CoSi 4
Neuer Band im SELK-Jugendliederwerk
1990 ist der erste Band des Jugendliederwerkes „Come on and sing / Komm und sing“ (CoSi) der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) erschienen. Mittlerweile wurden drei Bände veröffentlicht. Der vierte Band ist in Vorbereitung. SELK.de fragte bei SELK-Hauptjugendpastor Henning Scharff (Homberg/Efze) nach dem Stand der Dinge.
SELK.de: Gefühlt ist der dritte Band des Jugendliederwerkes „Come on and sing / Komm und sing“ gerade erst erschienen. Aber ihr arbeitet schon am vierten Band. Wann habt ihr damit angefangen und für wann rechnet ihr mit dem Erscheinen des vierten Bandes?
Scharff: Für manche ist das CoSi 3 immer noch „das neue CoSi“, andere haben sich die ersten Lieder schon übersungen. Tatsächlich wurde das CoSi 3 vor neun Jahren herausgegeben. Es könnte also langsam Zeit sein für etwas wirklich Neues!
Die Arbeit der Arbeitsgruppe (AG) startete im Juni 2018. Schon damals haben wir uns als Erscheinungsziel für den vierten Band das Jugendfestival im Oktober 2022 gesetzt.
SELK.de: Wer arbeitet denn in der Arbeitsgruppe mit?
Scharff: Die Erarbeitung des vierten CoSi-Bandes ist ein Gemeinschaftsprojekt vom Jugendwerk und dem Amt für Kirchenmusik (AfK) der SELK. Im AfK hat Kantor Georg Mogwitz (Leipzig) seine Bereitschaft zur Mitarbeit erklärt und wurde in die AG entsandt. Das Jugendwerk hat neben mir als dem Hauptjugendpastor junge Erwachsene aus allen Kirchenregionen der SELK ausgesucht, die möglichst auch unterschiedliche musikalische Vorlieben mitbringen. Damit hoffen wir, die Wünsche und den Bedarf innerhalb der Jugendarbeit relativ gut abzubilden. Die engagierten Leute, die sich auf dieses mehrjährige Projekt eingelassen haben, sind: Julia Beisel (Karlsruhe), Lea Keidel (Weimar), Hanne Krüger (Schöppenstedt), Lukas-Christian Schorling (Bochum), Bernhard Daniel Schütze (Frankfurt/Main) und Donata Wenz (Leipzig).
SELK.de: Der zeitliche Abstand zwischen dem Erscheinen von Band 2 und Band 3 war relativ groß und auch bei der berücksichtigten Literatur hat es viele größere Veränderungen gegeben: viel mehr englische Titel aus der Worship-Szene – und auch musikalisch waren eine Reihe von Liedern anspruchsvoller als in den beiden Bänden zuvor. Lässt sich schon absehen, was prägende neue Akzentsetzungen bei Band 4 sein werden?
Scharff: Das CoSi 4 wird ein sehr breiter Mix von unterschiedlichen Stilrichtungen. Neben Worship-Liedern gibt es poppige oder choralartige Melodien. Auch persische Lieder haben wir mit aufgenommen. Außerdem haben wir uns um Mehrstimmigkeit bemüht.
Besonders beeindruckend finde ich, dass die Liedauswahl bis jetzt knapp 30 Eigenkompositionen und rund 20 Bearbeitungen (eigene Melodie oder eigene singbare Übersetzung bzw. Übertragung) aus dem Raum der SELK beinhaltet. Das ist ein Viertel des Gesamtbestandes und damit absoluter CoSi-Rekord! Damit bietet dieser Band mit deutlich eigenem Gepräge wieder sehr viel mehr als nur ein Best-of der aktuellen Liederbücher.
SELK.de: Mit welchen Aufgaben müsst ihr euch eigentlich noch beschäftigten außer mit der Auswahl von Liedern?
Scharff: Inhaltlich geht es neben den Liedern vor allem um die Gestaltung des Anhangs. Dort soll es – wie bei den anderen Bänden auch – einige neue Andachtsvorschläge geben. Vorgesehen sind eine Morgen- und eine Abendandacht mit austauschbaren Gebetsvorschlägen. Außerdem soll es wieder einen „Short Prayer“ für internationale Begegnungen und einen Reisesegen geben. Ganz neu für die CoSi-Reihe ist die Idee eines Vorschlags für eine Tauferinnerung. Fast alle diese Entwürfe hat die Arbeitsgruppe auf Empfehlung der CoSi 3-AG ausgelagert. Und die bisherigen Rückläufe von Nils Goldbach, Annika Kiunke, Bernhard Daniel Schütze und Sebastian Wenz haben uns sehr überzeugt.
Als neues Element für den Anhang der CoSi-Reihe haben wir uns die Rubrik „Kurz und knackig“ ausgedacht. Hier sollen wichtige theologische Begriffe verständlich und übersichtlich erläutert werden. Im CoSi 4 geht es um die Stichworte „Was ist lutherisch?“ und „Sakramente“. Diese Texte sind von mir.
Und dann gibt es noch den „Kleinkram“: Wir müssen das Layout festlegen. Text und Noten sollen möglichst gut lesbar sein und einen guten Gesamteindruck machen. Neben der „normalen“ Seitenansicht gibt es dann auch noch andere Layout-Entscheidungen. Wir wollen die einzelnen Hauptteile gut erkennbar einleiten. Im CoSi 3 haben Cosimo und Cosima dafür gesorgt. Im CoSi 4 werden die sieben Teile mit einer Zeichnung und einem Text eingeleitet. Beides hat die AG fremdvergeben. Auch hier sind die bisherigen Rückläufe von Philip Wortmann und Hans-Jörg Voigt richtig gut!
Außerdem muss die Themeneinteilung der Lieder im alphabetischen Inhaltsverzeichnis am Ende des Buches überprüft werden. Ein Bibelstellenregister soll erstellt werden. Und schließlich müssen wir noch einen Verlag finden, der das Buch druckt und vertreibt – und möglichst auch die anderen drei Bände neu auflegt.
Nebenbei kümmern sich zwei AG-Mitglieder (Lea Keidel und Bernhard Daniel Schütze) zusammen mit Cornelius Rudloff um den CoSi-Channel bei YouTube (www.youtube.com/CoSi-Channel). Dort sind inzwischen viele CoSi-Lieder von ganz unterschiedlichen Musikerinnen und Musikern aus dem Raum der SELK eingespielt worden. Es gibt besondere Arrangements und viel zu entdecken. Dieser Kanal darf gerne immer weiter wachsen!
SELK.de: Was sind die schönsten und was sind die anstrengendsten Momente bei der Arbeit am Cosi 4?
Scharff: Am schönsten? Ganz klar: Das gemeinsame Singen! Im Sommer 2019 haben wir eine Woche lang in Homberg verschiedenste Liedvorschläge angesungen. Da es sehr warm war, hatten wir Fenster und Türen offen – die Nachbarschaft hat’s angeblich auch genossen …
Anstrengend wird es, wenn wir am Ende der letzten Sitzungseinheit noch eben die Zeit ausnutzen wollen und nur noch „schnell“ über eine Layout-Vorlage, ein Verlagsangebot und einen neuen Zeitplan entscheiden wollen. Das ist ab 22.30 Uhr nicht mehr vergnügungssteuerpflichtig und geht vor allem niemals „schnell“.
