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SELK-Aktuell

Gedenkstelle für Sternenkinder in Radevormwald


Die Martini-Gemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) hat eine Gedenkstelle für Sternenkinder eingerichtet. Im Folgenden wird das Projekt näher vorgestellt.

Sternenkinder

Schon zu Jahresbeginn ist die Gedenkstelle für Sternenkinder auf dem Friedhof der Martini-Gemeinde der SELK in Radevormwald durch eine gemeinsame Initiative von Friederike und Gemeindepfarrer Florian Reinecke in Zusammenarbeit mit der Friedhofskommission der Martini-Gemeinde, einem ortsansässigen Gärtner und einem ebenfalls in Radevormwald tätigen Steinmetz fertiggestellt worden und dient als Ort der Trauer über die in zu vielen Fällen von außen unsichtbaren und zu selten anerkannten Verluste von Kindern, die während oder kurz nach der Schwangerschaft und Geburt – egal ob früh oder spät – verstorben sind. Die erste geplante Andacht zur „Inbetriebnahme“ konnte wegen der Beschränkungen durch die Verordnungen anlässlich der Corona-Pandemie nicht stattfinden.

Eine erste Andacht

Am Samstag, 17. Oktober, fand an der Gedenkstätte für die Sternenkinder nun aber endlich eine erste Andacht statt. Zu dieser Erinnerungsfeier im Anschluss an die internationale Gedenkwoche für Sternenkinder waren alle Betroffenen aus Radevormwald eingeladen, die selbst ein Kind (oder Enkel- oder Geschwisterkind) während oder kurz nach der Schwangerschaft verloren haben. Dabei war gar nicht wichtig, ob das Erleben und Erleiden sehr frisch ist oder bereits viele Jahre zurückliegt.

Die Andacht, in der der auf dem Stein befindliche Vers „Heile du mich, HERR, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen“ aus dem biblischen Buch des Propheten Jeremia (Kapitel 17, Vers 14) ausgelegt wurde, haben Friederike und Florian Reinecke gemeinsam gehalten und verwiesen dabei die Anwesenden in ihrer Trauer und ihrem Schmerz auf die Gegenwart Gottes, der Hilfe und Heilung für verwundete Herzen und Seelen schenkt.

Im Anschluss an die Andacht gab es im Gemeindehaus der Martini-Gemeinde die Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen, persönliche Erfahrungen auszutauschen und sich über ausliegendes Material weiter zu informieren. Eine solche Andacht zum Gedenken an all die Kinder, die nicht geblieben sind, soll es nun jährlich geben.

Wertschätzende Reaktionen

Eine Veröffentlichung der Radevormwalder Sternenkinder-Gedenkstelle im Rahmen des Instagram-Auftrittes der SELK stieß dort auf große Zustimmung und führte auch zu wertschätzenden Kommentaren. So schrieb der Verein Sterneneltern Achim e.V.: „Wie wundervoll. Es ist so schön zu sehen, wie die Kinder immer mehr einen Platz in unserer Gesellschaft bekommen und die Eltern mit ihrer Trauer, ihren Sorgen und Ängsten wahr genommen werden. Vielen Dank für euer Engagement.“ Und Svana Seidel (kreativwerkstatt.art), die ihren Instagram-Auftritt „erinnerungsbuch-sternenkinder“ überschrieben hat, kommentiert: „Wie schön, dass es jetzt auch etwas bei euch gibt, das Sternenkinder sichtbar macht.“

SELK-Hochschule beginnt die Vorlesungszeit


Mit einem Gottesdienst in der örtlichen St.-Johannes-Kirche eröffnete die Lutherische Theologische Hochschule Oberursel (LThH), die von der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) getragen wird, am 20. Oktober die Vorlesungszeit des Wintersemesters 2020/21.


Oberursel

In seiner Predigt nahm der Rektor, Prof. Dr. Christoph Barnbrock, in Auslegung einer biblischen Heilungsgeschichte unter anderem Bezug auf die derzeit geltenden Kontakteinschränkungen und stellte demgegenüber heraus, wie Jesus bei der Heilung eines Aussätzigen diesen berührt und so alle Distanzen überwunden habe. Zwar sei es nicht angemessen, leichtfertig die geltenden Kontaktbeschränkungen außer Acht zu lassen, aber es sei doch tröstlich, dass Jesus Christus sich durch nichts habe davon abhalten lassen, die Distanz zwischen Gott und uns Menschen zu überwinden. Nicht einmal die kleinste Restdistanz sei geblieben. Der Gottesdienst ist auf dem YouTube-Kanal der Hochschule als Aufzeichnung zu finden: https://youtu.be/DIfhrTcY8nU.

An den Gottesdienst schloss sich die Vorstellung der Lehrveranstaltungen an, diesmal aus Gründen des Infektionsschutzes ebenfalls in der St.-Johannes-Kirche. Zu den Angeboten dieses Semesters gehören neben den Veranstaltungen der Professoren und Sprachlehrerinnen und Sprachlehrer unter anderem auch Übungen von Pfarrer Dr. Armin Wenz und Missionsdirektor Roger Zieger. Die bestbesuchte Lehrveranstaltung ist erneut die Bibelkunde-Übung, in der die Teilnehmenden, unter Leitung des wissenschaftlichen Assistenten Niklas Brandt, die prophetischen Bücher des Alten Testaments lesen und in ihrer Grundstruktur und ihrem Grundanliegen kennenlernen. Zwei andere Lehrveranstaltungen in diesem Semester ergänzen sich gegenseitig: Prof. Dr. Gilberto da Silva führt in einer Vorlesung in die „Geschichte der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK)“ ein. In einer weiteren Übung beleuchtet Pastoralreferentin Dr. Andrea Grünhagen als Gastdozentin „Das Verhältnis von Erweckung und lutherischem Bekenntnis in der Vorgeschichte der SELK“. Über den eigenen Tellerhand hinaus schauen unter anderem die Lehrveranstaltungen „Einführung ins Judentum“ mit Dr. Walburga Zumbroich und „Trauer und Trauma in Seelsorge und Psychotherapie“ mit Bischof Hans-Jörg Voigt D.D. und Dr. Gudrun Schätzel.

Angesichts der Tatsache, dass im Hochtaunuskreis die Sieben-Tage-Inzidenz von Coronafällen deutlich über 50 liegt, findet der Semesterstart unter erhöhten Hygieneauflagen statt. Trotzdem sei man dankbar, so Barnbrock gegenüber selk_news, dass in diesem Semester der Präsenzunterricht wieder möglich sei. Zugleich seien die guten Erfahrungen mit Online-Lösungen aus dem Sommersemester hilfreich, um bei Bedarf auf eine Alternativlösung zurückgreifen zu können, falls der Präsenzunterricht in dieser Form in den nächsten Wochen nicht mehr möglich sein sollte.

