebrauch genommen


In den Gottesdiensten zu Ostern ist in vielen Gemeinden das neue Lektionar der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), das die gottesdienstlichen Lesungen für die einzelnen Sonn- und Festtage enthält, in den gottesdienstlichen Gebrauch genommen worden. Dies geschah auch – und dort zugleich für die Gesamtkirche – im Festgottesdienst der Gemeinde Dreihausen, den Bischof Hans-Jörg Voigt D.D. (Hannover) leitete, der auch die Einführung vornahm. In dem im Freimund-Verlag (Neuendettelsau) erschienenen Lektionar sind nun die kirchlichen Entscheidungen der SELK zur neuen gottesdienstlichen Leseordnung (https://selk.de/index.php/lesungen) umgesetzt worden. selk.de stellt die Veröffentlichung näher vor.

Lektionar

Wer das neue Lektionar aufschlägt, stellt fest, dass es sich in der Optik am bisher in der SELK gebräuchlichen Lektionar der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche (VELKD) orientiert. Vieles bleibt also vertraut. Im Volltext abgedruckt sind der Spruch der Woche beziehungsweise des Tages, die Alttestamentliche Lesung, die Epistellesung und die Evangelienlesung sowie – soweit vorgesehen – der Hallelujavers. Die Texte werden im Regelfall nach der revidierten Lutherübersetzung aus dem Jahr 2017 wiedergegeben, gelegentlich nach der Revision aus dem Jahr 1984. Darüber hinaus enthält das neue Lektionar Hinweise zu möglichen Predigttexten.

Beim Abdruck der Lesungen fällt auf, dass sie nicht mehr im Blocksatz wiedergegeben sind, sondern in sogenannten Sinnzeilen. Dabei bietet das neue Lektionar der SELK gegenüber dem neuen Lektionar aus dem Raum der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) noch einmal ein vereinfachtes Sinnzeilen-Modell.

Lektionar

Bei den nicht eingerückten Zeilen (im Bild grün markiert) beginnt jeweils ein Sinnabschnitt. Die eingerückten Zeilen (im Bild blau markiert) gehören jeweils zu dem so begonnenen Sinnabschnitt. Für das Lesen bedeutet das: Ein solcher Sinnabschnitt sollte möglichst zusammenhängend gelesen werden kann, bevor mit der nächsten nicht eingerückten Zeile ein neuer Sinnabschnitt beginnt.

Größere Abschnitte werden durch einen senkrechten roten Strich markiert.

Lektionar

Hier kann der Lektor oder die Lektorin eine kurze Pause einlegen.

Am Schluss der Angaben zu jedem Sonn-/Festtag finden sich Informationen zu möglichen Predigttexten und weiteren Texten, die diesem Sonntag zugeordnet sind. Dabei handelt es sich einmal um die sechs Predigtreihen (I-VI), die im Bereich der EKD in Geltung stehen und an denen sich die Gemeinden der SELK üblicherweise orientieren.

Daneben finden sich auch Informationen zu den Evangeliumslesungen aus den drei Lesereihen, wie sie zum Beispiel in der nordamerikanischen Lutheran Church–Missouri Synod, der größten Schwesterkirche in Geltung stehen. Denkbar wäre damit zum Beispiel, dass Prediger für ein Kirchenjahr einmal die Predigten an einer dieser Lesereihen ausrichten und damit einem Evangelisten durch sein Evangelium folgen. Da ein solches Lesungsmodell mit drei Lesereihen auch in der römisch-katholischen Kirche in Geltung steht, ergeben sich hier nicht nur innerlutherische, sondern auch ökumenische Verbindungslinien.

Abgeschlossen werden die Angaben der Predigttexte mit Bibelstellen, die das neue Lektionar im Raum der EKD dem entsprechenden Sonn-/Feiertag zuordnet.

Lektionar

Weiterhin sind im Lektionar die Passions- und Ostererzählungen nach den vier Evangelien enthalten. Abgeschlossen wird es durch ein umfangreiches Bibelstellenregister.