SELK.de: Und schließlich, weil es so viele interessiert: Steht schon fest, welche Farbe das Cosi 4 haben wird? Oder ist das vielleicht auch ein Geheimnis?
Scharff: Ja und ja 😊
7 Wochen mit
SELK-Initiative zur Passions- und Fastenzeit
Auch in diesem Jahr hat das Amt für Gemeindedienst (AfG) der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) die Aktion „7 Wochen mit“ gestartet. Von Aschermittwoch an bis zum Osterfest sollen damit der geistliche Gewinn der Passions- und Fastenzeit sowie die Verbundenheit von Christinnen und Christen in der gemeinsamen Ausrichtung auf Christus gefördert werden.
„Christus Medicus“ („Christus, der Arzt“): Dieses Leitmotiv steht im Mittelpunkt des Materials, das das AfG der SELK für die diesjährige Aktion „7 Wochen mit“ vorbereitet hat und zur Verfügung stellt. Die jährlich zur Passions- und Fastenzeit initiierte Aktion „7 Wochen mit“ ist längst etabliert. Sie steht nicht Konkurrenz zu anderen Aktionen in dieser Zeit, sondern setzt einen ergänzenden Schwerpunkt, indem sie den inhaltlichen Mehrwert der geprägten Zeit im Kirchenjahr betont und dazu anleitet, der (auch: mediativen) Besinnung auf das Leiden und Sterben Jesus Christi mit der Bedeutung für das menschliche Leben Raum zu geben. Dafür stellt das AfG im Internet Materialien zur Verfügung (www.7wochen.de), die persönlich wie auch gemeinschaftlich genutzt werden können.
Neben einer Sammlung von Texten werden jährlich konstitutive Elemente für die Aktion ausgewählt. Das bildhafte Aktionsmotiv von Ralf Johannes Kratz (Worms) setzt das biblische Psalmwort „Denn auch Finsternis ist nicht finster bei dir und die Nacht leuchtet wie der Tag“ (Psalm 139,12) um. Die Grafik ist eigens für die diesjährige Aktion „7 Wochen mit“ geschaffen worden. Eine Erläuterung des Künstlers findet sich – wie auch die Grafik selbst – auf den Internetseiten von „7 Wochen mit“.
Ein zwölfseitiges Heft, das als Datei im 7-Wochen-mit-Internetangebot zu finden ist und als Einzelexemplar oder in Gruppenstärke auch in gedruckter Form kostenlos über Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! bestellt werden kann, bietet eine vollständig aufgeführte Andachtsform mit Eröffnung, Liedern, Psalm, Bibellesung, Gebet und Segensbitte. Auch Karten mit der Bilddarstellung und Aufkleber mit dem Motiv können kostenlos bestellt werden. Das Text- und Liederheft eignet in dieser Zeit der coronabedingten Einschränkungen auch zur Verteilung an einzelne Personen und Familien und ermöglicht Hausandachten in geprägter Form.
Eine Besonderheit der Aktion liegt auf dem Akzent, ein Netzwerk von – auch digital zusammenkommenden – Gemeinden, Gruppen Gremien, Familien-, Freundes- und Hauskreisen zu bilden: Ziel ist es, dass an jedem Tag der Passions- und Fastenzeit an mindestens einem Ort eine 7-Wochen-mit-Andacht oder ein Gottesdienst mit Nutzung konstitutiver Elemente des laufenden Aktionsjahres stattfindet, wobei auch Gemeinden, Gruppen und Gremien über die SELK hinaus zum Mitmachen eingeladen sind, denn die Aktion ist ausdrücklich ökumenisch ausgerichtet. Zur Anmeldung findet sich ein Formular auf der Internetseite www.7wochen.de in der Rubrik „Anmeldung“.
„Ich bin begeistert!“ Zwei neue Stellen in Hessen-Süd
Nach den ersten Monaten zweier neu eingerichteter und besetzter Stellen im Kirchenbezirk Hessen-Süd der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) berichten alle Beteiligten von einem erfolgreichen Start. Jaira Hoffmann arbeitet (befristet für fünf Jahre) als Diakonin in den Westerwald-Gemeinden der SELK, Bernhard Daniel Schütze (befristet für ein Jahr) als Gemeindeadministrator der SELK-Gemeinde Frankfurt/Main. selk.de hat O-Töne eingefangen.
Jaira Hoffmann berichtet: „Meine Arbeitsschwerpunkte sind Kinder- und Jugendarbeit, Gemeindediakonie und Projektarbeit in Limburg. Im November/Dezember war meine Arbeit stark von der Advents- und Weihnachtszeit geprägt, besonders natürlich im Hinblick auf „Corona-Tauglichkeit“. In Steeden haben wir unseren Online-Gottesdienst für Heiligabend produziert. Ich war hauptverantwortlich für das Krippenspiel zuständig. In Gemünden haben wir mit dem Kindergottesdienst-Team eine Adventsrallye durch den Ort entwickelt. An Häusern und Gärten von Gemeindegliedern waren einzelne Stationen mit Spielen, Rätseln, Bastelideen rund um Weihnachten nach und nach aufgebaut worden. Um zu wissen, wo was zu finden ist, haben wir Flyer gedruckt, die in Kindergarten, Grundschule und der Kirche verteilt wurden. Die Rallye wurde sehr rege angenommen, auch über unsere Gemeinde hinaus. In Limburg habe ich mit einem Team z.B. die offene Kirche vorbereitet. Dazu kommt noch als großer Arbeitsschwerpunkt unser Westerwald-Konfirmandenunterricht, den wir einmal im Monat zentral für alle Gemeinden anbieten. Da habe ich die Organisation übernommen, inhaltlich gestalten wir ihn zu dritt – Pfarrer Sebastian Anwand, Pfarrer Daniel Schröder und ich.
In der nächsten Zeit stehen die Planung unserer Sommerfreizeit in die Toskana und die Neukonzipierung unseres Konfirmandenmodells an. Wir sind dabei, ein System zu entwickeln, bei dem wir neben einer Anfangs- und Endphase unsere Haupt- und Vorkonfirmanden gemeinsam unterrichten.
Freudig überrascht hat mich u.a. die Bereitschaft der Gemeinden, neue Dinge auszuprobieren. Auch wenn die äußeren Bedingungen durch Corona schwierig sind, hatte ich schon viele Gelegenheiten, die Menschen vor Ort kennenzulernen, und freue mich darauf, dies bald fortsetzen zu können.