Im Wintersemester sind 22 Studierende an der LThH eingeschrieben. Unter ihnen sind drei Studenten aus dem Raum der SELK, die in diesem Wintersemester neu mit dem Theologiestudium begonnen haben.

Neu: Gemeindeadministrator


Interview mit Bernhard Daniel Schütze


Die Trinitatisgemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) in Frankfurt am Main erlebt zurzeit eine Doppelvakanz. Der Gemeinde wurde angesichts dieser Situation für die Dauer von einem Jahr eine Teildienststelle gewährt, auf der ein Gemeindeadministrator vielfältige Aufgaben übernimmt - ein neues Berufsbild in der SELK. SELK.de hat mit dem Stelleninhaber, Bernhard Daniel Schütze, ein Interview geführt.

Schütze

SELK.de: Herr Schütze, Sie sind seit dem 1. September für die Dauer von einem Jahr mit einem Teildienstverhältnis („halbe Stelle“) im Dienst der SELK tätig. Stellen Sie sich unseren Leserinnen und Lesern bitte kurz vor.


Schütze: Ich bin 28 Jahre alt und komme ursprünglich aus Niedersachsen. Nach Stationen in Hermannsburg und Farven bin ich im Anschluss an mein Abitur nach Hessen gezogen. In Oberursel/Taunus wohnend habe ich 2011-2012 ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in der Frankfurter SELK-Gemeinde absolviert und anschließend in Frankfurt am Main Gymnasiallehramt für die Fächer „Ev. Religion“ und „Politik & Wirtschaft“ studiert. Im Herbst 2018 zog ich nach Gießen und habe dort mein Referendariat begonnen. Da ich feststellen musste, dass der Lehrerberuf für mich persönlich doch nicht der richtige Beruf ist, habe ich mein Referendariat Anfang dieses Jahres abgebrochen und bin inzwischen erneut in der SELK-Gemeinde Frankfurt tätig.

SELK.de: Ihr Dienst in der Trinitatisgemeinde Frankfurt am Main ist der eines „Gemeindeadministrators“. Das ist ein neues Berufsbild in unserer Kirche. Was sind Ihre Aufgaben?

Schütze: Als Gemeindeadministrator übernehme ich zahlreiche organisatorische und administrative Aufgaben, die in der Gemeinde anfallen. Es handelt sich also insbesondere um eine Tätigkeit im Pfarrbüro. So führe ich die Gemeindekartei und die Kirchenbücher, stelle die Erreichbarkeit der Gemeinde sicher und unterstütze die Gottesdienstleitenden im Vorfeld durch Zusammenstellung von Bekanntmachungen, Erstellung der Gottesdienstblätter sowie Hinweise auf Besonderheiten.

SELK.de: Es handelt sich also um einen Bürojob.

Schütze: Auch. Aber nicht nur: Ich bin als Gemeindeadministrator auch für die Räumlichkeiten zuständig und habe beispielsweise sicherzustellen, dass diese für Gottesdienste und andere Veranstaltungen angemessen vorbereitet sind. Das geht vom Antependienwechsel über die Kerzenpflege bis zur Sicherstellung von geheizten Räumen und der Getränkebereitstellung. Grundsätzlich soll ich mit offenen Augen und Ohren präsent sein, wahrnehmen und anfallende Arbeiten erledigen oder aber an die dafür Zuständigen weiterleiten. Insbesondere das vielfältige ehrenamtliche Engagement in der Gemeinde soll durch den Gemeindeadministrator sichergestellt und unterstützt werden. Vielleicht lässt sich die Stelle beschreibend als „koordinierende Tätigkeit zur Gemeindeorganisation, Mitarbeiterunterstützung und Gebäudebetreuung“ umreißen. Auch Aufgaben in Ökumene, Öffentlichkeitsarbeit sowie die Leitung der Gemeindebriefredaktion gehören zu meinem vielfältigen Tätigkeitsfeld.

SELK.de: Wie ist die Gemeinde darauf gekommen, für ein Jahr solch eine Stelle zu beantragen?

Schütze: Die Trinitatisgemeinde Frankfurt ist mit rund 800 Gemeindegliedern eine recht große Gemeinde der SELK mit zwei Pfarrstellen. Im letzten Jahr ist Pfarrer Michael Zettler in den Ruhestand gegangen und eine der beiden Pfarrstellen ist seitdem unbesetzt. Am 27. September hatten wir nun den Abschiedsgottesdienst von Pfarrer Christian Hildebrandt, der zum 1. Oktober nun ebenfalls in den Ruhestand getreten ist. Da bisher noch keine neuen Pfarrer berufen werden konnten, steht der Gemeinde eine Zeit bevor, in der erstmals beide Pfarrstellen gleichzeitig vakant sind. Bei den Überlegungen, wie in dieser Situation zum einen die Ehrenamtlichen der Gemeinde nicht überlastet, zum anderen die anfallenden Aufgaben dennoch gut bewältigt werden können, entstand die Idee zur Schaffung der Stelle eines Gemeindeadministrators, der zumindest viele der organisatorischen und administrativen Aufgaben, die bisher beide oder einer der Pfarrer übernommen haben, übernehmen kann. Gemeinsam mit den entscheidenden Gremien von Bezirk und Gesamtkirche wurde die Stelle in den letzten Monaten eingerichtet. Sie ist bei der Gesamtkirche angesiedelt – die Gesamtkirche ist also mein Arbeitgeber, in der alltäglichen Arbeit bin ich jedoch dem Kirchenvorstand der Trinitatisgemeinde zugeordnet.

SELK.de: Was hat Sie gereizt, diese Stelle anzunehmen?

Schütze: Ich bin ein recht strukturierter Mensch, der gerne organisiert und den Überblick hat. Zugleich arbeite ich gerne für und mit Menschen. Da ich mich gerne in der Kirche einbringe und auf verschiedene Weise das kirchliche Leben und die Glaubenspraxis im kirchlichen Rahmen mitgestalte, handelt es sich bei der Stelle des Gemeindeadministrators durchaus um eine attraktive Stelle für mich. Nicht bestreiten kann ich zudem, dass ich den Bedarf in meiner ehemaligen Gemeinde gesehen habe und ich dieses neue Berufsbild als durchaus zukunftsorientiert ansehe. Wir haben in unserer Kirche einen immer größeren Pastorenmangel. Aus diesem Grund müssen wir neue Wege gehen, wobei ich keinesfalls an der Qualifikation und Ausbildung der Pastoren sparen möchte. Allerdings halte ich es für notwendig, Konzepte für die zunehmenden Vakanzen zu entwickeln und unsere Pastoren von vielen administrativen Aufgaben möglichst zu entlasten, damit sie sich auf ihren Hauptauftrag der Verkündigung und der Seelsorge – in Verantwortung für immer mehr Gemeinden je Pastor – konzentrieren können. In dieser Gesamtlage das neue Berufsbild des Gemeindeadministrators selbst mit „auszuprobieren“ hatte und hat – trotz der Befristung und der Teilzeitregelung – für mich einen besonderen Reiz.