Das Lektionar ist im Freimund-Verlag Neuendettelsau erschienen und lässt sich im Buchhandel oder direkt über https://webshop.freimund-verlag.de/produkt/lektionar zum Preis von 47,50 Euro bestellen.

Liebe zum Gottesdienst


Über die Liturgische Konferenz

Pfarrer Peter Matthias Kiehl, Pfarrer im Pfarrbezirk Darmstadt/Reichelsheim der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), arbeitet seit 25 Jahren in der evangelischen „Liturgischen Konferenz“ mit. Für selk.de beantworte er Fragen über diese Einrichtung und seine Mitarbeit.

Liturgische Konferenz

SELK.de: Pfarrer Kiehl, Sie arbeiten nebenamtlich für die SELK in der „Liturgischen Konferenz“ (LK) mit. Was ist das für ein Gremium? Wie kommen Sie dazu, dort tätig zu sein? Und wie lange engagieren Sie sich an dieser Stelle schon?

Kiehl: Die Liturgische Konferenz bearbeitet grundlegende Fragen des evangelischen Gottesdienstes in Arbeitsausschüssen und liturgischen Fachtagungen. Sie veröffentlicht ihre Ergebnisse mit dem Ziel, das gottesdienstliche Leben in evangelischen Kirchen im deutschsprachigen Raum zu fördern. In ihr sind nicht nur die Landeskirchen im Bereich der EKD vertreten, sondern auch Vertreter aus Österreich und der Schweiz. Hinzu kommen Liturgiker aus weiteren Kirchen und Vereinigungen, etwa aus der Evangelischen Michaelsbruderschaft, der Hochkirchlichen Vereinigung, der Altkatholischen Kirche, der römisch-katholische Kirche (im Gaststatus) – und eben auch der Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche; schließlich einzelne liturgische und hymnologische Experten.

Mittlerweile bin ich seit 25 Jahren Mitglied der LK. In mehreren Arbeitsausschüssen konnte ich mich einbringen: etwa „Osternacht“, „Perikopenreform“, „Liturgische Dramaturgie“, „Tagzeitengebet“.

SELK.de: Was ist für Sie der Grund, dass Sie so lange schon - offensichtlich auch gerne - in diesem Kreis aktiv sind?

Kiehl: In der LK wird man Mitglied durch persönliche Berufung. Das ging bei mir damals so, dass ich nach dem Tod von Ralph Bente als dessen Nachfolger zur Leitung der Liturgischen Kommission der SELK bestimmt wurde. Daraufhin hat die Kirchenleitung mich als Vertreter der SELK zur Berufung durch den Vorstand der LK vorgeschlagen.

Der inhaltliche Grund ist meine Liebe zum Gottesdienst und die Fragen um dessen theologischer und geistlicher Durchdringung sowie einer zeitgemäße Feiergestalt. Dabei versuche ich den theologischen Ansatz und die Tradition der SELK im Dialog mit anderen lutherischen, unierten, katholischen Kollegen ins Gespräch zu bringen. Zugleich ist mir immer wichtig gewesen, aus der Ökumene zu lernen und diesen Dialog in die eigene Kirche einzubringen.

Schließlich macht mir dir akademische Arbeit Freude, und ich hatte dabei das Privileg, in der LK mit bedeutenden Persönlichkeiten der evangelischen Theologie zusammenarbeiten zu dürfen. Besonders nenne ich Prof. Dr. Meyer-Blanck, Prof. Dr. Klaus Raschzok und Prof. Dr. Helmut Schwier.

SELK.de: In den vielen Jahren, in denen Sie nun schon in der LK mitarbeiten, hat sich sicherlich auch einiges geändert. Was waren für Sie die deutlichsten Veränderungen?

Kiehl: Die deutlichste Veränderung war im Jahr 2002 die Neuausrichtung der Konferenz zu einer „evangelischen“ Institution. Das wirkte sich darin aus, dass die LK organisatorisch näher an die EKD heranrückte, und in der Umbenennung: der bisherige Name „Lutherische Liturgische Konferenz Deutschlands“ (LLKD) wurde abgelegt. Zugleich wurde die Aufgabe der LK im Gegenüber zu den Liturgischen Ausschüssen der Kirchen im Sinn einer Arbeitsteilung neu beschrieben: die LK kümmert sich um Grundsatzfragen, akademische Diskussion und Publikationen. Die liturgischen Ausschüsse der (landes-) Kirchen erstellen praktische Vorlagen, Agenden und Gesangbücher.