Bernhard Daniel Schütze als neuer Gemeindeadministrator in Frankfurt am Main sagt: „Ich bin sehr gerne als Gemeindeadministrator tätig. Selbst, wenn der Schwerpunkt in Bürotätigkeiten liegt, sind diese doch selten gleichbleibend, sondern abwechslungsreich. Gerade im Zuge der Corona-Pandemie änderten sich einige Vorgaben kurzfristig und mussten umgehend in der Gemeindeorganisation und Gottesdienstplanung berücksichtigt werden. So musste beispielsweise ein Gottesdienst innerhalb eines Tages umfassend umgeplant werden – dies und anderes mit allen Beteiligten zu koordinieren und umzusetzen sowie insbesondere die Pfarrer und Ehrenamtlichen bestmöglich in ihrem Einsatz zu unterstützen, gehört sicherlich zum Kern meiner Arbeit. Ein besonderes Projekt der letzten Wochen war der Aufbau eines Videoteams in der Trinitatisgemeinde. Nach Schaffung der technischen Voraussetzungen mithilfe auch von zahlreichen Arbeitsstunden einzelner Ehrenamtlicher bin ich sehr dankbar, dass wir nunmehr mit einem sechsköpfigen Team im Rotationsprinzip die Übertragung über YouTube umsetzen. Wenngleich aktuell etwa Unterstützungsaufgaben aufgrund der derzeitigen coronabedingten Einschränkungen des Gemeindelebens teilweise wegfallen, gibt es doch vieles zu tun und die schnelle Endlichkeit von 19,5 Wochenstunden Arbeitszeit zeigt sich jede Woche aufs Neue. Ich bin gespannt, was die kommenden Wochen und Monate noch mit sich bringen. Denn, was sich in den ersten Monaten auf jeden Fall gezeigt hat: Es tauchen immer wieder neue Aufgaben auf – Ich freue mich bereits darauf.“
Pfarrer Peter Matthias Kiehl (Darmstadt) hat derzeit die Vakanzvertretung in der Trinitatisgemeinde Frankfurt und blickt dankbar auf den Einsatz des dortigen Gemeindeadministrators: „Für mich ist Bernhard Daniel Schütze geradezu unersetzlich. Ich wüsste nicht, wie ich meinen Dienst für die Trinitatisgemeinde in der Vakanzzeit sonst bewerkstelligen könnte, ohne merkliche Abstriche in der Seelsorge machen zu müssen. Bernhard Daniel unterstützt mich bei der Organisation der Gottesdienste, bei der Führung der Kirchenbücher und Statistiken, durch seine Präsenz im Pfarrbüro, durch telefonische Erreichbarkeit, durch die Bearbeitung der anfallenden Post und vieles mehr. Das tut er in einer Zuverlässigkeit, die ihresgleichen sucht, noch dazu auch mit geistiger und geistlicher Kompetenz. Ich bin sehr dankbar für die Schaffung dieser Stelle und für die Person, mit der sie besetzt werden konnte – ein Segen!
Ich würde mir wünschen, dass die Stelle erhalten bleibt. Am besten nicht nur zur Unterstützung des künftigen Pfarrers der Trinitatisgemeinde, sondern mit einem entsprechend erweiterten Zeitbudget und Aufgabenfeld auch für die anderen Gemeinden in Südhessen. Im Zuge des derzeitigen Pfarrermangels und der damit verbundenen anstehenden Pfarrstellenkürzung sehe ich für eine solche Stelle durchaus den Bedarf. Auch könnte sie ggf. Synergieeffekte durch verstärkte Zusammenarbeit unserer Gemeinden ermöglichen."
Und an übergeordneter Stelle fasst der Superintendent Theodor Höhn (Oberursel) die neuen Entwicklungen in seinem Bezirk zusammen: „Ich bin begeistert!“
Foto von Jaira Hoffmann: © Jens Schulze
Fünf Fragen an die Mission
Die Lutherische Kirchenmission (LKM), das Missionswerk der SELK, hat Anfang Januar veröffentlicht, dass die direkten Spenden und gemeindlichen Kollekten, durch die sie sich finanziert, in den letzten fünf Jahr rückläufig gewesen sind. Nicht nur die Finanzsituation, sondern das Wirken der LKM überhaupt ist Anlass für selk.de, Pastor Martin Benhöfer, Mitglied der Missionsleitung der LKM und in deren Dienst schwerpunktmäßig für die Öffentlichkeitarbeit zuständig, um ein Interview zu bitten.
SELK.de: Herr Pastor Benhöfer, angesichts rückläufiger Spendenzahlen hat die LKM einen Impuls „Brutto für Netto“ veröffentlicht. Erklären Sie bitte kurz, was es damit auf sich hat.
Benhöfer: Die Kollekten aus den Gemeinden gehen seit einigen Jahren sehr zurück, obschon sie sich 2020 erfreulicherweise stabilisiert haben. Spenden von Einzelspendern sind zunehmend projektbezogen. Das führt dazu, dass die allgemeinen Mittel für die laufenden Kosten (Personal etc.) weniger werden. Wir möchten eine Anregung geben, wie Gemeinden und Einzelspender motiviert werden können, mit geringem Aufwand dazu beizutragen, dass die LKM spendenmäßig auf einen besseren Kurs kommt. Daher haben wir bei dieser Aktion den Fokus auf die Abzugsfähigkeit der Spenden gelegt und zugleich darauf, dass der „Soli“ weitgehend ausläuft. Dadurch werden Mittel frei, mit denen man ja die LKM unterstützen könnte.
SELK.de: Spenden und Kollekten sind für die LKM überlebenswichtig. Wie finanziert sich die LKM überhaupt? Von was für einem jährlichen Volumen in Ausgaben und Einnahmen der LKM sprechen wir?
Benhöfer: Die LKM finanziert sich ausschließlich durch Spenden und Kollekten. Einnahmen und Ausgaben haben aktuell ein Volumen von rund 1,2 Millionen Euro. Davon sind über 700.000 Euro so genannte „Allgemeine Gaben“ und etwa 400.000 Euro zweckgebundene Mittel. Manche unserer Projekte oder Mitarbeiter kommen allerdings gar nicht in unserem Haushalt vor, da sie von anderer Seite finanziert sind, obgleich wir dafür verantwortlich sind. Würde man diese Kosten hinzurechnen, käme ein wesentlich höherer Haushalt dabei heraus.
SELK.de: Wenn Sie jemand fragen würde „Warum soll ich mein Geld ausgerechnet für die LKM einsetzen?“: Was wäre Ihre Antwort?
Benhöfer: Die Frage legt nahe, dass es da auch andere Möglichkeiten geben könnte … 😉 – Mission ist der ultimative Auftrag Jesu Christi. Geld für die Mission zu geben ist daher eine Zukunftsinvestition. Anders als bei Aktien handelt es sich hierbei jedoch nicht um eine spekulative Anlage: Gottes Wort wird auf alle Fälle nicht leer zurückkommen. Zudem ist die LKM das einzige konfessionell lutherische Missionswerk in Deutschland. Wir haben da sozusagen ein „Alleinstellungsmerkmal“.
SELK.de: Wo ist die LKM derzeit aktiv? Welche Perspektiven für die Arbeit bestehen für 2021?