SELK.de: Wie sind Ihre ersten Eindrücke nach knapp vier Wochen Ihrer neuen Tätigkeit?

Schütze: Zuallererst bemerke ich eine große Erleichterung und Dankbarkeit in der Gemeinde, dass es auch in der Zeit der Doppelvakanz eine Person gibt, die als Ansprechpartner und Schnittstelle für Außenstehende sowie Gemeindeglieder und -gruppen koordiniert und sich gemeinsam mit den ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern um vieles kümmert. Zugleich stelle ich wieder einmal fest, wie viele Aufgaben unsere Pastoren – neben der Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung sowie den anderen in der Pfarrerdienstordnung aufgeführten Aufgaben – wahrnehmen. Hierbei handelt es sich nicht nur um eine Vielzahl, sondern auch um eine zeitintensive Fülle von Aufgaben. Auch ist festzustellen, dass es viel Wissen gibt, das weitergegeben werden muss, um zu verhindern, dass es bei Pfarrerweggängen verloren geht. Somit ist der Einarbeitungsmonat bis zur Verabschiedung von Pfarrer Hildebrandt recht schnell vergangen. Dadurch, dass in den letzten Wochen in der Frankfurter Trinitatisgemeinde zudem sowohl die Konfirmation als auch der Verabschiedungsgottesdienst von Pfarrer Hildebrandt lagen, haben sich direkt einige Mehrarbeitsstunden angesammelt – ich bin sehr gespannt, wie sich Arbeitsweise und Arbeitszeitverteilung in den kommenden Wochen, wenn sich die Arbeit „normalisiert“, darstellen werden. Durch das ganz neue Berufsbild sind wir auch in diesem Bereich in einem spannenden Experimentierfeld. Ich muss aber sagen, dass mein erster Eindruck ein sehr positiver ist: Die Gemeinde hat mich sehr freundlich willkommen geheißen, die Zusammenarbeit mit dem Kirchenvorstand verläuft sehr gut und meine Tätigkeit mit all den neuen Aufgaben ist abwechslungsreich und bereitet mir viel Freude. Ich habe den Eindruck, einen sinnvollen und für die Gemeindepraxis möglicherweise auch zukunftsweisenden Beruf auszuüben.

SELK.de: Sie sind auch ehrenamtlich in der Kirche unterwegs. In welchen Bereichen?

Schütze: Ehrenamtlich bin ich in der SELK insbesondere in der Jugendarbeit aktiv und arbeite in einigen Arbeitsgruppen (AG) des Jugendwerkes der SELK mit. So betreue ich etwa als Mitglied der Öffentlichkeitsarbeits-AG die facebook-Seite des Jugendwerkes. Auch in der AG, die das in der Regel jährlich stattfindende Jugendfestival (JuFe) als gesamtdeutsche Jugendveranstaltung mit ca. 320 Teilnehmern organisiert, bin ich engagiert. Zudem darf ich die AG zur Erstellung eines neuen, vierten Bandes der CoSi-Jugendliederbuchreihe leiten. In der Jugendarbeit „vor Ort“ konnte ich in den letzten anderthalb Jahren die Gemeinde Dreihausen bei dem Neuaufbau eines Jugendkreises unterstützen. Auch als Synodaler bei Kirchen- und Bezirkssynoden bringe ich mich gerne ein. Ein weiterer Bereich, in dem ich aktiv bin, ist die Kirchenmusik. In den letzten Monaten habe ich mehrfach unseren Gottesdienst in Grünberg auf der Trompete musikalisch mitgestalten dürfen. Im Kirchenmusikalischen Arbeitskreis Süd (KAS) bin ich Bläserdelegierter für den Kirchenbezirk Hessen-Süd und seit 2015 darf ich in der Gesangbuchkommission der SELK an der Erstellung des neuen Evangelisch-Lutherischen Kirchengesangbuches (ELKG) mitarbeiten.

SELK.de: Nun handelt es sich bei der Stelle des Gemeindeadministrators um ein Teildienstverhältnis mit 19,5 Std./Woche. Was machen Sie mit dem Rest der Zeit? Üben Sie noch einen weiteren Beruf parallel aus?

Schütze: Bisher noch nicht. Zwar ist das geplant, doch hat sich das leider noch nicht ergeben. Langweilig ist mir dennoch bislang nicht geworden: Da ich Ende Oktober von Gießen nach Frankfurt umziehen werde, gibt es einiges dafür vorzubereiten und insbesondere nach den zahlreichen Veranstaltungsverschiebungen aufgrund der Corona-Pandemie gibt es nun zahlreiche Termine und Aufgaben in verschiedenen Ehrenämtern wahrzunehmen. Somit nutze ich die aktuelle Zeit, den Umzug vorzubereiten, Unerledigtes nachzuholen und vieles ehrenamtlich zu erarbeiten – und hoffe, nach meinem Umzug eine weitere Teilzeitbeschäftigung aufnehmen zu können, die sich gut mit der Tätigkeit als Gemeindeadministrator kombinieren lässt.

SELK.de: Vielen Dank für das Interview und herzliche Segenswünsche für Ihre Arbeit als Gemeindeadministrator!

Unser Bekenntnis – Artikel 5: Vom kirchlichen Amt

 
Das Augsburger Bekenntnis (Confessio Augustana) ist die grundlegende Bekenntnisschrift der im Konkordienbuch (1580) abgedruckten verbindlichen Bekenntnisse der Kirche der lutherischen Reformation. In loser Folge lesen Sie hier Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln von Pfarrer Dr. Gottfried Martens D.D. (Berlin-Steglitz).

Altar

Damit wir diesen Glauben erlangen, hat Gott das Amt der Predigt des Evangeliums und der Austeilung der Sakramente eingesetzt. Denn durch das Wort und die Sakramente wird wie durch Instrumente der Heilige Geist gegeben, der den Glauben – wo und wann es Gott will – in denen wirkt, die das Evangelium hören, nämlich dass Gott nicht um unserer Verdienste willen, sondern um Christi willen diejenigen rechtfertigt, die glauben, dass sie um Christi willen in die Gnade aufgenommen werden.


Sie verdammen die Wiedertäufer und andere, die meinen, der Heilige Geist werde den Menschen ohne das leibliche Wort des Evangeliums durch ihre eigenen Bereitungen, Gedanken und Werke zuteil.

Der vierte und fünfte Artikel des Augsburger Bekenntnisses sind gleichermaßen grammatisch und sachlich ganz eng aufeinander bezogen. Ging es im vierten Artikel darum, dass uns die Rechtfertigung „durch den Glauben“ zuteil wird, so wird nun im fünften Artikel beschrieben, wie sich dieses „durch den Glauben“ vollzieht. Dabei wird der Glaube in bestimmte für ihn konstitutive Zusammenhänge gestellt – und damit wird zugleich bestimmten nicht nur damals, sondern auch heute weit verbreiteten Missverständnissen des Glaubens gewehrt. So ist gerade dieser fünfte Artikel des Augsburger Bekenntnisses für Verkündigung und Praxis der lutherischen Kirche von besonderer Bedeutung.