SELK.de: Die LK hat sich bei ihrer jüngsten Plenartagung auch mit Gottesdiensten während der Corona-Pandemie befasst. Was ist für Sie in diesem Zusammenhang besonders erkennbar, vielleicht sogar wichtig geworden?

Kiehl: Im letzten Jahr wurden zahllose Gottesdienste und gottesdienstliche Formate über das Internet verbreitet. Und es sieht danach aus, dass dies auch „nach Corona“ eine wesentliche Rolle spielen wird. Vieles wurde auf diesem Gebiet geleistet und konnte Segen entfalten. Andererseits wurde klar, dass all die digital übermittelten Gottesdienste die Feier in und mit der leiblich präsenten Gemeinde nicht ersetzen können. Die theologische Reflexion darüber fängt gerade erst an.

In den Diskussionsbeiträgen bei der Plenartagung wurde etwa erkennbar, dass das Verständnis des Gottesdienstes im deutschen Protestantismus sich an einigen Punkten von dem der SELK unterscheidet. So scheint die Leiblichkeit – auch wenn dies in theologischen Stellungsnahmen betont wird – in der Praxis plötzlich kaum eine Rolle zu spielen, wenn Gemeinden ohne viel Federlesens auf Zusammenkünfte oder auch auf das heilige Abendmahl verzichten. Gerade an dieser Stelle wird deutlich, dass der Gottesdienst im deutschen Protestantismus weithin als „Veranstaltung“ wahrgenommen wird, wie Frauenkreis oder Jugendtreff. Den kann man ausfallen lassen. Der sonntägliche Gottesdienst und das Altarsakrament sind nach lutherischer Auffassung aber eine eigene Kategorie mit besonderer, auch leiblicher Bedeutung.

SELK.de: Wenn Sie auf die liturgische Praxis in der SELK schauen: Wo sehen Sie Handlungsbedarf? An welchen Stellen sollten Ihrer Meinung nach Akzente gesetzt werden?

Kiehl: Lutherische Liturgik im ökumenischen Horizont zu betreiben – das ist mein Ansatz und mein Anliegen. Liturgie hat immer auch einen ökumenischen Anspruch. Die SELK sollte sich vor allem mehr mit Kirchen der eigenen Konfessionsfamilie vernetzen, da ist die LCMS die erste Adresse. Und daneben sollte sie natürlich mit der deutschsprachigen evangelischen Liturgik in Austausch und Befruchtung bleiben – wie eben auf dem Forum der LK. Schließlich sollte sie auch den Blick auf die geschichtliche Herkunft unserer Liturgie, die römisch-katholischen, behalten, ebenso wie auf die Kirchen der weltweiten Ökumene und ihren Liturgien. Tatsächlich könnte die SELK liturgische Akzente setzen im Sinn einer bekenntnistreuen und gleichzeitig zeit-gemäßen Gottesdienstfeier.

Handlungsbedarf sehe ich auch in der Vernetzung der liturgischen Arbeit innerhalb unserer Kirche. Da gibt es verschiedenen Akteure, beispielsweise die Liturgische und die Gesangbuchkommission, Einzelpersonen aus Kirchenleitung und Kirchenbüro, Amt für Kirchenmusik, Jugendliederbuch-Redaktion, der Praktisch-Theologische Lehrstuhl der Hochschule, der Leiter des Praktisch-Theologischen Seminars, das Mitglied in der LK. Diese segensreichen Gaben sollten m. E. mehr gebündelt, ins Gespräch miteinander gebracht und an einer Stelle verantwortlich koordiniert werden. Dadurch könnten Überschneidungen, Doppelarbeit und „Umwege“ vermieden werden. Nicht zuletzt könnten auch liturgische Bücher (Gesangbuch, Agenden) ökonomischer und zügiger erarbeitet werden als es derzeit möglich erscheint.

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