Benhöfer: Wir haben derzeit 18 größere und kleinere Projekte in Brasilien, Malawi, Mosambik, Sri Lanka, Südafrika, und – nicht zuletzt – in Deutschland. In Deutschland planen wir für 2021 zwei neue Projekte. Für Mosambik suchen wir zurzeit gemeinsam mit unseren Partnern jemanden als Koordinator der Missionsarbeit, der diese Arbeit von Missionar Carlos Walter Winterle übernimmt. Missionar Winterle ist ja Ende 2020 in den Ruhestand gegangen.
SELK.de: Was wünschen Sie sich im Blick auf die Arbeit der LKM von den Gemeinden und Kirchgliedern der SELK?
Benhöfer: Unsere Mission ist nichts ohne die Mitarbeit und Unterstützung vieler Einzelner, der Gemeinden und der Gesamtkirche. Dass diese uns weiterhin – und zunehmend – fördern, das wünsche nicht nur ich mir, sondern das ist Konsens in der Missionsleitung. Dabei denken wir nicht allein an Spenden, sondern auch daran, dass die LKM und ihre Arbeit in den Gemeinden bekannt gemacht wird. Vom bayrischen Missionspionier Wilhelm Löhe stammt ja das schöne Wort „Mission ist die Kirche in ihrer Bewegung“. Die Erfahrung zeigt denn auch, dass Kirche ohne missionarische Bewegung erstarrt und zerfällt im Kreisen um sich selbst. Für das Miteinander zwischen Kirche und LKM wünsche ich mir, dass Mission nicht als zusätzliches, aber notfalls entbehrliches Interessengebiet einiger Leute gesehen wird, sondern dass Mission die Gemeinden in all ihrem Glauben, ihrem Tun und Wesen prägt. Und dass die LKM ein organischer Teil davon ist.
SELK.de: Vielen Dank für das Interview und Gottes Segen für die weitere Arbeit der LKM!
Eine biblische Jahresbegleiterin
Material zur Jahreslosung 2021
Für jedes Jahr neu gibt es in der Ökumene Deutschlands eine Jahreslosung - ein Bibelwort, das auf Kalendern, Postern und Spruchkarten Verbreitung findet, zu dem Erschließungshilfen veröffentlicht werden, das in Gottesdiensten zum Jahreswechsel Berücksichtigung findet, um dann allerdings vielfach eher in eine Art Stand-by-Modus zu verfallen. Das Amt für Gemeindedienst (AfG) der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) versteht sich schon seit vielen Jahren als Förderin der Jahreslosung und hat auch für 2021 reichhaltiges Material zur Verfügung gestellt.
Zuspruch oder Forderung
In einer eher lockeren Gesprächsrunde auf einem Pfarrfamilientreffen erzählte eine Pfarrfrau, der zuständige Superintendent habe die Angewohnheit, zu jedem der Geburtstage in ihrer Familie einen Gruß auf einer Motivkarte mit der jeweiligen Jahreslosung zu schicken. Als ihr nun so zum vierten Mal von einem der Gabentische entgegenleuchtete „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ habe sie gedacht: „Nu is aber auch gut!“
Jahreslosungen können an das Gewissen appellieren oder Herzen erwärmen, als Aufgabe verstanden werden oder Entlastung bringen, fordern, trösten, inspirieren, ermutigen ... Wer die Liste der bisherigen Jahreslosungen durchgeht (gerne auch in Gemeinschaft), wird hier mancherlei Beobachtungen anstellen:
www.oeab.de/fileadmin/downloads/Jahreslosungen_1930-2022.pdf
Ökumenisch ausgewählt
Seit 1930 wird in Deutschland, begründet durch den schwäbischen evangelischen Pfarrer Otto Riethmüller, für jedes Jahr eine biblische Jahreslosung veröffentlicht. Seit 1969 beteiligt sich die römisch-katholische Kirche an dieser Aktion. Seit 1970 bestimmt die Ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen (ÖAB) die Jahreslosung und wählt dafür ein biblisches Wort aus. Für die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) ist Pfarrer Klaus Pahlen (Essen), der die SELK in der ÖAB vertritt, daran beteiligt. Auch wenn die Jahreslosung sich also von den berühmten Herrnhuter Losungen im Blick auf ihren Ursprung und ihr Auswahlverfahren unterscheiden, gibt es Verbindungen: Denn auch die Jahreslosung will ein Leitwort sein, das für eine befristete Zeit Aufmerksamkeit beansprucht und Wirksamkeit entfalten möchte. Und die Evangelische Brüder-Unität druckt die ökumenische Jahreslosung an zentraler Stelle in ihrem Losungsbüchlein ab.
Plädoyer für die Jahreslosung
Die Jahreslosung gehört zu den ökumenisch verbindenden Bändern gelebter Frömmigkeit. Das ist ein nicht zu unterschätzender Faktor, der dazu anregt, mit diesem Pfund zu wuchern. Dabei wird der Umgang mit dem jeweiligen Wort jeweils von diesem selbst geprägt sein. (Nicht jede Jahreslosung eignet sich als Grußwort zu einem persönlichen Gedenktag – und muss es auch nicht!)
Es ist sicher sinnvoll, wenn die Losung als Leitwort für ein Jahr auch an dessen Anfang vorkommt - etwa zur Andacht in Gemeindebriefen oder als Grundlage für eine der Predigten zum Jahreswechsel. Aber wie kann die Jahreslosung dann „mitwandern“ durchs Jahr? Das AfG hat wieder reichhaltiges Material zur neuen Jahreslosung zusammengestellt, das es ermöglichen soll, das Leitwort auch das Jahr über vorkommen zu lassen - in der Gemeindearbeit wie im der persönlichen Glaubensleben.
www.afg-selk.de/index.php?option=com_content&view=article&id=290&Itemid=81
Regelmäßig können so frische Impulse zur Jahreslosung gesetzt werden. Wie wäre es (beispielsweise!), wenn die Jahreslosung in den Gemeindebriefen eines Jahres durchgehend vorkommen würde? Die Jahreslosung könnte durch die gemeindlichen Gremien wandern, wovon die ganze Gemeinde Notiz nimmt. Einmal im Quartal könnte eine kleine Bestandsaufnahme erfolgen: Wie geht es eigentlich unserer Jahreslosung?
Jahreslosung 2.0
Und weil dieser Beitrag vor allem auf die Praxis abhebt: In einer der Gemeinden der SELK war die Jahreslosung wie üblich in einem Themengottesdienst zu Jahresbeginn bedacht worden. Der Jugendkreis nahm sich dann vor, nachzulegen und sich erneut und vertiefend mit dem Leitwort des Jahres zu beschäftigen. Neben einer Bibelarbeit, die den Kontext des Bibelwortes erhellte, waren rund 15 verschiedene Postkartenmotive mit der Jahreslosung besorgt worden, die dann spielerisch wie in einem Wettbewerb analysiert und bewertet wurden. Ein Vorhaben, das gelungen ist!
Und schließlich: Manche Pfarrämter führen die jeweilige Jahreslosung in ihrer E-Mail-Signatur. Auch so eine gute Idee!