Der fünfte Artikel betont zunächst einmal, dass der Glaube von außen auf den Menschen zukommt. Er ist keine natürliche Anlage, die schon von vornherein im Menschen schlummert und dort nur zum Leben erweckt werden muss. Sondern dem Menschen fehlt von Natur aus, so hatte es schon der zweite Artikel deutlich gemacht, der Glaube, durch den der Mensch sich im rechten Verhältnis zu Gott befindet. Von daher muss der Glaube, wie der fünfte Artikel formuliert, „erlangt“ und „gewirkt“ werden. Wenn das Augsburger Bekenntnis vom Glauben spricht, meint es also nicht eine menschliche „Gläubigkeit“, sondern eine neue Beziehung zu Gott, in die der Mensch versetzt wird.

Gewirkt wird der Glaube, so betont es der fünfte Artikel, durch den Heiligen Geist. Genauso hat es auch Martin Luther im Kleinen Katechismus formuliert: „Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten.“

Genau an diesem Punkt beschreibt der fünfte Artikel des Augsburger Bekenntnisses aber nun eine entscheidende Weichenstellung: Der Heilige Geist wird „tamquam per instrumenta“, „wie durch Instrumente“ gegeben: Er wirkt nicht unmittelbar „von oben herab“, sondern durch „Mittel“, die man in der kirchlichen Fachsprache darum auch „Gnadenmittel“ nennt. Diese Gnadenmittel sind das Wort und die Sakramente.

Dass das Wort ein „Gnadenmittel“ sein soll, leuchtete schon damals auf dem Reichstag in Augsburg der Gegenseite nicht ein und leuchtet auch in unserer heutigen Zeit mit ihrer Informationsüberflutung den meisten Menschen nicht ein. Das „Wort“ wird häufig nur als eine Art von Information angesehen, die der Mensch verstehen und gegebenenfalls umsetzen muss. Es verliert als Kommunikationsmittel in unserer immer stärker visuell ausgerichteten Zeit zunehmend an Bedeutung und wird nicht selten zu einer Art von „Hintergrundgeräusch“ degradiert.

Es bedarf von daher heutzutage gerade im kirchlichen Bereich immer neuer Bemühungen, deutlich zu machen, welche Bedeutung das „Wort“ im christlichen Glauben hat und was das ganz konkret auch für das Verständnis des christlichen Gottesdienstes bedeutet. Das Wort, das im Gottesdienst und darüber hinaus in der Kirche verkündigt wird, ist eben nicht menschliches Gequassel, sondern Wort Gottes. Und Gottes Wort ist im Unterschied zum Menschenwort nicht bloß Gerede, sondern wirkmächtiges Wort, das eben dadurch, dass es ausgesprochen und verkündigt wird, wirkt, was es sagt. Am deutlichsten wird dies natürlich in den Sakramentsworten erkennbar: Wenn die Worte Christi bei der Taufe gesprochen werden, dann geschieht durch eben dieses Wort, verbunden mit dem Wasser, die neue Geburt und die Rettung zum ewigen Leben. Das Wort, das die Vergebung der Sünden zuspricht: „Dir sind deine Sünden vergeben“, ist nicht nur eine unverbindliche Absichtserklärung oder Ausdruck einer Hoffnung und erst recht nicht bloß die persönliche Meinung dessen, der diese Worte spricht. Sondern kraft der Zusage Christi bewirken diese Worte, was sie sagen: „Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen.“ (St. Johannes 20,23) Dasselbe gilt beim Heiligen Mahl: Wenn die Stiftungsworte Christi über den Elementen von Brot und Wein gesprochen bzw. gesungen werden, dann bewirken diese Worte, dass das Brot der Leib Christi und der Wein das Blut Christi ist. Die Realität, die durch diese Worte gesetzt wird, besteht unabhängig vom Glauben dessen, der die Worte spricht, und unabhängig vom Glauben derer, die die Worte hören, mit einem lateinischen Fachausdruck: Sie wird „ex opere operato“ gesetzt, eben dadurch, dass die Stiftung Christi vollzogen wird, indem gesagt und getan wird, was er befohlen hat. Aber selbstverständlich zielt die Setzung dieser Realität in den Sakramenten auf den Glauben derer, die sie empfangen. Und das gilt in genau dergleichen Weise auch für die Predigt im Gottesdienst: Sie ist keine religiöse Rede, erst recht nicht auflockernde Unterhaltung, sondern Weitergabe des Evangeliums in konzentrierter Form. Es geht in ihr darum, wie es der fünfte Artikel formuliert, „dass Gott nicht um unserer Verdienste willen, sondern um Christi willen diejenigen rechtfertigt, die glauben, dass sie um Christi willen in die Gnade aufgenommen werden.“ Es geht darum, dass Menschen durch das Wort in das rechte Verhältnis zu Gott gesetzt werden und dass dieses Wort dabei so verkündigt wird, dass bei den Zuhörern ja nicht das Missverständnis entsteht, sie müssten zu diesem rechten Verhältnis zu Gott selber einen Beitrag leisten. Ebenso wenig darf die Predigt aber auch den Eindruck erwecken, als ginge es in ihr nur um die Weitergabe allgemeiner Wahrheiten. Sondern der Hörer soll vernehmen, dass es um ihn geht, dass er um Christi willen „in die Gnade“, also in dieses rechte Verhältnis zu Gott, versetzt und aufgenommen wird. In der Predigt wird also das ewige Heil an die ausgeteilt, die diese Predigt hören. Auch die Predigt ist von daher Gnadenmittel – ein so bedeutsames, dass der deutsche Text des Augsburger Bekenntnisses von daher sogar das kirchliche Amt insgesamt als „Predigtamt“ bezeichnen kann, ohne damit natürlich eine Überordnung des gepredigten Wortes gegenüber dem Wort in Sakramentsform zu behaupten.

„Instrumente“ des Heiligen Geistes sind Wort und Sakrament, die Gnadenmittel. Im Konfirmandenunterricht gebrauche ich immer wieder ein sehr einfaches Beispiel: Wenn ihr Strom haben wollt, könnt ihr den Stecker des Geräts, für das ihr den Strom braucht, nicht einfach in die Luft halten und darauf warten, dass dort irgendwo der Strom fließt. Sondern ihr müsst den Stecker schon in die Steckdose stecken. So ist das auch mit dem Glauben: Wenn ihr den Heiligen Geist bekommen wollt, dann könnt ihr euch nicht sonntags morgens ins Bett legen und darauf warten, dass ihr dort mit einem Mal den Heiligen Geist empfangt. Sondern ihr müsst schon von den Steckdosen des Heiligen Geistes Gebrauch machen. Verzichten könnt ihr auf die keinesfalls: Sonst geht es euch mit eurem Glauben irgendwann wie eurem Handy. Wenn ihr das nicht aufladet, ist irgendwann der Akku alle, und ihr könnt damit nicht mehr kommunizieren.

Wenn wir von den Gnadenmitteln Gebrauch machen, dürfen wir gewiss sein, dass der Heilige Geist in ihnen und durch sie wirkt: Wir begeben uns durch die Gnadenmittel immer wieder in das Kraftfeld des Heiligen Geistes. Wann und wo der Heilige Geist durch diese Gnadenmittel allerdings den Glauben wirkt, das haben wir selber nicht mehr in der Hand. Kein Mensch kann bei einem anderen Menschen den Glauben wirken; kein Mensch hat den Heiligen Geist so in der Hand, dass der Heilige Geist das tut, was der Mensch gerne möchte. Und erst recht können wir dem Heiligen Geist nicht mit irgendwelchen Tricks nachhelfen, um dadurch einen Menschen „rumzukriegen“ zum Glauben. Dies ist für uns oft eine sehr schmerzliche Erfahrung, wenn wir es miterleben müssen, dass Menschen, die uns sehr nahestehen, ja, denen wir vielleicht über viele Jahre das Evangelium nahezubringen versucht haben, von eben diesem Evangelium nichts wissen wollen. Da legt sich dann leicht der Gedanke nahe, ob wir vielleicht in der Vermittlung des Evangeliums versagt haben oder ob es umgekehrt nicht vielleicht doch noch Wege gibt, wie wir diese Menschen zum Glauben bewegen können. Doch es bleibt dabei: „ubi et quando visum est Deo“ – „wo und wann Gott will“.

Diese Einschränkung bezieht sich jedoch nur darauf, wann und wo Gott durch den Heiligen Geist den Glauben wirkt. Mitunter wird dieser Satz fälschlich so ausgelegt, als ob sich der Heilige Geist überhaupt nicht an die Gnadenmittel gebunden habe und wir darum gar nicht wissen könnten, ob etwa ein Kind in der Taufe tatsächlich den Heiligen Geist empfängt oder ob wir beim Hören des Evangeliums tatsächlich dem Wirken des Heiligen Geistes ausgesetzt sind. Doch, der Heilige Geist ist da und wird gegeben. Aber wann und wo dadurch der Glaube gewirkt wird, das bleibt allein Gottes Sache.

Eines steht jedoch fest: Der Glaube kommt aus dem Hören (Römer 10,17): Der Heilige Geist wirkt den Glauben bei denen, die das Evangelium hören, formuliert der fünfte Artikel. Wir können nicht damit rechnen, dass Gott an der Verkündigung, an den Gnadenmitteln vorbei Glauben wirkt – auch wenn wir ihm seine Freiheit, auch andere Wege zu den Menschen zu finden, damit nicht bestreiten wollen. Vom Zeugnis des Neuen Testaments her ist jedoch klar: Der Glaube, durch den wir im rechten Verhältnis zu Gott stehen, ist immer kirchlicher Glaube; er hat seinen Ort in der Kirche, wo er durch die Gnadenmittel immer wieder neu geweckt und gestärkt wird. Von daher trägt der fünfte Artikel bezeichnenderweise die Überschrift „Vom kirchlichen Amt“. Im 14. Artikel wird noch spezifisch von der Ordination die Rede sein. Aber auch hier, wo es um die Frage von Glauben und Rechtfertigung geht, betont das Augsburger Bekenntnis schon, dass Kirche und Amt mit Glauben und Rechtfertigung unmittelbar verbunden sind. Weil die Austeilung der Gnadenmittel nicht direkt vom Himmel, sondern durch Menschen geschieht, weil das Evangelium nicht einfach bloß irgendwie „im Schwange geht“, sondern gepredigt wird durch Menschen, die nach dem Zeugnis des Neuen Testaments gesandt sein müssen (vgl. Römer 10,15), muss auch an dieser Stelle schon vom „Predigtamt“ die Rede sein.

Dies ist gewiss eine Provokation für all diejenigen, die glauben, sie könnten sich auch unabhängig von Kirche und Gottesdienst zu Hause ihren eigenen Glauben bilden. Es ist eine Provokation für all diejenigen, die den Heiligen Geist und den Glauben mit bestimmten Emotionen verwechseln, die man angeblich haben muss, um wirklicher Christ sein zu können. Es ist eine Provokation für all diejenigen, die den Heiligen Geist an irgendwelchen spektakulären Erfahrungen und Erscheinungen festzumachen versuchen oder behaupten, man müsse sein Wirken irgendwie „spüren“ können. Und es ist in unserer heutigen esoterisch angehauchten Zeit auch eine Provokation für all diejenigen, die meinen, auch durch Meditationsübungen oder andere Praktiken Verbindungen mit „dem Göttlichen“ aufnehmen zu können: Der rettende Glaube wird nach dem Willen Gottes durch ganz unscheinbare Zeichen geschenkt, eben durch die „Instrumente des Heiligen Geistes“: Wort und Sakrament.


Foto: Altarraum der Christus-Kirche in Wrestedt, Ortsteil Nettelkamp

Unser Bekenntnis – Artikel 6: Vom neuen Gehorsam

 
Das Augsburger Bekenntnis (Confessio Augustana) ist die grundlegende Bekenntnisschrift der im Konkordienbuch (1580) abgedruckten verbindlichen Bekenntnisse der Kirche der lutherischen Reformation. In loser Folge lesen Sie hier Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln von Dr. Gottfried Martens D.D., Pfarrer der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) in Berlin-Steglitz.

Trauben

Es wird gelehrt, dass dieser Glaube gute Frucht und gute Werke bringen soll, und dass man allerlei gute Werke tun müsse, die Gott geboten hat, und zwar um Gottes willen; es wird gelehrt, aber nicht auf solche Werke in der Meinung zu vertrauen, dass wir durch unsere Werke Gottes Gesetz erfüllen oder wegen unserer Werke als gerecht betrachtet werden. Denn wir empfangen Vergebung der Sünde und werden als gerecht betrachtet durch den Glauben um Christi willen, wie Christus spricht: „Wenn ihr das alles getan habt, sollt ihr sprechen: Wir sind unfähige Knechte.“ (Die Bibel: Das Evangelium nach Lukas, Kapitel 17, Vers19). So lehren auch die Kirchenväter, denn Ambrosius spricht: „So ist es beschlossen von Gott, dass, wer an Christus glaubt, selig sei und nicht durch Werke, sondern allein durch den Glauben, ohne Verdienst, Vergebung der Sünden habe.“


Ein immer wiederkehrender Vorwurf gegen die Lehre des lutherischen Bekenntnisses, dass wir vor Gott gerecht werden „aus Gnade um Christi willen durch den Glauben“, besteht darin, dass diese Lehre die Menschen „faul“ macht, sie ethisch verkommen lässt und sie geradezu davon abhält, gute Werke zu tun – wenn die doch zum Erlangen der Seligkeit gar nicht nötig sind.