© Gemälde mit Jahreslosung: Acryl von U. Wilke-Müller | GemeindebriefDruckerei.de
Isländische Studentin in Oberursel
Erste Selnecker-Stipendiatin der SELK
Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche hat in Zusammenarbeit mit ihrer Lutherischen Theologischen Hochschule (LThH) in Oberursel das Internationale Nikolaus-Selnecker-Stipendium für Studierende aus anderen lutherischen Kirchen für ein Studienjahr an der LThH eingerichtet. Seit diesem Semester studiert als erste Stipendiatin dieses Förderprogramms Guðbjörg Tyrfingsdóttir an der LThH. Der folgende Bericht gibt nähere Informationen.
Die gebürtige Isländerin Guðbjörg Tyrfingsdóttir studierte zuvor in Oslo Theologie und Missionswissenschaften und ist nun für ein Jahr an der LThH eingeschrieben und profitiert von den Möglichkeiten, die das Stipendium ihr bietet:
„Es ist eine großartige Gelegenheit für mich, in Deutschland lutherische Theologie zu studieren. In meinem Fall wäre es finanziell schwierig gewesen, das zu realisieren, wenn es das Stipendium nicht gegeben hätte. Ich schätze es sehr, die Möglichkeit zu haben, Deutsch zu lernen, die lutherischen Bekenntnisse in der Originalsprache zu studieren, das kirchliche Leben in Deutschland zu erleben, Lutheraner mit einem anderen Hintergrund als meinem eigenen kennen zu lernen und Theologie aus einer anderen Perspektive zu studieren. Ich habe schon viel gelernt.“
Das Stipendium wurde in Kooperation der SELK, der LThH und deren Freundeskreis ins Leben gerufen, um die Internationalisierung an dieser kirchlichen Hochschule weiter voranzutreiben. Prof. Dr. Christoph Barnbrock, der als damaliger Rektor die Einrichtung dieses Stipendienprogramms begleitet hat, sagt dazu:
„Ein solches Stipendium ist für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten haben die Gelegenheit, eine konfessionell geprägte, akademisch anspruchsvolle Theologie mit kirchlichem Praxisbezug kennen zu lernen. Und wir bekommen mit jedem (internationalen) Studenten eine Tür geöffnet in kirchliche Verhältnisse anderswo. Das weitet den Horizont, stellt Selbstverständlichkeiten heilsam in Frage und lässt uns über die Weite der Kirche Gottes staunen.“
Und der leitende Geistliche der SELK, Bischof Hans-Jörg Voigt D.D. ergänzt, dass er das Nikolaus-Selnecker-Stipendium für eine ausgezeichnete Möglichkeit halte, internationale Erfahrungen im Theologiestudium zu sammeln. An der LThH werde besonderer Wert auf altsprachliche Zugänge zu den biblischen Büchern und die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche gelegt. „Zudem kann auch das Zusammenleben auf dem Campus der LThH eine geistliche und menschliche Bereicherung sein. Ich würde mich sehr freuen, bei meinen Besuchen in Oberursel weitere Stipendiaten an der LThH begrüßen zu können.“
Die Förderung umfasst ein Stipendium, ausreichend für Studiengebühren, einen Wohnheimplatz, Lebensunterhalt, Krankenversicherung und Fahrten mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln sowie die Betreuung durch studentische Tutorinnen/Tutoren und durch eine/n Mentor/in.
Aufgrund der besonderen Umstände dieses Jahres ist die Bewerbungsfrist für das Stipendium zum Studienjahr 2021/22 ausnahmsweise auf den 25. Januar 2021 verlängert worden. Bewerbungen werden erbeten an die Lutherische Theologische Hochschule (www.lthh.de). Über die Aufnahme in das Stipendienprogramm entscheidet anschließend die Geschäftsführung (Bischof der SELK und Rektor der LThH) des Stipendienprogramms. Weitere Informationen zum Stipendienprogramm finden sich auf Deutsch hier und auf Englisch hier.
Den Heiligabend in besonderen Zeiten kreativ gestalten
In diesem Jahr stellt die Gestaltung der Gottesdienste am Heiligen Abend, die gewöhnlich zu den bestbesuchten Gottesdiensten des Jahres gehören, die Gemeinden vor besondere Herausforderungen. Viele begegnen dem mit einem hohen Maß an Kreativität. SELK.de stellt drei kreative Ideen vor.
Projekt 1: Kinder-Foto-Story in der Martin-Luther-Gemeinde Bad Schwartau
Zu den festen Bestandteilen des Heiligabendgottesdienstes gehört in vielen Gemeinden ein Krippenspiel. Was aber tun, wenn dies in diesem Jahr aufgrund der geltenden Infektionsschutzbestimmungen nicht möglich ist? Der Kinder-Treff der Martin-Luther-Gemeinde Bad Schwartau der SELK produziert eine Weihnachtsmusical-Foto-Story. In einem ersten Schritt nahmen 20 Jungen und Mädchen Lieder und Texte des Musicals „Weihnachten ist Party für Jesus“ (von Daniel Kallauch) auf Audio auf. Am 5. Dezember trafen sie sich dann zum Fotoshooting in Kostümen an einem Hotel, auf einem Feld und in einem Stall.
In diesen Tagen wird die Weihnachtsmusical-Foto-Story geschnitten. Ab dem 4. Advent wird sie dann auf der Homepage der Gemeinde für alle abrufbar sein.
Projekt 2: Online-Christvesper der Zionsgemeinde Steeden
In eine ähnliche Richtung hat die Zionsgemeinde der SELK in Steeden gedacht. Hier hat die Gemeinde entschieden, zu einer Online-Christvesper einzuladen. Verschiedene Gemeindekreise und Gemeindeglieder haben dazu Beiträge eingespielt.
So waren beispielsweise die Kinder der Gemeinde eingeladen zu einem Krippenspiel der besonderen Art. An unterschiedlichen Orten rund um Steeden wurden die Szenen der Heiligen Nacht dargestellt und aufgenommen. Dabei zusammen mit Schaf und Esel an ganz verschiedenen Kulissen zu spielen, das machte viel Freude. Jedoch gab es eine Herausforderung: Aufgrund der geltenden Kontaktbeschränkungen konnten die einzelnen Szenen jeweils nur von einer Familie gespielt werden. Doch dank eines eigens dafür verfassten Krippenspiels glückte das Vorhaben. Jugendliche aus der Gemeinde haben die Arbeit übernommen, aus all den Szenen ein Krippenspiel für die Online-Christvesper zusammenzustellen.
Die Online-Christvesper wird am 24. Dezember ab 15 Uhr auf der Homepage der Zionsgemeinde Steeden abrufbar sein.
Projekt 3: Stationengottesdienst der Zionsgemeinde Verden
Einen anderen Ansatz wählt die Zionsgemeinde Verden der SELK. Sie lädt zum Heiligabend zu einem Stationengottesdienst ein. Die Gemeinde wird in kleinen Gruppen zeitversetzt über das weiträumige Kirchgelände geleitet und besucht sieben Stationen, an denen Krippenspielszenen gezeigt oder Aktionen durchgeführt werden.