Mit eben diesem Einwand setzt sich Melanchthon im sechsten Artikel des Augsburger Bekenntnisses auseinander – und macht dabei zugleich deutlich, dass das Leben des Christen und seine Werke durchaus Gegenstand lutherischer Verkündigung ist: Eindrücklich betont er die Notwendigkeit guter Werke für das Leben des Christen, indem er gleich zweimal davon spricht, dass der Glaube gute Werke hervorbringen soll und dass man gute Werke tun muss. Der Zusammenhang macht jedoch umgehend deutlich, was mit diesem „soll“ und „muss“ gemeint ist: Der Christ tut gute Werke nicht, weil er von Gott unter Druck gesetzt oder gezwungen wird – oder gar aus Angst, vielleicht nicht genügend gute Werke im letzten Gericht Gottes vorweisen zu können. Sondern die guten Werke sind „gute Früchte“, wie Melanchthon mit Bezug auf den Sprachgebrauch des Neuen Testaments (z.B. Matthäus 7,16+17; 12,33; Lukas 13,6-9; Johannes 15,1-5; Römer 6,21+22; Galater 5,22) formuliert: Sie wachsen gleichsam von selbst, wenn denn der Baum oder der Weinstock, der sie hervorbringt, gut ist: Ein guter Baum kann gar nicht anders, als gute Früchte hervorzubringen. Er „muss“ sie gleichsam hervorbringen, weil dies seinem Wesen als guter Baum entspricht.

Wenn man also will, dass ein Mensch gute Werke vollbringt, dann erreicht man dies gerade nicht dadurch, dass man alle möglichen Forderungen an ihn richtet und ihm damit droht, was passiert, wenn er diese Forderungen nicht erfüllt. Sondern man leitet einen Menschen gerade dadurch zum Tun guter Werke an, dass man seinen Glauben an Christus weckt und stärkt durch die frohe Botschaft des Evangeliums. Denn der Glaube, der durch diese frohe Botschaft geweckt wird, verändert den Menschen und macht ihn dazu bereit und fähig, die Werke zu tun, „die Gott geboten hat, weil er es will.“ Glaube ist eben nicht ein bloßes „Fürwahrhalten“ von lehrmäßigen Richtigkeiten, sondern der Glaube ist Gabe und Wirkung des Heiligen Geistes, Vertrauen auf Gott und seine Versprechen in seinem Wort, Gemeinschaft mit Christus, die den Menschen nicht unverändert lässt.


© Foto: E. Kopp - pixelio.de

Neues Gesangbuch

 
Erscheinungstermin: Februar 2021


Bischof Voigt

Das von der Kirchensynode der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) im Jahr 2018 verabschiedete Evangelisch-Lutherische Kirchengesangbuch (ELKG) erscheint im Februar 2021 bei der Deutschen Bibelgesellschaft in Stuttgart.

Neben dem Gesangbuch in der Standardausgabe wird es eine Großdruckausgabe und eine ledergebundene Ausgabe mit Goldschnitt geben, dazu Bläser- und Orgelbegleitbücher. Das sehr aufwändige Projekt, dessen Vorbereitung sich über mehrere Jahre erstreckte, befindet sich damit in der Schlussphase der Fertigstellung. Bereits im Herbst 2020 werden die Ausgaben zu einem vergünstigten Subskriptionspreis bei der Deutschen Bibelgesellschaft vorbestellbar sein. Alle Gemeinden werden dazu Ende Oktober umfassende Informationen erhalten.

SELK-Bischof Hans-Jörg Voigt D.D. (Hannover) äußerte seine Freude über die gute Zusammenarbeit mit der Deutschen Bibelgesellschaft und das Erscheinen des Werkes. „Auch die grafische Gestaltung, die ich bisher schon einsehen konnte, hat mich sehr überzeugt“, sagte Voigt.

Der genaue Termin zur Einführung des Gesangbuchs wird in einem offiziellen Schreiben an die Gemeinden bekanntgegeben werden.

 

Schatz und Acker


Zum Verhältnis von Judentum und Kirche

In einer Betrachtung zum 10. Sonntag nach Trinitatis im evangelischen Kirchenjahr, dem sogenannten „Israel-Sonntag“ gibt der leitende Geistliche der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), Bischof Hans-Jörg Voigt D.D. (Hannover) Anteil an einer biblischen Neuentdeckung zu Jesu Gleichnis: „Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude geht er hin und verkauft alles, was er hat, und kauft den Acker.“ (Matthäusevangelium, Kapitel 13, Vers 44)

Schatz - Acker

Am 10. Sonntag nach Trinitatis denkt die Kirche über das Verhältnis zwischen Judentum und Kirche nach. Neulich machte mich ein Freund auf eine für mich völlig neue Auslegung des kurzen Gleichnisses Jesu vom Schatz im Acker aufmerksam. Solche Momente sind nicht so häufig, dass man einen völlig neuen Gedanken hört, der unmittelbar überzeugt und bisherige Auffassungen an die Seite treten lässt: Könnte es sein, dass Jesus mit seiner Beispielgeschichte nicht auf unseren ungeteilten Einsatz für das Himmelreich zielt, sondern dass er vielmehr von seinem Vater im Himmel spricht?

Hans-Jörg VoigtGott findet mit seinem Volk Israel einen Schatz im Acker. Er liebt sein Volk durch die Jahrhunderte. Er will sein Volk Israel auf ewig erlösen und in seiner Liebe halten. Also „verkauft“ er alles, was er hat, seinen geliebten Sohn Jesus Christus. Er opfert ihn am Kreuz in den Tod, um sein Volk Israel freizukaufen und zu erwerben. Und weil es nicht anders geht, kauft er den ganzen Acker – nämlich die ganze Welt – gleich mit.

Hannah Arendt, die jüdische Denkerin aus Hannover, arbeitet in ihrem Lebenswerk heraus, dass eine totalitäre Diktatur mit ihrem Terror entweder ganz oder gar nicht herrscht. Als Michael Gorbatschow 1985 unter dem Stichwort „Glasnost“ auch die Pressefreiheit einführte, diskutierten wir in unserem Leipziger Studentenkreis, dass dies nach Hannah Arendt notwendig das Ende des Sowjetimperiums bedeuten müsse.

Während ich diese Zeilen schreibe kann man dieses Phänomen in Weißrussland hochaktuell studieren: Entweder Lukaschenko, der letzte Diktator Europas, herrscht ganz und unterdrückt alle brutal oder er wird in wenigen Monaten von der Bühne der Geschichte verschwunden sein. Die chinesische Diktatur hat mich vor diesem Hintergrund mit der Behauptung „Ein Land, zwei Systeme“ lange Zeit irritiert. Seit kurzem hat Hannah Arendt auch in China wieder recht: Entweder China herrscht im ganzen Land, auch in Honkong, oder es wird bald aus sein mit der roten Diktatur.