Die Gruppenstärke beträgt ca. 15 Personen und sie werden im 15 Minuten-Takt das Gelände betreten. Die Aufenthaltszeit an jeder Station soll höchstens fünf Minuten betragen, so dass die Gruppe nach 35 bis 40 Min das Gelände wieder verlässt. Die Stationen sind so angeordnet, dass kein Begegnungsverkehr stattfindet.
Auf dem Stationenweg begegnen die Besucherinnen und Besucher unter anderem einem Boten des Kaisers Augustus, einem Wirt und einer Wirtin, Hirten, Engeln, den Weisen und natürlich auch Maria und Josef und dem Kind in der Krippe.
Dabei nehmen am Ende die Besucherinnen und Besucher nicht nur die Weihnachtsbotschaft im Herzen und Weihnachtslieder in den Ohren mit nach Hause, sondern auch noch die eine oder andere Kleinigkeit.
Im Vorfeld des Heiligabends hat jeder Haushalt der Gemeinde ein Einladungsschreiben erhalten. Dem liegt eine Postkarte bei, die mit Adresse und Namen der Personen ausgefüllt zum Gottesdienst mitgebracht werden muss. Bereits im Vorfeld ist eine Anmeldung nötig, im Zuge derer dann auch das Zeitfenster für die Begehung des Stationenweges zugeteilt wird.
„Tröstet, tröstet mein Volk!“
Hirtenbrief an die Gemeinden der SELK
„Tröstet, tröstet mein Volk!, spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist; … Es spricht eine Stimme: Predige!, und ich sprach: Was soll ich predigen? Alles Fleisch ist Gras … Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich.“
(Jesaja 40,1-2+6-8)
Liebe Gemeindeglieder,
liebe Gäste und Freunde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche,
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus! Amen.
Mit diesem Hirtenbrief wende ich mich an euch und Sie, um auszurichten, was Gott seinem Volk und seiner Kirche in schweren und dunklen Zeiten immer wieder hat ausrichten lassen: den Trost und die Zuversicht, die aus seinem Wort fließen.
Ein persönliches Beispiel
Unser erstes Enkelkind ist 10 Monate alt. Nachts kommt es immer wieder einmal vor, dass das Kind im Dunkeln aufwacht. Ich stelle mir vor, wie es die Augen öffnet und nichts sieht und nichts hört. Alles, was ihm vertraut ist, scheint verschwunden. Das Kind beginnt zu weinen. Da kommen seine Mutter oder sein Vater, öffnen die Tür und schon fällt ein wenig Licht in das Zimmer. Das Kind wird aus dem Bett gehoben und spürt die Nähe der Mutter oder des Vaters hört ein paar geflüsterte Worte des Trostes und sofort wird es ruhig, denn die Einsamkeit und das bedrohlich wirkende Dunkel sind aufgehoben in den Worten von Mutter oder Vater.
In der vor uns liegenden Advents- und Weihnachtszeit mag es uns wie solch einem Kind ergehen: Alles liegt dunkel vor uns. Viele Menschen fürchten in diesen Tagen um ihre wirtschaftliche Existenz. Krankheit wird in Zeiten der Krise doppelt bedrohlich. Für einige unserer Glaubensgeschwister aus dem Iran, aus Afghanistan, Pakistan oder Syrien kommt die Angst hinzu, nicht in unserem Land bleiben zu dürfen. Wir werden uns nicht in großer Runde zum Singen der Advents- und Weihnachtslieder treffen können. Der große Familienbesuch zu Weihnachten fällt wahrscheinlich aus und die Einsamkeit könnte in diesen Tagen vermehrt zum Problem werden. Auf welche Weise wir die Weihnachtsgottesdienste erleben werden, ist noch ungewiss. Zudem schwinden die Kräfte in Gesellschaft und Kirche, all dies mit Geduld zu ertragen. Vielerorts machen sich Zorn und Misstrauen gegen Verantwortungsträger breit. Man möchte wie ein Kind schreien in dunkler Nacht.
Trost aus Gottes Wort
Da geht die Tür aus Gottes Wort auf und ein Lichtstrahl fällt in die Dunkelheit und Gott ist es, der uns in seine Arme nimmt und uns leise ins Ohr sagt: „Ich tröste dich. Ich rede freundlich mit dir. Deine Knechtschaft hat ein Ende. Deine Schuld ist vergeben.“
Das Wort aus dem Propheten Jesaja, das über diesem Brief steht, wendet sich an das Gottesvolk, das, in die Fremde verschleppt, alle Hoffnung auf Rückkehr in die Heimat verloren hatte. Auch damals gab es die zwei Gruppen: die einen, die sich sehr schnell mit der Situation arrangiert hatten, das Beste aus der misslichen Lage machten und sich rasch eine neue Existenz aufbauten. Und es gab die andere Gruppe, die von Trauer und Zorn erfüllt war. Das erzeugte auch damals große Uneinigkeit.
Ist die gegenwärtige Not Strafe Gottes?
Für das Volk Israel war die Gefangenschaft Strafe Gottes. Daran hat der Prophet keinen Zweifel gelassen. Deshalb stellen viele Christinnen und Christen auch heute die Frage nach der geistlichen Deutung der gegenwärtigen Not. Diese Frage erfordert eine zweifache Antwort: Einerseits ist die Viruserkrankung, die die Welt derzeit plagt, ein natürliches Phänomen. Die Naturwissenschaften arbeiten mit Hochdruck und offenbar gutem Erfolg an der Erforschung und Bekämpfung des Virus. Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte geben ihr bestes Wissen und alle Kraft, um den Erkrankten mit ihrer Kunst zu helfen.
Andererseits fühlt sich die gegenwärtige Lage tatsächlich wie ein Strafgericht Gottes an und Krankheit ist der Schöpfung nach dem Sündenfall zuzurechnen. Der christliche Glaube bekennt, dass nichts auf dieser Welt geschieht ohne Gottes Zulassen. Beginnt man aber über diese Aussage nachzudenken, stößt man auf die dunkle und verborgene Seite Gottes, die wir nicht verstehen können und die uns in die Verzweiflung führen kann. Dass Gott so viel Krankheit, Elend und alle anderen Plagen der Menschheit scheinbar einfach hingehen lässt, können wir nicht verstehen. Es geht uns damit wie den Israeliten in der Gefangenschaft.
Auf Christus schauen
Man hat den Propheten Jesaja den Evangelisten des Alten Testaments genannt, weil er den Trost Gottes durch den Knecht Gottes ankündigt, der in Jesus Christus Mensch geworden ist. „Predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist“, heißt es hier zu Beginn des großen Trost-Kapitels. Und wenige Kapitel später wird der Gottesknecht angekündigt, von dem es heißt: „Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. … Er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen.“ (Jesaja 53,4+5). Jesus Christus hat all unser Leid schon am eigenen Leib erfahren und ist deshalb unser Trost in dunkler Nacht.
Und so beten wir zu Jesus Christus und vertrauen ihm, als ob es keine Ärzte gäbe, und nutzen die Kunst der Ärztinnen und Ärzte, als ob es kein Gebet gäbe.
Vertrauen tut Not
Die derzeitigen Entwicklungen in unserer Gesellschaft und teilweise auch in unserer Kirche lassen sich als einen großen Vertrauensverlust beschreiben. Menschen gehen auf die Straße, weil sie offenbar das Vertrauen verloren haben, dass Politikerinnen und Politiker es bei aller Irrtumsfähigkeit gut meinen. Das Vertrauen in die Möglichkeiten von Forschung und Naturwissenschaft oder die verantwortliche Medien- und Pressearbeit geht bei manchen verloren.
In Kirche und Gemeinde droht an einigen Orten das Vertrauen ineinander zu schwinden, dass wir aus verschiedenen Blickwinkeln im Umgang mit der Krise das Richtige tun und der Kirche nicht schaden wollen.
Woran könnte das liegen? Vertrauen ist eine Kraft, die sich nach außen wendet. Nicht umsonst sagen wir, dass wir jemandem „Vertrauen entgegenbringen“. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass unsere Gesellschaft als ganze am Corona-Virus „erkrankt“ ist, also an den Folgen leidet. Wer erkrankt ist, hat häufig nicht mehr die Kraft, auf andere zu achten. Der Blick des Erkrankten ist natürlich ganz auf sich selbst gerichtet. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass die Kraft, Vertrauen entgegenzubringen, schwindet. Vertrauen ist eigentlich ein anderes Wort für Glauben und vom Glauben sagen wir, dass er durch den Heiligen Geist geschenkt wird, weil er eine Kraft ist, die wir selbst nicht hervorbringen können. Die geistgewirkte Kraft des Glaubens hält die Kirche und ihre Glieder zusammen. Auch wenn Vertrauen in Institutionen und der Glaube an Gott grundsätzlich zu unterscheiden sind, habe ich den Eindruck, dass das Abnehmen des Glaubens im Land auch mitursächlich für das Abnehmen des gesellschaftlichen Zusammenhalts ist, was durch die Corona-Krise wie durch eine Lupe verstärkt wird.
Die Menschen im Land brauchen den Trost und die Liebe Gottes, damit das Vertrauen wieder wachsen kann. Ja! Tröstet, tröstet mein Volk!
Gemeinsam die Genesung im Blick haben
In diesem zweiten Teil des Jesaja-Buches wird dem Volk neben dem geistlichen Trost der Vergebung auch die zeitliche Rückkehr in die Heimat angekündigt. Diese Hoffnung ist für die Menschen ebenso wichtig.
Wenn wir alle auf verschiedene Weise und unterschiedlich stark an den Folgen der Corona-Krise leiden und auf diese Weise indirekt schon mit „erkrankt“ sind, dann ist es von großer Bedeutung, dass wir diese Zeit auch hinter uns lassen wollen und die Hoffnung darauf nicht verlieren. So wie jemand, der sich ein Bein gebrochen hat, dankbar im Rollstuhl sitzt und die Vorzüge des Fahrens genießt, ist der Wille, wieder laufen zu lernen, von entscheidender Bedeutung. Alle technischen Möglichkeiten, die wir in dieser Zeit dankbar aufgegriffen und für uns entdeckt haben, sind willkommene Hilfsmittel, die uns in dieser schwierigen Zeit das Leben leichter machen. Vieles davon wird uns gewiss auch in Zukunft von Nutzen sein.
Dennoch wollen wir wieder „gesund“ werden und bitten Gott darum. Für alle Formen der Gemeinschaft, die uns die moderne Kommunikationstechnik zur Verfügung stellt, sind wir sehr dankbar. Aber: Leiblichkeit prägt unser Sein. Mit dem Christfest feiern wir ja die Menschwerdung Gottes in seinem Sohn Jesus Christus. Diese Leiblichkeit schenkt uns Gott mit Leib und Blut seines Sohnes im Heiligen Abendmahl. So hoffen wir auch darauf, dass Gott uns neue Gelegenheiten schenkt, einander von Angesicht zu Angesicht zu begegnen und leiblich nahe zu sein.
Dankbarkeit
In unseren Gemeinden erlebe ich in diesen Wochen und Monaten viel wertvollen Einsatz und Mühe. Kirchenvorsteherinnen, Kirchenvorsteher und andere Ehrenamtliche gehen an ihre Grenzen, um Gottesdienste zu ermöglichen. Pfarrer, Pastoralreferentinnen, Pfarrvikare, Pastoren im Ehrenamt, Pfarrdiakone und Vikare, Lektorinnen und Lektoren erhalten gemeinsam mit ihren Gemeinden vielerorts das digitale Angebot aufrecht und nehmen voller persönlichem Einsatz die Herausforderungen von Präsenzgottesdiensten unter Corona-Bedingungen an. Sehr viel Schönes und Kreatives haben wir in diesem Jahr erlebt. Auch im Namen von Kirchenleitung und Kollegium der Superintendenten danke ich hierfür sehr.
Eine engagierte Arbeitsgruppe (AG) zur Bewältigung der Corona-Krise in unserer Kirche hat sich in den vergangenen Monaten immer wieder mit der Lage beschäftigt und etliche Einzelfragen bearbeitet. Die Entstehung dieses Briefes hat diese AG mit begleitet. Herzlichen Dank! Eine weitere Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit den mittelfristigen Folgen dieser Krise. Auch für ihre Arbeit danke ich herzlich.
Ein schwieriges Jahr neigt sich dem Ende und dennoch nehme ich aus vielen Gemeinden das Signal wahr, dass die Spendenbereitschaft nicht nachgelassen hat. Die Fülle der Gaben und Opfer an Geldmitteln und Zeit stimmt uns alle sehr dankbar.
Gottes Wort bleibt
Das Kind auf dem Arm seiner Mutter oder seines Vaters braucht wenige Worte, um die Orientierung wieder zu gewinnen. Wenn wir in diesem Jahr das Christfest in Sorgen und Ungewissheit verbringen und vieles vermissen, kann uns die Stille wieder helfen, die Stimme Gottes in unserm Ohr flüstern zu hören, ganz nah und unverstellt: „Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich.“ Gottes Zusage steht damit fest: Er ist in aller Not bei uns. Das gilt. Das gilt auch uns.
Ihnen und euch persönlich und den Familien und Gemeinden
wünsche ich in schwerer Zeit gesegnete Advents- und Weihnachtstage
Zum 1. Advent 2020.
Bischof Hans-Jörg Voigt D.D.
Der Hirtenbrief als PDF-Datei:
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Stellungnahme zum gegenwärtigen islamistischen Terror in Europa
In diesen Tagen bekam Bischof Hans-Jörg Vogt D.D. (Hannover), der leitende Geistliche der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) eine schriftliche Anfrage, warum die SELK sich nicht zu den jüngsten islamistischen Terroranschlägen in Europa zu Wort gemeldet habe. Voigt unternimmt im Folgenden den Versuch, in Form einer anonymisierten Antwort auf diese Anfrage differenziert Stellung zu beziehen.