Zurück zum Gleichnis vom Schatz im Acker: Die Diktatur der Unfreiheit von Sünde, Tod und Teufel herrscht entweder auf der ganzen Erde oder gar nicht. Um sein Volk Israel von dieser Diktatur zu retten, hat Gott gleich die ganze Welt durch Jesus Christus mit befreit. Anders ging es nicht, denn die göttliche Freiheit in Christus ist grenzenlos. Gott kauft den ganzen „Acker“ dieser Welt gleich mit und befreit uns als Nichtjuden gleich mit vom Totalitarismus der Sünde, des Teufels und des Todes. Dass es auch in Bezug auf die durch Jesus Christus geschenkte Freiheit zu viele Menschen gibt, die noch am „alten System“ hängen, schmälert diese Erlösung nicht.

Dem entspricht, was der Apostel Paulus der Gemeinde in Rom über das Schicksal des Gottesvolkes schreibt: „Denn Gottes Gaben und Berufung können ihn nicht gereuen. Denn wie ihr zuvor Gott ungehorsam gewesen seid, nun aber Barmherzigkeit erlangt habt wegen ihres Ungehorsams, so sind auch jene jetzt ungehorsam geworden wegen der Barmherzigkeit, die euch widerfahren ist, damit auch sie jetzt Barmherzigkeit erlangen. Denn Gott hat alle eingeschlossen in den Ungehorsam, damit er sich aller erbarme“ (Römerbrief, Kapitel 11, Verse 29–32).

Also wird die Erlösung auch das Volk Israel noch erreichen. Wie Gott das macht, wissen wir nicht. Dass er den „Kaufpreis“ für diesen „Schatz“ mit seinem Sohn Jesus Christus schon bezahlt hat, daran ist kein Zweifel. Also sind wir bis dahin dem Volk Israel das Glaubenszeugnis von Jesus Christus schuldig: mit Hochachtung und Respekt, denn sie sind der eigentliche Schatz, das auserwählte Volk, mit tiefer Demut vor dem Hintergrund unserer deutschen Geschichte und mit Klarheit.


© Gemälde: Rembrandt/Gerard Dou - Yelkrokoyade - wikimedia.org

Der Theologe Hermann Sasse


Kürzlich ist der Reihe der „Oberurseler Hefte. Ergänzungsbände“ der Lutherische Theologischen Hochschule Oberursel der SELK als Band 24 das Buch „Der Theologe Hermann Sasse (1895–1976) Einblicke in seine internationale Wirkung als Exeget, Kirchenhistoriker, Systematiker und Ökumeniker“ erschienen, herausgegeben von SELK-Prof. i.R. Dr. Werner Klän D.Litt. (Lübeck). Anlass war die 125. Wiederkehr des Geburtstages von Hermann Sasse. Das Team von SELK.de hat den Herausgeber zu dem 278 Seiten starken Buch mit 13 Aufsätzen befragt.

Buch

SELK.de: Ein Sammelband als Geburtstagsgabe für Hermann Sasse. Was war Ihre Motivation, als Herausgeber eine solche Festgabe zu initiieren?

Klän: Hermann Sasse gehört zu meinen theologischen Lehrern, obwohl ich nie eine seiner Vorlesungen besucht habe. Aber aus seinen Schriften habe ich unendlich viel über den Zusammenhang von klarer konfessioneller Einstellung und bleibendem Wissen um die Einheit der Christenheit gelernt. Der Gedanke an einen Gedenkband entsprang einem Forschungsseminar an der Lutherischen Theologischen Hochschule Oberursel, bei dem einige der künftigen Verfasser von Beiträgen zur Festschrift anwesend waren.

SELK.de: Wie lässt sich die bleibende Bedeutung des Theologen Sasse für die Gegenwart beschreiben?

Werner KlänKlän: Hermann Sasse gehört zu den konfessionellen Lutheranern, die im 20. Jahrhundert die Bedeutung des lutherischen Bekenntnisses wiederentdeckt und zu kirchlicher Geltung gebracht haben. Er hatte eine klare lutherische Überzeugung und zugleich ein ausgeprägtes ökumenisches Bewusstsein – im besten Sinn des Wortes. Außerdem gehört er zu den wenigen Lutheranern, die frühzeitig die gottlose und menschenverachtende Natur der nationalsozialistischen Ideologie erkannt und öffentlich kritisiert haben. Auch sein Nachdenken über das Verhältnis Gotteswort und Menschenwort in der Heiligen Schrift oder von christlicher Gemeinde und kirchlichem Dienstamt halte ich immer noch für bedenkenswert.

SELK.de: Welche besondere Bedeutung kommt der konkordienlutherischen SELK als Erinnererin an den „Landeskirchler“ Sasse zu?

Klän: Nun, Hermann Sasse ist ja den Weg von einem persönlich überzeugten Lutheraner innerhalb der Kirche der altpreußischen Union über den Kirchenkampf in den dreißiger und vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts in die Evangelisch-Lutherische Kirche Preußens (die „altlutherische“ Kirche) gegangen, bevor er schließlich nach Australien auswanderte und dort unermüdlich für die Vereinigung der damals zwei lutherischen Kirchen zu heutigen Lutherischen Kirche von Australien wirkte. An diesem Werdegang ist abzulesen, wie einer persönliche Bekenntnishaltung sich zur Entdeckung ihrer kirchlichen Bedeutung reift und was daraus – auch an schwierigen und schwerwiegenden Entscheidungen – folgt.

SELK.de: Skizzieren Sie für unsere Leserinnen und Leser bitte kurz Charakter und Vielfalt der Festgabe!

Klän: In diesem Band finden sich Beiträge aus (fast) allen „klassischen“ Fächern der evangelischen Theologie – Auslegungswissenschaft, Kirchengeschichte, Dogmatik, Ökumenik und Praktische Theologie. Darin spiegelt sich die Vielfalt von Hermann Sasses Wirken in Forschung, Lehre und kirchlicher Publizistik. Die Beiträge kommen aus der SELK, auch aus einer Landeskirche und aus unseren Partnerkirchen in Australien, Kanada, den USA und Brasilien. In dieser internationalen Zusammensetzung zeigt sich die breite Wirkung, die Hermann Sasse auf konkordienlutherische Kirche und Theologie in der Welt ausgeübt hat und noch ausübt.

SELK.de: An welches Lesepublikum richtet sich der Band?

Klän: Menschen, die sich für solide Theologie interessieren, die lutherische Kirche schätzen und bei aller bewussten lutherischen Ortsbestimmung noch die Sehnsucht nach der Einheit der Christenheit in der Wahrheit hegen.