Sehr geehrter, lieber Herr Z., Ihre Anfrage, warum die Kirchen in Deutschland zu den jüngsten Terroranschlägen besonders in Frankreich so „laut“ geschwiegen haben, hat mich erreicht, und zwar im doppelten Sinn des Wortes. Deshalb befrage ich mich, warum ich selbst bisher geschwiegen habe.
Zunächst liste ich die Geschehnisse für mich auf:
4. Oktober 2020: In Dresden greift ein mutmaßlich islamistisch motivierter Gewaltverbrecher zwei Mensch mit einem Messer an. Eines der Opfer wird getötet , das andere schwer verletzt.
17. Oktober 2020: Brutale Enthauptung des Lehrers Samuel Paty in einem Pariser Vorort. Der Täter gibt im Internet als Begründung an, dass der Lehrer „es gewagt hat, Mohammed zu erniedrigen".
29. Oktober 2020: Bei einem mutmaßlich islamistischen Terroranschlag werden in der Kirche Notre-Dame-de-l’Assomption in Nizza zwei Frauen und der Küster der Kirche mittels einer Stichwaffe getötet und geköpft. Die beiden Frauen waren ins Gebet vertieft. Die Polizei nahm in der Nähe des Tatorts einen 21-jährigen Tunesier fest, der im September 2019 über Lampedusa in Europa eingereist sein soll.
31. Oktober 2020: Ein orthodoxer Priester wurde in der französischen Stadt Lyon mit einer abgesägten Schrotflinte angegriffen und schwer verletzt. Der 52-jährige Geistliche war gerade dabei, seine Kirche abzuschließen, als ein Unbekannter aus kürzester Entfernung zweimal aus einer abgesägten Schrotflinte auf ihn schoss. Über den Täter gibt es bisher noch keine Angaben.
2. November 2020: In der Altstadt Wiens schießt ein Täter wahllos aus einer Maschinenpistole auf Passanten und Restaurantbesucher. Fünf Todesopfer und zahlreiche Verletzte sind zu beklagen. Der Täter war ein der Polizei bekannter Islamist.
Ich verurteile und verabscheue diese Taten zutiefst! Mein Mitgefühl und meine Gebete sind bei den Opfern. Bisher habe ich geschwiegen, weil diese Verurteilung eine einzige große Selbstverständlichkeit ist. Es ist unerträglich, dass ein Lehrer angegriffen wird, der sich der schweren und derzeit auch in Deutschland zu Unrecht wenig populären Aufgabe stellt, die nachwachsende Generation zu bilden und auf das Leben vorzubereiten. Es ist unerträglich, dass nun in Frankreich Christen, Schwestern und Brüder, in einer Kirche ermordet werden. Wo bleibt eigentlich der Aufschrei: „Je suis l‘église“ – „Ich bin Kirche“? Ich versuche folgende Erklärung: Christinnen und Christen werden immer noch als stabile meinungsgebende Mehrheit wahrgenommen, die keinen besonderen Schutz und auch kein Mitleid benötigt. Dies entspricht gerade in Frankreich schon seit der Französischen Revolution nicht mehr der Wirklichkeit. Ja, und das lerne ich immer wieder, es ist notwendig, auch das Selbstverständliche laut, unmissverständlich und notfalls auch wiederholt auszusprechen.
Mein Zögern liegt aber in einem weiteren Umstand begründet, der eine solche Stellungnahme ausgesprochen verkompliziert und erschwert: Ich lehne die sognannten Mohamed-Karikaturen ab, ohne damit die Bluttaten auch nur im Geringsten rechtfertigen oder auch nur erklären zu wollen. Ich kann einfach nicht verstehen, warum nun mittlerweile der ganze französische Staat sein Verständnis von Freiheitsrechten an der Möglichkeit religiöser Beleidigung durch die Mohamed-Karikaturen fest macht. In Deutschland gilt immer noch § 166 des Strafgesetzbuches, in dem es heißt: „(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.…“ Dabei ist mir bewusst, dass dieser Paragraf eigentlich kaum noch anzuwenden ist und dass manches, was zunächst als Blasphemie bezeichnet wurde, später in der christlichen Kunst anerkannt wurde. Aber wieso es grundsätzlich ein Freiheitsrecht sein soll, andere religiös zu beleidigen und zu verletzen, vermag ich nicht zu verstehen. Jesus sagt: „Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch! Das ist das Gesetz und die Propheten.“ (Matthäus 7,12).
Übrigens leben Christen seit 2000 Jahren mit einer sehr bekannten Karikatur. Die älteste Kreuzesdarstellung zeigt Christus mit einem Eselskopf. Römische Soldaten hatten dieses Spottkreuz an eine Kasernenwand geritzt, um ihren christlichen Gefährten mit Namen Alexamenos zu beleidigen. Das Kreuz selbst war und ist ein Zeichen der Schande und Erniedrigung, das gleichwohl zum Heilszeichen geworden ist. Aber wie schon gesagt: Die sinnlose und menschenverachtende islamistische Gewalt ist durch diesen Umstand nicht zu erklären.
Lieber Herr Z., das bringt mich schließlich zu einem weiteren Punkt, der eine Stellungnahme so schwierig macht. Der gesunde Menschenverstand fragt nach solch einer Serie von Gewalt, ob das alles nicht doch etwas mit dem Islam als Religion zu tun hat. Natürlich halte ich die Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus für unverzichtbar, denn die ganz überwiegende Zahl von Menschen muslimischen Glaubens lebt friedlich in Europa und trägt ganz erheblich zu unserem gemeinsamen Wohlergehen bei. Sie sind eben nicht mit den irregeleiteten Gewalttätern in Zusammenhang zu bringen und verdienen unvermindert unseren Respekt und freundliche Nachbarschaft.
Aber die Frage stellt sich auf grundsätzlicher Ebene doch, ob der Islam mit dem westlichen Wertesystem, mit Freiheitsrechten, mit Toleranz und einer bestimmten Form offener gesellschaftlicher Austragung von Konflikten kompatibel ist, da er die Unterscheidung zwischen Staat und Religion nicht nachvollzieht. Was den christlichen Kirchen mit den Worten Jesu sozusagen in die Wiege gelegt ist – „Gebt der Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist" (Matthäus 22,21) – und was die westlichen Gesellschaften und ihre Kirchen über Jahrhunderte in schmerzhaften und teilweise auch kriegerischen Erfahrung erstritten haben, nämlich eine konsequente Unterscheidung ihrer jeweiligen Interessen, ist dem Islam fremd. Diese Frage gehört in den öffentlichen Diskurs unserer Gesellschaften, nicht um Menschen muslimischen Glaubens zu diskriminieren, sondern um ihnen die Bedeutung und die Grundlagen westlicher Werte deutlich zu machen, ja, und sie darauf auch zu verpflichten.
Für Ihr Nachfragen, lieber Herr Z. danke ich Ihnen, denn Sie haben mich zum Nachdenken gebracht.
Ihr Bischof Hans-Jörg Voigt D.D.