SELK.de: Zum Schluss: Gibt es irgendeinen Aspekt / einen Satz / einen Wesenszug … an/von Hermann Sasse, den Sie abschließender in besonderer Weise hervorheben möchten?

Klän: In der Tat finde ich mich in Hermann Sasse Dictum wieder: „Die großen Grunderkenntnisse der Reformation sind nicht das Eigentum einer religiösen Richtung oder einer theologischen Schule, sondern sie gehören, auch wenn sie von einer einzelnen Konfessionskirche gehütet werden, der ganzen Kirche Christi, der einen, heiligen, katholischen Kirche.“

SELK.de: Vielen Dank für dieses Interview!

 

Glaubenszuversicht


Interview mit Prof. Dr. Christoph Barnbrock

Professor Dr. Christoph Barnbrock, Lehrstuhlinhaber für Praktische Theologie an der Lutherischen Theologischen Hochschule der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) in Oberursel, hat in den Sozialen Medien mit einem neuen Projekt begonnen, das den Namen „glaubenszuversicht“ trägt und der persönlichen Praxis des Glaubens gewidmet ist. Das Team von SELK.de hat ihn dazu befragt.
 

Glaubenszuversicht

SELK.de: Herr Professor Barnbrock, Sie haben ein neues Projekt in den Sozialen Medien gestartet: „glaubenszuversicht“. Bevor wir zu der Idee des Projektes kommen: Was bedeutet für Sie „Glaubenszuversicht“?

Barnbrock: Glaubenszuversicht ist für mich etwas anderes als platter Optimismus oder eine Unbekümmertheit, dass alles schon immer gut gehen wird. Sondern für mich schwingt darin mit, dass sich aus dem Glauben an Jesus Christus immer wieder neue Perspektiven ergeben, selbst dann, wenn ich schwere Zeiten durchmache. Die Gewissheit, dass er für mich da ist und er bei mir ist, schenkt mir selbst dann noch Zuversicht, also einen Ausblick, der mich über die Probleme und Sorgen hinwegschauen lässt.

SELK.de: Welche Konzeption liegt dem neuen Projekt zugrunde?

LogoBarnbrock: Jetzt hätte ich beinahe geantwortet: Gar keine! Aber das ist natürlich nicht ganz richtig – völlig ohne eigene Überlegungen und Gedanken kommt so ein Projekt natürlich nicht zustande. Es ist allerdings so, dass das Ganze keinen riesengroßen Vorlauf gehabt hat. Ich nehme wahr, dass gerade junge Menschen sich von denjenigen, die auf den Sozialen Plattformen unterwegs sind, einiges abschauen. Da habe ich gedacht: Warum sollte man nicht auch ein Projekt anbieten, bei dem man sich was vom Leben eines Christenmenschen, in diesem Fall mir, abschauen kann. (Wohlgemerkt ohne den Anspruch, dass ich ein perfekter oder auch nur besonders vorbildlicher Christ wäre – aber eben ein Christ.)

SELK.de: Welche Hoffnungen verbinden Sie mit diesem Projekt?

Barnbrock: Ich hoffe, dass meine Beiträge dem einen oder der anderen für ihr geistliches Leben mitten im Alltag des 21. Jahrhunderts helfen. Dass einer sagt: „Ach, so kann man das als Christ auch sehen.“ Oder: „In diesen Worten finde ich mich wieder.“ Oder: „Das macht mir Mut, das hilft mir, Vertrauen zu Gott zu fassen.“ Ich schiele dabei nicht auf große Zahlen oder Erfolge. Wenn es eine Handvoll Menschen gibt, die sagen würden, dass das für sie hilfreich ist, würde sich der Aufwand, glaube ich, schon lohnen.

SELK.de: Welche Frequenz für neue Beiträge haben Sie sich vorgenommen?

Barnbrock: Wenn es mir gelingt, würde ich gerne jeden Tag irgendeinen Impuls auf Instagram, Facebook und Twitter veröffentlichen. In den ersten Wochen ist mir das mehr oder weniger gelungen. Ein besonderes Format sind die Videos, die zusätzlich auch auf YouTube hochgeladen werden. Da ist der Aufwand größer. Hier habe ich es bisher nicht viel öfter als einmal pro Woche geschafft. Aber vielleicht ändert sich das auch noch.

SELK.de: Sie wechseln in Ihrem neuen Format zwischen eigenen Texten und Fremdanleihen. Wie kommen Sie auf die Ideen zu eigenen Beiträgen und wie zu den Wortlauten aus anderen Quellen?

Barnbrock: Grundsätzlich handelt es sich auch bei den fremden Texten oder Impulsen, die ich veröffentliche, immer um etwas, was mich selbst angesprochen hat und auch einmal durch mich hindurch gegangen ist. Das war in den ersten Wochen mal ein Gedanke aus einer Predigt, die ich gehört habe, oder ein Anstoß aus einem Buch, in dem ich gerade gelesen habe. Meist sind es dann gar keine direkten Zitate, sondern das Ergebnis, was die fremden Gedanken bei mir ausgelöst und angeregt haben. Und das versuche ich dann in Worte zu fassen. Trotzdem möchte ich natürlich gerne auch festhalten, dass ich den Impuls jemand anderem verdanke. Die eigenen Texte ergeben sich oft einfach. Ein neues Tischgebet habe ich verfasst, weil wir in der Familie das Gefühl hatten, dass die Gebete, die wir bisher verwendet haben, schon etwas „abgebetet“ sind (was ja grundsätzlich etwas sehr Schönes ist) und wir in eine leere Routine verfallen (was dann nicht ganz so schön ist). Andere Texte fließen mir in die Feder beziehungsweise in die Tasten, wenn ich darüber nachdenke, was das Erleben des jeweiligen Tages mit meinem Glauben zu tun hat.

SELK.de: Das Projekt ist frisch gestartet. Gibt es schon erste Beobachtungen, die sich darstellen lassen?

Barnbrock: Ja, ich bin dankbar für eine ganze Reihe von wertschätzenden Rückmeldungen. Offensichtlich gibt es einige Menschen, die an einem solchen Format Interesse haben und mir auch liebevoll kritische Rückmeldungen geben. Das ist wertvoll. Ansonsten merke ich – wie in vielen anderen Bereichen auch –, dass es wichtig ist, fehlerfreundlich mit sich selbst umzugehen und ein Lernender zu bleiben. Längst nicht alles läuft (schon) rund. Manches kann sicher noch verbessert und angepasst werden. Und „Rückschläge“ und Irritationen wird es sicher auch geben. Aber das Schöne ist ja: Das geht vielen anderen, die sich im Netz tummeln, auch so. Und wenn ich warten würde, bis alles perfekt läuft, dann würde ich so etwas nie angehen. Und das wäre ja vielleicht auch schade!

SELK.de: Vielen Dank! Und herzliche Segenswünsche für immer neue Glaubenszuversicht!



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